Iron Maiden - Ludwigshafen

08.07.2007 | 17:28

08.06.2007, Südweststadion

Der Sommer fängt ja gut an! Die Meldung, dass die Eisernen Jungfrauen in der Vorderpfalz auftreten, sorgte vielerorts für Begeisterung. Ist doch das Rhein-Neckar-Dreieck nicht gerade verwöhnt, was metallische Feinkost in Großformat betrifft. Nachdem die Briten bereits Ende letzten Jahres den aktuellen Output "A Matter Of Life And Death" ausgiebig im Rahmen einer kleinen Europatour - mit gerade mal zwei Konzerten in Deutschland - beworben haben, war es an der Zeit für Wiedergutmachung, um die teilweise vergrätzte Fanschar zu entschädigen. Zur Unterstützung hat man sich IN FLAMES, PAPA ROACH, MASTODON und Steve Harris' Töchterchen LAUREN HARRIS mit ins Boot geholt, um eine erneute Havarie zu vermeiden. Die äußeren Bedingungen an diesem Freitag sind optimal: Über Ludwigshafen lacht die Sonne, und bei gut und gerne 30 Grad Celsius im Schatten fließt nicht nur das Bier in Strömen.

Wer schon einmal im Ludwigshafener Südweststadion anlässlich eines Konzertes verweilte, weiß, dass alles andere als eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr nervenaufreibend und müßig sein kann, da um das Stadion herum weiträumig alle Straßen gesperrt sind. Da das Stadion nur unweit vom Hauptbahnhof gelegen ist, haben auch wir die Anreise per Bahn gewählt. Nach unserem Eintreffen um 16 Uhr müssen wir mit Erstaunen feststellen, dass der Andrang bei weitem nicht so groß ist, wie erwartet. Nahezu ohne Verzögerung erfolgt der Einlass, und auch der erste Blick ins Oval zeigt, dass die Arena aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ausverkauft sein wird.

Vorbei an zahlreichen Fress- und Saufbuden zieht es uns in Richtung Merchandisingstand. Doch wie schon in den Jahren zuvor liegen die Merchpreise wieder über dem Limit: Shirts für 35 bis 40 Euronen und Workerhemden für 90 sind einfach zu viel. Auch die leckere Hopfenkaltschale oder die gekühlte Limonade schlagen mit Zwoachtzig für einen 0,3l-Becher zu Buche.

Die Location an sich ist mehr als marode, und geschätzte 30 Dixies sowie eine veraltete Toilettenanlage unterhalb der Haupttribüne für die Sitzplatzkarteninhaber sind schon etwas dürftig. Aber die heutige Großveranstaltung wird die letzte sein, da die Burg nach dem Konzert abgerissen wird und einer neuen Arena weichen muss.

Gegen halb fünf und somit etwas früher wie geplant, betritt LAUREN HARRIS mit ihrer Band die Bühne und versucht, die aufgrund der Hitze noch etwas träge Fanschar zum Mitmachen zu bewegen, was nur selten gelingt. Optisch ist der Steve-Harris-Spross sicherlich ein Blickfang, und auch die Band ist sehr engagiert. Allerdings taugt das Songmaterial nur bedingt dazu, die zahlreich vertretene Kuttenfraktion in Ekstase zu versetzen. Mehr als ein paar "Ausziehen-Rufe" und vereinzelter Höflichkeitsapplaus kann dem Publikum zu dieser frühen Stunde nicht abgerungen werden. Nach nicht ganz einer halben Stunde werden beide Seiten erlöst.

Die nun folgenden MASTODON haben es auch nicht gerade leicht, da man doch den meisten Anwesenden wohl kein Begriff zu sein scheint. Das sperrige Material des Quartetts ist zudem für die meisten Metalheads nur schwer verdaulich. Ein erbärmlicher Sound erweist sich zudem nicht gerade als förderlich. Auch wenn die Jungs aus Atlanta sehr engagiert zu Werke gehen, plätschert das dargebotene Material mehr oder weniger vor sich hin und wird von so manchem Anwesenden schlichtweg ignoriert. Mir persönlich gefällt das Material ganz gut, allerdings ist hier scheinbar die falsche Band zur falschen Zeit am falschen Ort. Als Support-Act von TOOL im letzten Jahr war man offensichtlich besser aufgehoben.

Die aller größten Befürchtungen hatte ich im Vorfeld allerdings bei PAPA ROACH, die musikalisch am wenigsten zu den Traditionalisten von der Insel passen. Doch wer Coby und Co. schon einmal livehaftig erlebt hat, weiß wie viel Energie in deren Liveperfomances steckt. Die Kalifornier rocken amtlich ab und der hyperaktive Coby turnt wie wild auf der Bühne, vor der Bühne und im Publikum herum. Wann erlebt man das schon einmal, dass ein Frontmann einer Band in dieser Größenordnung noch durch das halbe Publikum rennt? Das ist mal Fannähe! Dank solche Aktionen und zahlreicher Hit wie 'Broken Home', 'Getting Away With Murder' oder 'Last Resort' frisst das Publikum PAPA ROACH aus den Händen. Ein mehr als erfolgreicher Auftritt.

Der letzte Aperitif wird um 19 Uhr in Form von IN FLAMES gereicht, die es ja seit Ihrer Tour im Vorprogramm von JUDAS PRIEST im Jahre 2005 gewohnt sind, vor einem kritischen Publikum aufzuspielen. Leider scheinen die Schweden einen eher schlechten Tag erwischt zu haben. Entweder liegt es daran, dass man sich eigentlich derzeit in einer Auszeit befindet und sich in diesem Jahr etwas rarer machen wollte. Erfreulicherweise ist Gitarrist Jesper Strömblad wieder mit von der Partie, der ja aus persönlichen Gründen Ende letzten Jahres eine Tourauszeit genommen hat. Sänger Anders Friden wirkt auch etwas deplaziert und kommt gar nicht richtig in Tritt. Irgendwie gelingt es IN FLAMES nicht, die Leistung vergangener Zeiten abzurufen. Irgendwie wirken alle Aktiven auf der Bühne übernächtigt. Trotz allem zockt man routiniert sein Programm durch und bietet die üblichen Hits wie 'Cloud Connected', 'Pinball Map', 'The Quiet Place', 'Trigger' oder 'Only For The Weak' feil. Das Publikum zeigt erneut Bereitschaft zur Aktivität und so bildet sich trotz der großen Hitze ein ordentlicher Moshpit vor der Bühne. Gegen Ende der Show zollen dann beide Seiten der Hitze Tribut, und nach einer Stunde ist das Ende der Show für jeden eine Erlösung.

Die nun folgende, fast einstündige Umbaupause wird mit einem kurzweiligen Stopp am Bierstand und einem längeren Fußmarsch zu den Toiletten überbrückt. Die Versorgung mit Getränken war katastrophal! Ich habe noch nie so viele Dilettanten auf einem Fleck erlebt. Die Elfen und Trolle in den Schankstellen wurde scheinbar von der Straße weg rekrutiert und durften keinerlei Erfahrungen mitbringen: Wartezeiten von bis zu einer halben Stunde für ein Bier sind an diesem Tag keine Seltenheit und müssen nahezu überall hingenommen werden. Was hätte man nur gemacht, wenn das Stadion nicht nur zur Hälfte gefüllt gewesen wäre? Eine absolute Frechheit ...

Pünktlich um 21.00 Uhr erklingt mit UFOs 'Doctor, Doctor...' das mittlerweile schon obligatorische Intro zu einem IRON MAIDEN-Konzert, ehe die ersten Klänge zu 'Different World' die Herzen schneller schlagen lassen. Die erste Single von "A Matter Of Life And Death" entwickelt sich immer mehr zum Gassenhauer und sorgt für ordentlich Bewegung in den ersten Reihen. Auch das anschließende 'These Colours Don’t Run' und 'Brighter Than A Thousand Suns' stammen vom aktuellen Album und sorgen bei mir für ein kleines Deja-Vu. Spielen die Briten nun doch wieder das neue Album am Stück, obwohl es im Vorfeld hieß, dass mehr Klassiker den Weg ins Programm gefunden hätten? Doch alle Befürchtungen verflüchtigen sich, als es mit 'Wrathchild' den ersten Klassiker setzt.

Showtechnisch gibt es das Übliche, und auch die Bühnendeko hat sich im Vergleich zum letzten Besuch im Dezember nicht geändert und wurde eher ein wenig abgespeckt. Showtechnisch bleibt ebenso alles beim Alten: Bruce Dickinson nutzt wie immer die gesamte Bühne samt Aufbauten, Janick Gers schleudert wahnwitzig seine Gitarre durch die Luft und der Rest zockt routiniert vor sich hin. Wobei "The Bruce" nicht ganz so agil agiert wie sonst und auch stimmlich schon bessere Tage erlebt hat. Scheinbar macht sich auch hier das intensive Touren in den letzten Jahren bemerkbar.

Nichtsdestotrotz entspricht die heutige Setliste dem Geschmack aller MAIDEN-Fans und es wird geschickt neues Material mit Hits aus vergangenen Tagen gepaart. 'Children Of The Damned', 'The Number Of The Beast', 'Run To The Hills' und 'Iron Maiden' lassen das Publikum durchdrehen und das Südweststadion kochen. Bei 'Fear Of The Dark' zeigt es sich, dass selbst die größten Bands mit dem besten Material nicht vor technischen Störungen gefeit sind. Das Funkmikrofon von Bruce Dickinson gibt kein sauberes Signal mehr wieder, und so setzt es neben diversen Störgeräuschen auch noch einige Rückkopplungen, was dazu führt, dass der Frontmann die meiste Zeit über mit dem Rücken zum Publikum mit Blickrichtung zum Monitormischer singt. Wer auch immer 'Run To The Hills' gesungen hat, ich habe es nicht gesehen, da Bruce Dickinson plötzlich gänzlich von der Bühne verschwunden war und wohl der Crew in den Arsch trat. Etwas gewöhnungsbedürftig. Doch bevor es mit 'Iron Maiden' weiter geht, kehrt der Barde zurück und stellt fest, dass der ganze neue Scheiß nichts taugt und nichts über "the good old stuff" geht. SM 58 rules.

Zur Überraschung aller war dann auch noch nach 'Iron Maiden' erstmal nach knapp 70 Minuten Schicht im Schacht. Netter Versuch der Wiedergutmachung ... nachdem die knapp 20.000 Nasen lautstark ihre Zugabe fordern, setzt es mit '2 Minutes To Midnight', 'The Evil That Men Do' und 'Hallowed Be Thy Name' ein grandioses Finale, aber 90 Minuten Spielzeit sind definitiv viel zu wenig! Zum Abschied verspricht dann ein wieder besser gelaunter Bruce Dickinson, dass man im nächsten Jahr ein paar Pyramiden mit nach Deutschland bringen wird und diese mit den Songs des Albums "Powerslave" zum Beben bringen wird. Alles in allem von der Songauswahl und der Show ein ganz guter Abend, jedoch auch nicht mehr oder weniger als sonst. Scheinbar ist niemand mehr der so genannten Alten-Herren-Riege in der Lage, mal wieder mehr als zwei Stunden auf der Bühne zu stehen und eine amtliche Vollbedienung abzuliefern, so dass die Wiedergutmachung nur teilweise gelungen ist.

Setlist:
Different World
These Colours Don't Run
Brighter Than A Thousand Suns
Wrathchild
The Trooper
Children Of The Damned
The Reincarnation Of Benjamin Breeg
For the Greater Good Of God
The Number Of The Beast
Fear Of The Dark
Run To The Hills
Iron Maiden
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Two Minutes to Midnight
The Evil That Men Do
Hallowed Be Thy Name

Redakteur:
Frank Hameister

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