SUMMER BREEZE 2025 - Dinkelsbühl

16.09.2025 | 14:57

14.08.2025, Flugplatz Sinbronn

Unser jährlicher Ausflug zu unseren Freunden in Dinkelsbühl. Auf dem Acker von Sinbronn - vier Tage Metal und mehrere Kilometer Bühnenwechsel!

Freitag

Freitag. Positiv ist schon jetzt anzumerken, dass es kühler geworden ist. Bislang nur etwas, aber es besteht Aussicht auf weitere Abkühlung im Laufe des Tages. Was sicher nicht kühler werden wird, ist der obligatorische Circle Pit, der sich mittlerweile bei fast allen Bands bildet, ob das nun passt oder nicht. Metalfans sind manchmal komische Menschen.

Frank: Aber egal, bei unserer Ankunft hören wir schon LEAGUE OF DISTORTION von der Hauptbühne schallen. Ich kenne die Band nicht, aber der kraftvolle, moderne Sound klingt nicht schlecht. Frontfrau Anna Brunner ist der Mittelpunkt der Action und es ist auch schon ordentlich voll im Battlefield, bei den Fans fliegen wieder mehrere rote Bälle über die Crowd. Ich finde die ja eher blöd, aber die Musik ist gut, trotzdem müssen wir erstmal zur morgendlichen Einsatzbesprechung und es wird noch viel mehr Musik geben in Laufe des Tages. Ich muss auch ein wenig mit den Kräften haushalten.

Jetzt bin ich richtig am Start, Charlotte Wessels spielt auf der Main Stage. Wobei die Band wohl laut Ansage THE OBSESSION heißt, aber trotzdem zumeist mit dem Namen der Frontfrau angekündigt wird.

Auf den Bildschirmen steht dann CHARLOTTE WESSELS THE OBSESSION. Ich dachte, so hieße nur das neue Soloalbum der ehemaligen DELAIN-Sängerin? Okay, ich bin sicher, man wird sich noch auf einen Namen einigen können.

Zugegeben, ich hatte jetzt mit einer Art "Solo-DELAIN" gerechnet, werde aber von der niederländischen Sängerin belehrt. Sie zeigt nämlich, dass sie auch rockröhren kann und geht weniger symphonisch und dafür etwas heftiger zur Sache, ohne natürlich ihre Herkunft komplett verleugnen zu können. Das liegt aber daran, dass ihre Stimme ihre ursprüngliche Band über eine lange Zeit geprägt hat, sodass sie für mich einfach zu DELAIN gehört.

Wie es scheint, versucht Charlotte sich auch von dieser Vergangenheit abzusetzen, denn ich höre kein einziges Stück der niederländischen Symphonic Rocker. Das ist verständlich, aber auch etwas schade, es gäbe da den einen oder anderen Hit, der bestimmt gut angekommen wäre. Dennoch soll das keine Beschwerde sein, bei nur vierzig Minuten Spielzeit möchte die Künstlerin ihr aktuelles Album präsentieren.

Auf der T-Stage spielt parallel zu Charlotte Wessels eine Death-Metal-Band, die ich vor einigen Jahren bereits einmal auf der Wera gesehen habe und von der ich meine, dass sie recht gut gewesen sei.

Leider habe ich daran wenig Erinnerung, aber eine Stippvisite muss sein, denn LIK hat etwas mehr Spielzeit, sodass ich, nachdem ich die Main Stage beim letzten Song von Charlotte verlassen habe, noch in den Genuss der letzten eineinhalb Lieder komme.

Ja, in der Tat, klassischer Death Metal, mit guten Riffs, abwechslungsreich und überzeugend. Schweden ist immer noch eine Hochburg für guten Death und LIK ist der Beweis dafür.

Kurze Pause. Aber nach ein paar Minuten sitzen im Pressebereich schaue ich mal, wer da nach LIK gleich auf der Wera spielen wird.

Oh, ASENBLUT. Ist zwar wieder Death Metal, aber Bandleader Tetzel, alias Tim Schmidt, ist ein netter und sympathischer Zeitgenosse und wenn ich nichts schreibe, fallen sie durch das Raster. Das bringe ich nicht übers Herz, also aufraffen und los geht es. 

Der Death Metal von LIK und ASENBLUT unterscheidet sich auch eklatant, die Deutschen arbeiten mit viel mehr Melodie und natürlich ist Tetzel der Blickfang. Ein Bär von einem Mann, sagt man so schön, hier trifft es zu: Dem blonden, langhaarigen Hünen nimmt man den Kriegsgott problemlos ab. Er trägt sein Mikrophon an einer Axt befestigt und einen breiten Gürtel der Art "Wrestling World Championship", growlt seine Lyrik posend in die Menge und lächelt dazwischen.

Musikalisch geht der Auftritt immer wieder in Richtung deutschsprachige AMON AMARTH, episch, melodisch, dabei aber abwechslungsreich. Auch die beiden Gitarristen liefern gute Arbeit ab, auch wenn sie gegenüber dem Frontmann optisch untergehen, das Riffing ist ziemlich cool. 

Ich könnte wieder auf die Blastbeat-Passagen verzichten, aber hey, das ist mein Problem, ich muss zugeben, sie passen gut in die Musik und werden nur als Akzent genutzt. Die halbe Stunde Spielzeit vergeht zügig und eh ich mich versehe, verabschiedet sich ASENBLUT. Ich hatte gar nicht erwartet, dass ich mit die Band komplett ansehen würde. Mensch, Tetzel, ich wollte mich eigentlich mal ein paar Minuten ausruhen!

Katharina: Mit TURBOBIER steht ein echter Stimmungsgarant auf der Bühne. Die österreichischen Punk-Rock-Virtuosen verwandeln jeden Auftritt in eine fröhliche Partyzone und das schon beim ersten Ton. Ihre satirischen Texte, die eingängigen Refrains und die ungebremste Spielfreude lassen das Publikum sofort mitgehen. Besonders ihre Mischung aus humorvollen Hymnen, oft rund ums Bier oder gesellschaftliche Absurditäten, und einem Sound, der gleichzeitig melodisch und energiegeladen ist, macht die Show live unglaublich mitreißend. Frontmann Marco Pogo führt gewohnt charmant durch den Auftritt, während die Band mit voller Power abliefert. Auf dem SUMMER BREEZE 2025 sorgt Turbobier für eine Show, die von vorne bis hinten pure Party ist, kurz, knackig und voller Festival-Vibes.

Frank: Na ja, dann kann ich auch mal schnell noch auf die T-Stage rübergehen, da spielt jetzt die mir völlig unbekannte Band ANGELMAKER. Ich schaue in der APP und sehe, die Kanadier spielen Deathcore. Oh je, das ist wirklich weit entfernt von meinen musikalischen Vorlieben. Es könnte schlimm werden und es wird schlimm. Das ist ein Geräuschorkan, aus dem kaum Riffs zu erkennen sind, hektisches Drumming und ein Lärmvokalist. Immerhin weiß ich jetzt, warum niemand von uns sich freiwllig für ANGELMAKER gemeldet hat. Meine Pause ruft.

Zurück ins Geschehen, wieder zurück vor die Wera, diesmal zu AVRALIZE, deren Backdrop echt psychedelisch aussieht. Zu Beginn denke ich mir so, dass das doch eher generischer Metalcore ist, aber dann packen die Herren Klargesang aus und setzen sich damit etwas ab.

Die Breakdowns sind zwar weiterhin unspannend und viel zu lang, aber ein paar tanzbare Rhythmen sind zu erkennen, eventuell ist das im Live-Setting härter als auf Tonkonserve.

Das müsste ich mir vielleicht mal anhören, andererseits ist mein Metalcore-Reservoir aktuell bis zum Überlaufen gefüllt. Na ja, ich werde mal versuchen, sie mir zu merken.

Katharina: Ich fühle mich, als wäre ich mit dem DeLorean zurück in die 80er gereist. Alle Mitglieder von ROYAL REPUBLIC treten in schwarzen Lederjacken und schwarzen Hosen auf die Bühne, nur die schneeweißen Schuhe unterbrechen das Gesamtbild.

Ich kann es zwar nicht sehen, aber ich glaube die Band hat keine Tennissocken an, dafür trägt der Sänger den Schnauzer from Hell. Ihr Backdrop, ein gelber Blitz, nimmt die Stimmung im Publikum vorweg, das bereits nach den ersten paar Tönen hin und weg ist von der Band. Zwischendrin schwingt der Sänger eine Gitarre mit dreieckigem Körper, die ihre Farbe wechselt und mit den Spitzen an den Lederjacken um die Wette funkelt, nur leider ohne Discokugel.

Frank: Nicht nur die Achtziger, da sind auch ganz deutliche Disco-Einflüsse zu hören, das war bereits in den Siebzigern! Aber das ist natürlich einfacher einzuordnen, wenn man dabei war. Die Keyboards klingen aber häufig wirklich nach dem genannten Jahrzehnt. Zwischendurch wird es mal kurz wirklich schwernetallisch mit einem kleinen METALLICA-Snippet. Sehr unterhaltsam, aber ich lasse euch mal für den Rest allein tanzen.

Andre: Während Katharina und Frank noch bei ROYAL REPUBLIC weilen, habe ich mich längst auf den Weg zur T-Stage gemacht. Wo EVERGREY spielt, darf ich nicht fehlen. Ich habe mir auch genug Zeit freigeschaufelt, um mir mit meiner Holden das komplette Set anzuschauen. 

Während die schwedische Progmetal-Band in München als Headliner eine Full Show geliefert hat, muss ich mich heute mit fünfundvierzig Minuten Spielzeit begnügen. Die arg komprimierte Setliste hält mit 'Midwinter Calls', 'Touch Of Blessing' und 'Where August Mourn' einige Schmankerl für mich bereit.

Wie schon auf der Tour hat Drummer Simen Sandnes sein Set so aufgebaut, dass er von der Seite aus zu sehen ist. Allerdings gibt es immer wieder mal Probleme mit dem Instrument. Der Drumtech hüpft ständig zwischen Drumraiser und der Stage hin und her. Größere Verzögerungen gibt es dadurch zum Glück nicht und ich habe ordentlich Spaß an dem Auftritt. 

Spaß haben offensichtlich auch Sänger und Gitarrist Tom Englund sowie Bassist Johan Niemann. Letzterer setzt seine Emotionen bewusst und gezielt ein. In der einen Sekunde noch ruhig und eher introvertiert, bricht wenige Sekunden später die gute Laune aus ihm heraus.

Ich habe längst den Fotograben verlassen, als es plötzlich wie verrückt anfängt zu regnen. Egal, ich möchte einfach nur die Musik von EVERGREY genießen. Auch die Metalheads vor der Stage feiern völlig durchnässt die kurze Show. Mit 'King Of Errors' verabschieden sich die Schweden aus Mittelfranken - ich muss mich mal kurz trocken legen.

Kevin: Ähnlich wie bei Andre ist EVERGREY für mich ein absoluter Pflichttermin. Eine Band, die mir persönlich im Laufe der Jahre unfassbar ans Herz gewachsen ist. Und es betrübt mich zusehends, wie oft diese Göteborger Institution übersehen wird, ein Platz in den vorderen Reihen ist dabei Pflicht.

Nach der grandiosen Tour letztes Jahr werde ich hier, wie mein Kollege, absolut null enttäuscht, sieht man mal von der zu kurzen Spieldauer ab. 

Tom Englund bleibt einfach einer der großartigsten Barden, den diese schöne Welt jemals hervorgebracht hat. Alleine das herzzerreißende 'Where August Mourns' holt mich mit seiner Heavyness immer wieder ab.

Als der Regen eintrifft, ist mein erster Gedanke auch, die Flucht Richtung Bierstand zu ergreifen, doch diese kolossalen Tropfen von oben machen diesen Auftritt von EVERGREY für mich nur noch magischer. Selten habe ich 'King Of Errors' mehr abgefeiert. Letztlich bin ich dann einer dieser Durchnässten, die Kollege Andre im Anschluss erspäht hat. Und das Beste: Es war jede Sekunde wert!

Katharina: FIT FOR A KING feiert auf dem SUMMER BREEZE 2025 ihr Debüt auf der Main Stage. Die US-amerikanische Metalcore-Band aus Tyler, Texas, steht seit 2007 für technisch versierte, melodische Härte und tiefgründige Texte - perfekt, um die Bühne zum Beben zu bringen. Bei ihrem Auftritt spürst du diese Intensität von der ersten Sekunde an. Die Band legt mit 'Technikum' los, jagt 'No Tomorrow' hinterher. Im Normalfall gefällt mir FIT FOR A KING wirklich gut, dieses Mal finde ich die Band allerdings nur okay. Sie schreien mich etwas zu viel an und gehen damit einfach unter in der Masse an Bands, die das vor Ihnen auf dem Breeze bereits gemacht haben. 'Begin the Sacrifice' und 'When Everything Means Nothing' stechen am Positivsten aus der Setliste heraus, da beide Lieder viele ruhigere Passagen haben.

Frank: Das erste Lied ist das Motto: 'Auf sie mit Gebrüll'! Die DONOTS punkrocken die Main Stage und bringen einen sehr willkommenen Farbtupfer in die Growler-Riege und machen den Punk, den ich mag, den mit Aussage! "Jede Mauer hat 'ne Tür, wenn wir es so wollen", ein bisschen Hoffnung, eingebettet in gute Musik.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Wechsel aus deutschsprachigen Liedern und den früheren Stücken, als die Band noch auf Englisch unterwegs war. Viele der Stücke bis 2015 sind auch eher dem Alternative Rock zuzuordnen, den Punk lässt man erst in den letzten Jahren wieder ans Tageslicht. Aber die alten Hymnen sind Partygaranten, wenn Ingo Knollmann das unwiderstehliche 'Dead Man Walking' ins Rund schleudert und die beiden Gitarristen das charakteristische Riff abfeuern, bleibt keim Fuß ruhig stehen.

Die Mischung funktioniert super, Sänger Ingo Knollmann zeigt mit seinen Ansagen eine klare, punkige Kante gegen Rechts und entpuppt sich ansonsten als Death-Metal-Fan, lobt LIK und OBITUARY. Ich könnte mir vorstellen, dass ich ihn heute nochmal irgendwo erblicken werde. Die DONOTS bekommen von den Fans einen riesigen Circle Pit, heute ist es auch nicht mehr ganz so heiß, und machen damit einen anderen Songtitel der Band wahr, nämlich 'Apokalypse Stehplatz Innenraum'. Nice. 

Kurz vor Schluss darf dann nochmal gemeinsam gesungen werden, die Coverversion 'We're Not Gonna Take It' von TWISTED SISTER kennt natürlich jeder hier. Eigentlich braucht DONOTS keine Coverversion, aber ein Chor mit dem Publikum geht immer. Warum also nicht?

Ich gehe kurz vor Ende der DONOTS Richtung T-Stage und passiere dabei die Wera, auf der DESTINITY gerade die letzten Töne abfeuert. Death Metal is the game, na klar, aber riffdominiert und mit Groove. Nicht schlecht, aber so im Vorbeigehen höre ich zu wenig für einen fundierteren Bericht.

Ich bin nämlich eigentlich auf dem Weg zu UNLEASHED. Das ist meine Sorte Death Metal, die Schweden haben mit Johnny Hedlund einen der besten Death-Metal-Sänger überhaupt in den Reihen.

Was man nicht erwarten darf, ist eine exaltierte Show, vor allem, weil Hedlund auch noch Bass spielt. So ist das Stageacting genauso klassisch einfach wie das große Bandlogo-Backdrop.

Eine Wundertüte dagegen ist die Setliste, denn nach mittlerweile vierzehn Alben hat die Band ein Füllhorn an Material, das qualitativ von Anfang bis Ende auf Augenhöhe steht. Das wird UNLEASHED auch gelegentlich etwas vorgeworfen, dass ihre Alben sich ähneln würden, und ich kann das durchaus verstehen, aber trotzdem ist jedes einzelne klasse.

So beginnt man mit dem alten 'To Asgard We Fly' und arbeitet sich einmal quer durch die Diskographie.

Das neue Album, "No Sign Of Life", wird natürlich auch vorgestellt. Nur die zehn Jahre und fünf Alben zwischen dem 2006er "Mitvinterblod" und dem 2015er "Dawn Of The Mine" werden nur mit einem Song, 'Hammer Batallion', bedacht.

Bei einer Stunde Spielzeit ist nicht mehr drin als zwölf Stücke und für die Fans gibt es gleich mehrere Lieder der frühen Alben, nämlich vier von den ersten drei Scheibchen. Ich persönlich bin davon nicht ganz so begeistert, weil ich erst später zu UNLEASHED gestoßen bin, aber ich verstehe, dass diese Stücke gefeiert werden.

Insgesamt bescheinige ich den Schweden einen guten, aber keinen sehr guten Auftritt, irgendwie habe ich den Eindruck, dass er Funke nicht ganz überspringen will, ohne dass ich den Finger darauf legen kann, was fehlt.

Leider habe ich für HÄMATOM nicht allzu viel Zeit, weil ich den Gig der Schweden komplett anschaue. Als ich also endlich auf der Main Stage ankomme, sind die Franken bereits mitten im Set. Die Band hat sich beim SUMMER BREEZE kontinuierlich hochgearbeitet, 2025 ist es bereits der fünfte Auftritt, ich glaube aber, es ist der erste auf der Main Stage.

Wenn man sieht, wie die Publikumsreaktionen sind, ist das auch das richtige Pflaster für die Masken-Metaller, die mit achtzig Minuten Spielzeit den ersten Headliner-Slot des Tages innehaben. Außerdem fällt auf, dass Sänger Thorsten Scharf auch auf dieser Riesenbühne einen guten Eindruck macht. HÄMATOM ist wirklich zu einem headlinerwürdigen Act unserer Breiten geworden, dessen Lieder aus vielen Kehlen mitgesungen werden. Ein besonderer Höhepunkt ist ein Drummer-Ritt über das Publikum bei 'Kids (2 Finger an den Kopf)', wie ich mur später berichten lasse, denn jetzt möchte ich noch rüber zur kleinen Bühne, da gibt es Speed! Nee, Drogen nehm ich nicht, in musikalischer Form!

Letztes Jahr mussten die Belgier EVIL INVADERS kurzfristig absagen, in diesem Jahr dürfen sie nun endlich auf der Wera ihren Speed Metal unter die Leute bringen. Was soll ich sagen, das ist einfach genau das, nämlich schnell und durch und durch Metal. Die Jungs in ihren Lederklammotten sehen einfach aus wie der Prototyp einer Hartwurstkapelle. Sänger Johannes Van Audenhove kreischt und schreit wie früher Dan Beehler und erinnert so an die tollen Frühzeiten des Speed Metals, als es mehr um diese Geschwindigkeit ging als um versierte Raffinesse. Angereichert um ein paar Pyros ist EVIL INVADERS genau das Richtige, um einen Gegenpol zu den Death-Metal-Growls zu setzen und die Gehörgänge freizuspülen. Kurz vor Schluss gehe ich aber weiter, ich möchte nochmal einen Blick auf die Hauptbühne werfen.

Ich will zum Headliner, aber es ist noch etwas Zeit. KUBLAI KHAN TX spielt jetzt auf der T-Stage, irgendwie habe ich den Eindruck, die wären ganz ordentlich angesagt, also hole ich mir mal ein paar Töne ab. Das entpuppt sich als eher mittelmäßige Idee, sowohl das Intro als auch der erste Song sind ausgesprochene Langweiler, hier mal ein bisschen Stakkato-Riffing, da brüllt Sänger Matt Honeycutt ins Mikro.

Okay, ein paar Anwesende können mitsingen, eigentlich sogar recht viele, aber der Auftakt ist trotzdem strunzöde. Immerhin, Song drei, 'Low Tech', wie der Sänger ansagt, geht dann mal zügig nach vorne, aber nur kurz, dann wird es wieder ein langer, langweiliger Breakdown. Okay, der Bassist kann auch Brüllen, aber wo bitte sind hier die Lieder? Das nächste Stück folgt dem gleichen Strickmuster, ein kurzer, schneller Teil lässt aufhorchen, der Rest ist unglaublich zäh. Ich glaube, das ist für meinen Geschmack die schwächste Band des Festivals.

Aber jetzt komme ich nach Hause, jetzt tritt BLIND GUARDIAN auf. Ich glaube, die habe ich in den letzten drei Jahren viermal gesehen oder so. Aber so häufig geht das schon, zumal beim letzten Auftritt auf dem SUMMER BREEZE ja das "Somewhere Far Beyond"-Komplett-Konzert nachgeholt worden ist, das der Pandemie zum Opfer gefallen war. Die Krefelder haben aber sowieso genug Klassiker angesammelt, dass sie ihre Setliste gut variieren können. So ist gleich der Opener 'The Ninth Wave' eine ungewöhnliche Wahl, so sehr, dass ich lange überlegen muss, welcher Song das überhaupt ist. Meinen fragenden Blick erlöst ein neben mir stehender Headbanger. Peinlich, peinlich, ich sollte wohl die "Beyond The Red Mirror"-Scheibe mal wieder hören.

Mittlerweile finde ich auch, dass die neuen Stücke vom "The God Machine"-Album sich gut machen, anfangs fand ich da nur 'Violent Shadows' live richtig überzeugend, aber auch die beiden anderen, die heute in der Setliste stehen, nämlich 'Blood Of The Elves' und 'Deliver Us From Evil', passen sich gut ein.

Und der Rest? Noch einmal etwas Obskureres mit 'Tanelorn (Into the Void)', dann aber ein Reigen an großen Klassikern, wobei ich nicht weiß, ob ich gleich drei der episch-akustischen Stücke, nämlich 'Lord Of The Rings', den Hobbit und 'A Past And Future Secret' gemeinsam an einem Abend gehört habe. 

Bei einem Festivalauftritt mit nur neunzig Minuten eine tolle Wahl für die ambitionierten Barden im Publikum, außerdem für die alten Fans zwei der "großen alten", nämlich 'Majesty' und 'Valhalla', fehlt nur noch 'Banish From Sanctuary'.

Der Platz vor der Bühne applaudiert BLIND GUARDIAN gehörig, Hansi Kürsch genießt den Applaus und lässt sich feiern, mittlerweile aber schon ein bisscher zu sehr, ich höre nachher durchaus Stimmen, denen er arrogant erschien.

Musikalisch ist natürlich alles im Lot, Hansi singt zwar manche Passagen heutzutage etwas tiefer, da hat er wohl vor über dreißig Jahren auch nicht zu hoffen gewagt, dass er diese Lieder heute noch von der Bühne schmettern würde, aber ich finde ja, dadurch gewinnen die alten Stücke eher. 

Ein toller Auftritt mit ein paar Songs, die eben nicht die üblichen Verdächtigen sind. Ich finde sogar, dass die Jungs ruhig noch mehr Mut beweisen dürfen und auch mal immer gespielte Lieder zugunsten von etwas mehr gemischtem Backkatalog auflockern dürfen. Da schlummern so viele Perlen, lasst die doch auch mal raus!

Setliste: The Ninth Wave; Blood Of Ehe Elves; Nightfall; Tanelorn (Into The Void); Time Stands Still (At The Iron Hill); Violent Shadows; A Past And Future Secret; Deliver Us From Evil; Majesty; The Bard's Song - In The Forest; And The Story Ends; Lord Of The Rings; Mirror Mirror; Valhalla

Von Krefeld nach Tampa. Das Death-Metal-Urgestein OBITUARY ist auch wieder auf dem Summer Breeze und darf mir die BLIND-GUARDIAN-Melodien verscheuchen.

Mit 'Redneck Stomp' als Intro geht es langsam und bedrohlich in das Set, dann wechseln sich schnelle Brecher und ein paar groovige Songs und Passagen ab, darunter auch ein Stück des Letzten Albums, "Dying Of Everything".

Auch hier gibt es, ähnlich wie eine Weile zuvor bei UNLEASHED an gleicher Stelle, nicht allzu viel Show. Die Musiker spielen ihren Stiefel, aber da OBITUARY mit John Tardy einen reinen Sänger hat, ist ungleich mehr los auf der Bühne.

Nach ein paar Liedern folgt dann eine Reihe von Stücken vom "Cause Of Death"-Album, das gerade 35 Jahre alt geworden ist. 

Ich bin trotzdem überrascht, das ist ja kein besonderes Jubiläum, aber wir bekommen sogar fünf Lieder plus die Coverversion, die auch auf "Cause Of Death" enthalten ist, aufs Ohr. Wobei ich das hätte ahnen können, hängt doch das charakteristische Auge des Plattencovers als Backdrop hinter der Band.

Natürlich ist das Cover des CELTIC FROST-Krachers 'Circle Of The Tyrants' nett, aber ich finde, das funktioniert ohne die tiefe Tom-Warrior-Höllenstimme nur halb.

Insgesamt ein guter Auftritt, aber irgendwann habe ich den Death-Metal-Kanal voll, spät ist es auch, ich glaube, ich streiche bald die Segel.

Es wird schamanisch, es wird ungewöhnlich. Die norwegische Band WARDRUNA, ursprünglich ein Ableger der Blackmetaller GORGOROTH, bringt zahlreiche Musikinstrumente auf die Bühne, deren Namen bei mir zu Zungenknoten führen würden, versuchte ich sie nur auszusprechen.

Da ich aber immer bereit bin, meinen Horizont zu erweitern, lausche ich gespannt, was da kommen wird. 

Nach einigen Minuten bin ich weiterhin gespannt, was da kommen wird, erweitert um die Frage, was das wohl ist? Schattenspiele mit einem Mann mit Blasinstrument, irgendwann alle möglichen weiteren Instrumente, geschlagen oder geblasen, nur selten mal gezupft oder angeschlagen, ritualartige oder schamanische oder irgendwelche anderen Gesänge, um mich herum wiegen sich Menschen im Takt und werden eins mit der Natur. Oder mit dem konsumierten Bier.

Ich werde weder das eine noch das andere, das ist mit zu schwere Kost für diese Zeit und wohlig einlullen lassen will ich mich auch nicht, ich muss noch fahren. Eine interessante Erfahrung, eine musikalische Zeitreise in die nordischen Wälder vergangener Tage, auf die ich mich allerdings momentan überhaupt nicht einlassen kann und will.

Kevin: Ich finde Franks Einschätzung zu WARDRUNA unheimlich spannend, da gehen definitiv die Meinungen weit auseinander. Passt so etwas  Ursprüngliches und Andersartiges auf ein Festival, wo Party und Eskapismus an erster Stelle stehen? Erstaunlicherweise klappt das sehr gut für meine Ohren. Gut, sieht man mal von den üblichen Verdächtigen ab, für die sich die Band erdreistet, lauter als das Gespräch, ob nun Mönchshof Original oder Keller besser schmecken würde, zu übertönen zu versuchen.

Vor drei Jahren war meine Erstbegegnung mit WARDRUNA im altehrwürdigen weißen Hirsch in Dresden. Und diese einzigartige Stimmung können die Norweger auch auf dem SUMMER BREEZE erzeugen. Über eine Stunde bin ich in gänzlich anderen Sphären oder gar Zeitaltern unterwegs und kann sowas wie entspannen und ruhen. Krönung ist das stets berührende 'Helvegen' am Ende, was unserer Campingtruppe entweder Tränen oder Gänsehaut beschert. Einar Selvik hat hier etwas ganz Besonderes geschaffen und kann für meine Begriffe nicht ausreichend gelobt werden.

Frank: Ich habe eine Idee, ich gehe nochmal rasch rüber zur Wera. Das spielt nämlich WARBRINGER, das Thrashbrett aus Kalifornien. Die Jungs pusten mir gehörig die gerade gehörten Flöten aus den Ohrmuscheln. Ich bin weiterhin kein großer Freund von Shouter John Kevill, sodass WARBRINGER nicht in meiner persönlichen ersten Liga lärmt, aber ich gebe gerne zu, dass man kraftvoll und mitreißend auch noch das Letzte aus dem Publikum vor der kleinen Bühne herauspresst.

Musikalisch ist das Gebotene auch sehr gut, aber ich lese im Chat, dass unsere Truppe offensichtlich heute etwas geschafft ist und wir wohl bald den Tag beenden werden. Na ja, immerhin mit Thrash im Ohr geht es jetzt ins Bett. Morgen ist schließlich noch ein Tag.

Texte: Frank Jaeger, Katharina Jaeger, Andre Schnittker, Noah-Manuel Heim, Kevin Hunger, Manuel Schmitt 
Photo Credits: Andre Schnittker, Noah-Manuel Heim

Hier geht es zum Samstag.

Redakteur:
Frank Jaeger

Login

Neu registrieren