DORO, ARCHER und HEADLESS BEAST - Stuttgart

14.04.2016 | 01:44

13.12.2015, Longhorn

Deutschlands Metal Queen hat ihr Publikum auch nach über dreißig Jahren fest im Griff.

Wer sich gewohnheitsmäßig auf Deutschlands Festivals tummelt, der dürfte kaum eine Band öfters gesehen haben als DORO, und doch ist es nach all den Jahren immer wieder unterhaltsam, Deutschlands Metal Queen live zu sehen. Während bei den Festivalgigs jedoch meistens nur die alten Gassenhauer gespielt werden, da bietet ein Auftritt der Hallentour dann doch ein wenig mehr Spannung und auch mal die eine oder andere seltener gehörte Überraschung. Deshalb war es im Advent 2015 mal wieder an der Zeit, Doro Pesch und ihrer seit vielen Jahren treuen und bewährten Truppe einen Besuch abzustatten, und Stuttgart ist unser Ort der Wahl, denn dort spielt als lokaler Opener eine Band, die für unsere kleine Ulmer Reisegruppe mindestens genauso sehr die Reise wert ist, wie der Headliner. Doch eins nach dem anderen:

Es immer wieder dasselbe Spiel, im Stuttgarter Longhorn. Wir fahren frühzeitig los, denn man weiß ja, dass dorten zeitig begonnen wird, und heute ist es uns eben besonders wichtig, pünktlich zu sein, denn den Opening Slot hat niemand Geringeres als HEADLESS BEAST. Kennt ihr nicht? Nun, das ist ein Fehler, ist die Band aus dem Ulmer Eck doch eine der interessantesten Bands, die hierzulande in den letzten Jahren im traditionellen Metal-Sektor mit einem richtig starken Debüt-Album um die Ecke kamen ("Forced To Kill", 2011). Ja, eben weil wir sehr gespannt waren darauf, wie sich unsere Local Heroes beim Konzert in der großen Stadt schlagen, sind wir früh losgefahren und doch wieder zu spät, wie es scheint, denn als wir in die Halle hetzen, ist die Band schon auf den Brettern und mitten im flotten 'Deny The System' angelangt, das richtig deftig aus den Boxen knallt. Zum Glück ist es tatsächlich der Opener und wir haben nicht wirklich viel verpasst. Die Band präsentiert sich in Anbetracht der Tatsache, dass sie nicht allzu viele Liveauftritte spielt, dennoch richtig gut eingespielt und tight. Die Riffs und vor allem auch Ingo Neubers Leads kommen angriffslustig von der Bühne geknattert und auch der neue Frontmann Jürgen Ellenrieder gibt eine gute Figur ab. Seine Stimme ist ein wenig spitzer, rauer und bissiger als die von Jürgen Witzler, der noch das Studioalbum eingesungen hatte, doch sie passt perfekt zu den Songs und auch seine Bühnenpräsenz weiß zu überzeugen. Der stampfende Headbanger 'Burning Cross' wird vom langsam immer zahlreicher werdenden Publikum vor der Bühne bereits zaghaft mitgesungen, und die Rhythmusgruppe um Bassist Swen Kuhlang und Trommler Matthias Schwarz bringt einen trockenen Groove aufs Parkett, der zünftig in Beine und Nacken geht. Beim hymnischen Speedster 'Riding With The Deadman' dürfen die Gitarren wieder funkeln, denn Ingos eingängige Leads werden sehr schön von Philipps Rhythmusarbeit flankiert, wobei Letzterer auch den meisten Bewegungsdrang auf der Bühne entfaltet. Doch, hier machen sowohl Zuhören als auch Zuschauen Spaß, und die Band wird von Song zu Song spürbar lockerer und liefert in der Mitte ihres Sets mit dem von einem sehr schönen zweistimmigen Lead eingeleiteten Titelstück ihres Debütalbums ein kleines Highlight. Das Publikum, das während der Songs mangels Songkenntnis noch etwas verhalten ist, spendet in den Pausen hörbar immer mehr Applaus, und als die Band den mitgreisten Ulmern und Neu-Ulmern das flotte 'Mortal Fears' widmet, zeigt sich, dass doch einige derselben am Start (und inzwischen auch mehrheitlich eingetroffen) sind. Damit ist dann aber nach nicht ganz einer halben Stunde auch Schluss, und die Band wird mit sehr ordentlichem Applaus verabschiedet. Es ist den fünf Jungs auf jeden Fall gelungen, ein anfangs etwas reserviertes Publikum sehr schnell anzuheizen und mit einem lässigen, überzeugenden Set einige neue Freunde zu finden, so dass wir gespannt sein dürfen, was die Zukunft für HEADLESS BEAST bereit hält. Hoffentlich dauert es nicht wieder allzu lange bis zum nächsten Auftritt!

Nach diesem sehr feinen Auftakt sind wir gespannt auf die Kalifornier von ARCHER, die DORO auf dieser Tour allerorten begleiten und uns mit ihrem groovenden und dabei doch sehr melodischen Heavy Metal der klassischen Schule begeistern wollen. Man muss sagen, dass das Trio sich dafür auch mächtig ins Zeug legt, und dass hierbei vor allem Gitarrist und Frontmann Dylan Rosenberg ins Auge sticht, der mit seiner weißen Paula, der langen blonden Mähne und seiner dunklen, intensiven, rauen Stimme durchaus ein bisschen an einen jungen Zakk Wylde erinnert. Dazu passt auch, dass sich in den leicht bluesigen, leadgitarrenorientierten Heavy Metal eine starke Siebziger-Schlagseite eingeschlichen hat, die schweißtreibende Songs wie das bärenstarke 'Culling The Weak' sehr eindringlich wirken lässt. Oder das fetzige 'Dawn Of Dilusion', dessen Hauptriff das Genick mächtig zucken lässt, und dessen Soli für den einen oder anderen herunter geklappten Unterkiefer sorgen. Überhaupt ist es eine Freude, den schnellen, flammenden Leads und Soli des Herrn Rosenberg zu folgen, die wirklich etwas Besonderes sind. Dass sich die Rhythmusgruppe um Basser Dave DeSilva und Schlagwerker Keyhan Moini bei so viel Charisma und Präsenz des Frontmannes rein optisch dezent im Hintergrund hält, fällt zwar auf, doch es soll nicht darüber hinweg täuschen, dass die beiden einen richtig geschmeidigen, einschmeichelnden Groove-Teppich weben, auf dem beispielsweise Songs wie das melodische, etwas folkig angehauchte 'The Day That Never Came' prächtig gedeihen. Auf jeden Fall haben wir es mit einer irrsinnig spielstarken, sehr musikalischen Band zu tun, deren Sound sich irgendwo zwischen ARMORED SAINT, THIN LIZZY, C.O.C., BLACK LABEL SOCIETY und einer weniger verschrobenen Version von SLOUGH FEG bewegt. Kennt man die Songs noch nicht, wirkt der Stil zunächst sehr fordernd, doch mit jedem weiteren Song, den die Truppe vom Stapel lässt, reißt sie das Publikum mehr mit, so dass auch den Jungs aus Santa Cruz ein gelungener Auftritt zu attestieren ist.

Doch nun ist es Zeit für den Headliner bzw. die Headlinerin. Dass bis auf uns paar versprengte Ulmer im richtig gut gefüllten LKA heute eigentlich alle wegen DORO da sind, das ist klar, und verdient hat es sich die Dame ja auch, die seit inzwischen dreißig Jahren die deutsche Metal Queen ist. Zu Recht mag man sagen, denn die Beharrlichkeit und Konstanz mit der Doro ihre Fans begeistert, die stets hohe musikalische Qualität und der große Einsatz für ihre Musik und vor allem die ehrliche Hingabe für ihre Fans sind allesamt beeindruckend. Gerade auch mit ihrer aktuellen Band, die nun auch schon seit vielen Jahren gemeinsam musiziert, bürgt Doro Pesch für super eingespielte Auftritte, tolle musikalische Unterhaltung, und natürlich auch - und das erwarten ihre Fans schließlich auch von ihr - für ein wenig Herz und Schmerz. Kaum einer der großen Stars des Heavy Metals gibt sich so fannah, so offen und so herzlich, wenn es darum geht, den Treuesten der Anhänger das Gefühl zu vermitteln, dazu zu gehören und wertgeschätzt zu werden. Manch harter Metaller mag sich drüber amüsieren, oder gar darüber lustig machen, wenn gestandene erwachsene Männer mit einem Blumenstrauß in der ersten Reihe stehen, um jenen persönlich, während des Gigs an Doro zu überreichen, und auch der Verfasser dieser Zeilen wundert sich ein bisschen über derlei Rituale, die man sonst eher bei Helene Fischer sieht, doch es wirkt authentisch und echt, von beiden Seiten, und auch Doros Freude darüber ist kein bisschen aufgesetzt. Die Beziehung zwischen Band und Fans ist in diesem Fall sehr intensiv, und da wundert es nun wirklich keinen, dass auch heute noch legendäre Kitschballaden wie 'Without You' und das obligatorische 'Für immer' zu den am intensivsten gefeierten Highlights eines jeden Doro-Gigs gehören, bei denen Keyboarder Harrison Young eine gewichtige Rolle zu spielen hat. Dazu gibt es die nicht minder zwingenden Community-Singalongs wie 'You're My Family', die Wacken-Hymne 'We Are The Metalheads' oder natürlich den nicht totzukriegenden Regulär-Set-Nausschmeißer 'All We Are'. Wie immer widmet sich Doro Pesch auch heute ausgiebig dem WARLOCK-Backkatalog, der im Rahmen der Tour ausgiebig durchgewechselt wird und nur wenige essentielle Songs auslässt. Klar, 'I Rule The Ruins', 'Burning The Witches', 'Earthshaker Rock' oder 'Metal Racer' sind unverzichtbar, und heute gibt es dazu auch noch 'True As Steel' und 'Metal Tango', doch auch das Material der eigenen Band kommt dazwischen nicht zu kurz, und es gibt natürlich noch die gelungene Halbballadenversion von JUDAS PRIESTs 'Breaking The Law', die sich bei den Fans großer Beliebtheit erfreut und ausgiebig mittgesungen wird. Doro widmet sich während des Gigs und auch danach sehr ausgiebig ihren Fans, ist bestens bei Stimme und immer noch eine eindrucksvolle Stimme und Persönlichkeit, deren Bandkameraden mit starker Präsenz und Performance dafür sorgen, dass einmal mehr alles stimmt und bei allem Charisma der Frontfrau dennoch ein überzeugendes Bandgefüge statt einer One-Woman-Show bewundert werden kann. Klar, über die Sinnhaftigkeit von Johnny Dees Drumsolo kann man natürlich immer streiten, wie bei jedem Instrumentalsolo, doch es ist angemessen kurz und halbwegs unterhaltsam, und eins ist klar: Mit Johnny Dee und Basser Nick Douglas verfügt Doro einfach über eine Rhythmusgruppe deren Tightness schlicht beeindruckend ist und der man einfach anmerkt, dass sie in dieser Form schon seit über zwanzig Jahren zusammenspielt. Davon abgesehen brennen auch die beiden Gitarristen Luca Princiotta und Bas Maas bisweilen ein echtes Feuerwerk ab. Ja, im Endeffekt ist alles beim Alten, und das ist auch gut so, denn der DORO-Fan wird aufs Beste bedient, und die alten Hits sind eben doch Klassiker vor dem Herrn, wie sie heute nurmehr selten geschrieben werden. Mir hat es jedenfalls sehr viel Spaß gemacht, DORO nach vielen Jahren mal wieder auf einer Headlinertour zu sehen, statt immer nur auf den großen Festivals, denn das ist doch viel heimeliger und intensiver, und definitiv empfehlenswert, auch für Leute, die meinen, die Band schon oft genug gesehen zu haben: Es macht in der Form und in dem Ambiete immer wieder sehr viel Spaß.

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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