WARBRINGER: Interview mit John Kevill

09.07.2008 | 12:13

Wenn der Titel "Newcomer des Jahres 2008" vergeben wird, gehören die WARBRINGER mit Sicherheit zu den heißesten Kandidaten. Auf ihrem ersten abendfüllenden Werk "War Without End" lassen die Jungs ihre gewaltige Speed/Thrash-Abrissbirne prachtvoll kreisen – und dabei dürften einige der Musiker noch Reste von Eierschalen hinter den Ohren haben. Den geneigten Fan erwartet auf diesem Einstand jedenfalls alles niederwalzender, dabei doch filigran und kreativ dargebotener, klassischer Thrash, dessen Wurzeln bei SLAYER und KREATOR zu suchen sind. Die elf Killer-Songs dieses Albums werden Fans von Underground-Helden wie DEMOLITION HAMMER und EXHORDER vor Freude sabbern lässt. Frontmann John Kevill gewährte uns einige Einblicke ins Innenleben der Kriegsmaschine.

Martin:
John, es soll ja immer noch Leute dort draußen geben, denen der Name WARBRINGER nicht allzu viel sagt...

John:
Ich soll also was über uns erzählen? Tja, also, John Laux (Gitarre) und ich haben vor etwa dreieinhalb Jahren angefangen zusammen Musik zu machen. Johns Bruder Adam kam ziemlich bald als Bassist zu uns. Wir drei bildeten den Kern der Band, ansonsten gab es so manchen Line-Up-Wechsel in der Anfangsphase. Mit Adam Carroll an der Gitarre und Ryan Bates am Schlagzeug stimmte die Chemie schließlich. Wir waren alle inspiriert von klassischem Speed/Thrash Metal, somit war klar, wohin der musikalische Zug gehen würde.

Martin:
Und wenig später werdet ihr schon als der heißeste neue Thrash-Act des Planeten gehandelt, tourt mit Großkalibern wie NILE und EXODUS in den Staaten sowie NAPALM DEATH in Europa. Direkt nach eurer Wacken-Show geht es weiter in Nordamerika mit FINNTROLL. Das muss doch für euch wie ein Traum sein!?

John:
Oh ja, es läuft großartig! Besonders die Tour mit EXODUS war der Hammer überhaupt, da wir große Fans dieser Band sind. Wir waren auch total gespannt auf Europa und haben die Zeit sehr intensiv erlebt. Es ist eine sehr aufregende Periode für uns und wir genießen das alles in vollen Zügen.

Martin:
Lass uns auf "War Without End" zu sprechen kommen. Einige der Songs auf euren Debüt stammen von älteren Demos, nicht wahr? Wann sind diese Songs entstanden?

John:
Ja, insgesamt fünf Songs gab es schon auf unseren Eigenproduktionen zu hören. 'Born Of The Ruins' war der Titelsong unserer ersten ernst zu nehmenden Demo-CD, davon haben wir allerdings nur etwa 50 Exemplare in Umlauf gebraucht. Vier Songs stammen von "One By One, The Wicked Fall". Ich muss allerdings sagen, dass die neueren Album-Versionen um Längen besser sind als die alten – viel kompakter, härter und eine völlig andere Liga in Sachen Sound. Mit den Demo-Aufnahmen waren wir eigentlich nie wirklich glücklich. Andere Tracks wiederum entstanden erst kurz bevor wir ins Studio gingen, zum Beispiel 'Combat Shock' und 'Systematic Genocide'.

Martin:
Wir würdest du jemandem, der noch keinen Ton von euch gehört hat, die Musik auf "War Without End" beschreiben?

John:
Absolute auditive aggression!! Das Album ist voll mit schnellem, ultrahartem Old-School-Thrash, der gelegentlich mal Exkursionen in Richtung Death/Black Metal macht.

Martin:
Ihr seid alle erst um die 20 Jahre alt, das heißt, ihr solltet eigentlich so einem komischen pseudo-coolen Matsch aus Groove Metal und Hardcore spielen ... oder zumindest wie KILLSWITCH ENGAGE klingen. Was stimmt nur nicht mit euch?

John:
Hmm, ich selbst habe mich für dieses so genannte "moderne" Zeug nie wirklich interessiert, ich habe gleich mit altem Speed Metal angefangen. Diese Musik ist einfach vielseitiger, spannender und besser als alles, was danach kam. Wieso sollen wir uns also mit dem mittelmäßigen Kram abgeben, der letztlich auch nur ein ideenloser, produktionstechnisch aufgeblasener Abklatsch der alten Sachen ist?

Martin:
Genau meine Einstellung! Ihr habt sogar die Konsequenz und Coolness besessen, euch gleich Bill Metoyer als Produzenten unter den Nagel zu reißen. Authentic as fuck!!

John:
Genau, das war eine sehr geile Sache. Bill ist total gut drauf, ein sehr angenehmer und freundlicher Typ. Im Studio hat er meistens mit einem oder zweien von uns an irgend etwas gearbeitet und die anderen hingen auf der Couch rum, hahaha! Es war eine sehr entspannte Arbeitsweise und hat wirklich eine Menge Spaß gemacht.

Martin:
Wie seid ihr eigentlich an den Deal mit Century Media gekommen? Habt ihr denen euer Demo geschickt?

John:
Alles fing eigentlich damit an, dass uns die Talentsucher von Century Media sahen, als wir einen Gig im Vorprogramm von TOXIC HOLOCAUST spielten. Das war noch vor unserem zweiten Demo. Ihnen hat die Show wohl sehr gefallen, jedenfalls kamen sie hinterher zu uns und bekundeten ihr Interesse an der Band. Allerdings waren wir ihnen noch zu unerfahren und grün hinter den Ohren. "One By One, The Wicked Fall" hat sie dann überzeugt und wir haben bei Century Media unterschrieben. Es gab übrigens auch ein Angebot von Metal Blade.

Martin:
Wie ist es denn um die Thrash-Szene bei euch zu Hause in Los Angeles bestellt? Man hört ja so Gerüchte, dass dort durchaus wieder was gehen soll?

John:
Doch, könnte man sagen. Manchmal kommen zu den Shows der einheimischen Bands an die 500 Leute. Mir kommt es in der Tat so vor, als ob die Zahl der Fans ständig zunimmt. Entsprechend entstehen auch an jeder Straßenecke neue Bands, es scheint tatsächlich so etwas wie eine neue Thrash-Bewegung zu entstehen. Das ist natürlich großartig!!

Martin:
Bei euren eigenen Gigs geht es auch ganz schön zur Sache.

John:
Nonstop Headbanging Speeeeed Power and Aggression, yeah!! Hahaha...

Martin:
Es fällt nur auf, dass ihr so gut wie nie Cover-Songs spielt. Das würde sich für eine Band wie euch mit einer solchen Retro-Schlagseite doch förmlich anbieten. Es gibt so viele alte, halb oder ganz vergessene Klassiker...

John:
Nöö, wir spielen lieber unsere eigene Songs als die von anderen.

Martin:
Okay, schließlich sind die ja auch allesamt saustark. Trotzdem möchte ich noch was über deine persönlichen Helden erfahren. Welche Platten aus den Achtzigern liegen dir besonders am Herzen?

John:
"Spectrum Of Death" von MORBID SAINT fällt mir da zuerst ein, das ist wirklich extremer, brutaler Stoff und Pat Lind hat wohl die böseste Stimme, die ich je gehört habe. Dann sollte ich "Forward To Termination" von SACRIFICE erwähnen, tolle Songs sind da drauf und diese hohen Screams von Rob Urbinati sind ebenfalls klasse.

Martin:
Stimmt, diese Schreie sind schon krass. Ich erinnere mich an die Platte aber vor allem wegen dem schrägen Cover, muss ich gestehen.

John:
Zu den absoluten Highlights zählt natürlich auch "Coma Of Souls" von KREATOR.

Martin:
Vielleicht die beste europäische Thrash-Platte aller Zeiten!!

John:
War für uns von Anfang an ein wichtiger Einfluss. Aber die ersten fünf KREATOR-Alben bewegen sich alle auf diesem Niveau.

Martin:
"Enemy Of God" zuletzt auch wieder, finde ich.

John:
SEPULTURA haben mich mit "Beneath The Remains" so richtig weggeblasen.

Martin:
Also, ich fand "Arise" noch einen Tick stärker.

John:
Dann zählt auf jeden Fall auch "Epidemic Of Violence" von DEMOLITION HAMMER zu meinen All-Time-Faves. Das ist vielleicht die brutalste und mächtigste Thrash-Platte aller Zeiten, was für ein grandioses Gemetzel!! Leider kennt die kaum noch jemand...

Martin:
Machst du Witze?? Das ist ein Klassiker!! Ich vergöttere diese Band seit dem "Necrology"-Demo. 'Infectious Hospital Waste' und '44 Caliber Brain Surgery' gehören definitiv zu den besten Thrash-Nummern aller Zeiten!!

John:
Du hast völlig Recht, die ersten beiden Alben hauen einfach alles weg, das sind herrlich bösartige Bastarde aus Thrash, Speed und Death Metal. Jedes Riff ist ein Killer!

Martin:
Ich habe irgendwo in einem Interview gelesen, dass zumindest einer von euch auch auf die finnische Legende STONE abfährt. "Emotional Playground" ist für mich so ein typisches vergessenes Juwel.

John:
Auf STONE hat mich Adam Carroll aufmerksam gemacht. Er ist ein Riesenfan. Ich finde vor allem das Debüt toll.

Martin:
Wundert mich nur, dass der Name EXHORDER bisher nicht auftauchte...

John:
Verdammt ja, die dürfen nicht fehlen! "Smash your skull in"-type thrash – so I love it!! Vor allem "Slaughter In The Vatican" ist eine Macht.

Martin:
Laut Biographie haben einige von euch zuvor in einer Band namens ZOMBIE gespielt.

John:
ZOMBIE waren quasi der direkte Vorläufe von WARBRINGER. Als Bonus-Tracks für die Europa- und Japan-Releases haben wir einige Tracks aus ZOMBIE-Tagen ausgegraben.

Martin:
Zum Schluss muss ich dir doch noch eine kritische Frage stellen. Euer Image könnte durchaus als gewaltverherrlichend gedeutet werden, all die heroisierenden, genussvoll ausgeschlachteten Lyrics über kriegerische Grausamkeiten...

John:
Na ja, ich denke, wir sind uns alle einig, dass ein realer Krieg etwas Furchtbares ist. Ich unterstützte definitiv keinen realen Krieg, auch nicht den im Irak, falls du mich das jetzt fragen willst. Aber ich interessiere mich trotzdem – oder gerade deshalb – sehr für Militärgeschichte, daher drehen sich meine Texte auch oft um Themen, die irgend etwas mit kriegerischen Handlungen zu tun haben. Außerdem passen diese Brutalität und der Horror sehr gut zu der harten Musik.

Redakteur:
Martin van der Laan

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