Bullet For My Valentine - Berlin
05.12.2008 | 11:3729.11.2008, Columbiahalle
Die Hauptstadt rockt – und wie! Gleich vier Bands stehen auf dem Speiseplan. So ist es gar keine Frage, ob wir an jenem Samstag im November die Hauptstadt besuchen werden. Mit BULLET FOR MY VALENTINE und LACUNA COIL stehen gleich zwei Schwergewichte auf der Bühne der Columbiahalle.
Pünktlich um 19 Uhr öffnen sich die Tore, worauf um 20 Uhr die Live-Action folgen soll. Denkste! Denn halb acht betreten BLACK TIDE plötzlich die Bühne und legen furios los. Dumm nur, dass kaum die Hälfte der Gäste den Innenraum bisher betreten hat. Anscheinend kann man sich heutzutage nicht mal mehr auf eine telefonische Bestätigung verlassen. BLACK TIDE zocken vier Songs, unter anderem 'Hit The Lights' von METALLICA. Da die neue Scheibe der BULLETS auch nicht weit vom alten Sound der Bay-Area-Thrasher entfernt ist, können die Jungs aus Florida viele Pluspunkte sammeln. Feiner Opener, der die Vorfreude auf die Waliser nur noch vergrößert.
Nach einer Viertelstunde müssen die Knaben die Bühne wieder verlassen und Platz für BLEEDING THROUGH machen. Meine Fresse, was für ein Krach? Sänger Brandan hüpft sofort in den Fotograben, rennt mich fast über den Haufen und springt in die erste Reihe. Diese geht sofort steil und schreit mit ihm um die Wette. Brandan hüpft zurück und labert gefühlte zwanzig Mal, dass sie aus Orange County, California, kommen. Anscheinend soll dies die Kiddies beeindrucken – "krass aus den USA!"
Mit ihrer Musik können sie mir aber nicht imponieren. Typisch amerikanischer Metalcore, viel zu laut, zu viel Geknüppel und viel zu viele schlechte Kitschrefrains. Ganz üble Nummer, die bei der Lautstärke wirklich nur die Flucht als Option zulässt. Auch die Fans bleiben eher kalt, denn auf die Aufforderungen, einen Circle Pit zu starten, reagiert man mit Ignoranz. Zum Glück sind BLEEDING THROUGH nach einer halben Stunde fertig und verlassen endlich die Bühne.
Jetzt sollte es wieder aufwärts gehen. Die italienischen Gothic-Rocker von LACUNA COIL stehen zum Angriff bereit. Mit 'To The Edge' legt die Truppe rund um Sänger Andrea Ferro und Sängerin Cristina Scabbia röhrend los. Die Gitarren pusten den Staub aus dem Columbiaclub, und auch die Fans gehen etwas ab. Aber nur etwas – das Publikum zeigt sich mal wieder von seiner verwöhnten Seite. Aber das ist in Berlin ja nix Neues. Erstmalig richtig laut wird es beim DEPECHE MODE-Cover 'Enjoy The Silence', das von der halben Halle mitgebrettert wird – das ist bei so manchem Gesangstalent leider eine eher kritisch zu betrachtende Geschichte.
Andrea grüßt die Guitar-Hero-Fraktion, während die Ordner Jagd auf rauchende Besucher machen. Hier ist man nicht zimperlich. Auch nicht mit einem jungen Mann, der seine Videokamera ständig auf die Bühne richtet. Tja, nur blöd, wenn es die Security mitbekommt. Das gibt Ärger!
Nach dem obligatorischen 'Heaven's A Lie' und 'Our Truth' endet ein mit der Zeit doch eher monotones Konzert. Fragt mich nicht, warum, aber die ersten zwanzig Minuten eines LACUNA COIL-Konzerts sind immer Bombe, danach verfällt das Dargebotene in endlose Wiederholungen und musikalischen Durchschnitt.
Setlist LACUNA COIL:
01. To The Edge
02. Fragments Of Faith
03. Swamped
04. Closer
05. Enjoy The Silence
06. Fragile
07. Heaven's A Lie
08. Our Truth
So, drei Bands werden innerhalb von zwei Stunden durchgeprügelt. Richtiges Konzertfeeling mag so einfach nicht aufkommen – schade.
Circa 21.45 Uhr ist es dann schließlich so weit. Die Mädels haben sich in Schreiposition gebracht, während sich die Jungs mit ihrem dritten Bier vergnügen. Die Waliser machen sich noch kurz mit ein wenig Stretching warm, bevor es mit dem Titeltrack des aktuellen Albums "Scream Aim Fire" auf die Bühne geht. Die Fans flippen nun völlig aus und brüllen, was das Zeug hält. Da fällt einem ja fast die Kamera aus der Hand. Apropos Kamera – warum hält eigentlich jeder zweite Besucher sein verflixtes Handy in die Luft. Erfreut ihr euch zu Hause echt an diesen Aufnahmen? Wollt ihr nicht lieber das Konzert ohne diese Ablenkung genießen?
Frontmann Matthew Tuck grinst über das ganze Gesicht, als er in die funkelnden Augen des vorwiegend weiblichen Publikums schaut – da geht noch einiges heute. Also schnell zum nächsten Song. Mit 'Take It Out On Me' thrasht man fleißig im Achtziger-Stil durch die Halle. Im Übrigen erneut viel zu laut. Ich weiß nicht, ob man schlechten Sound mit extremer Lautstärke übertünchen möchte. Gesund kann das nicht sein. Den Fans scheint es wurscht zu sein, und so geben sie sich dem Debütalbum eine Runde hin. Mit 'The Poison' startet die Serie und endet erst bei 'Hands Of Blood'.
Hier und da starten Moshpits und sogar ein großer Circle Pit wird nach der Aufforderung Matthews aufgerissen. Mit Ansagen hält sich die Band jedoch sonst stark zurück. Schade, denn ein wenig Kommunikation hält jedes Publikum bei Laune. So spielen die Waliser gekonnt, aber monoton ihren Stiefel runter, ohne dass sich Schwächen oder besondere Höhepunkte auftun. Mit 'Say Goodnight' und dem fetten 'Eye Of The Storm' kratzen sie kurz die aktuelle Scheibe, bevor sie wieder in die Vergangenheit abrutschen. Leider zu oft, denn das neue Album steckt das alte locker in die Tasche. Durch die Bündelung der Songs bekommt dies auch der Letzte im Saal mit.
Nach 'Hearts Burst Into Fire' verabschieden sich die Jungs vom Berliner Publikum. Natürlich lassen die Fans die Truppe nicht so einfach von dannen ziehen. Nach den obligatorischen "Zugabe!"-Rufen kehrt das Quartett mit 'Waking The Demon' und dem nervigen 'Forever And Always' für zwei Stücke zurück. Dann ist Punkt elf Sense, und der Tonmann spielt PINK FLOYD – yeah!
Vier Bands in dreieinhalb Stunden? So was hat man sonst nur auf Festivals. Viel zu hektisch raste der Abend so dahin, ohne nennenswerte Highlights setzen zu können. Trotz aller Kritik zeigten BULLET FOR MY VALENTINE, warum sie eine der heißesten Bands der Gegenwart sind. Charisma, Härte und Melodie vereint der Vierer auf höchst unterhaltsame Art. Beim nächsten Mal wäre eine Band weniger und eine etwas längere Spielzeit des Headliners aber ratsam.
Setlist BULLET FOR MY VALENTINE:
01. Scream Aim Fire
02. Take It Out On Me
03. The Poison
04. All These Things I Hate
05. 4 Words (To Choke Upon)
06. Hands Of Blood
07. Say Goodnight
08. Eye Of The Storm
09. Tears Don’t Fall
10. Spit You Out
11. Hearts Burst Into Fire
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12. Waking The Demon
13. Forever And Always
- Redakteur:
- Enrico Ahlig