August Burns Red - Köln

16.11.2012 | 17:43

26.10.2012, Essigfabrik

Die Metalcore-Band, die den Unterschied macht.

Eigentlich ist das Konzert von AUGUST BURNS RED in der Kölner Essigfabrik nur eines von vielen auf einer prinzipiell ganz normalen Tour in einem relativ normalen Konzertjahr. Doch für mich steht der Gig der Amis aus diversen Gründen unter besonderen Vorzeichen.

Zum einen sei da direkt mal das Tour-Line-Up an sich genannt. Es ist nicht so, dass ich jetzt ein riesiger Fan von THE DEVIL WEARS PRADA beziehungweise VEILS OF MAYA wäre, so dass mich diese Zusammenstellung an den Rande der Ekstase treibt. Es hätten dort auch genau so gut ANDRÉ RIEU und SCOOTER stehen können. Entscheidend ist für mich in erster Linie die bloße Anzahl an Bands: drei. Das ist wirklich bemerkenswert und alles andere als gewöhnlich, wenn man sich die Entwicklung von Tour-Packages in den letzten Jahren ansieht. Wundern tut sich über sieben Bands pro Abend heutzutage niemand mehr (siehe beispielsweise die Impericon "Never Say Die"-Tour vor einer Woche an gleicher Stelle), wenn er Fan von Metalcore/Hardcore und sämtlichen verwandten Spielarten ist. Das führt in der Regel zu einem extrem frühen Beginn (17 Uhr!), zu einem beim Headliner bereits völlig ausgelaugten Publikum und zu extrem kurzen Spielzeiten für die einzelnen Bands.
Und gerade weil die drei Bands, die hier zusammen auf Tour gehen, normalerweise genau in dieses Package-Schema passen, ist es umso schöner, dass man sich dazu entschieden hat, es auch wirklich bei diesen zu belassen.

Zum anderen möchte ich die Position von AUGUST BURNS RED anbringen, bei denen ich schon befürchtete, dass sie nun ewig (wie AS I LAY DYING das zum Beispiel an etwas anderer Stelle tun) als Co-Headliner unterwegs sein würden. Glücklicherweise sind die Jungs scheinbar erfolgreich genug, um ihre eigene Headliner-Tour an den Start zu bringen. Ergänzend dazu muss ich gestehen, dass ich aufgrund anderweitiger Verpflichtungen beide Vorbands verpasst habe – mea culpa. Eine kurze stichprobenartige Erhebung bei den anwesenden Besuchern ergab allerdings, dass beide extrem gut abgefeiert wurden (insbesondere und wie zu erwarten THE DEVIL WEARS PRADA), die Gitarren nur deutlich differenzierter hätten sein dürfen.

Über Soundprobleme wird bei AUGUST BURNS RED allerdings niemand geklagt haben. Nachdem mittlerweile obligatorischem 'Everybody's Free' zum Einstieg geht es mit 'Composure' dann auch gleich in die Vollen. Die sehr gut ge-, aber nicht überfüllte Essigfabrik geht natürlich direkt steil und feiert eine der, wenn nicht sogar DIE, Metalcore-Band der Stunde gebührend ab. Die legt mit 'The Eleventh Hour' direkt einen weiteren alten Song hinterher, bevor es dann neues Material in Form von 'Internal Cannon' gibt; die lateinamerikanischen Akustik-Parts bereiten mir immer wieder Freude und laden wie kaum etwas Zweites zum Schwingen des Tanzbeines ein.

Die wirklich sehr gute Stimmung reißt auch nicht ab, als mit 'Marianas Trench' (mein persönlicher ABR-Favorit) der erste Song von "Constellations" folgt. Dass AUGUST BURNS RED in den letzten Jahren viel unterwegs waren, merkt man an der nahezu perfekten Eingespieltheit, die jedoch nie – und dass verlange ich von eigentlich jeder Band – den Eindruck von Routine entstehen lässt. Zudem könnte man meinen, dass ihnen die auf sie zugeschnittene Show gut tut. Das überträgt sich auch nahtlos auf das alles in allem doch recht junge Publikum, welches den Pit sowohl mit Kung-Fu-Akrobatik als auch mit Old-School-Gemoshe in Bewegung hält.

Im Folgenden werden noch viele "neue" Songs präsentiert (auch wenn "Leveler" mittlerweile schon ein Jahr auf dem Buckel hat), wobei "Thrill Seeker" mit 'Barbarian' selbstverständlich auch nicht vergessen wird. Im Prinzip ist es aber egal, welche Lieder aus welcher Phase auf die Meute losgelassen werden: AUGUST BURNS RED macht den Unterschied zwischen 08/15 und essentiellem Metalcore so deutlich wie wohl keine andere Band derzeit: Hier sitzt jedes Break, jedes Riff, jeder Refrain. Kein Patchwork-Songwriting, sondern ganzheitlich gedachte Linien. All diese Stärken bekommt die Band auch live auf die Bretter transportiert, so dass einen die Musik einfach mitreißt; egal ob man nun Freund des Mitwippens, Headbangens, um-sich-Tretens oder sonst etwas ist. Wahnsinn.

Für eine im Metallager verwurzelte Person sind die Danksagungen an einen gewissen "lord and saviour Jesus Christ" immer wieder aufs Neue verwirrend. Aber es ist schön, dass einen da solche Bands hin und wieder mal aus den Stereotypen herausreißen (ganz unabhängig davon, wie man jetzt zum Inhalt einer solchen Aussage steht). Lustig mutet auch das Bäumchen-Wechsel-Dich-Spielchen am Bass an, bei dem der Tontechniker die eigentliche Aufgabe von Bassist Dustin Davidson übernimmt, damit dieser wiederum an einem kleinen Drum-Kit zusätzliche Percussions beisteuern kann. Dies mündet dann im Anschluss an 'Leveler' in ein Schlagzeug-Solo – wenn man von so etwas bei einer Beteiligung von zwei Leuten noch sprechen will. Das Gehörte ist weder technisch "over the top" noch irgendwie neuartig, macht aber in seiner Ausführung einfach unglaublich Spaß. Dass Matt Greiner talentiert ist, das ist bekannt. Dass aber auch Dustin am normalen Drumset Einiges drauf hat, kann zumindest mich überraschen; eine gelungene Abwechslung und schöne Überleitung zum Zugabenblock. Das in der üblichen AUGUST-BURNS-RED-Ästhetik wunderschöne Mond-Backdrop wird ausgeleuchtet, der Mob darf einmal ordentlich "One more Song!" grölen, und dann folgen auch noch 'Empire' und final 'White Washed'. Beim letzten Song feiern die Fans auf ihre ganz eigene Art und Weise, setzen sie sich doch zu einem großen Teil auf den Boden hintereinander und bewegen sich in "Aloha He"-Manier. Eigenartig, verrückt. So verrückt, dass selbst die Bandmitglieder, die dies bemerken, nicht schlecht staunen und sichtlich ihren Spaß an dieser Absurdität haben.

So endet ein Konzert, das für mich eines mal wieder ganz deutlich gezeigt hat: AUGUST BURNS RED ist die derzeit beste Metalcore-Band. Es sind dabei die Kleinigkeiten, die den Unterschied zwischen gut und überragend ausmachen – und genau da macht den Amerikanern niemand etwas vor. Eine zurecht abgefeierte Show. Stark.

Setlist: Composure, The Eleventh Hour, Internal Cannon, Cutting The Ties, Marianas Trench, Divisions, Barbarian, Carpe Diem, Meddler, Ocean Of Apathy, Salt & Light, Back Burner, Leveler, Drum Solo. Zugaben: Empire, White Washed

Redakteur:
Oliver Paßgang

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