Rock Hard Festival 2025 - Gelsenkirchen

13.06.2025 | 00:16

06.06.2025, Amphitheater

Gods Of Metal Of Wind And Of Rain.

Sonntag

Der Sonntag startet beim Rock Hard Festival in der Regel mit einer meist jungen, traditionellen Metal-Band, ich erinnere mich gern an ALPHA TIGER zurück, an den Siegeszug von MONUMENT oder im letzten Jahr an WINGS OF STEEL. Dieses Mal steht eine Band aus Großbritannien auf den Brettern, die sich nach meinem Rock Hard-Forumsnamen benannt hat. Nein Quatsch, eher dürfte der gleichnamige Song von IRON MAIDEN Pate gestanden haben. Hatte es seit der Nacht noch zum Teil heftig geregnet, kommt zu TAILGUNNER tatsächlich sogar die Sonne raus.

Nach einem Intro startet die zum Teil blutjunge Truppe mit einem bislang noch unveröffentlichten Song, dessen Titel ich mit 'Midnight Blitz' hoffentlich korrekt wiedergebe. Und TAILGUNNER macht vom ersten Moment an klar, dass hier keine Gefangenen gemacht werden. Die Band, allen voran Bassist und Bandgründer Thomas Hewson, fegt wie Derwische von rechts nach links, wirft sich in Posen, Gitarren werden gereckt und der Bass in bester Steve Harris-Manier in Richtung des Auditoriums gehalten. Sänger Craig Cairns schleppt einen Mikrofonständer mit riesigem Fuß auf die Bühne, der aus einem beleuchteten Schriftzug des Bandnamens besteht und dem Publikum auch entgegengereckt wird. Ziemlich coole Idee!

Die Meute vor der Bühne geht gut mit, folgt Craigs Aufforderungen zum Mitsingen, Klatschen und Fäuste schwingen, als stünde schon ein Headliner auf der Bühne. Dass die zum Teil noch sehr jungen Briten schon einige Live-Erfahrung haben, merkt man ihnen an. Bei aller Bewegungsfreude weiß doch jeder, wo er wann zu stehen hat – oder besser nicht, um nicht von einem der anderen über den Haufen gerannt zu werden. Die Show ist stark, die Band kommt sympathisch rüber. Das Gitarrenduo Zach Salvini und Rhea Thompson feuert aus allen Rohren. Für Freunde des traditionellen Heavy Metals ist es eine Freude, diesen beiden zuzuhören. Es mag verwegen sein, einen Vergleich zu Murray/Smith oder Downing/Tipton zu ziehen, aber in die Richtung geht es definitiv! 

Episch kann die Truppe auch, wie der ebenfalls neue Track 'Barren Lands And Seas Of Red' zeigt. Wenn das Stück und die anderen hier gespielten, nicht auf dem Debüt enthaltenen, Songs ein Vorgeschmack auf das bereits fertig aufgenommene, aber noch nicht veröffentlichte Album sind, dann bitte schnell her mit dem Teil! Mit Sänger Craig, der zugunsten von TAILGUNNER seine Job als Sänger bei INDUCTION aufgegeben hat, steht einer der besten jungen Sänger der Szene auf der Bühne, Stimme, Outfit und Stageshow sind schon fast unheimlich professionell. Musikalisch trägt die junge Band die New Wave Of British Heavy Metal in die Gegenwart, man hört natürlich Elemente von PRIEST, MAIDEN & Co. heraus, aber das heißt nicht, dass TAILGUNNER keine eigene Handschrift hat. Wer es sich leisten kann, einen Festivalauftritt mit nur zwei Songs des Debüt-Albums zu bestreiten, dem gehört die Zukunft!

Mit einem starken Cover von 'Hit The Lights' von METALLICA geht es in den Endspurt, bevor der Titeltrack des Debüts "Guns For Hire" den Schlusspunkt unter einen bockstarken, energiegeladenen Auftritt setzt und ein begeistertes Publikum, das - leider vergeblich - nach Zugaben ruft, zurücklässt. Solange es Formationen wie TAILGUNNER gibt, mache ich mir um die Nachfolge der großen Bands keine Sorgen. Für mich war das der beste Auftritt des Tages, und mit zusammen mit THE NIGHT ETERNAL mein persönliches Festival-Highlight.

[Maik Englich]

Kaum betrete ich noch etwas verschlafen das Festivalgelände, da röhrt mir Frontfrau Britta Görtz von HIRAES schon einen mächtigen Willkommens-Growl entgegen, der mir fast den heißen Kaffee vom Crepes-Stand aus den Händen fegt – und das zum Soundcheck. Holla, die Waldfee! Als das Quintett aus Osnabrück mit 'Through The Storm' sein Set eröffnet, muss ich dann auch entsprechend meinen Anschnallgurt fester zurren. Der Sound ist mächtig und drückt wie die Hölle. Passend zum musikalischen Gewitter zieht auch noch ein gewaltiger Regenschauer über das Amphitheater. 

Die dicken Tropfen tun nicht nur richtig weh und vertreiben den einen oder anderen interessierten Zaungast, sondern sorgen vor allem dafür, dass die Anwesenden in Hektik verfallen, immerhin muss die Regenjacke so schnell wie möglich angezogen werden. Das sorgt ein wenig dafür, dass die Band und das Publikum für einige Zeit unterschiedliche Interessen zu haben scheinen. Sehr schade, denn HIRAES liefert. Und wie. 'About Lies', 'Under Fire' und das mächtige 'We Owe No One', bei dem Britta sogar mal mit vollem Körpereinsatz auf Tuchfühlung mit den Fans geht, sind hohe Melodic-Death-Metal-Kunst, die sich vor DARK TRANQUILLITY oder ARCH ENEMY nicht zu verstecken braucht. 

Obwohl die gesamte Band einen wirklich großartigen Eindruck hinterlässt und die durchaus große Bühne auszufüllen weiß, ist es natürlich vor allem die ehemalige CRIPPER- und CRITICAL MESS-Sängerin Britta Görtz die im Auge des Orkans steht. Ihre Growls und das Geschrei sind amtlich. Da bleiben keine Wünsche offen. Beim zaghaft und dezent eingesetzten Klargesang ist jedoch noch ein bisschen Luft nach oben ('Undercurrent'). Interessiert aber hier und heute niemanden, denn 'Nightflight' oder die beiden Titelsongs ihrer bisherigen Scheiben 'Solitary' und 'Dormant' prügeln noch einmal allen Frühaufstehern den letzten Rest an Traumstaub aus den Augen. Am Ende kommt sogar die Sonne wieder heraus und zum Abschluss gehen verdientermaßen wirklich alle Hände in die Höhe. Für mich eine absolut positive Überraschung. Fantastischer Auftritt. Und wer als Outro auch noch 'God Gave Rock And Roll To You II' von KISS wählt, hat bei mir eh schon einen Stein im Brett.

[Chris Staubach]

Es ist kalt, es regnet, irgendwie habe ich mir meinen ersten Besuch beim Rock Hard Festival anders erhofft. Egal, jetzt kommt THE CRYPT, eine neue Band aus Schweden, die mir vor allem dadurch bekannt ist, dass sie Kompositionen von CANDLEMASS-Mainman Leif Edling auf die Bühne bringt. In diesem Fall ist das allerdings weniger Doom, als vielmehr eingängiger Rock mit viel Keyboards und seichten Grusel-Texten, die das Niveau von Glen Danzig oder Rob Zombie nie überschreiten. Dazu sind die Musiker in eine Andeutung von Kostümen gekleidet, ohne es zu übertreiben. Die weitere Deko sind vier künstliche Steine, die eventuell Grabsteine sein sollen, und vor denen jeweils ein Grablicht aus dem Baumarkt steht. Das hat einen Anflug von SPINAL TAP, aber Frontdame Pepper Potemkin geht dafür All-in und schlüpft in eine eigene Bühnenpersona mit passendem Outfit und einer Kopfbedeckung, die ein wenig an einen Hirschkäfer erinnert.

Musikalisch kann man zeitweise die Herkunft der Riffs durchaus erkennen, aber der Stil der Band ist eher gediegen und obwohl mir einige Stücke, vor allem der Hit 'Into The Crypt', das coole 'Cemetary Children' und 'I Love The Darkness', sehr gut gefallen, bin ich nicht vollständig überzeugt. Nicht jeder der gespielten Songs ist auf dem erhofften Niveau, nach einer halben Stunde schaue ich dann doch auf die Uhr. Sängerin Pepper ist super, ich glaube, es liegt wirklich an den Kompositionen, die dann doch sehr simpel ausgefallen sind und obendrein aus ausgesprochen vielen Wiederholungen des jeweiligen Refrains bestehen. 

Auch eine Percussion-Einlage von Schlagzeuger und Gitarrist entpuppt sich als mäßig spannend. Noch einmal rettet die Frontdame die Situation, als sie zum Ende mit einem elektrisch blinkenden Umhang erscheint, eine Mischung aus Hirschkäfer, Glühwürmchen und Schmetterling, ein Hirschglühfalter. Das würde sicher in einem kleinen Club mit gedämmter Beleuchtung eindrucksvoller wirken als am frühen Nachtmittag auf einer Festivalbühne.

Insgesamt bietet THE CRYPT einen Auftritt, der zwar unterhält, aber nicht nachhaltig beeindruckt. Als Vehikel für Edlings übriggebliebene Lieder mag die Band funktionieren, aber es ist zweifellos deutlich geworden, dass der Altmeister durchaus eindrucksvollere Bandprojekte bestückt hat als dieses. Trotzdem nette Unterhaltung und da man jedes Lied auch nach kurzer Zeit mitsingen kann, hat die Band das anwesende Publikum auf ihrer Seite, auch wenn ich den Eindruck habe, dass die fünfzig Minuten dann auch wirklich ausreichen.

[Frank Jaeger]

Ja, ist denn heute schon wieder Thrash-Freitag? Nach dem Brett von HIRAES zieht nämlich schon wieder ein musikalisches Gewitter auf, DESERTED FEAR ist an der Reihe. Melodic-Death-Metal-Alarm, Part 2. Wieder kommen alle Freunde von Bands wie IN FLAMES, AMON AMARTH oder den unvermeidbaren ARCH ENEMY voll auf ihre Kosten. Der Sound ist hier ebenfalls amtlich und schiebt mich direkt mal eine Stufe höher im Amphitheater. So muss das sein. Herr Kollege von DEATH ANGEL, bitte genau hinhören, so wird das gemacht. 

Mittlerweile sind die Jungs auch echt routiniert und souverän was die Bühnenperformance betrifft. Sie sind ständig in Bewegung und kosten die Vorteile ihrer Jugend in Sachen Nackenmuskulatur und Biegsamkeit des Körpers in vollen Zügen aus. Gut so, denn das Auge hört bekanntlich mit. Und hier gibt es viel zu entdecken. 'The Truth', 'The Final Chapter', 'Blind', 'Follow The Light That Blinds', 'Kingdom Of Worms' oder auch das abschließende Titelstück der neuen Scheibe 'Veins Of Fire' schrauben mächtig an der Rübe und verursachen zaghafte Circle-Pits im Innenraum. Darüber hinaus macht der Thüringer Dialekt, den die Herrschaften bei den Ansagen wahrlich herzhaft kultivieren, das Quartett überaus sympathisch und unterhaltsam.

So vergehen die gut sechzig Minuten wie im Flug. Das weite Rund ist sehr gut gefüllt, was die Beliebtheit von DESERTED FEAR nur noch einmal unterstreicht. Insgesamt scheint aber an diesem Tag das durchgetretene Gaspedal beim Publikum im Ranking nicht ganz oben zu stehen, denn wie auch bei HIRAES bekommen die Thüringer die Menschenmasse nur schwer in den Griff beziehungsweise in Bewegung. DESERTED FEAR wäre am Freitag definitiv besser aufgehoben gewesen. Trotzdem: ein großartig unterhaltsamer Auftritt, der jedem, der noch immer an den Folgen der nächtlichen Hotelparty leidet, auch die allerletzte Müdigkeit aus den Knochen geblasen haben dürfte. Pommesgabel hoch.

[Chris Staubach]

Ein kleiner Exkurs zwischendurch verschlägt Katharina und mich in das große Zelt, in dem Björn Gooßes seine Bilder ausstellt und Drucke auch direkt verkauft. Das finde ich klasse, gehören doch viele seiner Artworks mit den jeweiligen Alben untrennbar zusammen.

Leider ist das Bild zu dem FORCES AT WORK-Album "Straight", das aus sicher nachvollziehbaren Gründen zu meinen Lieblingen gehört, nicht darunter, aber er kann nur eine kleine Auswahl aus seiner Galerie vorstellen. Die Preise sind übrigens sehr erschwinglich!

Außerdem finden hier Lesungen statt. Speziell deswegen bin ich hier, denn gleich werden Sabina Classen und Dr. Nico Rose aus dem Buch "Laut. Stark. Leben." vortragen. Da Sabina ein echtes Metall-Urgestein ist und unsere absolute Thrash-Ikone, haben wir uns dafür entschieden, DESERTED FEAR zu verpassen.

Das Buch beleuchtet die Lebensgeschichte von Sabina und beide Autoren erzählen etwas zur Entstehung und lesen einzelne Passagen aus dem Werk. Sabina hat es dabei recht schwer, ist das Buch dochin der dritten Person geschrieben und sie versucht parallel zum Text den Wechsel in die erste Person. Es klänge auch sehr seltsam, wenn sie von sich selbst als "Sabina" reden würde. Den Wechsel schafft sie spielend und schon nach wenigen Minuten grinsen die Anwesenden ob verschiedener humorvoller Spitzen und Anekdoten.

Im Folgenden trippeln wir durch Sabinas Leben, es tauchen verschiedene bekannte Szenegrößen auf, und dass der ehemalige HOLY MOSES-Schlagzeuger der Jahre 1983 und 1984 Jörg Heins ebenfalls anwesend ist, ist nur das i-Tüpfelchen. Neben witzigen Anekdoten wird es gegen Ende der Lesung auch rührselig, kein Wunder, wenn man auf einen ganzen bisherigen Lebensabschnitt zurückblickt, der endgültig und unwiderruflich zu Ende ist.

Was aber nicht bedeutet, dass sich Sabina zur Ruhe setzt, wie sie deutlich macht und auf den Verein Metality e.V. hinweist, in dem sie sich neben Ihrem Beruf als Heilpraktikerin für Psychotherapie engagiert.
Irgendwann ist der Weißwein leer, die beiden Autoren dürfen sich in wohlverdienten Applaus sonnen und dann anfangen, Autogramme zu geben, natürlich vor allem in die vor Ort verkauften Bücher.

Ich hätte ja auch gerne eines des erst am 1. Mai 2025 erschienen Werkes mitgenommen, aber bei dem Wetter würde es im Rucksack einfach zu sehr leiden. Muss ich mir ein andermal zulegen. Zumindest weiß ich jetzt, dass es sich zu lesen lohnt.

[Frank Jaeger]

Der VICTORY-Auftritt vor einigen Monaten im Vorprogramm zu GRAVE DIGGER sorgte im Vorfeld dafür, dass ich mich richtig auf den Gig gefreut habe. In der Halle waren die Mannen schon eine Macht, doch wie würde der Siegeszug im Amphitheater aussehen? Auch hier hat der Wettergott – bis auf etwas Nieselregen – viel Erbarmen mit der Hard-Rock-Legende, die vor allem in Sachen Energie, Spielwucht und Sound punktet. Denn dieser ist knackig, klar und sorgt dafür, dass Appetitanreger wie 'Rock The Neigbours' – ein tolles Motto des gesamten Gigs -, 'Standing Like A Rock' und 'Temples Of Gold' durch Mark und Bein wandern. 

Die Zuschauer haben ihre Freude und grölen sowohl Klassiker als auch neueres Material der Marke 'Surrender My Heart' problemlos mit. So werfen sich Band und Fans gegenseitig die Spielbälle zu, Gianni Pontillo ist nicht nur ein toller Sänger, sondern ein ebenso sympathischer Entertainer und mit Riffakkrobat Herman Frank in den Reihen sorgt der Auftritt dafür, dass der Bandname Realität wird. Vielleicht täusche ich mich, aber von Song zu Song wird es auch wärmer, scheinbar wird 'Feel The Fire' wörtlich genommen. So setzen die obligatorischen 'On The Loose' und der 'Check's In The Mail'-Ohrwurm die Schlusspunkte auf einen tollen, von vorne bis hinten gelungenen Auftritt sowie Appetizer auf weitere Rock-Klassiker im weiteren Tagesverlauf.

[Marcel Rapp]

Ursprünglich war nicht vorgesehen, dass ich über eine Band schreiben sollte. MYRATH finde ich aber so außergewöhnlich, dass ich Frank den Text abgeluchst habe. Die Band ist auch der Exot im diesjährigen Billing, den die Jungs kommen aus dem nordafrikanischen Tunesien. Das erste, was auffällt, ist das dreiteilige Backdrop und die Podeste mit den gleichen Mustern wie auf dem rückwärtigen Stoffbannern. Auf den Podesten stehen Keyboarder Kevin Codfert und Schlagzeuger Morgan Berthet und ein drittes steht mittig bereit, wohl für Frontmann Zaher Zorgati. Mit einfachen Mitteln erzeugt die Band so die Anmutung eines orientalischen Palastes. Passende Kostüme runden den Eindruck ab.

Die für mich völlig unbekannte Band, mit der ich mich jetzt vor dem Schreiben näher auseinandersetze, setzt neben Metalriffing auf bombastische Keyboards und erinnert mich an AVANTASIA und KAMELOT. Doch im Mittelpunkt der Stücke steht Sänger Zaher und seine melodische Stimme. Zu Beginn des zweiten Liedes 'Dance' erklingt eine arabisch-orientalische Melodie, die die Herkunft der Band bezeugt. Nun wird auch klar, wozu das dritte Podest bereitgestellt wurde, es betritt nämlich eine Tänzerin die Bühne und stiehlt der Truppe die Show. Sie sorgt im Laufe des Sets noch mehrfach in immer unterschiedlichen, meist schwarzen Outfits mit Farbtupfern in Form von zusätzlichen Accessoires, für Action auf der Bühne.

Die Setliste besteht aus Liedern der letzten vier Alben mit einem Fokus auf den letzten beiden, "Shehili" und dem aktuellen "Karma", passen aber auch gut zu den älteren Stücken. Sänger Zaher erzählt von seinem Cousin, der in Deutschland lebt und den er gerne besucht. Daher lernt er auch ein wenig unserer Landesprache und gibt einen wichtigen Satz zum Besten: "Deine Mutter heißt Helmut und zieht LKW auf DSF!" Möglicherweise nicht der im Alltag wertvollste Satz, aber ein Lacher im Amphitheater. Später liest er einige gut verständliche deutschsprachige Ansagen vom Blatt ab und betont mehrfach, wie schön es für ihn und die Band sei, hier zu sein. Das beruht auf Gegenseitigkeit und als die Band mehrere Minuten zu früh nach dem absoluten Hit 'Believer' die Bühne verlässt, wird sie mit viel Applaus verabschiedet.

[Katharina Jaeger]

Kommt jetzt der inoffizielle Headliner des Tages? Wirkt fast so, denn als Udo DIRKSCHNEIDER mit seiner Hintermannschaft die Bühne betritt, scheint nicht nur die lang ersehnte Sonne vom Himmel, sondern auch das Amphitheater ist zum Bersten gefüllt. So voll war es an diesem Wochenende noch nicht. Ist aber auch kein Wunder, immerhin hat die Band angekündigt, das komplette Album "Balls To The Wall" von 1983 zu spielen. Somit reihen sich in den folgenden sechzig Minuten Klassiker an Klassiker, die vom Publikum frenetisch mitgesungen und abgefeiert werden. 

Dabei steht der mittlerweile 73-jährige Frontmann in seinem Tarnanzug und weißen Handschuhen wie ein Fels in der Brandung auf der Bühne, während seine deutlich jüngere Begleitband inklusive dem alten ACCEPT-Recken Peter Baltes um ihn herumwuseln. Apropos Baltes: Der Bassist ist nicht nur ebenso agil wie der Rest der Band (Respekt!), sondern ist auch der absolute Blickfang. Er springt, rennt und posiert durchgehend und ist definitiv ein riesiger Gewinn für die Gruppe. Die Songreihenfolge mit dem Eröffnungsdoppel 'Balls To The Wall' und 'London Leatherboys', über Songs wie 'Head Over Heels', 'Love Child' und 'Losers And Winners' bis hin zum abschließenden 'Winter Dreams' wird strikt eingehalten. 

Es ist dabei echt unglaublich, wie stark das gesamte Material ist. Eine fantastische Zeitreise für 90% der Anwesenden, die jedes Riff und jede Textzeile mitsingen können. Apropos Mitsingen: Udo "the german tank" Dirkschneider ist heute scheinbar nicht ganz bei der Sache. Er hat ungewöhnliche Texthänger und verpasst ab und an auch mal den richtigen Einsatz. Ist nicht unbedingt schlimm, aber da er sonst wie ein Solinger Uhrwerk funktioniert, ist es eben enorm auffällig. Im Zugabenblock hat sich das Quintett für 'Princess Of The Dawn' samt lautstarkem Publikumschor und 'Burning' vom "Breaker"-Album entschieden, die ebenso ausgelassen gefeiert werden. Ein erwartet großartiger Auftritt, der nicht unbedingt für die Heavy-Metal-Geschichtsbücher reicht, aber das Rock Hard Festival 2025 definitiv bereichert hat.

[Chris Staubach]

Wer hätte das nach den letzten Tagen gedacht, aber der Himmel ist blau. Scheinbar hat Onkel Udo die Bälle so dermaßen gegen die Wand geworfen, dass Jupiter ein Einsehen hatte und uns trockene Momente beim kommenden Headliner beschert. Und dieser sollte es in sich haben! 13 lange Jahre nach ihrem letzten Auftritt im Amphitheater kehren der Gesetzlose und seine Gefolgschaft im Rahmen ihrer "Album One Alive"-Welttournee also wieder zurück. Die Vorfreude ob dieses besonderen Ereignisses ist groß und die Vorzeichen könnten – wie schon beschrieben – nicht besser sein. Dazu ein paar nette Mutmaßungen, mit welchen Hits W.A.S.P. heute neben jenen des Debüts wohl auftreten wird. Wir werden sehen.

Die gute Nachricht vorab: Blackie ist pünktlich auf der Bühne und nach einem stimmungsvollen Intro blickt jener in die pickepackevollen Reihen und Ränge. Richtig, das Amphitheater ist mehr als gut gefüllt, die Bühnendeko erinnert an die "Inside The Electric Circus"-Phase und bereits beim furiosen Doppelschlag 'I Wanna Be Somebody'/'L.O.V.E. Machine' fällt der knackige, zeitgemäße Sound positiv ins Gewicht. Apropos, auch Blackie selbst wirkt wieder deutlich fitter und auch stimmlich legt sich ein wohliger Nostalgieschauer in diesen ersten Minuten nieder.

Es ist angerichtet für eine W.A.S.P.-Party vom Allerfeinsten. Wie in besten Jahren stolziert Lawless elegant über die Bühne, haut mit 'The Flame', 'B.A.D.' und 'School Daze' die nächsten Großkaliber ins Publikum, das aus voller Kehle mitsingt und die Fäuste reckt. Insbesondere bei den ersten beiden Eröffnungsnummern wird dies lautstark deutlich. Zwischenzeitlich erklärt Blackie die Hintergründe, weshalb Album Nummer eins noch einmal in voller Pracht gewürdigt werden möge, ehe 'Hellion' und 'Sleeping (In The Fire)' folgen und 'On Your Knees' für das nächste Feuerwerk sorgt. Nein, mit einem Auftritt dieser Klasse hatte man im Vorfeld nicht unbedingt rechnen können, umso mehr Begeisterung stellt sich im dicht gedrängelten Publikum ein.

Jedoch müssen wir zu einem großen Aber kommen: Mit so vielen Klassikern und Meilensteinen im Gepäck hätte man sich nach dieser famosen Debüt-Darbietung durchaus über noch mehr freuen dürfen. Zwar sorgen 'The Headless Children', 'Wild Child' und 'Blind In Texas' für weitere Freudensprünge bei nahezu dem gesamten Amphitheater, doch zehn Minuten vor geplantem Ende und während den letzten Klängen von W.A.S.P. stellt sich dann doch etwas Wehmut ein, weshalb 'Chainsaw Charlie', 'The Idol' oder eine Überraschung wie 'Jack Action' sträflich vergessen wurden. Doch sei's drum, über diese Schönheitsmakel hüllen wir in Anbetracht der gesamten, ausgelassenen Stimmung, Blackies und W.A.S.P.s Performing im Allgemeinen und einer gelungenen Zeitreise zurück in die 1980er Jahre den Mantel des Schweigens. Denn fest steht: Das war ein toller Headliner-Auftritt!

[Marcel Rapp]

Liebe Leser, wir hoffen, ihr hattet beim Lesen dieses Berichts mindestens genauso viel Spaß und Freude wie wir beim Verfassen und Basteln. So werden wir uns auch 2026 wieder sehen, wenn das Rock Hard Festival zum nächsten Ausgabe einlädt. Bis dann!

Redakteur:
Marcel Rapp

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