Earthshaker Fest 2005 - Geiselwind

24.08.2005 | 15:48

21.07.2005, Autohof

Donnerstag, 21.07.2005

Für die durchaus beachtliche Menge der bereits am Donnerstag angereisten Festivalbesucher haben die Veranstalter in der riesigen, modernen, ebenfalls zum Autohof gehörenden Eventhalle eine Art Warm-Up-Show organisiert, welche im Preis für das Festivalticket enthalten ist. Allerdings haben aufgrund der trotz der Größe der Halle doch begrenzten Platzverhältnisse nur die ersten paar Tausend Zugang zur Veranstaltung, die sich rechtzeitig am Einlass einfinden, was natürlich für ein wenig Unmut bei denen sorgt, die letztlich draußen bleiben müssen oder nur mit viel Verspätung eingelassen werden. Da die Einlassmodalitäten jedoch vorher bekannt gegeben wurden, kann man dies niemandem vorwerfen. Wer es schafft reinzukommen, kann sich auf einen unterhaltsamen Abend mit sechs Bands freuen, welche für ordentlich Stimmung sorgen sollten.
(Rüdiger Stehle)


TURISAS

Den Anfang machen die Finnen von TURISAS, welche ich vorher nur dem Namen nach kannte. Irgendwie war ich darauf eingestellt, eine mehr oder weniger unoriginelle FINNTROLL-Kopie anzutreffen, und ich fragte mich durchaus, ob dies denn klug wäre, angesichts der Tatsache, dass auch FINNTROLL auf dem Billing stehen, und eine gute Stunde nach TURISAS auf die Bühne gehen würden. Doch schon bald nach dem das folkloristische Intro vom Band verklungen ist, stelle ich erleichtert fest, dass meine Einschätzung doch ziemlich verkehrt war. Sicher spielen auch die fünf stilecht in Fellklamotten gehüllten und mit Kriegsbemalung verzierten finnischen Krieger eine Mischung aus relativ heftigem Metal und prägnanten Einflüssen aus der finnischen Folklore, doch geben sie sich deutlich weniger schwarzmetallisch als die Genrevorreiter aus ihrer Heimat. Ihr tanzbarer Pagan Metal ist epischer, aber zugleich auch verspielter und lebt vor allem davon, dass Geige und Akkordeon als vollwertige Instrumente mitmusizieren dürfen. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass es ein heißer Anblick ist, einem Geiger und einem Quetschkommodenspieler beim wilden Synchronbangen und -Hüpfen zuzuschauen. So verwundert es auch kein bisschen, dass das Publikum stürmisch bejaht, als es vom ausgeflippten Violinisten in gepflegtem Deutsch gefragt wird, ob es denn ein Geigensolo hören wolle. Neben den eigenen Schlachthymnen, die das gut gefüllte vordere Drittel der Eventhalle ordentlich in Bewegung bringen, wird auch das tolle Folk-Disco-Metal-Medley der allgemein bekannten wenn auch Teils heftig variierten Melodien der Eurovisionshymne, des Radetzky-Marsches, der Titelmelodien von Bonanza und Dallas, sowie des Lambadas richtig abgefeiert. Als die nach dem finnischen Kriegsgott benannte Kapelle mit ihrer Überhymne 'Battle Metal' schließlich zum Ende kommt, erntet sie verdienten Beifall und kann sich definitiv über eine ganze Menge neu hinzugewonnener Fans freuen.
(Rüdiger Stehle)

LOUDNESS

Wer denn nun als zweites auf die Bretter gehen würde, war lange Zeit ein gut gehütetes Geheimnis, doch das seit heute morgen erhältliche Festivalprogramm hat es offenbart: Die japanischen Metalveteranen von LOUDNESS, die auch am Freitag auf der großen Bühne spielen werden, dürfen uns heute einen kleinen Vorgeschmack in Gestalt eines speziellen Warm-Up-Auftrittes geben. Die ihnen gegebene Zeit nutzen sie wegen eines sehr langen Soundchecks zwar nicht wirklich gut aus, doch auch in einer knappen halben Stunde gelingt es den Mannen um den - heute noch kurzhaarigen - Gitarrenhexer Akira Takasaki doch recht ordentlich, für ein wenig Unterhaltung der etwas anderen Art zu sorgen. Besonders Frontmann Minoru Niihara ist ein echter Sympathikus, der das Publikum mit seinem freundlichen Charme und seiner energiegeladenen Performance locker um den Finger wickeln kann, auch wenn sein schriller Gesang sicher nicht jedermanns Sache ist. Zudem ist der erste Deutschland-Auftritt der Truppe seit zwanzig Jahren natürlich davon überschattet, dass ein Großteil des weitgehend recht jungen NIGHTWISH- und MANOWAR-Publikums beim Earthshaker noch nie von dieser alten Metallegende gehört hat. Der Einstieg mit 'Crazy Nights' ist somit klug gewählt, da der sehr eingängige Song mit seinem genialen Refrain vielleicht auch ein paar Leuten bekannt sein dürfte, die das Cover gehört haben, welches HAMMERFALL dazu eingespielt haben. So taut das Eis dann auch recht schnell und LOUDNESS können mit ihrem speedigen, von frickeligen Soli geprägten Metal durchaus einen großen Anteil der Zuschauer auf ihre Seite ziehen. Als Minoru schließlich seine Bandkameraden vorstellt, bekommen jene den ihnen gebührenden Applaus, und auch das etwas modern geratene Stück 'Battleship Musashi' vom kommenden Album kann mit seinem Groove ordentliche Reaktionen erzielen, verunsichert aber auch ein paar alte Fans, die vom finalen Klassiker 'S.D.I.' wieder versöhnt werden. Es dauerte zwar eine Weile, bis ich mit dem live doch noch etwas ungewöhnlicher und sperriger wirkenden Stil der Band warm geworden bin, doch im Endeffekt muss ich LOUDNESS eine sehr sympathische Vorstellung attestieren und freue mich riesig auf den morgigen Nachschlag auf der Hauptbühne.
(Rüdiger Stehle)

Setliste:
Crazy Night
Lunatic
Gitarrensolo
Exultation
Battleship Musashi
S.D.I.

FINNTROLL

Die verrückten finnischen Trolle sollten - soviel war vorher klar - der eigentliche Headliner des Donnerstags werden. In letzter Zeit hat die Band mit ihrer Mischung aus Black Metal und finnischer Humppa-Polka doch auch kommerziell einen sehr beachtlichen Stellenwert erreicht, und so überrascht es nicht, dass ein Großteil der Fans in der Eventhalle sich extra wegen FINNTROLL eingefunden hat und seine Helden dementsprechend abfeiert. Schon kurz nachdem LOUDNESS ihr Set beendet haben, hört man erste FINNTROLL-Sprechchöre, und als schließlich ihr bewährtes Sumpfintro aus den Boxen ertönt, gibt es kein Halten mehr. Das vordere Drittel der Halle hüpft und bangt im Takt, reckt die Fäuste in die Luft und singt wenn möglich sogar mit. Auch diverse Crowdsurfer wagen sich auf die Welle. Trotz aller Härte verstehen sich die Jungs hervorragend darauf, eine lockere Partyatmosphäre zu erzeugen, was natürlich zu aller erst an den Polkaeinflüssen liegt, mit denen sich die Band einfach leicht tut, das Publikum in Bewegung zu versetzen. Da ich FINNTROLL noch nie wirklich live angeschaut habe, hätte ich im Vorfeld erwartet, dass die Herrschaften ähnlich wie auch TURISAS entsprechend kostümiert auflaufen, was aber leider nicht der Fall ist. Die Bühnenklamotten sind schlicht, meist schwarz, und ansonsten gibt's auch keine großartigen Showelemente. Dafür stimmt die musikalisch Leistung absolut und Songs wie die aktuellen Hits 'Nattfödd', 'Eliytres', 'Fiskarens Fiende' und natürlich der gnadenlos abgefeierte Überflieger 'Trollhammaren' zünden sofort. Auch ein paar ältere Songs wie etwa 'Jaktens Tid' mit seiner Jodeleinlage und 'Svartberg' reihen sich in den Gig ein, so dass im Prinzip alle Trollfreunde zufrieden sein sollten. Die durchaus vernehmbaren Zugabewünsche bleiben jedoch leider unbeantwortet.
(Rüdiger Stehle)

Setliste:
Marknadsvisan
Människopesten
Rivfader
Fiskarens Fiende
Jaktens Tid
Trollhammaren
Ursvamp
Svartberg
Eliytres
Grottans Barn
Det Iskalla Trollblodet

POWERGOD (und Gäste)

Dass FINNTROLL der eigentliche Headliner des Abends sind, bekommen vor allem diejenigen Festival-Besucher zu spüren, die rechtzeitig zum POWERGOD-Auftritt in die Halle möchten. Aufgrund von "Überfüllung" lassen die Securities nämlich erstmal niemanden mehr in die Halle hinein, obwohl drinnen durchaus noch Platz gewesen wäre. Wie auch immer - noch mehr Platz gibt es kurz darauf, als fast alle FINNTROLL-Fans nach draußen strömen, um den Metal-Traditionalisten das Feld zu überlassen. Ganz passend formuliert POWERGOD-Gitarrist Riff Randall dann zu Beginn auch die Frage, ob Interesse an Old-School-Metal bestünde, und die Antwort ist natürlich ein lautstarkes "JA!". Die Show kann also beginnen, und POWERGOD starten gleich sehr schwungvoll mit 'Metal Church' von der gleichnamigen Band. Der Auftritt von POWERGOD wurde im Vorfeld als Cover-Show angekündigt, und so bleiben die Eigenkompositionen der Band an diesem Abend außen vor, aber das ist gut zu verschmerzen, denn stattdessen hagelt es Metal-Klassiker um Metal-Klassiker, wie z.B. 'Long Live The Loud' (EXCITER) und 'Madhouse' (ANTHRAX). Auf die Frage, ob denn jemand HALLOWS EVE kennt, erntet President Evil zwar nur verhaltene Reaktionen, aber als dann 'Metal Merchants' gespielt wird, ist die Stimmung im Publikum keineswegs schlechter als bei den vorherigen Songs (und überhaupt bieten POWERGOD dieses Stück um Klassen besser dar als HALLOWS EVE persönlich beim letztjährigen KEEP IT TRUE FESTIVAL). Anschließend ist es dann aber Zeit für den ersten Gast, und so kommt Ferdy Doernberg (u.a. AXEL RUDI PELL) auf die Bühne, um bei der HEAR'N'AID-Nummer 'Stars' die Lead-Gitarre zu übernehmen. Auch beim anschließenden 'Steel The Light' (Q5) darf Ferdy noch einmal mitmachen - dieses Mal jedoch am Keyboard, das er beim Instrumentalteil dann in seiner gewohnten Manier durch die Gegend trägt. Der nächste Gast lässt nicht lange auf sich warten, denn schon beim nächsten Song, der DESTRUCTION-Nummer 'Total Desaster', ist Schmier (passenderweise) mit von der Partie. Beim folgenden, absolut genialen 'Mind Over Metal' (RAVEN) übernimmt er ebenfalls den Gesang, bevor POWERGOD 'Kill With Power' (MANOWAR) ohne fremde Hilfe darbieten. Bei dem RISING FORCE-Klassiker 'I'm A Viking' bekommen sie dann aber wieder Unterstützung an der Gitarre, und zwar vom DIE ÄRZTE-Bassisten Rod Gonzalez, der sich bei dieser Gelegenheit auch gleich als Metalhead outet. Danach kommen die Japaner von LOUDNESS gleich doppelt zu Ehren, nämlich mit 'Heavy Chains' und 'Esper'. Schade ist hierbei nur, dass LOUDNESS-Sänger Minoru Niihara nicht - wie geplant - mitwirkt, doch der Stimmung tut dies keinen Abbruch, denn auch diese beiden Stücke werden bedingungslos abgefeiert. 'Burning The Witches' (WARLOCK), bei dem lautstark mitgegröhlt wird, stellt dann auch schon den Schlusspunkt dar, doch das gutgelaunte Publikum will sich damit noch nicht zufrieden geben. Lautstark fordert es eine Zugabe, und so gibt es im Anschluss dann noch "einen Song, den wir alle kennen, einen Song zum Rumschubsen", nämlich den MOTÖRHEAD-All-Time-Klassiker 'Ace Of Spades', bei dem noch einmal alle Gäste mitwirken. - Alles in allem ein äußerst unterhaltsamer Auftritt, der nicht nur mir sehr viel Spaß bereitet hat.
(Martin Schaich)

Setlist:
Metal Church
Long Live The Loud
Madhouse
Metal Merchants
Stars (mit Ferdy Doernberg)
Steel The Light (mit Ferdy Doernberg)
Total Desaster (mit Schmier)
Mind Over Metal (mit Schmier)
Kill With Power
I'm A Viking (mit Rod Gonzalez)
Heavy Chains
Esper
Burning The Witches
---
Ace Of Spades

HOLY HELL

Nachdem alle bisherigen Bands einen etwas dünnen Sound hatten, der zwar nicht groß gestört hätte, aber doch irgendwie aufgefallen ist, schweift mein Blick in der Umbaupause zum Mischpult. Dort meine ich nun erstmals am heutigen Abend keinen Geringeren als den MANOWAR'schen Haus- und Hof-Soundtechniker Jeff Hair an den Reglern zu erblicken. Verwunderlich wäre es ja nicht, nachdem die neue Band um "Triumph Of Steel"-Trommler Rhino das neueste Pferd im Stall von DeMaios Magic Circle Music ist. Nach einem ewig langen Soundcheck scheint der Meister endlich zufrieden, und der folgende Gig wird es dann auch bestätigen, der Sound ist deutlich besser als zuvor, und vor allem: Es ist ein echter Jeff Hair-Sound. Klar, transparent, aber doch stets ein wenig basslastig. Vor die Band jedoch loslegen darf, stapft zunächst Mr. MANOWAR auf die Bühne und erzählt uns erstmal die Story vom Pferd. Das heißt, er lässt uns wissen, wie toll die Fanconvention laufe, dass Leute aus 37 Ländern zugegen seien, wie dankbar er den Veranstaltern sei und dass die Damen und Herren von HOLY HELL so ziemlich die besten Musiker aller Zeiten und Jahrhunderte seien. Ist klar, oder? Jedenfalls sind dann nach elend langer Wartezeit endlich die mit so viel Vorschusslorbeer eingedeckten Musiker an der Reihe, und sieh da, was die zu bieten haben ist wirklich nicht von schlechten Eltern. Sängerin Maria Breon hat eine kraftvolle Rockstimme, reiht sich zum Glück nicht in die immer länger werdende Trällerschleife ein und musikalisch gibt es eine stimmige Mischung aus progressivem Power Metal und melodischem Hardrock. Ihre Mitmusiker, allen voran die beiden Gitarristen Joe Stump und Tom Hess, geben sich virtuos und haben einen spürbaren Hang zu neoklassischen Leadmelodien, die sie ohne Fehl und Tadel aus den Ärmeln schütteln. Dazu kommen bei den Eigenkompositionen 'No More Tears Forever' und 'Angel's Delight' auch ein paar orientalisch angehauchte Melodiebögen zu denen die Musiker ausgiebig solieren dürfen, wobei neben Joe Stump besonders Keyboarder Jim Molina mit seinem zeitweilig umgeschnallten Schlüsselbrett zu überzeugen weiß. Rhino selbst gibt sich trommeltechnisch zwar keine Blöße, aber sein Schlagzeugsolo bleibt doch ziemlich blass. Da das heilige Höllenalbum noch nicht veröffentlicht ist und wohl noch nicht zu viel verraten werden soll, verlegen sich HOLY HELL für den Rest des Konzertes aufs Covern. Nach der RHAPSODY-Ballade 'On Wings Of Destiny' folgt der eigentliche Höhepunkt des Gigs, nämlich die von Maria mit Eric Adams im Duett gesungene Version der Musicalhymne 'Phantom Of The Opera', die dem einen oder anderen Anwesenden durchaus eine Gänsehaut verpasst haben dürfte. Als Rausschmeißer folgt noch das MALMSTEEN-Cover 'Rising Force', bei dem alle Beteiligten noch mal ausgiebig ihrer neoklassischen Ader frönen können, und dann ist Schluss. Mir hat der recht kurze Gig ganz gut gefallen, wobei ich die Eigenkompositionen nach einmaligem Hören natürlich noch nicht abschließend beurteilen kann. Da aber gesanglich wie instrumental alles gepasst hat, würde ich der Band schon ein gewisses Erfolgspotential zutrauen. Wenn man dazu das Marketinggeschick ihres Labelchefs addiert, könnten wir gerade Zeugen des Anfangs einer beachtlichen Karriere geworden sein. Mal sehen, wie sich das noch entwickelt.
(Rüdiger Stehle)

JUSTICE

Schließlich war es an JUSTICE, den Abend zu beschließen. Bekannt wurden JUSTICE ja durch ihre Covershow, mit der sie auch heute noch von Halle zu Halle ziehen und ihre Fans begeisten. Doch nebenbei fingen die Jungs auch an, eigene Songs zu schreiben, die sich eher im Thrash-Bereich bewegen, wobei die Stücke von der ersten CD "The Hammer Of Justice" auch Death-Einflüsse erkennen lassen. Seit ein paar Jahren sind JUSTICE nun auch mit ihrem eigenen Programm unterwegs und rockten die ein oder andere Halle oder Festivalbühne. So auch auf dem Earthshaker, das ja vor zwei Jahren als Geburtstagsfest für JUSTICE ins Leben gerufen wurde: Eine große Menge von nicht totzukriegenden Festivalbesuchern tummelte sich in der Halle und feierte JUSTICE vom Beginn des Bonanza-Gedudels bis zum letzten Ton ab. Den Anfang machten einige Songs von "The Hammer Of Justice" wie 'Ritual In Rhodes', 'Total Blackout' und '2 Minutes To Live' aber auch Songs von der neuen Scheibe "The Descendant" waren mit von der Partie und das Allseits geliebte 'Highschool Death' durfte natürlich auch nicht fehlen. Warthy - das neue Gesicht an der Klampfe - scheint ein würdiger Ersatz für Uli Friedel zu sein scheint, zumindest soweit ich das nach diesem einen Gig beurteilen kann. Jedenfalls legte der sich mächtig ins Zeug und wurde von der tobenden Meute abgefeiert.
(Ulrike Bopp)

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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