PHIL COLLINS - Köln

14.06.2017 | 01:23

12.06.2017, Lanxess Arena

Bärenstarke Rückkehr aus dem Ruhestand!

Ist er wirklich fit genug, um wieder auf der Bühne zu stehen? Das war die Frage, mit der sich Pop-Legende PHIL COLLINS von Seiten der Presse her in den Monaten seit der Ankündigung seines Comebacks im vergangen Oktober herumschlagen musste. Nachdem Collins Anfang Juni allerdings erstmalig wieder in Liverpool für komplettes Solo-Konzert seit dem Jahr 2004 auf der Bühne stand, verstummten die Gerüchte vorerst, nur um von einem unglücklichen Sturz und der darauf folgenden Absage von zwei Konzerten in London wieder entfacht zu werden. Zum Glück für alle Fans in Köln ist der ehemalige GENESIS-Fronter jedoch mit einer leichten Platzwunde am Kopf davongekommen, sodass der fünf Abende umfassende Halt der "Not Dead Yet"-Tour in der Lanxess Arena wie geplant stattfinden kann. Dieses historische Ereignissen konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen und finden uns so an diesem windigen Montagabend in der Domstadt ein, um beim zweiten Konzert in der Kölner Arena dabeizusein.

Der Abend beginnt jedoch erst einmal mit langen Schlagen am Einlass vor der Halle. Angesichts der tragischen Ereignisse in Manchester haben die Veranstaler noch einmal deutlich beim Sicherheitskonzept nachgeschärft, weshalb auch größere Handtaschen oder Rücksäcke verboten sind und jeder Besucher beim Betreten der Halle mit einem Metalldetektor überprüft wird. Bei 16.000 erwarteten Zuschauern hätte diese Aktion auch durchaus in einem langwierigen Desaster enden können, doch die Security vor Ort ist nicht nur freundlich, sondern leitet die Menschenmenge auch so geschickt zu den Eingängen, dass nie ein größerer Rückstau zustande kommt. Dementsprechend schaffen wir es auch nach knapp zehn Minuten in die Arena, wo natürlich der erste Weg zum Merchandise-Stand führt. 30 € für ein Tour-Shirt, 15 € für das bebilderte Programmheft, das sind durchaus angemessene Preise und so kann ich schon vor der Show nicht wiederstehen und packe mir einige Andenken ein, bevor wir uns auf den Weg zu unseren Plätzen machen.

Dort angekommen erwartet die Zuhörer eine sehr schön gestaltete Diashow mit Aufnahmen aus allen Epochen der langen Karriere des heutigen Protagonisten, mit der sich die Zeit bis zum Konzertbeginn sehr gut aushalten lässt. Besonders lange müssen die Kölner aber auch nicht warten, denn um kurz nach Acht erlischt das Hallenlicht und unter tosendem Applaus betritt PHIL COLLINS auf einen Stock gestützt die Bühne. Angesichts seiner Probleme mit dem rechten Bein fällt ihm das Laufen sichtlich schwer und so ist es auch keine Überraschung, dass er für den Opener 'Against All Odds (Take A Look At Me Now)' auf einem Barhocker Platz nimmt, von dem aus er den größten Teil des Sets bestreiten wird. Wie er im Anschluss während des ruhigen Tracks so ganz alleine auf der Bühne sitzt, nur von zwei Scheinwerfern beleuchtet vor dem Schatten seines am Schlagzeug sitzenden Sohnes, der sich auf dem noch immer heruntergelassenen Bühnenvorhang abzeichnet, das hat schon einen sehr melancholischen und fast schon traurigen Touch. Doch die gedämpfte Stimmung hält nicht lange an, denn bereits beim folgenden 'Another Day In Paradise' springen die ersten Zuhörer von den Sitzen auf und stimmen lautstark in den Chorus ein, bevor 'One More Night' wieder eher balladeske Töne anschlägt.



Generell liegt der Schwerpunkt der ersten Häfte der Show mehr auf den getragenen Stücken aus Collins Backkatalog, worunter heute Abend auch das GENESIS-Cover 'Follow You, Follow Me' fällt, das es erstmalig in die Setlist eines Solo-Konzerts geschafft hat. Unterstützt von einigen nostalgischen Video-Einspielern dürfte dabei bei vielen Fans der Wunsch nach einer erneuten Reunion der Ex-Band von Collins aufkommen, auch wenn das wohl eher ein Traum bleiben wird. Doch auch Solo hat der Brite jede Menge Klassiker zu bieten und schüttelt mit dem starken 'I Missed Again' und 'Can't Turn Back The Years' sogar einige Songs aus dem Ärmel, die es schon lange nicht mehr in die Setlist geschafft haben. Unterstützt wird Collins dabei im Kern von der gleichen grandiosen Band, die ihn auch bereits auf der "First Final Farewell"-Tour begleitete, wobei natürlich ganz besonders Trompeter Harry Kim, Basser Leland Sklar und Gitarrist Daryl Stuermer zu den bekanntesten Gesichtern gehören dürften. Nur hinter dem Schlagzeug gibt es eine Neuerung, denn hier sitzt nicht mehr wie in den letzten 30 Jahren zuvor Chester Thompson. Stattdessen bildet heute Phil Collins Sohn den Herzschlag der Band und macht mit seinen gerade einmal sechzehn Jahren eine mehr als gute Figur. Mit dem flotten 'Only You Know And I Know' von "No Jacket Required" endet schließlich nach gut einer Stunde der erste Teil des Abends und das zufriedene Publikum wird in eine zwanzigminütige Pause entlassen.

Viele Zuschauer nutzen die Gelegenheit, um sich an den Theken in der Lanxess Arena mit einem frischen Bier zu versorgen oder für einen kurzen Moment frische Luft zu schnappen, spätestens als allerdings wieder das Schlagzeug in der Halle ertönt, strömen die 16.000 Besucher zügig wieder auf ihre Plätze zurück. Das ist auch nötig, denn ansonsten würden sie mit dem tollen Drum-Duett zwischen Nicholas Collins und Luis Conte an den Percussions ein absolutes Highlight des Abends verpassen. Das Drum-Solo geht schließlich nahtlos in eine triumphale Version von 'I Don't Care Anymore' über, die jegliche Zweifel an Collins Gesangsfähigkeiten beseitigen sollte. Natürlich hat der 66-jährige mit den ganz hohen Tönen ein wenig zu kämpfen und muss sich hin und wieder von seinen vier Background-Sängern aushelfen lassen, abseits davon klingt er allerdings so kraftvoll und stark wie eh und je. Im Anschluss bietet die Ballade 'You Know What I Mean', die von Phil und Nicholas zu zweit am Piano vorgetragen wird, eine letzte Gelegenheit für eine Verschnaufpause, denn ab jetzt zündet der Brite den Hit-Nachbrenner. Erst reißt der Klassiker 'In The Air Tonight' die Zuschauer aus den Sitzen, bevor mit 'Can't Hurry Love' und dem "Dance Into The Light"-Titeltrack nahtlos nachgelegt wird. Wer hier nicht spätestens auf den Beinen ist, dem gibt schließlich das Dreierpack aus dem GENESIS-Cover 'Invisible Touch', 'Easy Lover' und dem unvermeindlichen Rausschmeißer 'Sussudio' den Rest. Anschließend verabschiedet sich Collins unter fast schon ohrenbedäubendem Applaus von Kölner Publikum, nur um wenige Sekunden später zurückzukehren und mit dem getragenen Vera Lynn-Cover 'If You Love (Really Love Me)' eine erste Zugabe nachzulegen. Schlussendlich beendet wie üblich das grandiose 'Take Me Home' den Abend und eine glückliche Schar von Fans entströmt gegen 23:00 Uhr in den kühle Abend.

Die eingangs gestellt Frage kann ich somit nach gut 140 mitreißenden Minuten nur mit einem ganz klaren Ja beantworten. Natürlich ist Phil von seiner zwischenzeitlichen Alkoholsucht gezeichnet und sieht deutlich älter aus, als er eigentlich ist, sobald er aber die Bühne betritt, ist er wieder ganz der Alte: Immer zu einem flotten Witz aufgelegt, souverän und vor allem stimmlich in guter Verfassung. Wer also die Gelegenheit hat, eine der verbleibenden Shows zu besuchen, der sollte sich diese Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lassen. Immerhin könnte es gut und gerne sein, dass es die letzte Chance ist, um diese Legende der modernen Popmusik noch einmal auf einer hiesigen Bühne zu erleben.

Setliste: Against All Odds (Take A Look At Me Now), Another Day In Paradise, One More Night, Wake Up Call, Follow You Follow Me, Can't Turn Back The Years, I Missed Again, Hang In Long Enough, Seperate Lives, Only You Know And I Know, Drum-Duett, I Don't Care Anymore, Something Happened On The Way To Heaven, You Know What I Mean, In The Air Tonight, Can't Hurry Love, Dance Into The Light, Invisible Touch, Easy Lover, Sussudio, If You Love (Really Love Me), Take Me Home

Redakteur:
Tobias Dahs

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