BRING ME THE HORIZON - Köln

05.01.2016 | 11:04

09.11.2015, Palladium

BRING ME THE HORIZON war schon eine der erfolgreichsten Metalcore-Bands überhaupt, seit sie sich in eher poppigen Gefilden bewegen, sind die Briten jedoch unaufhaltsam. Die 4000 Karten für das Kölner Palladium sind schnell weg.

Dass Oliver Sykes und seine Band BRING ME THE HORIZON eine längere Karriere haben könnten, haben 2007 nur wenige geglaubt. Das Deathcore-Debüt "Count Your Blessings" in Verbindung mit den bunten Shirts und hippen Frisuren der Jungs hat viele Leute verschreckt. Die Band war der Inbegriff von "scene" im MySpace-Zeitalter, arbeitete seitdem aber schwer daran, ernstgenommen zu werden und nicht nur auf den schnuckeligen Mädchenschwarm Oli Sykes reduziert zu werden. Das 2013er Werk "Sempiternal" ließ bereits erahnen, dass BRING ME THE HORIZON dem Metalcore wohl den Rücken zukehren könnte, "That's The Spirit" ist der Beweis der These. Die Fans sind treu geblieben und viele neue sind dazugekommen. Das Album war weltweit ein Erfolg und konnte in vielen Ländern in den Top 10 einsteigen. Auftritte bei der BBC oder hierzulande sogar bei "Circus Halligalli" auf Pro7 waren die Folge.

Die gesamte Europatour ist bis auf zwei Konzerte komplett ausverkauft. So finden sich in Köln sich gut 4000 Fans ein! Von Zwölfjährigen in Begleitung ihrer Eltern bis Endzwanziger, die wohl schon bei "Count Your Blessings" und "Suicide Season" im Pit waren, ist alles dabei. Die erste Band BEARTOOTH verpasse ich leider, also geht es erst mit dem Electro-Rock-Act PVRIS (sprich: "Paris") los. Die Band um Sängerin Lynn Gunn ist zum ersten Mal in Europa unterwegs, dennoch scheinen schon einige Nasen mit dem Material des Debütalbums "White Noise" vertraut zu sein. Das Quartett legt fetzig los und heizt dem bereits zahlreich versammelten Publikum gehörig ein. Besonders Gunn schafft es, die Kids in ihren Bann zu ziehen. Stimmlich ist die junge Dame ebenfalls sehr gut dabei und es ist erfrischend, in dieser Szene eine weibliche Stimme zu hören, die nicht wie PARAMOREs Hayley Williams klingen will. Flotte Nummern wie das eingängig stampfende 'My House' oder auch 'St. Patrick' sind Futter für die hüpfenden Fans. Allerdings ist das Set mit sechs Songs für eine direkte Vorband dann doch etwas kurz, wie ich finde. Ein, zwei Nummern mehr hätten sicherlich keinem geschadet.

Nach einer etwas längeren Umbaupause gehen dann endlich die Hallenlichter aus und das Intro zu 'Doomed' ertönt, als BRING ME THE HORIZON die Bühne betritt. Es ist ziemlich erfreulich, dass mittlerweile die gesamte Band Beifall bekommt und nicht mehr nur Sykes. Dieser ist dennoch deutlich der Mittelpunkt der Show. Jedoch steckt er zurück, da die Videoleinwand im Hintergrund definitiv ein Blickfang ist. Gleichzeitig ist dadurch zunächst wenig Licht auf den Musikern und man nimmt oft nur ihre Silhouetten wahr. Der Sound im Palladium ist heute super und auch die Fans gehen ab dem ersten Refrain steil. In seinen besten Zeiten geht der Moshpit bis zur Hallenmitte und wird nur vom Mischpult aufgehalten.

Die Setlist setzt die Schwerpunkte deutlich auf "That's The Spirit" und "Sempiternal", die drei restlichen Alben werden bis auf die "Suicide Season"-Nummer 'Chelsea Smile' nicht berücksichtigt. Offensichtlich ist übrigens, dass der Song von vielen scheinbar gar nicht mehr gekannt wird. Wenn ich mich an frühere Shows zurückerinnere, so war diese Nummer doch ein Garant für Eskalation im Pit. Über die Auswahl der Songs gibt es allerdings nichts zu motzen. Persönlich hätte ich zwar gerne noch die Indie-Pop-Nummer 'Oh No' gehört, doch bleibt diese leider aus. Deutliches Highlight der 75 Minuten langen Show ist auf jeden Fall das abschließende 'Drown' - die wohl möglich beste Komposition der Bandgeschichte.

BRING ME THE HORIZON 2015 ist allerdings deutlich zahmer als früher. Wo Sykes früher wie ein Wilder über die Bühne hopste, steht er heute gerne am Mikroständer und versucht die Töne zu treffen. Das schafft er sogar meistens oder er lässt sich vom Publikum, Keyboarder Jordan Fish oder Chören aus der Konserve helfen. Trotzdem: Für einen Typen, der oft nicht mal das Kreischen vom Debüt hinbekommen hat, hat er eine fantastische Entwicklung als Sänger durchgemacht. Einzig bei 'Chelsea Smile' und dem etwas neueren Brecher 'Antivist' gibt er noch einmal richtig Gas und wirkt direkt wieder ein paar Jahre jünger.

Über die Show kann man absolut nicht klagen. Sehr gute Setlist, sehr gute Performance und sehr guter Sound (besonders für Palladium-Verhältnisse). Etwas mehr als 75 Minuten hätte die Band vor drei, vier Jahren auch nicht gespielt. Also alles in allem eine der vielleicht fünf besten Shows, die ich dieses Jahr besucht habe.

Redakteur:
Sebastian Berning

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