Genital Festival presents: Scheiße, der Lehrer goes Fichtelhillz - Großschloppen

09.04.2019 | 21:19

30.03.2019, Dorfhalle

Da in diesem Jahr leider kein Genital Festival stattfinden kann, haben die Veranstalter kurzerhand dieses Paket mit feiner Krachmusik für die Fans geschnürt.

Da in diesem Jahr leider kein Genital Festival stattfinden kann, haben sich die Veranstalter dazu entschlossen, dem Durst nach Krachmusik in der Region Wunsiedel und Hof mit einem Konzert zumindest etwas entgegenzuwirken. Das Lineup kann jedenfalls mit KILLING CAPACITY, PARASITE, NECROTTED und JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE schonmal mehr als überzeugen. Dass man von diesen Bands keine Schmusesongs und Klargesang in schwindelerregenden Höhen erwarten braucht, bedarf wohl auch keiner näheren Erläuterung.

Als Ort des Geschehens wurde Großschloppen auserkoren, von dem ich zugegebenermaßen vorher noch nicht mal gehört hatte. Auf Anfahrtsschwierigkeiten aufgrund von Baustellen haben die Veranstalter vorher in Facebook ebenfalls hingewiesen. Dank der Umleitung ist Großschloppen derzeit wohl nur über eine recht abenteuerliche Straße (geteerter Feldweg trifft es wohl eher) erreichbar. Nach einigen Irrwegen und Sackgassen schlagen wir jedoch noch gut eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn in Großschloppen auf und können sogar noch ein Freibier abstauben. In der Dorfhalle herrscht zu dieser frühen Stunde bereits reger Betrieb, was für den Opener natürlich richtig gut ist, der dann zumindest keine fast leere Halle bespielen muss. Es wird noch kurz der Sound gecheckt und dann geht es auch schon los.

Den Anfang macht wie angekündigt KILLING CAPACITY aus Hof und ohne sich groß mit dem Vorspiel aufzuhalten, knallen die Jungs den Zuschauern in Großschloppen gleich mal eine saftige Ladung Death Metal vor den Latz. Wem angesichts des Bandnamens die schwedischen DISMEMBER durch die Hirnwindungen geistern, liegt gar nicht so verkehrt, denn dass die Schweden einen großen Einfluss auf KILLING CAPACITY gehabt haben, ist nicht zu überhören. Frontmann Dave entschuldigt sich noch, dass die Band seit Wochen erkältet und deshalb nicht zum Proben gekommen ist, wovon man allerdings überhaupt nichts merkt. Die Show der Hofer ist energiegeladen wie immer und bringt bereits nach wenigen Takten die ersten Köpfe zum Kreisen. Vor allem Dave scheint die sprichwörtlichen Hummeln im Hintern zu haben, denn neben dem Growlen und Gitarre spielen fegt er ohne Pause ständig über die Bühne oder schüttelt sich den Staub aus den Haaren. Wenn man einige Wochen lang krank war, dürfte sich da ja so einiges angesammelt haben.

Auch zwischen den Songs sorgt er für gute Unterhaltung und hat immer einen lockeren Spruch oder einen schlechten Blondinenwitz auf Lager. Da einer der Anwesenden heute Geburtstag hat, gibt es sogar ein Ständchen der besonderen Art. Einen gefühlt 30 Sekunden langen Grindcore-Song rotzt KILLING CAPACITY raus, was den Jubilar sichtlich erfreut und auch bei den restlichen Zuschauern ebenfalls auf offene Ohren stößt. Anschließend geht der Death-Metal-Abriss weiter und Dave springt samt Gitarre sogar mitten im Song von der Bühne und versucht in den Zuschauerreihen einen ersten Pit zu starten. So ganz aufgetaut scheint das Publikum allerdings noch nicht zu sein, denn dieses ist noch etwas zögerlich und benötigt wohl noch das eine oder andere Bier. Aber es ist ja noch früh und das ist schließlich erst der Anfang. Als die Band nach guten 40 Minuten den letzten Song gespielt hat und die Zuschauer lautstark nach einer Zugabe verlangen, lässt sich KILLING CAPACITY nicht lange bitten und haut noch 'Casket Garden' von DISMEMBER raus. Ein genitaler Abschluss für eine wirklich geile Show. Das sehen die Zuschauer in Großschloppen ganz genauso, weshalb sie KILLING CAPACITY mit großem Applaus von der Bühne verabschieden.

Das war doch mal ein kerniger Auftakt, so darf es gerne weitergehen. Schön auch, dass die Jungs mit 45 Minuten eine für einen Opener ungewöhnlich lange Spielzeit bekommen haben. Nach der Befriedigung meiner Nikotinsucht vor der Halle möchte auch so langsam das Freibier wieder raus. Als ich die Toiletten aufsuche, sehe ich, dass die Türen zum Backstagebereich mit “VIPenis” beschriftet sind. Da merkt man eben, dass die Veranstalter auch auf kleinste Details achten und das Konzept voll durchziehen. Selbst auf den Pfandmarken prangt das namensgebende Genital.

Als nächstes steht PARASITE auf dem Programm. Wer die Wunsiedler schon einmal live erlebt hat, dürfte wissen, dass jetzt mit nicht weniger als einem ordentlichen Brett zu rechnen ist. Die Dorfhalle wird auch immer voller und sogar direkt vor der Bühne ist mittlerweile einiges los. Auch das Freibier zeigt so langsam seine Wirkung und so bilden sich immer wieder Pits vor der Bühne. Bei dem satten Death-Brett, welches PARASITE den Fans um die Ohren haut, ist das aber auch kein Wunder. Auch die Bühnenperformance ist absolut mitreißend und PARASITE versteht es, die ohnehin schon angeheizten Fans noch mehr aufzustacheln. Das hat natürlich zur Folge, dass die Pits vor der Bühne zunehmend ausgelassener und chaotischer werden, während die Stimmung in der Halle weiterhin steigt. Mit seinen lustigen Ansagen sorgt Frontmann Grinnoff zudem immer wieder für den einen oder anderen Lacher im Publikum.

PARASITE lässt außerdem verlauten, dass man derzeit an einer neuen Scheibe schraubt. Eine erste musikalische Kostprobe gibt es auch schon zu hören und zwar in Form von 'Blackout'. Der Song wurde erst vor wenigen Wochen als Lyric-Video veröffentlicht und wird vom feierwütigen Publikum dankend angenommen. Als mit ‘Parasite City’ der letzte Song angekündigt wird, kann ich gar nicht glauben, wie schnell die 45 Minuten vergangen sind. PARASITE hat mal wieder mehr als abgeliefert und einen sauberen Auftritt hingelegt, was natürlich auch vom Publikum honoriert wird. Wer die Jungs noch nicht live erlebt hat, sollte zusehen, dass diese Lücke schnellstmöglich geschlossen wird. Ich habe schon Shows von weitaus bekannteren Bands gesehen, die nicht mal ansatzweise so mitreißend waren. Purer Abriss vom Feinsten, um nicht zu sagen genital!

Setliste: Mongolian Deathworm; Deceptive Headache; Dickfish; Menace; Zero Brain Function; Electrocution; Run The Gauntlet; Victim Of Lobotomy; Blackout; *******; Backyard Burial; Violent Reporting; Parasite City

So langsam meldet sich der Magen und ich gönne mir draußen erst einmal ein Paar Broudwärscht (im Hochdeutschen auch oftmals Bratwürste genannt). Diese werden wie die Getränke übrigens auch zu absolut fanfreundlichen Preisen angeboten. Noch immer trudeln vereinzelte Gäste ein, vom Freibier ist mittlerweile aber nichts mehr übrig, das ist längst vernichtet. Zwei Shows stehen noch an, also wieder rein ins Getümmel.

Nun geht es überregional weiter mit NECROTTED aus Abtsgmünd in Baden-Württemberg. Direkt von Beginn an wird deutlich, dass die beiden Anheizer ganze Arbeit geleistet haben, denn vor der Bühne ist jetzt richtig Action angesagt. Begleitet von den schnellen Doublebass-Salven und harten Gitarrenriffs von NECROTTED wird der Pit vor der Bühne immer ausgelassener und wilder. Mit meiner Kamera muss ich sogar ein ums andere Mal in Deckung gehen und verziehe mich daher lieber an den Rand der Halle, wo das Getümmel noch einigermaßen überschaubar ist. Das Großschloppener Publikum hat jetzt Blut geleckt und dreht richtig auf, da sind die Songs von der Scheibe "Worldwide Warefare", die den Großteil der Setliste von NECROTTED ausmachen, natürlich mehr als willkommen. Auch was die Bühnenshow angeht, stehen die Jungs den Vorgängern in nichts nach, denn diese ist ebenso von einem sehr hohen Energielevel geprägt.

Von der geilen Stimmung des Publikums lässt sich NECROTTED nur zu gerne anstecken und dreht auf der Bühne immer weiter auf. Vor allem Basser Koray wird nicht müde und lässt seine Matte in Dauerrotation kreisen und lebt die Songs auf seine eigene Art und Weise auf der Bühne aus. Aber auch der Rest der Truppe strotzt nur so vor Energie und legt eine amtliche Show hin. Als ein Zuschauer vor der Bühne Sänger Fabian ziemlich tiefe Einblicke gewährt, antwortet er trocken und grinsend "ja, geile Titten!". Ja, diese Veranstaltung wird vom Genital Festival präsentiert, da gehört sowas einfach dazu. Das Leben ist schließlich oft ernst genug. Nach 'Confiscation Day' ist auch diese Show schließlich zu Ende und NECROTTED holt sich zum letzten Mal an diesem Abend den Applaus des Publikums ab. Ob die Zuschauer dieses hohe Energielevel auch beim Headliner noch durchhalten?

Setliste: Worldwide; No Class But Class War; Rebuild And Receive; Unity Front; Assimilation; Utopia (We Are The Light); Bigotry Unmasked; Hunt Down The Crown; Vile Vermin; Confiscation Day

Draußen wird wieder mit alten und neuen Bekannten gefachsimpelt, geraucht und vor allem gelacht. Der Wettergott ist uns heute Abend durchaus wohl gesonnen, auch wenn es langsam etwas frisch wird. Aber immerhin ist es trocken und wir müssen nicht im Regen stehen. Ein letztes Mal wird in der Halle nun umgebaut und die Fans freuen sich schon auf den Headliner des heutigen Abends.

JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE legt natürlich auch gleich los und die Stimmung in der Halle ist sofort wieder auf einem sehr hohen Level. Die Fans haben jetzt richtig Bock auf den eigenständigen Deathgrind der alten Hasen aus dem Pott, die bereits seit 1998 die Bühnen dieser Welt unsicher machen. Einige der anwesenden Zuschauer wurden damals gerade erst geboren. Wer vorhin dachte, dass die Stimmung nicht besser werden könne, der wird nun eines Besseren belehrt. Der Pit ist jetzt praktisch dauerhaft aktiv, nur zwischen den Songs gönnen sich die Fans eine kurze Verschnaufpause. Frontmann Christian nutzt diese auch gerne, um die Zuschauer mit lustigen Ansagen zu unterhalten oder um mit den Fans zu prosten. Auch die Songs von JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE entfalten live deutlich mehr Schlagkraft als auf Konserve und machen da gleich noch mehr Spaß. Schon interessant zu sehen, wie das Chaos und der Wahnsinn der Songs auf die Zuschauer in den vorderen Reihen abfärben.

Die Setliste von JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE stellt eine bunte Mischung aus dem mittlerweile durchaus recht beachtlichen Songkatalog dar, die viele Alben der Band berücksichtigt. Kracher wie ‘Die Schlachtung’ werden vom Publikum natürlich dankend angenommen, mit Applaus wird jedoch nach keinem Songs der Jungs gegeizt. Je länger die Show dauert, umso mehr offenbaren sich die deutlichen Spuren des Abends, sowohl bei den Fans als auch bei der Band. Vor allem im Pit macht sich langsam die Erschöpfung breit, aber die Zuschauer halten eisern durch und geben weiter alles. Ebenso halten es die Musiker, die trotz durchgehendem Dauerfeuer und sichtlicher Erschöpfung trotzdem noch Song um Song rausfeuern und immer noch einen in petto haben. Zum Abschluss gibt es noch den Kracher 'Verpackt in Plastik', der gleichzeitig das Ende dieser genitalen Veranstaltung markiert. Junge junge, was für ein Abriss!

Setliste: Zimmer 2.407B; Die Krone der Schöpfung; Grillanzünder; Alle wollen gut aussehen (und tun es nicht); Verbrennt euer Geld; Der Homosapiens; Weiss; Glaubt dem Mainstream nicht ein Wort; Wir gehen in den Knast; Ich habe mich entschieden; Gekochtes für Tiere; Die Schlachtung; Die Kriterien eines perfekten Produkts; Kunstfehler; Verrat am Metal; Komm wir drehen einen Porno; Es lernt sich von selbst; Zieh die Jacke falschrum an; Auf der Sonnenseite des Globus; Chef De Cuisine; Planeten planieren; Der neue Hitler; Verpackt in Plastik

Just killers, no fillers! Das beschreibt den vergangenen Abend wohl absolut treffend in einem Satz. Die Bands haben alle mehr als abgeliefert, das Publikum war richtig gut drauf und hat mit einer super Stimmung für einen gelungenen Abend gesorgt. Auch die Organisation war erste Sahne. Mit Freibier macht man natürlich auch nie etwas verkehrt. Sehr gut hat mir auch gefallen, dass KILLING CAPACITY als Opener eine Spielzeit von 45 Minuten bekommen hat. Die Spendenaktion für Adrian Kowanek (ex-DECAPITATED) sollte ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Hoffentlich sind hier möglichst viele Euro gesammelt worden. Bleibt nur zu hoffen, dass es nächstes Jahr wieder ein Genital Festival geben wird. Falls das nicht klappen sollte, gegen eine weitere Veranstaltung wie diese hätte sicher auch niemand etwas einzuwenden.

Redakteur:
Hermann Wunner

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