Headbangers Open Air - Brande-Hörnerkirchen

11.08.2013 | 21:21

25.07.2013, Garten

HOA Festival 2013

Dass die Briten MIDNIGHT MESSIAH den Samstag eröffnen, ist eigentlich schon ein bisschen schade. Die Band, die vor allem von den ehemaligen ELIXIR-Mitgliedern Phil Denton und Paul Taylor geprägt wird, spielt heute ein spezielles Set, in dem zahlreiche Songs von ELIXIRs "The Son Of Odin" vorkommen, einem der, meiner Meinung nach, besten Alben der späten NWoBHM. Mit solchem Material hätten die Herren eigentlich eine höhere Platzierung im Billing verdient gehabt, müssen aus unerfindlichen Gründen aber schon zur Mittagsstunde auf die Bühne. [Der "unerfindliche" Grund könnte sein, dass ein halbwegs Leute ziehender Opener die Leute schneller aufs Gelände lockt als ein absolut namenloser. - Rüdiger Stehle] Den Auftritt eröffnet die Band mit dem Doppel aus 'Thirty Pieces Of Silver' und 'Damned For All Time' vom MIDNIGHT MESSIAH Debüt "The Root Of All Evil" und bereits bei den ersten Tönen wird klar, dass den Fans ein musikalisch hervorragender Auftritt bevorsteht. Sänger Paul ist extrem gut bei Stimme, die beiden Gitarristen sind perfekt aufeinander abgestimmt und solieren sich in einen Rausch und die Tatsache, dass man sich für den Auftritt mit weiterem ehemaligen ELIXIR-Personal verstärkt hat, tut der Eingespieltheit keinen Abbruch. Und so werden im Verlauf der Show munter Songs vom neuen Album mit Klassikern wie 'The Star Of Beshaan', 'Treachery' und 'Son Of Odin' gemischt. Dass das neue Material dabei qualitativ nicht zu den Songs des Überalbums von ELIXIR abfällt, zeigt, welch großartige Songschreiber und Musiker die Herren Denton und Taylor auch heute noch sind. Die Band ist von den Publikumsreaktionen jedenfalls positiv überrascht und bedankt sich für die, trotz der mörderischen Hitze, zur Schau gestellte Unterstützung. Dabei wirken die Musiker äußerst bodenständig und sympathisch, womit sie all die Qualitäten verkörpern, die die klassische NWOBHM auszeichnen. Mit diesem Material und in dieser Form hätte die Band deutlich mehr Aufmerksamkeit und Erfolg verdient. Ein exzellenter Start in den Samstag, dessen hohes Niveau erst deutlich später am Abend wieder erreicht werden solte.

Setlist: Thirty Pieces of Silver, Damned For All Time, The Star Of Beshaan, Wise Man Of Roklar, You're No Friend Of Mine, The Rock , Treachery, The Son Of Odin, King Of The Night, Midnight Messiah

[Raphael Päbst]

 

Die Italiener von MEGAHERA sollten ursprünglich schon 2012 auf dem HOA spielen, mussten aber kurzfristig absagen. Gerüchten nach hatte die Band Probleme, die Grenze zu passieren, eine Vermutung, der das ziemlich planlose und verpeilte Stageacting der Truppe neue Facetten hinzufügt. Leider hat man zusätzlich mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen, was einen ziemlich zerfahrenen Auftritt zur Folge hat. Da das Material der Band auch auf Platte schon etwas unstrukturiert wirkt, verstärkt der Eindruck auf der Bühne dies noch weiter. So kommt eigentlich kaum Stimmung auf, da die Pausen zwischen den Liedern zu lang und die Lieder in sich zu wenig schlüssig wirken. Das ist durchaus schade, denn ich höre mir das Album "Metal Maniac Attack" durchaus gerne an und hatte entsprechend auf ein unterhaltsames Konzert voller Energie und Metal-Klischees gehofft. Davon wird eigentlich nur eines bedient, als man tatsächlich das Bass-Solo 'Electric Wizard' ins Programm nimmt. Mit Bass-Solo, Soundcheck während des Konzerts und enttäuschender Performance befindet man sich ja zumindest in Gesellschaft großer Namen, verzichtet aber glücklicherweise auf Fellunterhosen oder Lederleibchen. [Und weniger glücklicher Weise auf richtige Hymnen, wie man sie von der "guten Gesellschaft" kennt. - Rüdiger Stehle] Wenn man es dann aber doch mal schafft, ein Stück zu spielen, wie beispielsweise 'Nostalgia', so ist das Ergebnis ordentlich, insbesondere der energische Schlagzeuger und der Bassist können hier punkten. Insgesamt wäre es aber besser gewesen, wenn die Band mehr geprobt oder weniger Entspannungszigaretten geraucht hätte. Schade, denn hier wäre gerade bei dem dankbaren HOA-Publikum deutlich mehr drin gewesen.

Setlist: Apocalyptic Ride, Before The Night, Nostalgia, Condemned To Insanity, Bass Solo, Pharaoh's Curse, Let It Loose

[Raphael Päbst]

 

Götz Kühnemund nannte SACRED STEEL mal die "trueste aller deutschen True-Metal-Bands". Das kann man so stehen lassen, denn die Schwaben sind heute besonders gut drauf und rammen die große Kuttenträgerversammlung vor der Bühne so unangespitzt in den Boden, dass es eine wahre Freude ist. Fäuste recken, headbangen und mitbrüllen ist Pflicht, wenn Sänger Gerrit Mutz sattelfest an der Grenze des Machbaren zwischen AGENT STEEL, JUDAS PRIEST und MERCYFUL FATE agiert. Erfreulicherweise nehmen sich die Jungs selbst nicht ganz ernst und glänzen mit einem Humor den viele Genrekollegen vermissen lassen. So weiß Gerrit beispielsweise folgenden Kalauer zu berichten: "Manchmal gehe ich an einer Tür vorbei und denk mir 'Open Wide The Gates'". Fans der Truppe freuen sich besonders über einige zuletzt selten gespielte Perlen wie 'Blood On My Steel' und der Fan der gemeinsam mit Gerrit den OMEN-Klassiker 'Battle Cry' im Duett darbieten darf, ist vermutlich immernoch im siebten Kulthimmel. So ist die Maxime heute 'Heavy Metal To The End' und zwei wichtige Erkenntnisse bleiben: Das war 'Sacred Bloody Steel' und 'Metal is War'. [So ein richtiger Fan der Kapelle bin ich ja wegen der doch zu klischeehaften Songs und Alben nie gewesen, aber ich muss zugeben, dass Gerrit wirklich stark singt und die Stimmung vor der Bühne erstmals heute den Siedepunkt erreicht. Wenn man schon auf einem Metalfestival ist, da darf man so etwas auch einfach abfeiern. Und die Vollbedienung inklusive Patronengurt, Nieten und Old-school-posing hat visuell wie auch akustisch ihren Platz auf dieser Bühne! Das muss ich mal sagen, weil ich ja sonst auch gerne über die Jungs lästere, aber das hat Hand und Fuß heute. - Frank Jaeger].

[Arne Boewig]

 

Reformierte Bands sind aus der Metalszene dieser Tage ja kaum mehr wegzudenken. Kein traditionell ausgerichtetes Festival kommt ohne sie aus, und es gibt keine Reunion, welche nicht das Potential dazu hätte, die Fangemeinde in mehrere Lager zu spalten. Auch bei HERETIC gab es im Vorfeld natürlich Diskussionen: Die einen hätten lieber Mike Howe am Mikro, den anderen war das Comebackalbum "A Time Of Crisis" zu hart, und wieder andere freuen sich einfach über etliche starke neue Songs und darüber, dass mit Julian Mendez eben jener Sänger zurück ist, der 1986 die Debüt-EP "Torture Has No Boundaries" eingesungen hat. Neben dem kleinen Fronter in der schwarzen Lederkluft ist außerdem noch Gitarrist und Gründungsmitglied Brian Korban mit an Bord. Vervollständigt wird das Power/Thrash-Quintett vom energischen und mitreißende agierenden Drummer Iggy Coppola und von den beiden erfahrenen Saitenrecken Angelo Espino (Bass) und Glenn Rogers (Gitarre), die beide unter anderem schon bei HIRAX aktiv waren. Die Setlist des heutigen Nachmittags trägt natürlich der Tatsache Rechnung, dass Julian Mendez wieder das Mikro schwingt, und somit ist die Debüt-EP mit drei Titeln sehr prominent vertreten. Dass die Band zudem die Reunion sehr ernst nimmt, von ihren neuen Stücken überzeugt ist und garantiert nicht nur vom Glanz vergangener Tage zehren will, das beweist der Umstand, dass sie sich nicht scheut, stattliche sechs neue Titel vom Stapel zu lassen, darunter etwa das starke, thrashige Titelstück oder das speedige, NWoBHM-lastige 'Child Of War'. Doch keine Sorge, auch das Klassikeralbum "Breaking Point" vergisst die Band nicht ganz, und Julian beweist dabei, dass er Volltreffer wie die Bandhymne 'The Heretic' oder 'The Circle' zwar nicht auf die Howe-Art, aber auf jeden Fall würdig und passend umsetzen kann. Damit lässt der Gig für mich im Endeffekt keine Wünsche offen, auch wenn ich natürlich die Träne im Knopfloch einiger anwesender Howe-Fans verstehen kann, denen es sichtlich schwer fällt, an einem Tag gleich zwei ihrer Lieblingsbands ohne ihren persönlichen Lieblingssänger zu sehen. Doch wenn der geschätzte Herr Howe einfach nicht mehr singen mag - ganz egal ob hier und jetzt, oder einige Stunden später in der Stahlkirche - dann ist das kein Grund dafür, die heutigen Besetzungen weniger freundlich willkommen zu heißen, denn deren Leistung ist vortrefflich. Daher geht mein Daumen für HERETIC ganz klar nach oben!

Setlist: The Heretic, And Kingdoms Fall, Blood Will Tell, Betrayed, Whitechapel, Tomorrow's Plague, Portrait Of Faith, Police State, The Circle, Child Of War, Remains, Impulse

[Rüdiger Stehle]

Auf das walisische Quartett um Ausnahmesänger Carl Sentance bin ich sehr gespannt. Aufmerksame Leser wissen dies, denn das Reunionalbum "Once A King" landete im letzten Jahr auf der Pole Position meiner Hitliste. Somit ist es klar, dass ich mich frühzeitig vor der Bühne einfinde, um PERSIAN RISK gebührend zu bestaunen. Ein Glück, wie ich etwas später feststellen darf, beginnt es doch ausgerechnet während des Auftritts heftig zu regnen. Ich habe mir aber einen kuscheligen Platz unter einem großen Sonnenschirm gesichert und habe erstklassige Sicht auf die Geschehnisse. Von Beginn an versprüht die Band allerbeste Laune. Sofort wird klar, dass Carl in allerbester Verfassung ist. Er posiert herum wie ein junger Hüpfer und legt dabei ganz federleicht eine exzellente Gesangsleistung aufs Parkett. Bereits beim Opener 'Dark Tower' singt der halbe Garten den Chorus mit. Und eine Band, die bereits so früh im Set ihren Hit – in diesem Fall 'Ridin' High' – verbrät, muss von sich selbst sehr überzeugt sein. Gerade Bands aus der NWoBHM neigen ja sonst dazu, ihre damaligen Singleklassiker ans Ende ihrer Setlisten zu stellen. Natürlich drehen die Wissenden spätestens jetzt kollektiv am Rad und so bricht die Band auch bei allen Skeptikern schnell das Eis. Dumm nur, dass es nun heftig beginnt zu regnen. Die meisten Anwesenden fliehen unter die wenigen sich bietenden Unterstellmöglichkeiten und es scheint fast so, als würde dieser kurze, aber heftige Regenguss für noch mehr Euphorie unter den verbleibenden Fans sorgen. Einige ganz harte Gesellen posieren mit ihren Luftgitarren im strömenden Regen und haben sichtlich Spaß dabei. Die Band ist sichtlich begeistert von so viel Fangeist und legt sich noch mehr ins Zeug. Abwechselnd gibt es Material der beiden bisher erschienen Alben, zwischen deren Erscheinungsterminen 26 Jahre liegen. Dem Material hört man das nicht an, denn ohne die Gastmusiker des aktuellen Albums klingen die neueren Songs noch rockiger. Selbst eine kurze Instrumentaleinlage lässt die gute Stimmung nicht einbrechen. Kein Wunder, wenn man sieht, mit wie viel Feuer in den Gesäßtaschen das Trio loslegt. Da sind Vollblutmusiker am Start, die allesamt schon erhebliche Bühnenerfahrung mitbringen. So war Bassist Wayne Banks beispielsweise eine Weile Mitglied der legendären SABBAT und ist auf deren "Mourning Has Broken" zu hören. Aber das nur am Rande. Beim Gassenhauer 'Women And Rock' werden noch mal alle anwesenden Kehlen gefordert und die abschließende Überraschung namens 'Stand Up And Shout' belegt noch einmal, was für ein toller Sänger Carl ist. Eine DIO-Nummer unfallfrei zu spielen ist nämlich keine Selbstverständlichkeit. Die Ankündigung, es würden weitere Alben kommen, macht wohl nicht nur mich sehr glücklich. Eine kleine Clubtour wäre auch mal eine Idee.

Setlist: Hang On; Dark Towers; Ridin' High; Soul Deceiver;Asylum; Spirit In My Dreams; Don't Turn Around; Fist Of Fury; Battle Cry; Women And Rock; Stand Up And Shout (Dio-Cover)

[Holger Andrae]

 

Im direkten Anschluss an den superben Auftritt von PERSIAN RISK folgen die französischen Kultmetaller von BLASPHEME, die ohne göttliche Luftbefeuchtung etwas mehr Zuschauer sehen wollen. Wer meine Aversion gegen nicht englischsprachigen Heavy Metal kennt, wird sicherlich überrascht sein, dass ausgerechnet ich den Bericht über die Band schreibe. Aber, wie sagt man so schön: Ausnahmen bestätigen die Regel. Und BLASPHEME mag ich. Die Band tritt mit zwei Sängern auf. Zum einen hätten wir da Alexis Roy-Petit, der mit seiner Band EVIL ONE auf diesen Brettern bereits vor ein paar Jahren eine sehr gute Figur machen konnte. Außerdem steht er natürlich bei HÜRLEMENT hinter dem Mikrophon. Der zweite Fronter hört auf den Namen Olivier De Valle. Der gute Mann singt außerdem noch bei SHANNON. Die instrumentale Fraktion besteht neben den Urgesteinen Pierre Holzhaeuser (gt.) und Philippe Guadagnino (bs.) noch aus des Letzteren Sohn Aldrick Guadagnino am Schlagzeug. Das soll nicht die einzige Vater-Sohn-Besetzung am heutigen Tage bleiben. Aber dazu später mehr. Die Franzosen werden von Beginn an von den ersten Reihen textsicher und mit etlichen Fäusten in der Luft abgefeiert. Und auch ich ertappe mich bei gepflegt nordischer Euphorie: Der Fuß wippt, ab und an wird die Gitarre gelüftet und die Kehle wird ebenfalls angestrengt. Zumindest beim großartigen 'Excalibur', meinem Lieblingssong des Debütalbums. Die Nummer singt Alexis und nachdem er angesagt hat, dass es ihm besonders wichtig sei, diese Nummer in der Setlist zu haben, ist die Erwartungshaltung natürlich besonders hoch. Und was soll ich lange um den heißen Brei herum reden: Er macht seine Sache ganz ausgezeichnet. Zwar werden die Texte teilweise abgelesen, aber so offensichtlich, wie man das bei anderen Sängern auf diesen Brettern schon erleben durfte, ist es nicht. Der ausgezeichneten Stimmung schadet es jedenfalls nicht. Auch der andere Kracher des Erstlings, 'Jehova', klingt in der 2013er-Version ganz ausgezeichnet. Die beiden alten Stammmitglieder spielen breit grinsend ihre alten Hits und sind sichtbar gerührt von den Reaktionen des Publikums. Dieses feiert aber auch Songs des zweiten Albums frenetisch ab. So wird 'Vivre Libre' zur Mini-Hymne und auch 'Erreurs De Moeurs' scheint einige Adrenalinspiegel zum Splittern zu bringen. Wer jetzt denkt, dass sich die Franzosen ausschließlich auf die alten Songs konzentrieren würden, der wird sich wundern zu lesen, wie gut 'The Crow' vom 2010er Album "Briser Le Silence" ankommt. Das kommt alles wie aus einem Guss und mit einer Selbstverständlichkeit, die angenehm ist. Vor allem Wonneproppen Alexis, der eine positive Ausstrahlung hat, wie selten ein Musiker, tut der Band sehr gut. Dadurch wirkt sie frisch, jung und trotzdem authentisch. Ein sehr feiner Auftritt, der gern noch etwas länger hätte dauern dürfen. [Und dass man sich nachhaltig in Erinnerung rufen wollte, kann man daran ablesen, dass am Merch-Stand das besagte 2010er-Album für 5 Euro verkauft wird. Ich hoffe, das hat jeder eingetütet! - Frank Jaeger]

Setlist: Desir De Vampyr; Enfer Paradis; Briser Le Silence; Erreurs De Moeurs; Carpe Diem; Territoires Des Hommes; Excalibur; Au Nom De Morts; The Crow; Vivre Libre; Seul; Jehova; Vengeance Barbare

[Holger Andrae]

 

Auf SAVAGE freue ich mich wie ein kleines Kind, will die Band doch den Klassiker "Loose 'n' Lethal' komplett spielen. Diese Scheibe war für 1983 ein absolut bahnbrechendes Album, welches in Sachen Härte und Geschwindigkeit nicht umsonst auch von METALLICA als Einfluss gelistet wird. Da in der aktuellen Besetzung mit Gitarrist Andy Dawson und Sänger/Bassist Chris Bradley immerhin noch zwei Originale von damals mit an Bord sind, kann da ja nicht viel schief gehen. So optimistisch sind auf jeden Fall meine Gedanken im Vorfeld. Nach zwei Titeln vom aktuellen Album ist es dann auch soweit: 'White Hot' eröffnet das Feuerwerk. Allerdings scheint irgendwer die Zündschnur vergessen zu haben, denn die Version, die uns hier serviert wird, erinnert im Vergleich eher an eine vereinzelte Wunderkerze. Als ob die Band mit angezogener Handbremse agieren würde, fehlt dem Einstieg in dieses Wunderwerk einfach mal jegliche Energie. Leider geht es in ähnlichem Tempo weiter. Selbst so eine geniale Nummer wie 'Ain't No Fit Place' will überhaupt nicht zünden. Im Gegensatz zu den Kollegen von PERSIAN RISK ist bei SAVAGE auf der Bühne allerdings auch gar nichts los. Andy Dawson zockt seine coolen Riffs mit der Begeisterung eines norddeutschen Musikfreundes beim Fußwippen. Der zweite Klampfer, bei welchem es sich übrigens um Chris' Sohn handelt, ist da zwar deutlich euphorischer unterwegs, vermag die Menge allerdings auch nicht so richtig mitzureißen. Seltsamerweise ändert sich die Situation in der Hälfte des Sets recht deutlich, denn bei 'Dirty Money' hat offenbar irgendwer den Schalter umgelegt. Ab jetzt macht die Chose auch richtig Laune und bei 'Let It Loose' ist die Hölle im Garten los. Völlig zurecht, ist diese Nummer auch mal eben eine der wichtigsten Proto-Speed-Metal-Hymnen. Das sehen wohl viele Anwesende ähnlich, denn ein paar Hundert Häupter wackeln wild auf und nieder. Als Zugabe gibt es die Mitsingnummer 'We Got The Edge' vom feinen "Hyperactive"-Album und als das Publikum die Band noch immer nicht gehen lassen will, wird 'Let It Loose' noch einmal gezockt. So gut diese Nummer auch ist, ich hätte mir lieber noch einen weiteren Song vom zweiten Album gewünscht. Das zeugt nicht gerade von guter Vorbereitung seitens der Band. Ich hatte mehr erhofft.

Setlist: The Rage Within; Black'N'Blue;White Hot;The China Run;On The Rocks; Ain't No Fit Place; Dirty Money;Berlin;Cry Wolf;Let It Loose; We Got The Edge;Let It Loose

[Holger Andrae]

 

Etwas Außergewöhnliches steht auf dem Programm, bevor zwei metallische Urgesteine den Abschluss des diesjährigen Headbangers Open Airs machen werden. Wobei die Spanier MURO, die so weit oben im Billing platziert sind, dass sich einige schon verwundert die Augen reiben und die Stirn krausziehen, ja eigentlich ebenfalls ein solches sind. Das Debütalbum, eine Liveaufnahme, stammt aus dem Jahr 1987, das erste bekannte Demo ist sogar dreißig Jahre alt! Allerdings singen die Iberer in ihrer Muttersprache, was den internationalen Erfolg natürlich beträchtlich einschränkt. Diese Tatsache ist den Spaniern aber offensichtlich herzlich egal, sie kommen auf die Bühne und legen los, als ob sie zu Hause in Madrid auftreten würden. Und man sieht in der Tat einige MURO-Shirts im Publikum, wie es scheint, haben sie sich ihren Platz um etwa 9 Uhr abends redlich verdient. Anfangs wird mit dem Titelsong des neuen 2013er-Albums erst einmal ein bisschen Werbung in eigener Sache gemacht, dann geht es ab in die Mottenkiste. Sänger Silver ist ein echter Metaller, mit Kutte und entsprechendem Auftreten und er schafft es, dass den Gassenhauer 'Traidor' tatsächlich auch diejenigen mitsingen, welche die Band vorher nicht kannten. Im Folgenden wechseln die Spanier immer wieder zwischen aktuellen Songs und dem ganz alten Material, wobei es scheint, als wären sie mit zunehmendem Alter durchschnittlich auch schneller geworden. Überhaupt geht MURO ziemlich zügig zu Werke, schon bald sieht man überall nur noch Haare fliegen. Klassischer, schneller Metal, natürlich ist das hier das perfekte Publikum für die Madrilenen. Dazu passt auch das Auftreten der ganzen Band. Purer Heavy Metal und auf das Gaspedal ohne Unterlass, selbst kurze Intros wie bei 'Solo En La Oscuridad' bieten nur kurz eine Verschnaufpause, dann wird wieder unnachgiebig gerockt. Gegen Ende wird mit dem Song 'La Voz' noch Ronnie James Dio gedacht, dem dieser Song gewidmet ist, bevor noch einmal die Speedkeule ausgepackt wird. Die Band schaut durchgeschwitzt, aber ziemlich zufrieden drein. Vor dem Gig mögen sich noch einige vorgenommen haben, kurz reinzuschauen und dann noch eine Pause zu machen, es war lang und es kommen ja noch zwei Bands, aber das haben nur die wenigsten in die Tat umgesetzt. Denn MURO ist zu gut und hält sie vor der Bühne. Ein wirklich überzeugender Auftritt, MURO darf gerne wiederkommen. Ich bin dann wieder dabei!

Setlist: El Cuarto Jinete, Juicio Final, Traidor, Otra Batalla, Mata, Telon De Acero, Ciclon, Solo En La Oscuridad, Honorable, Acero Y Sangre, La Voz, Mirada Asesina

[Frank Jäger]

 

In all den Jahren als Fan und Schreiberling habe ich selten eine so professionell arbeitende und live so perfekt eingespielte Band wie PRAYING MANTIS gesehen. Die Gottesanbeterin konnte mich bisher immer packen und nicht ohne Grund ist diese britische Institution des Melodic Rocks mein absoluter Favorit in diesem Genre. Die göttlichen mehrstimmigen Gesänge, die grandiosen Backing Vocals, die ergreifenden Melodien und die spürbaren Wurzeln in der NWoBHM machen diese Truppe zu etwas ganz Besonderem, und jeder Gig der Band um die Gebrüder Chris und Tino Troy ist für mich ein Highlight. Doch selbst solche Meister ihres Fachs bleiben nicht immer vom Pannenteufel und vom Pech verschont, so dass es hier und heute doch mehr zu kritisieren gibt, als uns und vor allem der Band lieb ist. Grund dafür ist vor allem, dass sich die Band erst wenige Wochen vor dem bereits gebuchten Auftritt beim HOA von ihrem Leadsänger Mike Freeland und Schlagzeuger Gary Mackenzie getrennt hat. Die Nachfolger der beiden wurden zwar schnell gefunden, und zwar in den Niederlanden, und so sehen wir PRAYING MANTIS heute zum ersten Male mit John "Jaycee" Cuijpers am Mikro und Hans in't Zandt hinter dem Schlagzeug. Aber die Band konnte in dieser Konstellation erst einmal proben und kam zudem, wie mir Chris Troy später verriet, erst ganz kurz vor dem Auftritt in Brande-Hörnerkirchen an, so dass der Auftritt von Anfang an nicht unter einem guten Stern steht. Jaycee muss die Texte verständlicherweise noch vom Notenblatt absingen, und als dann zu allem Überfluss noch Probleme mit dem Monitorsound auftreten und Drummer Hans mächtige Probleme mit den Keyboard-Einspielern vom Mac bekommt, wird es ein wenig holprig. So ist die Band leider gezwungen, ein paar Songs aus dem Programm zu nehmen und ihren Auftritt etwas zu kürzen. Das, was die Herren allerdings spielen, das hat nicht nur Hand und Fuß, sondern es ist einmal mehr magisch. Die Band fängt die Probleme professionell ab und wirkt trotzdem sympathisch und engagiert, da zudem die kurze Setlist für die verwöhnten Fans doch auch einige Perlen bereit hält, allen voran die live äußerst selten gespielte Bandhymne 'Praying Mantis', weitere neu eingespielte Uralt-Hits von der "Metalmorphosis EP" (z.B. 'Panic In The Streets'), oder Melodic-Klassiker wie 'Children Of The Earth', 'Turn The Tables' und natürlich der abschließende Überhit 'Captured City'. Abgesehen von den angesprochenen Schwierigkeiten fügen sich die beiden Neuen sehr gut in die Band ein und gerade Frontmann Jaycee überzeugt stimmlich wie in Sachen Präsenz. Im Gespräch gibt sich Chris Troy später natürlich relativ zerknirscht wegen der technischen Probleme, doch man merkt ihm an, wie sehr die Band von ihren Neuzugängen überzeugt ist, und wie sehr sie sich auf die Zusammenarbeit und das kommende Album freut. Vor diesem Hintergrund waren wir heute eben Zeugen des Auftakts einer neuen Ära in der Geschichte dieser Band, und wer trotz gewisser Startschwierigkeiten noch immer so überzeugend auftritt und das Publikum mit seinen unsterblichen Hymnen im Griff hat, der hat die Rolle des Co-Headliners wohl verdient.

Setlist: Children Of The Earth, Panic In The Streets, Praying Mantis, Highway, Turn The Tables, Captured City (drei Songs der geplanten Setlist fielen den technischen Problemen zum Opfer).

[Rüdiger Stehle]

 

Ronny Munroe ist ein absoluter Gesangsheld! Diese Erkenntnis fußt nicht unbedingt auf den ordentlichen Alben, die er mit METAL CHURCH aufgenommen hat, sondern darauf, dass selbst ich als zu spät Geborener mir während des Konzerts weder David Wayne (R.I.P.), noch Mike Howe herbeisehne, denn Munroe präsentiert famos die Klassiker aus beiden Sängerphasen, wobei natürlich die Wayne-Ära dominiert. Beim heutigen Gottesdienst wird nämlich das selbstbetitelte Debüt mit allen Sperenzchen von vorn bis hinten komplett gespielt. Das ganze Wochenende über liegt schon die Vorfreude darauf in der Luft, doch bevor heute das beste US-Metal-Debüt aller Zeiten abgefeiert werden kann, [Ui, da packt aber jemand die Superlative aus.... Frank Jaeger] gibt es ein paar Klassiker vom Zweitwerk "The Dark" und desssen Nachfolger "Blessing in Disguise" zu beklatschen, wobei das Stimmungslevel bei 'Badlands' und 'Watch the Children Pray' einen ersten Höhepunkt erreicht. Doch dann gibt es kein Halten mehr, denn die Komplettaufführung eines der stilprägendsten Alben des echten Power Metals nimmt nun ihren Lauf. 'Beyond The Black' - was für ein Groove! 'Metal Church' - was für eine Hymne! Metal im ursprünglichen Sinn geht einfach nicht besser! 'Merciless Onslaught' - das Instrumental, das sich wie ein echter Song anfühlt. 'Gods of Wrath' - die beste Halbballade aller Zeiten! 'Hitman' - eine absolute Speedgranate mit großartigem Refrain! 'In The Blood' - der Wahnsinn im Midtempo! '(My Favorite) Nightamre' - der Titel hält was er verspricht, denn auch KING DIAMOND wäre stolz auf diesen Song! Und die 'Battalions' rammen uns, garniert mit einem hochmelodischen Refrain, mit dem Kopf durch die Wand. 'Highway Star' - eine der besten Coverversionen aller Zeiten! Und mit 'Big Guns' wird sogar der "verlorene Song" aufgetischt, den es nur auf der Vinyl-Erstauflage der europäischen Version des Albums gab. Mehr geht nicht, könnte man meinen. Stimmt auch, denn die allermeisten anderen Bands würden jetzt verdienterweise den Sack zu machen und die Fans mit ihrer Gänsehaut alleine lassen. METAL CHURCH ist da hingegen von anderem Schrot und Korn und knallt der überglücklichen Meute noch den Titelsong des Howe-Klassikers "The Human Factor" vor den Latz. Mehr geht nun aber wirklich nicht mehr und als spät Geborener, der hier und heute seinen ersten metallischen Gottesdienst erlebte, kratzen mich auch die Sticheleien einiger Altfans herzlich wenig, die hier im Nachinein "eine gute Coverband" gesehen haben wollen. [Lass uns alte Säcke einfach reden, Arne. Nix drauf geben... - Frank Jaeger] Join the METAL CHURCH or die in Pain!

Setlist: Ton Of Bricks; Start The Fire; Light In The Dark; Fake Healer; Badlands; Watch The Children Pray; Beyond The Black; Metal Church; Merciless Onslaught; Gods Of Wrath; Hitman; In The Blood; Nightmare; Battalions; Highway Star; Big Guns; Human Factor.

[Arne Boewig]

Redakteur:
Holger Andrae

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