Rock Hard Festival 2005 - Gelsenkirchen

21.05.2005 | 08:06

14.05.2005, Amphitheater

Der dritte Tag:
Ist schon irgendwie geil, eine Band zu sehen, die alle Songs exakt eine Tonlage tiefer singt als auf Halde. Die Jungs von WOLF hatten wohl auch eine deftige Nacht hinter sich. Zumindest klang der Sänger mal so richtig nach old school trash, ohne h!
Ja ja, Festival ist Krieg und so machte mir gleich Sonntag morgens die x-te Ausgabe kalten Cevapcicis mächtig zu schaffen. Ich kann gar nicht sagen, von was mir jetzt übler war. Das Essen, das Bier oder doch die Kippen? Krieg!
Nachdem es morgens ganz danach aussah, als würde sich Gottes Zorn in einem ekelhaften Netz aus Himmelspisse über uns ergießen, hatte er ab dem Mittag doch Mitleid mit uns. Das Glück war wirklich auf unserer Seite, denn im Rest Deutschlands hat es mächtig gewütet.
Der Sonntag wurde etwas ruhiger, zumindest bandtechnisch. Wir waren mehr auf dem Platz, schauten uns kurvenreiche Mopeds an und genossen so richtig das sich anbahnende Ende des Festivals, das mit dem metallischen Big Bang des Jahres ins Firmament krachte. ACCEPT waren eine Offenbarung! Die alten Säcke kickten wie Sau, Wolf Hofmann solierte 100 Minuten am Stück und Udo ist immer noch der Wutklumpen der Metalszene. Großartig!
Wieder einmal endete der Abend irgendwo im mentalen Nirgendwo. Und wieder einmal trugen uns die Engelchen direkt in die warme Einöde sanftwohliger Zeltkultur. Welch ein Spaß! Nur das ich meine Stimme am letzten Tag auf dem Festivalgelände vergessen habe, das vergess ich mir nie...
Mann oh Mann, das war mal geil! Die Macher des Rock Hard haben sich diesmal selber übertroffen. Denn auch wenn viele über das angeblich laue Billing gemault haben, dürfte danach selbst der letzte von der homogenen Mischung der Bands überzeugt gewesen sein. Die Location stimmt einfach bis ins Letzte und die ersten bestätigten Bands für 2006 lassen mich bereits von Anfang Juni des nächsten Jahres träumen. So long, see you there…dat Imperium knippelt retour!
(Alex)

Neuer Tag, neues Essen! Auch an diesem Tag hab ich absolut nix an Merchandise gekauft, aber dafür meinen Dosenvorrat eliminiert. Apropos eliminiert: Beim OVERKILL-Gig ging´s auch sehr lustig ab. Da war ein total besoffener, aber absolut sympathischer Typ, der über drei Stufen im Amphitheater so dermaßen abgegangen ist, dass es eine wahre Freude war ihm dabei zuzusehen. Immer wieder wurden wildfremde Männer von ihm umarmt und dabei natürlich auch zum Bangen eingeladen. Das Konzert von OVERKILL war, nebenbei gesagt, schweinegeil. Was Bobby "Blitz" Ellsworth da geleistet hat, war echt klasse. Zwar hat er immer wieder seine Einsätze verpasst, da er in den (kurzen) Instrumentalparts von der Bühne verschwunden, aber ansonsten war´s ganz lustig. Bei dem einen Lied kam er urplötzlich hinter der Box herausgeschossen, woraufhin ich folgenden Kommentar loswurde: "Du, (gemeint war damit Holger von CIRCLE OF TYRANTS) spielt der da verstecken?" Daraufhin musste er sich erstmal wegpissen vor Lachen. Aber das lag schon sehr nah, denn welcher Frontmann haut denn immer wieder von der Bühne ab? Bei Udo Dirkschneider hab ich´s ja noch verstanden, da Wolf Hoffmann einige Soloparts für sich beansprucht hat, aber bei Speed-Metal! Da ist Geschwindigkeit a priori Bestandteil des Namens! Egal. Bobby hatte seinen Spaß, die Band hatte ihren Spaß (20 jähriges Bandjubiläum) und vor allem das Publikum ist mächtig abgegangen.
Später bei SENTENCED eine ebenfalls sehr amüsante Begebenheit: Alex, Holger, Ulli und ich standen auf den Stufen, als ein Typ seine Freundin die Treppenstufen förmlich nach oben gezerrt hat. Dabei brabbelte er was von "Pinkeln", was mich dazu bewog das Mädel zu motivieren, indem ich zu ihr sagte: "Komm geh, er muss pissen!" Sie guckt mich an wie ein Pferd, woraufhin ich insistierte: "Geh, er muss bestimmt ganz dringend!" Holger, der diesen Vorfall gesehen, aber nicht gehört hatte, da just zu dem Zeitpunkt SENTENCED mächtig am abrocken waren, dachte, ich hätte ihr irgendwas mit "Ficken!" erzählt. Aua!
Nach ACCEPT waren wir alle schweinemüde, bis auf einen: Rouven! Der hat die ganze Nacht mit ein paar "Nachbarn" über Gott und der Welt schwadroniert. Bei meiner obligatorischen "Pinkelpause" nachts um vier war er immer noch draußen und hat erzählt, und erzählt... Als ich morgens gegen 10 aufgewacht bin, hat der immer noch gebabbelt. Auf die Frage, ob er überhaupt irgendwann ins Bett gegangen sei, schwallte er was von "6 Uhr morgens". Um ehrlich zu sein: Ich glaab´s net! (Na, das glaub ich aber für dich mit, mein Lieber! Um sechs gings ins Bett, um neun raus. Wir mussten ja Tor eins bewachen, Tor fünf anpreisen und ein wichtiges Inti fürs Rock Hard geben ;-) - rd)
(Tolga)


HELLFUELED

Sonntags, 12.15 Uhr, ohne Knoppers. Das kann doch nichts werden. Ja, vor allem wenn man, so wie ich, fast HELLFUELED verpeilt hätte. Da die Wege kurz sind (um mal ein bisschen mit der Fußballersprache zu spielen), kam ich in der Mitte des ersten Songs rechtzeitig an. Den meisten Anwesenden schien die Chose zu gefallen. Allen voran der Band selbst, der nach 'Eternal' erst mal eine Rock Hard Trophäe in der Kategorie "Bester Newcomer" überreicht wurde. In erster Linie wurden die Songs aus dem Debütalbum "Volume One" runtergerockt, wo vor allem die Single 'Midnight Lady' hervorstach. Als Vorgeschmack auf das neue Album wurde der Titelsong 'Born To Rock' angetestet, der eine noch größere OZZY-Schlagseite aufwies, vor allem was den Gesang angeht. Was das Stageacting angeht, war natürlich Andy am Mikro der Aktivposten, aber auch Henk (b.) und Jocke (g.), machten ihren Job mehr als passabel. Mit 'Rock´n´Roll' verabschiedete sich das schwedische Quartett nach einer knappen Dreiviertelstunde. Das Publikum quittierte das mit wohlwollendem Applaus. Das war schon mal ein sehr guter Start, auch ohne Knoppers!
(Tolga)

WOLF

Weia, das ist wohl Metal pur: Die Wölfe scheinen in der vorherigen Nacht ordentlich gefeiert zu haben, ausgiebige Ölung der Kehlen mit inbegriffen. Anders kann ich mir das "Sorry, aber ich bin krank" von Sänger Niklas echt nicht erklären. Aber die Jungs haben ja bekanntlich Eier aus Kruppstahl, und so zocken sie relativ unbeeindruckt ihr Set herunter. Nur mit der Eigenart, dass eben alles mal eine Oktave tiefer gesungen wird. Autsch! Hab' ich in dieser Form auch noch nicht erlebt, ziehe aber meinen Hut vor WOLF, die trotz Krankheit oder Saufeskapaden ihr Ding durchzogen. Der Sound war okay, gerade die filigrane Gitarrenarbeit kam sehr gut auf den Rängen an. Zu 'Genocide', 'Night Stalker' oder 'Evil Star' posten die vier Schweden, was das Zeug hielt - auch hier sind die Achtziger noch sehr lebendig. Unterm' Strich ein unterhaltsamer, weil ungewöhnlicher Gig, der aber doch bis zu einem gewissen Grad auch enttäuschend war, denn gerade der tolle Gesang gehört zu WOLF einfach dazu. Ob das Ganze jetzt an der Professionalität der Band gescheiter ist, sei mal dahingestellt. Auf jeden fall machten die Jungs ihre Ankündigung "And now, we're gonna have some drinks!" wahr, und man sah sie noch bis spät in die Nacht im Zelt ...
(Rouven)

THRESHOLD

Lecker Prog! Nimm hin! Man könnte ja meinen, dass THRESHOLD als Prog-Fraktion auf diesem deutlich metallischer ausgerichteten Festival ein wenig untergehen würden, aber nix da. Nach der Ansage durch Prog-Gott Rensen brachen mit dem überirdischen "Mission Profile" sämtliche Dämme, und gerade die Kompositionen des extrem starken "Subsurface" erwiesen sich als absolute Stimmungsgaranten. Songs wie 'Ground Control' oder 'Pressure' konnten mit ihren messerscharfen Riffs ordentlich für Furore sorgen, während die Band um den sympathischen Fronter Mac (der nebenbei auch noch mit lustigen Ansangen in astreinem Deutsch glänzen konnte) augenscheinlich eine Menge Spaß auf der Bühne hatte. Neu-Basser Steve Anderson, der auf der "Critical Energy"-Tour teilweise noch wie ein Fremdkörper wirkte, hat sich voll und ganz ins Bandgeschehen eingelebt und konnte mit seinem filigranen Jazz-Spiel voll und ganz überzeugen. Bandkopf Karl Groom flitzte mit einem extrem breiten Grinsen über die Bühne, und Drum-Tier Johanne James war mit seinem energiegeladenen Spiel mitsamt lustigem Herumgekasper das absolute Highlight des Gigs. Man merkte es den Jungs, abgeshen von ein paar etwas verhunzten Einsätzen von Mac, überhaupt nicht an, dass dies der erste Gig zusammen seit einiger Zeit war, und schon gar nicht, dass vorher auf Proben verzichtet wurde. Spätestens bei 'Fragmentation' war dann klar, dass die Jungs nach ihrer Rückkehr zum Rock Hard Festival (wir erinnern uns: der erste Gig ging in einem kleinen Orkan baden) sich zu den absoluten Gewinnern des Festivals zählen können. Ganz, ganz stark!
(Rouven)

UNLEASHED

Old school! Da braucht es gar keine Definition dieses Begriffs, man muss sich einfach nur ein UNLEASHED-Konzert reinpfeifen. Auf die Urväter des Schweden-Death war wie immer Verlass, und so gab es eine Stunde lang ein leckeres Best-Of-Programm zu bestaunen, bei dem mich persönlich nur die ewig vielen Mitsingspielchen genervt haben. Irgendwann ist's dann auch mal gut, vor allem, wenn dafür noch locker ein bis zwei weitere Songs wie der überragende Vorschlaghammer 'The Longships Are Coming' ins Programm gepasst hätten. Sei's drum, auch dieser Auftritt machte mal wieder ordentlich Laune, bei 'Winterland', 'To Asgard We Fly', 'Victims Of War', 'Shadows In The Deep' oder dem obligatorischen 'Death Metal Victory' gab es ohnehin kein Halten mehr. Wie hat es Kollege Rüdiger so schön ausgedrückt: "Bei welcher anderen Death-Metal-Band kann man schon ganze Songs mitgrölen?" Genau. UNLEASHED rumpelten und siegten auf ganzer Linie, und es gibt wohl keine Band, die gleichzeitig so angestaubt und doch mörderisch frisch klingt. Dennoch hätte ich in absehbarer Zukunft bitte ein Solierverbot eingeführt, denn der glasklare Leadklampfen-Sound im Amphitheater machte mal wieder deutlich, wie uninspiriert, überflüssig und austauschbar die Soloarbeit bei den Stockholmern ist. Genug gemeckert, my warriors scream for me!
(Rouven)

PRETTY MAIDS

Man kann sagen was man will: An den PRETTY MAIDS kommt kein Metal-(Frühwerke) und Hardrockfan (aktuelle Outputs) vorbei. So wurde die Band neben den Rockjüngern auch von der Sonne freundlich empfangen. Erst nach der Mitte des Openers 'Sin Decade' war Ronnie Atkins zu hören, doch das tat der Band trotzdem keinen Abbruch, professionell weiter zu machen. Obwohl das Quintett eine ungeheure Spielfreude an den Tag gelegt hatte und im Verlauf auch Soundtechnisch verwöhnt wurde, konnte ich mich mit einer Tatsache nicht anfreunden: Den Singspielchen von Ronnie Atkins. Klar, es ist schon Mal ganz lustig, doch wenn der Innenraum nicht gerade so gefüllt ist, ist es doch schon ein bisschen fehl am Platz. Ich persönlich hätte mir stattdessen ein bis zwei Songs mehr gewünscht. Trotzdem ließ die Setlist nichts zu wünschen übrig und mit 'In The Air' wurde auch ein neuer Song vorgestellt. So richtig ging die Menge aber erst in der zweiten Hälfte ab, als die Klassiker vom "Future World"-Album gespielt wurden: Die Gänsehaut- und Powerattacke 'Yellow Rain' und das vor Hooklines strotzende 'Love Games'. Als dann noch das 'Carmina Burana'-Intro angekündigt wurde, gab´s kein Halten mehr. Die Insider wussten sofort, dass 'Back To Back' folgen sollte, und wie. Einfach nur genial.
Leider verabschiedeten sich die sympathischen Dänen schon, konnten sich aber dank der "Zugabe"-Rufe dazu aufraffen, noch 'Future World' und 'Red, Hot & Heavy' zu spielen. Danach war in meinen Augen und Ohren viel zu früh Schluss. Zum Abschluss wurde als Outro passenderweise 'Sit On My Face And Tell Me That You Love Me' vom Band gespielt. Womit bewiesen ist: Auch Dänen haben Humor!
(Tolga)

Setlist:

Sin Decade
Destination Paradise
Wouldn´t Miss You
In The Air
Virtual Brutality
Yellow Rain
Love Games
Back To Back
---
Future World
Red, Hot & Heavy


MASTERPLAN

Während des Gigs sagte Jorn Lande irgendwann, dass MASTERPLAN in den letzten Monaten selten unter so guten Bedingungen gespielt hätten. Die Sonne strahlte, der Sound war spitze, die Menge war super gelaunt und die Band wurde lautstark abgefeiert. Nichts mehr zu sehen von dem eher routinierten Auftritt auf dem Dynamo Open Air letzte Woche, wo die Band irgendwie auch etwas fehl am Platze wirkte. Heute war alles anders, die Band, insbesondere Roland Grapow, war bis in die Haarspitzen motiviert und lieferten eine der besten Show ab, die ich von ihnen bislang gesehen habe – und das war jetzt schon mein achtes oder neuntes Mal MASTERPLAN in knapp zwei Jahren…
An der Setlist hatte man aber nicht viel geändert, so dass es einen groben Zusammenschnitt der Songs gab, die man bereits auf der Tour mit CIRCLE II CIRCLE, erleben durfte. Soll heißen nach dem obligatorischen Opener ’Crimson Rider’ folgten mit ’Crystal Night’, ’Wounds’ und ’Kind Hearted Light’ die üblichen Verdächtigen. Bevor wir uns falsch verstehen, das soll keine Kritik sein, nur wenn man die Band dieser Tage schon öfter zu Gesicht bekommen hat, freut man sich über jedwede Überraschung – welche jedoch ausblieb. Bei derart starkem Songmaterial ist das aber auch scheißegal, da schreit auch niemand mehr nach HELLOWEEN-Songs oder dergleichen, wenn besonders die Nummern vom Debüt live so geil kommen, dass die Vergangenheit einzelner Beteiligten nicht mehr interessiert. Erwartungsgemäß waren Songs wie ’Enlighten Me’, ’Spirit Never Dies’ und der Schlusstrack ’Crawling From Hell’ die Höhepunkte des einstündigen Auftritts, der durch Nummern wie ’Heroes’ und die zweite Single ’Back For My Life’ komplettiert wurde. Wenn das so weiter geht, werden MASTERPLAN eines Tages ganz oben auf dem Billing stehen…
(Björn)

Setlist:

Crimson Rider
Crystal Night
Wounds
Kind Hearted Light
I'm Not Afraid
When Love Comes Close
Enlighten Me
Soulburn
Heroes
Back For My Life
Spirit Never Die
Crawling From Hell


OVERKILL

Wäre das Rock Hard Festival ein Wettbewerb gewesen, OVERKILL hätten ihn gewonnen. So viel Energie wie die New Yorker Urgesteine, die in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bandjubiläum feiern, hat es bei keiner anderen Band auf dem gesamten Festival gegeben. Man munkelte, dass dies unter anderem auch mit der Tatsache zu tun hatte, dass die Jungs ein wenig verärgert darüber waren, erst zur dritten Edition des Festivals eingeladen worden zu sein. Aber wütend wirkten OVERKILL keinesfalls, im Gegenteil, Bobby ’Blitz’ Ellsworth und seine Mannen waren bei bester Laune; selbst der ansonsten unterkühlt wirkende Bandkopf D.D. Verni konnte sich ab und zu ein Lächeln abringen. Und als man dann schon ’Rotten To The Core’ als zweite Nummer ins Auditorium schleuderte, war das Eis endgültig gebrochen. Laute “Overkill, Overkill“-Sprechchöre folgten schließlich zwischen jeder Nummer des (im Gegensatz zu sonst) etwas veränderten Sets. So kamen dieses Mal nicht nur die gewohnten Klassiker zum Zuge sondern auch Songs, die man schon lange nicht mehr von der Band gehört hat, so zum Beispiel ’Thanx For Nothing’. Dem fielen zwar Nummern wie ’Bastard Nation’ und ’In Union We Stand’ zum Opfer, aber das juckte an diesem Abend niemanden so wirklich. Stattdessen wurde das Quintett gefeiert wie kaum eine andere Gruppe an diesem Wochenende, erntete kräftige Shouts bei Stücken wie ’Elimination’ und ’Hello From The Gutter’, griff mit ’Necroshine’ auf ein Stück des unterbewerteten gleichnamigen Albums zurück und präsentierte mit dem punkigen ’Old School’ auch ein Stück vom neuen Album. Bevor das aber alles passieren konnte, wurde die Band von ihrem Fanclub, den Skullcrushers, zu ihrem Geburtstag mit einer Auszeichnung geehrt. (Geil: "Fuck you!" "Danke!" "Bitte!" - rd)
Man kann es drehen und wenden wie man will; im gesamten Metal-Sektor kann man die Bands, die es in der Live-Situation mit OVERKILL aufnehmen können, an zwei Händen abzählen. Eine so tighte Rhythmusfraktion, so fette Riffs und einen dermaßen vom Adrenalin gejagten Fronter wie das Muskelpaket Ellsworth erlebt man selten – und darum waren OVERKILL für mich zusammen mit ACCEPT und JON OLIVA’S PAIN auch die beste Gruppe des gesamten Pfingstwochenendes, selbst wenn das Ende mit einer ruppig schnellen Version von ’Fuck You’ viel zu flott kam.
(Björn)

SENTENCED

Wie heißt es so schön: Vor Wahlen und bei einer Beerdigung wird selten so viel gelogen. Was das mit SENTENCED zu tun hat? Nun, die Band feiert, wie die meisten wohl schon wissen, ihre eigene Beerdigung. Auf Raten wohlgemerkt, denn das Konzert auf dem Rock Hard Festival ist der Anfang vom Ende. Wer also die Band gesehen hat, kann von sich behaupten, das erste von einer Handvoll "Abschiedskonzerten" gesehen zu haben. Und wie es bei solchen Events der Fall ist, so sind sie vor allem eines: Ungewöhnlich! Das fing schon mit dem Opener 'Where Waters Fall Frozen' an, das auf dem aktuellen "The Funeral Album" nichts anderes, als eine reine Death-Knüppel-Nummer darstellt. Wie in guten alten "North From Here"-Zeiten. Optimal um die Qualitäten der Band zu sehen, aber von Ville Laihiala war noch keine Spur. Erst bei 'Excuse Me While I Kill Myself' kam er auf die Bühne gestapft, denn vorher hatte er nichts zu singen. Sound, Band, Publikum: Alles astrein! Vor allem fiel auf, dass die neuen Songs den alten in nichts nachgestanden haben. Zwar wurden sie nicht genauso mitgegrölt, aber trotzdem ging das Publikum gut ab. Ville Laihiala spielte dabei den Alleinunterhalter und widmete u.a. 'Sun Won´t Shine' "all the ladies". Ferner bot das Amphitheater und die sehr schnell aufkommende Dunkelheit eine sehr besondere Kulisse für eine sehr besondere Band.

Bei keinem anderen Gig verging (leider) die Zeit so schnell wie bei SENTENCED, was auf der einen Seite schade war, auf der anderen Seite jedoch viel über die Qualitäten der Finnen aussagte. Leider wurde 'We Are But Falling Leaves' vom aktuellen Album nicht gespielt, doch ansonsten gab´s an der Setlist nix zu mäkeln. Vom "Funeral"-Opener 'May Today Become The Day' über 'Cross My Heart And Hope To Die' und Klassikern wie 'Noose', war wirklich für jeden was dabei. Depressionsmucke mit Stil.
Nach den beiden Rausschmeißern 'Sweet Revenge' und 'Prayin´' war dann endgültig Schluss. Wirklich Schluss, denn so oft wie Ville es in seinen Ansagen betont hat, glaub ich auch dran, das es nix wird mit der Reunion. Mein Kollege Alex Straka wettet zwar dagegen, aber ich persönlich bin der Meinung, die Jungs ziehen den BOCCELI (remember 'Time To Say Goodbye') konsequent durch. Wie hat´s BOB MARLEY passenderweise ausgedrückt: "Time Will Tell"! Denn wie heisst es dort: "... think you´re in heaven, but you living in hell..."
(Tolga)

Setlist:

Where Waters Fall Frozen
Excuse Me While I Kill Myself
May Today Become The Day
Drown Together
Nepenthe
Bleed
The Rain Comes Falling Down
Despair-Ridden Hearts
Cross My Heart And Hope To Die
No One There
Sun Won´t Shine (for the ladies)
Ever-Frost
Noose
---
Sweet Revenge
Prayin

Noch ein paar Takte Senf von mir: Das Konzert war wahrlich grandios, emotionsgeladen ohne Ende und SENTENCED absolut würdig. Jedoch hätte ich mir ein paar mehr Songs gewünscht, die sonst live eher sträflich unterrepräsentiert sind, 'Drown Together' war da schon ein feiner Anfang. Muss ja nix aus uralten Zeiten sein, aber trotzdem. Außerdem habe ich den 'Trooper' schmerzlich vermisst, gehört er doch seit Jahren zum Repertoire der Finnen dazu. Glücklicherweise sehe ich die Band in Wacken noch mal und hoffe dann auf eine etwas umfassendere Verabschiedung - denn wenn das ein goodbye war, dann hat mir eine dicke Umarmung gefehlt. Nur Händeschütteln ist bei SENTENCED einfach nicht ...
(Rouven)

ACCEPT

Wer braucht ’ne ACCEPT-Reunion, wenn U.D.O. eh jedes Mal ein gutes Dutzend alter Klassiker im Repertoire haben? Warum ein Comeback, wo die einzelnen Mitglieder doch betonen, dass die Chemie untereinander sooo gut dann auch wieder nicht ist? Und warum haben es U.D.O. eigentlich nie zum Headliner gebracht, wo Herr Dirkschneider und seine Band musikalisch und in Sachen Live-Performance doch über jeden Zweifel erhaben sind?
All diese Fragen wurden am 15. Mai 2005 zwischen 23.20 und 1.00 geklärt. Die ganze Szene braucht ACCEPT, Punkt. Mehr dazu im Folgenden:
Nach einzelnen Lobhudeleien auf Veranstalter Götz Kühnemund, der als Initiator dieser Reunion gilt, wurden einzelne Pyros gezündet und los ging’s. Alte Herren? Von wegen, gestandene Musiker mit viel, viel Biss, das bekam man hier zu sehen. Peter Baltes und Wolf Hoffmann bangten und turnten über die Bühne wie in alten Zeiten, die Posen am Bühnenrand waren 80er pur, die Songauswahl gab ebenfalls null Grund zum Meckern und von der befürchteten Distanz unter den Musikern war ebenfalls keine Spur. ’Starlight’ wurde noch verhalten aufgenommen, doch direkt danach bekam Udo erste Hilfe beim Chorus von ’Living For Tonight’. ’London Leatherboys’ kam echt mächtig herüber und leitete in den ersten echten Höhepunkt über: ’Metal Heart’. Ich sage nur Wolf Hoffmann! Was für ein geiler Gitarrist; alleine mit der Performance beim Solo hat er es wieder allen gezeigt. Ein Unikat des deutschen Metals. ’Head Over Heels’ wurde von Peter Baltes mit einem Solo eingeleitet, zu dem er nur lapidar meinte: “Ich bin extra aus den USA hierüber gekommen, um das Ding durchzuziehen. Also, wollen wir mal sehen, ob der alte Sack es noch drauf hat." Gesagt, getan. Er hatte es drauf und war insgesamt sowieso der Aktivposten schlechthin. Danach wurde es erstmal ein bisschen ruhiger, denn Wolf spielte sich in gut zehn Minuten durch ein tolles Klassik-Set, welches man aber gerne auch für einen weiteren Song hätte kürzen können. Aber das war dann auch die Ruhe vor dem Sturm, denn jetzt folgten die echten Kracher. ’Restless And Wild’ war der bis dato am lautesten begleitete Song, bei ’Son Of A Bitch’ bekam Udo die Antwort “You Asshole“ und bei ’Monsterman' klatschte man sogar bis auf die obersten Ränge
“Diesen Song habt ihr von ACCEPT noch nie gehört, ganz sicher nicht…“ Ne, is klar. “Heidi, heido, heida…“ Ganze acht Durchgänge gönnte man den Anwesenden, und jedes Mal wurde es noch lauter. Willkommen zurück, ACCEPT. Ein Feuerwerk markierte den vorläufigen Abschied, doch da man bereits zu diesem Zeitpunkt fünf Minuten überzogen hatte, ließ man sich zur Zugabe nicht lange bitten. ’Princess Of The Dawn’ lautete diese und endete in den bekannten Singspielchen, an denen sich wiederum jeder beteiligte. Ab hier beobachtete ich die Show vom höher gelegenen Pressebereich, und es war echt ergreifend zu beobachten, wie die Fans am Ende noch mal richtig aus sich heraus kamen und dass wirklich alle Hände oben waren. Das wurde dann bei ’Balls To The Wall’ ein weiteres Mal getoppt, wo spätestens der erste Refrain aus tausenden Kehlen dargeboten ein absoluter Killer war.
Bitte keine Fragen mehr über Sinn oder Unsinn dieser Reunion; wer beim dritten Gehversuch und nach all den Jahren immer noch so frisch klingt wie ACCEPT 2005, der gehört auch weiterhin auf die Bühne – hoffentlich auch über die Jahreswende hinaus…
(Björn)

Setlist:

Starlight
Living For Tonight
London Leatherboys
Metal Heart
Love Child
Breaker
Bass Solo / Head Over Heels
Neon Nights
Guitar Solo: Bolero / Sabre Dance / Hall Of The Mountain King / Pomp And Circumstance
Medley: Restless And Wild / Son Of A Bitch
Turn Me On
TV War
Monsterman
Flash Rockin' Man
Fast As A Shark
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Princess Of The Dawn
Winter Dreams
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Balls To The Wall

Redakteur:
Björn Backes

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