Skinny Puppy - Berlin

09.08.2007 | 15:23

07.08.2007, Columbia Club

Ein als Superman verkleideter Mann betritt an diesem Abend kurz nach 21 Uhr die Bühne im Berliner Columbia Club. Dort steht ansonsten noch ein kleiner Tisch mit einem Laptop und einem kleinem Plastiktier - einem Mini-Lautsprecher. Laut und mit verstörtem und undefiniertem Noise geht es auch schon los. Das also ist die Vorband. Noch beachten sie wenige Zuschauer, aber Supermann - oder auch OTTO VON SCHIRACH - kümmert das nicht. OTTO VON SCHIRACH ist vielleicht nicht jedem bekannt. Der fast 30-Jährige ist als Support für SKINNY PUPPY eingesetzt. Bereits 2004 arbeiten beide zusammen, als Otto für die damals erscheinende neue SKINNY PUPPY-Platte "The Greater Wrong Of The Right" die Programmierung und das Sounddesign übernahm. Er selbst veröffentlichte im selben Jahr sein viertes Album "Global Speaker Fisting". Letztes Jahr erschien ein neues Werk, das sich "Maxipad Detention" nennt. Und: Otto soll nach eigenen Angaben weit entfernt mit Baldur von Schirach, dem ehemaligen NS-Reichsjugendführer und verurteilten Kriegsverbrecher, verwandt sein. Der würde sich wundern: Denn hat man als Gast die Drogenausgabe verpasst, fragt man sich unweigerlich, was das da vorne gerade soll. Supermann springt von einer Ecke zu anderen, schaut ab und zu komisch ins Publikum, brüllt wirre und verzerrte Worte ins Mikro und sucht ab und zu seinen Laptop auf. Er tippt etwas und weiter geht sein "experimenteller" Noise. Nichts mit Rhythmus oder Sinn. Sein Krach wird dafür aber mit Sequenzen aus Filmen aufgepeppt. Doch auch das wird irgendwann langweilig, deswegen muss eine Art Wookie in Star-Wars-Manier auf die Bühne, der OTTO VON SCHIRACH nach einem "Kampf" eine Banane anbietet. Otto strahlt mit seinem Beamer auf sie, danach beamt er seinen Körper. Explodiert ist Otto jedoch nicht, der Gig geht weiter. Wie er es jedoch geschafft hat, dass das Publikum so angespannt nach vorne sieht, kann hier nicht geklärt werden.

Nach der Umbaupause wird es wieder dunkel und SKINNY PUPPY betreten die Bühne. Die Post-Industrial-Rocker haben vielleicht nicht den Erfolg gehabt, wie ihn spätere Industrialbands á la NINE INCH NAILS hatten, aber ihre Fans haben sie trotzdem - und diese gehen gleich zu Beginn zu den Songs ab. Sänger Kevin Ogilvie verbirgt sich die ersten drei Songs jedoch hinter einer Wand. Verstecken muss er sich sicherlich kaum, aber er muss erst ein (Schatten-)Spiel spielen. Denn es macht ihm offensichtlich Spaß, nur ab und zu einen Arm nach vorn zu halten. In der Hand hält er ein Kreuz, währenddessen Jesus-Bilder gezeigt werden. Schattenspiele der anderen Art. Gebannt blicken die Fans auf die Wand und versuchen immer wieder, einen Blick auf Ogilvie zu werfen. Zwischenzeitlich trägt er ein Gerüst auf den Kopf und sieht damit wie ein lebendiger Baum aus. Dann kommt er endlich vor, geht zur Wand, bespuckt sie mit Kunstblut, taucht einen Finger in den feuchten Fleck und leckt ihn sich ab. Mit gestörtem Blick betrachtet er sein Publikum. Das eine Auge ist dabei mit einer Augenklappe bedeckt, während das andere so dunkel geschminkt ist, dass man sehr genau hinsehen muss, um überhaupt eine Pupille zu erkennen. Auf der Bühne bewegt er sich eher gediegen, geht umher und vertont dabei diverse ältere Tracks, wie 'Worlock', 'Tin Omen', 'The Choke' oder 'Dig It' sowie Stücke der neuen Scheibe "Mythmaker". Im Hintergrund laufen weiterhin diverse Bilder oder Formen in unterschiedlichsten Farben, ähnlich psychedelischer Kunst aus den 70ern. Es fehlt nur noch etwas zu rauchen, und schon könnte man in eine andere Welt eintauchen. Nur, dass die Welt von SKINNY PUPPY laut ist. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger ist dieser Krach auch clubtauglich. Rhythmus durchfließt das Blut, etwa bei einem Tanz-Knaller wie 'Pro-Test'. Dennoch ist es nicht der beste Auftritt von SKINNY PUPPY. Die Show ist im Gegensatz zu früheren Auftritten nicht spektakulär genug. Es fehlen die ekligen Bilder, die Kriegsschauplätze oder auch einmal abwechselnd George W. Bush, Hitler und diverse Hakenkreuze zeigen. Viel Publikumsnähe ist ebenso nicht spüren. Dafür viel Hitze. Verschwitzt und ein wenig enttäuscht geht es nach Hause.

Redakteur:
Franziska Böhl

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