RELOAD FESTIVAL 2025 - Sulingen
18.09.2025 | 00:3414.08.2025, Festivalgelände "Im langen Lande"
Familienfest der lauten Art.
FreitagNach überraschend sehr gutem Schlaf trotz lauterer Party schräg gegenüber - hier kann ich das Silent-Camp vom Reload Festival empfehlen, was seinem Namen ab 22 Uhr alle Ehre macht - gilt es zunächst, das reichhaltige Angebot vom Frühstücksbuffet zu erkunden. Rührei, belegte Brötchen, Kaffee, Kakao, eigentlich alles, um gut in den nächsten Festivaltag zu starten.
Denn dieser beginnt nämlich schon sehr früh mit Mr. Orgel persönlich. MAMBO KURT hat sich um 10:30 Uhr mit jeder Menge Spaß angekündigt.
Nachdem CELESTIAL SANCTUARY lautstark den Death-Metal-Hammer unter der heißen Tropensonne Sulingens kreisen lässt und die sechs Herrschaften von OUR PROMISE explosiven Metalcore auf der Plaza-Stage zu bieten haben, wird schon wieder die große Impericon-Stage für die heutigen Festspiele vorbereitet.
Nachdem es also heftig deftig zur Sache geht, meldet sich BREAKDOWN OF SANITY an, um auch die größere Bühne in Schutt und Asche zu legen.
Das Publikum ist erfreut, gönnt sich bei spielfreudigstem Metalcore der Eidgenossen das eine oder andere kühle Blonde und schwitzt sich zufrieden die Platte blank.
Danach geht es nahtlos im Wechsel weiter. DOWNSET hämmert uns mit einer deftigen Portion Hardcore Punk mit Hip-Hop-Einflüssen die Rhythmen reihenweise um die Ohren.
Auch HANABIE erfreut sich unfassbarer Popularität auf dem Reload und RIVERS OF NIHIL ist nicht nur mit einem brandneuen, dem selbstbetitelten Brecher am Start, sondern auch mit jeder Menge Eifer, technischer Raffinesse und einem hundsbrutalen Sound - auch wenn es etwas statischer vor der Bühne zur Sache geht.
Doch vor allem die Metalcore-Truppe aus Japan wird auch nachhaltig in Erinnerung bleiben. Welches Feuer sie bei wärmsten Temperaturen entfacht, wie sie die Menge animiert, wie sie der Band aus der Hand frisst - nun, das sieht man auch nicht aller Tage.
Weiter im Text - und so langsam kommen wir zu meinen großen Vorfreuden!
So zerlegen die Mannen von THE HALO EFFECT die kleine Bühne und ihr knackiger Arsch-Tritt-Melo-Death ist genau das, was das Publikum nun braucht. Die Nordköppe sind perfekt eingespielt, Songs wie 'Become Surrender', 'Days Of The Lost' oder 'Shadowminds' sind energische und spielerische Granaten und der Auftritt mit nur 40 Minuten leider viel zu kurz.
Hiervon können mit PRONG auch die Erfinder des Alternative Metals ein Liedchen singen. Tommy Victor war zuvor nicht nur bei uns auf der Interviewcouch, sondern ist auch nun voller Eifer und Bock an der Klampfe am Start. Zugegeben, der Schweiß tropft ihm hitzebedingt von der Stirn, so wie allen anderen auch, doch der kaltschnäuzige Mix aus Groove, Thrash, Punk und Alternative ist so cool wie der Sprung ins erfrischende Nass.Das wäre jetzt genau das Richtige, zumal am gestrigen und heutigen Tag das Sulinger Schwimmbad sicherlich Rekordumsätze eingefahren hat, doch wir lassen uns direkt im Anschluss von LANDMVRKS in den Bann ziehen.
2014 gegründet spielten sich Florent und Co. stets an mir vorbei, doch die Wucht und die Power, die die Franzosen hier und heute auf der großen Bühne präsentieren, ist schon aller Ehren wert. Natürlich ist das Festival heute an allen Ecken und Enden mit Metalcore bedeckt, doch durch den stetigen Wechsel der Bühnen herrscht eine unheimliche Variabilität und man braucht auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn man sich einfach auf den Boden legt und in der Sonne sonnt.
Doch kurz vom Sonnenstich, den ich mir beinah während des THE EXPLOITED-Abrisses gegeben hätte, holen mich Klassiker wie 'Beat The Bastards' und 'Dogs Of War' aus der Trance und leiten nahtlos über zu meinem Tageshighlight. Richtig, für Uncle Al warte ich auch gern länger in der ersten Reihe und nachdem die ersten Auftrittsminuten der Sound gerichtet werden muss, ist es nun endlich angerichtet.
Was habe ich mich im Vorfeld auf MINISTRY gefreut! Und ich soll nicht enttäuscht werden: heiß, heißer, MINISTRY. Die Rhythmen hypnotisieren, die Riffs sägen sich durch Mark und Bein, diese punktgenauen Drums pumpen sich durch die Adern und ein sehr agiler und gut gelaunter Jourgensen springt wie ein Aufziehmännchen über die Bühne. Bei 'N.W.O.', 'Just One Fix' und 'Jesus Built My Hotrod' kenne ich auch kein Halten mehr und werde nur gebremst als ich sehe, dass sich ein Crowdsurfer wohl sehr übel verletzt haben soll. Die Security ist sehr schnell anwesend, trägt den Unglücksraben zum Sani-Zelt und so beendet MINISTRY einen in mehrerlei Hinsichten denkwürdigen Auftritt. Anbei auch ein großes Kompliment generell an die Security, die mit sehr viel Hingabe, Humor, sowie dem nötigen Ernst bei der Sache ist.Während COLDRAIN auf der Plaza-Stage muss ich mir allerdings eine Pause gönnen, denn der Abend wird mit einem ebenfalls sehr denkwürdigen GOJIRA-Act sehr fordernd. Das allerdings im durch und durch positiven Sinne, denn die Franzosen wissen, wie man eine Show der Superlative entfacht. Wahnsinnig stimmige Lichteffekte, die Videowand projiziert die schönsten und eindringlichsten Bilder, der Sound ist eine Wonne und GOJIRA in absoluter Hochform. Ob wir Bock auf ein Doublebass-Feuerwerk haben, möchte Frontmann Joe Duplantier wissen und schon spielt sich sein Bruder Mario in einen kompletten Rausch. Der Auftritt ist von vorne bis hinten spektakulär, von 'The Axe' über 'Flying Whales' und 'The Cell' bis hin zu 'The Gift Of Guilt' als Grande Finale äußerst dynamisch und in dieser Form ist GOJIRA stets ein sehr gern gesehener Gast auf dem Reload Festival.
Auch auf DROWNING POOL habe ich mich im Vorfeld gefreut, fehlen die Amis doch noch auf meiner Bucket-Liste. Und wer mit 'Sinner' gleich so kraftvoll die Plaza-Stage zu Boden rammt, dem frisst auch das Publikum aus der Hand. Klar sind 'Tear Away' und abschließend der 'Bodies'-Brecher, bei dem besagtes komplett aus sich herauskommt, fest gesetzt, doch auch das BILLY IDOL-Cover zu 'Rebel Yell' sitzt wie eine Eins und zeigt uns die Band in sehr guter Verfassung.Hiervon kann auch der letzte Act auf der Hauptbühne ein deftiges Liedchen trällern. Ladies and gentlemen, MACHINE fuckin' HEAD ist in Sulingen zum ersten Mal überhaupt am Start und Robb Flynn fordert nun die allerletzten Tagesreserven des Publikums. Wer mit einem Monster wie 'Imperium' das Feld eröffnet, der kann nur Erfolge einfahren. Auch wenn der Sound lauter hätte sein können und Flynn selbst etwas heiser zu sein scheint, so steht MACHINE HEAD auf Sturm: hier Circlepits, dort Moshpits, mit mächtig viel Staub und mit Hits en masse im Gepäck macht die Band heute nahezu gar nichts falsch. MACHINE HEAD zeigt sich in guter Form, auch mit dem neuen Album im Gepäck, haut mit 'Ten Ton Hammer' und 'Now We Die' die nächsten Brecher heraus und immer wieder ist es Animateur Robb, der zum Hüpfen, Moshen und Feiern anregt.
Beim Duett mit Joe, bei dem die beiden Frontmänner 'Territory' zum Besten geben, kocht die Stimmung beinah über. Doch nach anderthalb Stunden, die genial mit 'Halo' abgeschlossen werden, ist auch die bärenstärkste Premiere irgendwann vorbei und liebe Leser, ich muss ins Bett. Für THE BROWNING, die wie FEAR FACTORY am Vortag als Allerletztes die Plaza-Stage verwüsten dürfen, tut es mir wahnsinnig leid, aber dieser mit Highlights bespickte Tag hat mir wirklich alles abverlangt.
Es folgt ja noch ein weiterer Tag voller Spiel, Spaß und Metal. Ein letztes, wirklich allerletztes Bier geht noch und dann treten wir den Weg Richtung Zelt an. Hundemüde, vollkommen ausgepowert, aber überglücklich - Danke, Reload!
Text: Marcel Rapp
Photo Credits: Andre Schnittker, Noah-Manuel Heim (alle Bilder stammen vom SUMMER BREEZE 2025)
Hier geht es zum Samstag.
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