SHANE SMITH & THE SAINTS und WILLIAM CLARK GREEN - Köln
09.06.2025 | 13:5908.06.2025, Kantine
Spielfreude und famose Songs im Überfluss!
Manchmal braucht es ein wenig Glück, wenn man hierzulande besonders spannede Acts aus der Country-Rock-Szene entdecken will. So etwa auch im Falle der US-Amerikaner SHANE SMITH & THE SAINTS, die erst durch eine Szene in der TV-Serie "Yellowstone" auf meinem musikalischen Radar auftauchten. Auf die Frage nach einem geeigneten Soundtrack für eine lange Fahrt antwortet dort einer der Charaktere nämlich lapidar mit "A little Shane Smith", woraufhin auch der Soundtrack einen kurzen Ausschnitt aus dem Track 'All I See Is You' enthält. Damit war mein Interesse geweckt und nach einer Umdrehung des noch immer aktuellen Albums "Norther" wurde aus Interesse bereits restlose Begeisterung. Dass ich danach natürlich das erste Deutschlandkonzert überhaupt von SHANE SMITH & THE SAINTS in der Kölner Kantine nicht verpassen durfte, versteht sich da schon fast schon selbst. Dankbarerweise wird die Show von der Konzertreihe "Sound Of Nashville" präsentiert, die es sich zuletzt zur Aufgabe gemacht hat, vermehrt spannende Newcomer und Größen der Country-Szene nach Deutschland zu bringen.
Wo wir von spannenden Newcomern sprechen, müssen wir auch WILLIAM CLARK GREEN kurz erwähnen, der heute mit seiner Band den Anheizer gibt. Leider verhindern der überraschend frühe Beginn seines Sets und ein Verkehrsunfall mit anschießendem Stau, der meine Anfahrt verzögert, dass ich viel vom US-Amerikaner mitbekomme. Schade, denn das was ich im Vorfeld gehört habe und hier noch in den letzten Minuten des Sets höre, klingt mehr als überzeugend. Mit seinem eher melancholischen Sound, einer sehr prägnanten Stimme, die mich phasenweisen sogar an Brit-Rocker wie OASIS denken lässt, und einer stark aufspielenden Begleitband hat Mr. Green trotz nur knapp zwei gehörter Songs in mir einen neuen Interessenten gewonnen, der sich in den kommenden Wochen einmal genauer mit dem Schaffen des Texaners auseinandersetzen wird. Viel mehr kann man als Vorband eigentlich nicht erwarten, denn merklich fiebern die anwesenden Gäste in der ausverkauften Kantine dem Headliner des heutigen Abends entgegen.
WILLIAM CLARK GREEN - Whole Lotta Lubbock (Live From The Blue Light, 6.9.24)
https://www.youtube.com/watch?v=oezuISST1nI
Das Warten hält sich dabei allerdings in Grenzen, denn nach angenehm kurzem Umbau erlischt um 20:00 Uhr das Licht im Saal und die wilde Abfahrt zwischen Country, Rock und Americana, die SHANE SMITH & THE SAINTS auf die Bühnenbretter zaubert, kann beginnen.
Wie rasant selbige sein wird, konnte aber selbst ich bei aller Begeisterung im Vorfeld nicht erahnen. Vom eröffnenden und sehr folkigen Instrumental 'Intro' an brennt in der Kantine nämlich schnell die Luft. Dabei gibt die Einleitung vor allem Geiger Bennet Brown und Gitarrist Dustin Schaefer sofort Gelgenheit, mit tollen Soli zu glänzen und mit der unheimlich einprägsamen Melodie der Nummer das Publikum in Bewegung zu versetzen. Im Anschluss darf natürlich aber auch Namensgeber Shane Smith im folgenden Single-Hit 'Adeline' seine unheimlich markante Stimme zur Schau stellen, wobei der Song schnell gut auf den Punkt bringt, worin die Faszination des Sounds der Band aus Texas liegt. Während Shane mit seiner Akustikgitarre und seinem Talent für lyrische Bildsprache nämlich immer an die folkigen Momente von NEIL YOUND und BRUCE SPRINGSTEEN erinnert, bringt Bennets Geige die nötige Portion Folk und Americana mit ein, während Dustin an der Gitarre mit seinen wunderbar arrangierten Parts durchaus auch einmal in Alternative-Rock-Gefilde schielt und beispielsweise an Kollegen wie THE GASLIGHT ANTHEM erinnert. Das alles ergibt einen herrlich eigenständigen Sound, der so viel mehr Facetten zu bieten hat, als es die Kateogisierung als Country Rock vermuten lässt, und der auch tausende Kilometer von der eigenen Heimat entfern heute Abend in Köln auf offene Ohren stößt.
SHANE SMITH & THE SAINTS - Hurricane (Live At Red Rocks, 1.5.24)
https://www.youtube.com/watch?v=Md9XuYCOCj4
Das Problem ist nur, dass dem Publikum kaum Zeit bleibt, seine Begeisterung in Form von aufbrandendem Applaus an die Band zu übermitteln, denn Shane und seine Mistreiter gönnen den Anwesenden keinerlei Verschnaufpausen, während sie eine grandiose Komposition ohne Unterbrechnung in die nächste übergehen lassen. Große Worte in Form von Ansagen sind aber auch nicht nötig, denn die unbändige Spielfreude der gesamten Band überträgt sich auch so problemlos auf die Anwesenden, die kaum eine Aufforderung benötigen, um zu Krachern wie 'Feather In The Wind' oder 'Mountain Girl' im Takt zu klatschen oder lauthals mitzusingen. Das LEVON HELM-Cover 'Hurricane' makiert allerdings noch einmal eine kleine Zäsur, denn was Shane, Bennet, Dustin und Basser Chase Satterwhite hier gesanglich für Harmonien aus dem Ärmel zaubern, treibt mir sofort eine Gänsehaut auf den Nacken. Selbige bleibt auch danach erhalten, denn auch wenn Shane und Bennet hier mit der akustischen Version von 'Right Side Of The Ground' eine kleine Verschnaufpause einbauen, bleibt der Gänsehaut-Faktor hoch. Mit der Mundharmonika und seiner markanten Bildsprache erinnert mich Shane hier an BRUCE SPRINGSTEEN in seinen besten "Nebraska"-Zeiten, was alleine schon einem Ritterschlag gleichkommt.
Doch keine Sorge, die Ruhe vor dem Sturm hält nicht lange, denn schon bei 'Quite Like You' kehren auch die übrigen Mitmusiker wieder zurück und ab sofort gibt es kein Halten mehr, während sich der Fünfer von einem Höhepunkt zum nächsten hangelt. Als wirklich stark präsentiert sich dabei das Dreierpack aus 'Heaven Knows', 'Cocaine Habit' und dem sonnigen Sommerhit 'Coast', bei dem man sich problemlos an einen Strand im warmen Sonnenlicht träumen kann. Hier überzeugt übrigens auch das Publikum mit stimmgewaltigem Beitrag, der dann auch den Musikern, die sowieso durchweg gut aufgelegt sind, ein breites Grinsen ins Gesicht zaubert. Das aus der eingangs erwähnten Serie "Yellowstone" bekannte 'Fire In The Ocean' und das munter rockende 'Hail Mary' führen dann schließlich nach 80 Minuten das reguläre Set zu einem lautstark bejubelten Ende.
SHANE SMITH & THE SAINTS - Coast (Live At Red Rocks, 1.5.24)
https://www.youtube.com/watch?v=zru4LVDkqsc
Genug hat das Publikum in der Kantine damit aber natürlich noch nicht und verlangt nach einer Zugabe. Zum Beginn selbiger gibt es dann nochmals eine Ballade mit 'All The Way' vom noch immer aktuellen Langspieler "Norther", bei der Shane begleitet von Chase am Piano erneut seine herrlich eindringliche Stimme in voller Pracht zur Schau stellen kann, bevor mit 'What A Shame' wieder die Intensität steigt. Der Song über denn Sinn des Lebens ist aber auch eine wirklich fesselnde Nummer, die auch in Köln zündet. So richtig in Flammen steht die Kantine aber beim folgenden Überhit 'All I See Is You', bei dem es das Publikum teilweise sogar schafft, die Band zu übertönen und so zu einem fulminanten Ende der Show beizutragen. Angesichts dieser Reaktion verwundert es dann auch nicht, dass die sechs Musiker auf der Bühne fast schon selbst überrascht davon sind, was für ein Empfang ihnen hier bei der ersten Show in Deutschland bereitet wurde.
Setliste SHANE SMITH & THE SAINTS: Intro; Adeline; Feather In The Wind; Mountain Girl; The Greys Between; Hurricane; Right Side Of The Ground; Quite Like You, Gernonimo; Fire In The Sky; 1,000 Wild Horses; Live Free; Heaven Knows; Cocaine Habit; Coast; Dance The Night Away; Fire In The Ocean; Hail Mary; Zugaben: All The Way; What A Shame; All I See Is You
SHANE SMITH & THE SAINTS - All I See Is You (Live At Red Rocks, 1.5.24)
https://www.youtube.com/watch?v=DEoW9W56EJA
Das abschließend gegebene Versprechen, möglichst bald wieder in Deutschland zu touren, löst SHANE SMITH & THE SAINTS dann hoffentlich auch bald ein, denn was hier heute Abend auf die Bühne gebracht wird, ist schlicht und ergreifend großartig. Ich habe schon lange keine Band mehr erlebt, die so perfekt eingespielt ist, in Windeseile einen Raum in der Hand hat und gleichzeitig mit so viel Spielfreude am Start ist, wie der Sechser aus Amerika. Das ist ganz ganz großes Kino! Und so darf ich euch nur empfehlen, euch nicht von der Country-Kategorisierung abgeschrecken zu lassen und den Jungs einmal ein Ohr zu schenken, denn hier gibt es eine sagenhafte Liveband mit unheimlich eigenständigen Sound zu entdecken. Zum Abschluss sei auch noch einmal dem gesamten "Sound Of Nashville"-Team gedankt, dass es diese ganzen großartigen Künstler auch dem deutschen Publikum zugänglich macht. Vor einigen Jahren waren Konzerte von US-Größen und Newcomern hierzulande nämlich noch eine Seltenheit, obwohl die Szene gerade so viele spannende und großartige Acts zu bieten hat.
Da wir aufgrund diverser parallel stattfindender Festivals leider keinen Fotografen vor Ort haben können, habe ich euch im Artikel einige Videos des Konzerts im Red Rock Amphitheaters verlinkt, mit denen ihr euch auf der heimischen Couch schnell einen Eindruck davon machen könnt, was für eine famose Liveband SHANE SMITH & THE SAINTS ist!
- Redakteur:
- Tobias Dahs