TRIUMPH: Diskografie-Check Teil 1 | Platz 10-6

16.02.2024 | 18:36

In Europa sind die Kanadier TRIUMPH eigentlich nie über den Status eines Geheimtipps hinausgekommen, während sie in ihrem Heimatland und in den USA beachtliche Erfolge feiern konnten. Die Band aus Toronto brachte es auf zehn Studioalben, wobei das letzte bereits im Jahr 1992 erschien.

Gegründet wurde die Formation 1975 von Rik Emmett (Gitarre), Gil Moore (Schlagzeug) und Mike Levine (Bass). Das Besondere an dem Power Trio ist nun, dass, solange dieses Line-up Bestand hatte – und das gilt für die Longplayer eins bis neun –, Rik und Gil sich den Gesang immer teilten. Rik war zuständig für die emotionalen und manchmal auch epischen Interpretationen, wobei ihm zugutekam, dass er mit seiner ganz speziellen Stimme in schwindelerregende Höhen vordringen konnte. Gil hingegen war der Mann für die bluesige Seite von TRIUMPH. Auch war er eher der Hardrocker, während Rik auch immer eine Vorliebe für Prog und Jazz hatte. Seine Gitarrenarbeit, die sich sowohl durch unvergessliche Riffs, filigrane Soli und gefühlvolle Akustikparts auszeichnet, hat viele Musiker beeinflusst. Gils wuchtiges Schlagzeugspiel ist für den melodiösen Hardrock, für den das Trio steht, eher ungewöhnlich.

Der Sound von TRIUMPH ist unverwechselbar, was natürlich eine große Band immer ausmacht. Mit dem Ausstieg von Rik im Jahr 1988 wurde die letzte Phase in der Karriere der Formation eingeläutet. TRIUMPH gehört fraglos zu den großartigsten Trios der Rockgeschichte und verdient daher unbedingt einen Diskografie-Check bei uns. Auf die Phase kurz vor und nach der Gründung wird mein Kollege Frank Jäger weiter unten noch ausführlich eingehen. Eine besondere Überraschung hat er übrigens auch noch für euch.

Folgende Redakteure haben persönliche Listen erstellt und an diesem Diskografie-Check mitgewirkt: Holger Andrae, Frank Jäger, Mahoni Ledl, Walter Scheuer, Chris Staubach, Jonathan Walzer und Jens Wilkens. Frank Jäger hat die Hälfte der Texte zu den einzelnen Alben beigesteuert.

Und nun viel Spaß mit dem ersten Teil des Diskografie-Checks, der die Plätze 10-6 enthält.

 

10. Rock & Roll Machine (1977)

Unglaublich, aber wahr: Den letzten Platz in unserem Ranking nimmt ein echter Klassiker des 70s Hardrock ein! Offensichtlich gefällt den werten Kollegen dieses fantastische Album nicht. Woran kann das wohl liegen? Auf jeden Fall unterscheidet sich das Material von den Veröffentlichungen der 80er Jahre und ist stilistisch noch relativ nah am selbstbetitelten Debüt. Und ich erinnere mich, dass ich, dessen Erstkontakt mit TRIUMPH "Surveillance" war, mit dieser traditionelleren Ausrichtung zunächst auch meine Probleme hatte. Im Laufe der Jahre ist mir das Material aber immer mehr ans Herz gewachsen und der Rang eines Klassikers hat sich mir mit der Zeit erschlossen. Man möge es mir nachsehen, dass ich meine persönliche Sichtweise hier einfließen lasse, die dem zehnten Platz im Ranking zuwiderläuft.  
Im Heimatland Kanada wurde "Rock & Roll Machine" mit Doppel-Platin ausgezeichnet [1]. Ein paar Leute mögen die Musik anscheinend. Und das zu Recht, denn purer und gleichzeitig expressiver bekommen wir Riks außergewöhnliches Gitarrenspiel nicht mehr zu hören.

Produziert wurde das gute Stück von Bassist Mike Levine und Doug Hill, und ich finde, dass der Klang gerade auf Vinyl durch seine Transparenz überzeugt. Allein der Gitarrensound ist etwas Feinschmecker, aber auch Drums und Bass tönen ganz hervorragend. Für Keyboards und Hintergrundgesang gibt es einige Gastbeiträge auf dem Langspieler. Songs wie das bluesige und relativ simpel gehaltene 'Takes Time', dessen Vocals von Gil beigesteuert wurden, sind sicherlich nicht jedermanns Geschmack, aber ein Ohrwurm ist das Stück dennoch. Das von Rik gesungene 'Bringing It On Home' ist bester Southern Rock und geht extrem gut ins Ohr. Das von Gil interpretierte 'Little Texas Shaker' ist schon recht bissig und kratzbürstig. Den Abschluss der A-Seite des Albums bildet das aus zwei Teilen bestehende 'New York City Streets'. Gil und Rik haben je einen Teil eingesungen, wobei Gil den melancholischen ersten Teil übernommen hat, der mit tollem mehrstimmigem Gesang und einem fantastischen Jazz-Fusion-Solo von Rik endet.

Der zweite Teil ist viel riffbetonter und hat mehr Groove. Auch hier sind die beiden Gitarrensoli die Höhepunkte des Stücks. Das Thema Großstadt wird auf dem ersten Song der B-Seite mit dem dreiteiligen 'The City' fortgeführt. Der erste, instrumentale Teil ('War March') orientiert sich an dem bekanntesten Stück 'March, The Bringer Of War' der Planeten-Suite von Gustav Holst, die zwischen 1914 und 1916 komponiert wurde. Der zweite Teil ('El Duendo Agonizante') ist ein Akustik-Gitarren-Bravourstück im Stil des Flamenco, während der dritte 'Minstrel’s Lament' eine von Rik überzeugend vorgetragene melancholische Klage über das Großstadtleben beinhaltet. Bass und Drums klingen fantastisch. Toll, wie 'Minstrel’s Lament' am Ende richtig Fahrt aufnimmt! 'Rocky Mountain Way' ist ein Cover eines bekannten Stücks von Joe Walsh, das wie maßgeschneidert für die Stimme von Gil ist. Auch dem abschließenden furiosen Titeltrack kann er mit seinem Gesang seinen Stempel aufdrücken. Manchen gilt ja 'Rock & Roll Machine' als eine Art Proto-Speed-Metal, was vielleicht etwas übertrieben ist, aber doch aufzeigt, welche Energie in dem rasanten Stück steckt. Das Gitarrensolo im Mittelteil ist für das Jahr 1977 jedenfalls auch ziemlich heftig und brennt dabei ein Feuerwerk an Ideen ab.

Eine sogenannte internationale Edition, die für den amerikanischen Markt zugeschnitten war und von einem alternativen Cover geziert wird, mischt übrigens Songs des Debüts mit solchen, die tatsächlich auf der Originalversion von "Rock & Roll Machine" enthalten sind. Ob eine solche Veröffentlichung sinnvoll ist, mögen andere beurteilen. Vielleicht wäre ein anderer Titel die Lösung für diese Kompilation gewesen.

Mahoni und Frank sehen das Album auf dem vorletzten Platz der Diskografie, Chris, Holger und Jonathan gar auf dem letzten. Walter ist mit dem achten Rang da etwas milder in seiner Bewertung. In meinem Ranking nimmt das Zweitwerk von TRIUMPH dagegen Platz vier ein.

[1] https://musiccanada.com/gold-platinum/?_gp_search=Rock%27n+Roll+Machine%20Triumph (abgerufen am 12.2.2024)

[Jens Wilkens]

 

9. In The Beginning (Triumph) (1976)

Ein Trio, aus Toronto, Kanada, das erst die nationale Musikwelt und dann ganz Nordamerika erobert. Nein, nicht nur RUSH hat das geschafft, nur etwas später startete TRIUMPH eine ähnliche Erfolgsstory. Der Anfang der Story liegt in einer Band namens ABERNATHY SHAGNASTER, eine Bluesband mit vier Musikern, darunter der Nukleus von TRIUMPH, Gil Moore und Mike Levine [1]. Die Band veröffentlichte 1975 eine von Michael Levine produzierte Single mit den Titeln 'Hobo' und dem von Gil Moore komponierten 'Got To Get You Back In My Life' auf Attic Records[2].

Die anderen beiden Musiker, Fred Keeler und Peter Young, verließen die Band kurz danach und Gitarrist Rik Emmett stieß zu den beiden Musikern. Der erste Auftritt der Band fand im September 1975 statt[3]. Die Band spielte zahlreiche Konzerte in High Schools, zeitweise zwei- oder dreimal pro Woche[4], was möglich war, weil Gil Moore ein Geschäft unterhielt, indem er Bühnenequipment verlieh[4]. Über Mikes Kontakte zu Plattenfirmen hatte die Band zu dem Zeitpunkt von Emmetts Einstieg bereits ein Vertragsangebot, sodass das Debütalbum bereits ein Jahr nach dem ersten Auftritt mit Rik Emmett in die Plattenregale kam.

Das Album beginnt mit zwei Kompositionen von Rik Emmett. Der Opener '24 Hours A Day' weist bereits viele der Trademarks der Band auf, dominante Gitarrenriffs, trotzdem allgegenwärtige Keyboards und der Hang zu eingängigen Melodien, allerdings noch tief im traditionellen Rock 'n' Roll verwurzelt wie auch 'Let me Get Next To You' auf der B-Seite des Albums. Die Hardrock-Ausrichtung wird aber bereits in 'Be My Lover' deutlich. Dass diese musikalische Orientierung eine Entscheidung der gesamten Band war, erkennt man in den nächsten beiden Stücken, die Drummer Gil Moore komponiert hat, 'Don't Take my Life' und 'Street Fighter', und auf der Rückseite in 'Easy Life' auf der Feder von Mike Levine.

Lyrisch setzte die Band auf typische Rocktexte aus der Feder von Rik Emmett ohne tiefere Bedeutung, allerdings ist schon jetzt zu bemerken, dass die Band zu diesem Zeitpunkt wie auch in Zukunft ihre Karriere ohne größere Skandale und Mehrdeutigkeiten aufbauen würde. Zum Abschluss des Albums gibt es einen Progressive-Rock-Song namens 'Blinging Light Show/Moonchild', wobei der erste Teil wie ein Mission Statement der Band TRIUMPH aufgefasst werden kann, denn sie sollten in Zukunft eben für ihre großen Liveauftritte mit überbordenden Lichtshows bekannt werden. Dieser letzte Song des Albums ist ein Fan-Favorit und zeigt, was die drei Musiker in Zukunft noch zustande bringen würden, wenn sie auch den Prog-Aspekt bald komplett streichen sollten.

Das Album heißt übrigens eigentlich "Triumph", erst 1995 wurde es unter dem Titel "In The Beginning" neu abgemischt wieder veröffentlicht. Dafür bekam das Werk auch ein neues Coverartwork verpasst, auf dem ein rosa Blitz einen Vorstadtstein spaltet, das allerdings auch nicht viel besser ist als das Original mit den drei Musikern als Sonnenbankopfer. Das Debütalbum werten wir auf den vorletzten Platz, allerdings sind die Begeisterungsstürme überschaubar. Aber immerhin, Chris vergibt einen sechsten Platz.

[1] Blain, Brian, Munson, Bill (2013): Loose Blues News; Toronto Blues Society; http://torontobluessociety.com/loose-blues-news-28; abgerufen am 1.1.2024
[2] Youtube; https://www.youtube.com/watch?v=KMQU7kO7WBU; abgerufen am 1.1.2024
[3] Gross, Ron (2008): Triumph's Professional Tour Dates;. Michigan Drive In's. Archived from the original on October 7, 2011; https://web.archive.org/web/20111007001 ... iumph.asp; abgerufen am 1.1.2024
[4] Bill Welychka (Host) (2001): The Story Of Triumph; https://www.youtube.com/watch?v=wXngbzatfIE

[Frank Jäger]

 

8. Edge Of Excess (1992)

TRIUMPH ohne Rik Emmett. 1988 war es zum Äußersten gekommen, musikalische Differenzen und das Musikgeschäft, das auch die stärksten Charaktere an den Rand des Nervenzusammenbruchs bringen kann, hatten für den Bruch gesorgt. Während Rik 1990 bereits ein erfolgreiches Soloalbum an den Start brachte, währte es bei den beiden verbleibenden Mitgliedern länger. Schließlich heuerte man mit Phil "X" Xenedis einen neuen Gitarristen an, der bereits mit dem kanadischen Melodic-Rocker Aldo Nova und in der Band FROZEN GHOST gearbeitet hatte.

Aber ging das überhaupt? Gil Moore hatte auch zuvor bereits Teile des Gesangs übernommen, aber nun war er der einzig Verbleibende am Mikrophon. Live sicher eine Herausforderung, im Studio macht er allerdings eine gute Figur. Natürlich waren die beiden verbleibenden Triumpher auch sehr erfahren im Geschäft, die Aufnahmen im eigenen Metalworks-Studio unter Leitung von Mike Levine sind top und die kompositorische Unterstützung von Mladen Alexander und dem neuen Gitarristen sorgte auch für gute Songs, auch wenn man im Rückblick eventuell den Genius von Rik Emmett vermissen mag.

Der Opener 'Child Of The City' deutet bereits darauf hin, dass die Gitarre wieder deutlich über die Keyboards dominieren darf, obwohl die Rezeptur im Grunde gleich geblieben ist. Dass man noch ordentlich losrocken kann, zeigt 'Troublemaker', ein flotter Abgehsong, der zwar das Genre nicht neu erfindet. aber eben erdiger und weniger weichgespült daherkommt, als man mit Emmett zuvor unterwegs gewesen war. Diese ersten beiden Stücke waren auch die Singleauskoppelung und 'Troublemaker' schaffte es auf den Soundtrack zu dem Film "Hellraiser III".

Als Kontrast folgt mit 'It's Over' eine Powerballade. Ja, TRIUMPH steht auch 1992 noch mit einem Bein in den Achtzigern, schaut aber generell nach vorne und wirkt auch durch Moores Gesang, der sich doch erheblich von Rik Emmett unterscheidet, eher basisch, wie man im starken Titelsong und dem eher gediegenen Rocksong 'Turn My Back On Love' hören kann. In eine ähnliche Kerbe schlägt 'Ridin' High Again', sodass durchaus auffällig ist, dass man sich kompositorisch doch absetzt von den großen kommerziellen Erfolgszeiten.

Auch die übrigen Songs, das gefällig gitarrenjaulende 'Black Sheep', dem einfach, aber effektiv komponierten 'Boys Nite Out', sowie die abschließenden 'Somewhere Tonight' und 'Love In A Minute', die wieder deutlich an die vergangene Dekade anknüpfen, wissen zu gefallen und beweisen, dass das Duo Moore-Levine, wenn auch mit etwas Hilfe von außen, durchaus ein gutes Hardrock-Album zu schaffen in der Lage waren.

Was ist nun das Problem, warum landet "Edge Of Excess" bei uns so weit unten im Ranking, bei Jens sogar auf dem letzten Platz? Nun, TRIUMPH-Fans konnten damals und können wohl auch heute den Verlust des Frontmannes, der theatralischen Stimme, das Zerbrechen der originalen Besetzung nicht verwinden. Dass dieses letzte Studioalbum der Band anders klingt als die übrigen neun Longplayer, ist nicht von der Hand zu weisen. Dabei ist es gleichzeitig nicht der große Befreiungsschlag, der notwendig gewesen wäre, um sich selbst aus dem eigenen Schatten zu befördern, so wie es Rik Emmett mit dem Solowerk "Absolutely" geschafft hatte. So ist es nicht verwunderlich, dass das Kapitel der Studioalben mit Album Nummer zehn seinen Abschluss fand. Deswegen ist "Edge Of Excess" aber keineswegs ein schlechtes Album, nur eben erschien es zur falschen Zeit, unter falschen Voraussetzungen und wurde vor allem in den USA weitgehend ignoriert[1].

[1] Anderson, Jason (Unbekannt): Edge of Excess, Triumph; Review auf allmusic.com; https://www.allmusic.com/album/edge-of- ... 000092910; abgerufen am 11.2.2024

[Frank Jäger]

 

7. Just A Game (1979)

Genau das war es von nun an nicht mehr: Ein Spiel. Denn "Just A Game" ist das erste Album, das nun auch in den USA regulär veröffentlicht wurde. Zwar hatte es eine Zusammenstellung aus den ersten beiden Werken unter dem Namen "Rock 'n' Roll Machine" gegeben, aber mit dem dritten Album wurde es ernst. In ihrer Heimat waren sie Stars, hatten Gold und sogar Platin eingefahren und das Canada Jam Festival 1978 als Headliner gespielt. Aber sobald es über die südliche Grenze ging, was es vorbei mit dem ganz großen Erfolg.

Aber 1978 hatte die Band bereits einen Riesenschritt getan: Eine eigene Headlinertour durch die US. Auf die Frage, wie man das ohne richtigen Plattenvertrag machen könne, antwortete Mike Levine 2019 in einem Interview für In The Studio[1]: "Komplette Dummheit. Wir waren so naiv, dass wir dachten, wir könnten das tun. Und es hat geklappt! Es war unfassbares Glück!". Diese Attitüde wurde mit offenen Armen aufgenommen und mit "Just A Game" sollte die Band die Früchte ihrer Arbeit erstmals ernten. Während zuvor nur einzelne Städte und Radiostationen ihre Songs spielten, nahm diesmal das gesamte Land Notiz von den Newcomern aus dem Norden.

Dabei war "Just A Game" eigentlich nur ein kleiner Schritt, zumeist eine natürliche Progression von den ersten beiden Alben, denn die typischen Trademarks waren weiterhin vorhanden. Blues wie in 'Young Enough To Cry', Heavy Rock wie in 'American Girls', aber auch schon etwas von der opulenteren Orientierung, für die die Band später berühmt werden sollte in dem Opener 'Movin' On'. Allerdings sind das die drei Lieder aus der Feder von Gil Moore, die übrigen vier Stücke und das kurze Instrumental 'Fantasy Serenade' wurden von Rik Emmett geschrieben, der zwar auch einen Bluessong namens 'Suitcase Blues' komponierte, aber vor allem drei andere Lieder zu den Stars des Albums machte.

Da ist zum ersten der Titelsong 'Just A Game', der den Geist der progressiven Stücke der beiden Vorgängeralben atmete, namentlich 'The City: War March/El Duende Agonizante/Minstrel's Lament' und 'Blinding Light Show/Moonchild'. Die beiden verbleibenden Songs sollten jedoch allen anderen die Show stehlen, denn Anfang Juni 1979 wurde 'Hold On' als Single veröffentlicht und stieg am 16.6. in die Charts und kletterte dann bis auf Platz 38 der US Billboard Hot 100 - und das war erst im September, die Single blieb 14 Wochen in den Charts, stetig an Popularität gewinnend![2] Im Juni und Juli tourte man durch die USA, zeitweise mit AC/DC als Vorgruppe, und im Kielwasser dieses Erfolges wurde auch die Emmett-Komposition 'Lay It On The Line' als Single veröffentlicht. Zwar war sie nicht ganz so erfolgreich wie 'Hold On', aber sieben Wochen in den Charts zwischen Platz 92 und 86 war dennoch ein weiterer Achtungserfolg[3].

Die radiotauglichen, zwar etwas härteren, aber im Grund doch AOR-Songs von Rik Emmett waren das Erfolgsrezept, mit dem TRIUMPH von nun an die größten Erfolge einheimsen sollte. Auf dieser Welle ritt auch das Album "Just A Game" in die Billboards Top 200 Album-Charts. Dies setzte natürlich den Ton für zukünftige Alben, denn die Plattenfirma wollte weitere Hits auf Emmetts Feder, was zu ersten Reibungspunkten innerhalb der Band führte.[5]

Die Redaktion ist sich relativ einig und setzt das Werk zwischen den Plätzen 5 und 8 an, nur Mahoni mag den Longplayer nicht so sehr und macht ihn zum Schlusslicht.

[1] Redbeard (2019): Triumph - Just a Game- Rik Emmett, Gil Moore, Mike Levine; https://www.inthestudio.net/online-only ... st-a-game; abgerufen am 1.1.2024
[2] Billboard Database; https://elpee.jp/single/Hold%20On/Triumph/; abgerufen am 1.1.2024
[3] Billboard Database; https://elpee.jp/single/Lay%20It%20On%2 ... /Triumph/; abgerufen am 1.1.2024
[4] Billboard Database; https://elpee.jp/album/Just%20A%20Game/Triumph/; abgerufen am 1.1.2024
[5] Unbekannt (2023): Rik Emmett Says He Participated In The Triumph Documentary Out Of Friendship & The Band's Legacy; The Metal Voice; https://www.themetalvoice.com/post/rik- ... ds-legacy; abgerufen am 1.1.2024

[Frank Jäger]

 

6. Progressions Of Power (1980)

Es war nicht mehr nur ein Spiel, wie es noch so verschmitzt im Vorjahr geheißen hatte, denn mit seinem dritten Album war das kanadische Trio unverhofft hoch in die Charts eingestiegen und hatte einen Top 40 Hit verbuchen können. Noch wichtiger für die weitere Karriere der Band war die Tatsache, dass man im lokal etablierten, aber kaum übergreifend empfangbaren AOR und Classic Rock Radio in verschiedenen Städten mit einem oder sogar mehreren Liedern in die regionalen Topplätze steigen konnte. Wie zu der Zeit üblich musste ein Nachfolger her, den die Band im Dezember 1979 und Januar 1980 in den Phase One Studios in Toronto aufnahm.

Das Album steigt gleich mit einem echten Brecher ein. 'Live For The Weekend' ist zweifellos die Albumhymne. Schnell, hart, live ein absoluter Kracher. Mike Levine erinnert sich, dass das Lied nie etwas anderes sein sollte als ein Gute-Laune-Song, den man im Radio hören sollte und sagen sollte, "Hey, es ist Zeit für Rock!". Der Uptempo-Song lebt von den zahlreichen Licks und kleinen Soli Rik Emmetts, der aus einem eigentlich simplen Rock 'n' Roll-Song eine unglaubliche Abfahrt macht. Mit dem ebenfalls rockigen, aber seichteren 'I Can Survive' geht TRIUMPH etwas vom Gas. Radiotauglich und mit einem großartigen Refrain versehen steht das Lied nach einigen Durchgängen dem Opener in nichts nach. Als Singleauskoppelung stieg das Stück zwar in die US-Charts ein, konnte aber den Erfolg der Vorjahressingle nicht wiederholen. Die Single erschien überall mit 'Nature's Child' als B-Seite, nur in Deutschland befand sich 'Live For The Weekend' auf der Rückseite der 7". Letzteres war übrigens in Großbritannien eine eigene Singleauskoppelung, die bis auch Platz 59 in die Singlecharts kletterte und auf deren Rücken auch das Album Platz 61 der Albumcharts erreichte[1]. Auf der Rückseite befand sich mit 'Lay It On The Line' ein Stück von "Just A Game".

Als ob die Band gleich zu Beginn alle ihre Stärken zeigen will, folgt mit 'In The Night' eine Power-Ballade voller Kraft und Gefühl, die trotz der Länge von über sechs Minuten nicht langweilig wird. Wieder besticht Emmetts Gitarrenspiel, das spätestens mit "Progression Of Power" zu einem echten Markenzeichen der Kanadier geworden ist. Zum Abschluss der ersten Vinyl-Seite folgt noch der ungewöhnlich progressive Song 'Nature's Child'. Solche Tempowechsel ist man von TRIUMPH sonst nicht gewöhnt, aber die Kombination aus schwerfälligem, metallischen Blues und abwechslungsreichem Prog Rock funktioniert ganz ausgezeichnet, und wenn der Song dann in der zweiten Hälfte zwischenzeitlich zu einem echten Uptempo-Rocker wird, erkennt man auch die Handschrift der Komponisten deutlich wieder. Das ausgeblendete verspielte Ende hätte gerne länger dauern mögen.

Die zweite Plattenseite beginnt mit einem Lied, das ohne Weiteres auch als Single eine gute Figur gemacht hätte. 'Woman In Love' ist gut, wenn auch nicht außergewöhnlich, bemerkenswert ist die Slide-Guitar Emmetts zu Beginn, ansonsten ein typischer, starker TRIUMPH-Rocksong. Danach folgt mit 'Take My Heart' eine Ballade, die so seicht und schmalzig ist, dass sie einen echten Störfaktor auf "Progression Of Power" darstellt. Hätte die Band diesen Song einfach weggelassen, hätte das die Qualität des Albums erhöht. Glücklicherweise versöhnen die Drei den Hörer sogleich mit einem treibenden Uptempo-Song mit dem Titel 'Tear The Roof Off', dessen Titel bereits keinen Raum für Fehlinterpretationen bietet. Direkt und mit extrovertiertem Gitarrenpart schließt das Lied da an, wo 'Live For The Weekend' aufgehört hat.

Ein kurzes Instrumental mit dem Titel 'Fingertalkin'' lässt Rik Emmett an der akustischen Gitarre brillieren. Während das von dem Gitarristen Happy Mitchell geschriebene Stück zu Beginn noch etwas steif wirkt, vermag es sich im Verlauf zu steigern. Dann folgt noch zum Abschluss ein echtes Highlight in Form des kraftvollen 'Hard Road', das ebenfalls alle Facetten der Kanadier abdeckt. Nur das Keyboardsolo wirkt etwas deplatziert, wird aber bald von einem Gitarrensolo ersetzt, das zwar nicht zu den besten auf dem Album gehört, sich aber gut in den Song einfügt. Auffällig ist, dass 'Hard Road' als einziges Stück lyrisch von den typischen Rock 'n' Roll-Plattitüden abweicht und als politisch durchgeht.

Als das Album erschien, steckte die Scheibe in einem simplen Albumcover mit den Köpfen der drei Musiker und sechs farbigen Strichen, das deutlich schwächer wirkte als das starke vorherige "Just A Game"-Cover. Ein klarer Rückschritt zurück den Albumhüllen der ersten beiden Alben, die auch wenig beeindrucken konnten. Kommerziell war es weniger erfolgreich als der Vorgänger "Just A Game", ist dafür aber durchgehend bis auf einen Song auf sehr hohem Niveau und sicher eines der qualitativ ausgeglichensten TRIUMPH-Alben, von dem allerdings selbst Gil Moore sagt, dass es ein Rückschritt zum Vorgänger gewesen sei[2].

Dabei gehen die Meinungen in der Redaktion allerdings auseinander, drei von sieben Redakteuren sehen "Just A Game" höher platziert als "Progressions Of Power". Besonders Holg scheint angetan zu sein, vergibt er doch die Silbermedaille an das 1980er Werk. Chris und Jens gleichen das aber wieder aus mit jeweils dem vorletzten Platz.

[1] Offizielle Britische Charts; www.officialcharts.com; abgerufen am 29.10.2016
[2] Wright, Jeb (2015): Gil Moore of Triumph – Allied Forces: Standing Strong 35 Years Later; classicrockrevisited.com; abgerufen am 29.10.2016

 

Für ein Buchprojekt habe ich ein Interview mit Mike Levine geführt, das bislang unveröffentlicht ist. Da es in diesem Zusammenhang aber hervorragend passt, füge ich es hier mit ein. Hier ist, was Mike Levine über "Progressions Of Power" zu sagen hat:

"Wir waren ungefähr sechs Wochen im Studio. Wir hatten auch kein großes Budget. Die Songs waren zumeist fertig, wie schrieben nichts mehr im Studio, allerdings noch in den Pausen, denn wir nahmen das Album nicht komplett an einem Stück auf.

Wenn du "Progressions Of Power" mit unseren anderen Alben vergleichst, ist es eines der am wenigsten nachbearbeiteten Alben. Man kann nicht Spur um Spur drüberlegen, das würde jede Atmosphäre nehmen. Wir hatten auch kaum Keyboards auf dem Album. Wir sind damals aber nicht bewusst gegen den Trend gegangen, wir wollten als Trio Lieder aufnehmen, die wir auch auf der Bühne aufführen konnten. Je mehr Overdubs man im Studio einsetzt und je progressiver die Stücke werden, umso schwieriger ist es, das nachher live umzusetzen.

Nach "Just A Game" hatten wir natürlich Druck von der Plattenfirma, aber wir ließen uns davon nicht beeindrucken. Immer wenn uns die Plattenfirma unter Druck setzen wollte, sagten wir "Hey, wir haben, was wir haben, und es ist, was es ist." Ein Album ist ein Mikrokosmos von Beginn der Komposition bis zum endgültigen Werk, es bildet ab, wo sich jeder künstlerisch befand zu der Zeit.

Es gibt keinen Erfolg über Nacht, oder nur sehr selten. Die Labels hatten damals noch Abteilungen für die Entwicklung der Künstler, man hatte zwei oder drei Versuche. Solange man Verbesserungen zeigte, stand das Label zu einem. Man wurde auch gleich für zwei oder drei Alben unter Vertrag genommen. Heute musst du einen Hit innerhalb von drei Wochen haben, oder du bist raus.

Wir hatten keinen festen Plan, wie ein Album zu sein hatte. Du hörst auf dein Herz, hörst dir die Melodien an, mit denen du denkst, dass man anfangen sollte. Wir haben immer Songs rausgeworfen, auf jedem Album. Wir haben immer Schlagzeug und Bass aufgenommen, etwas Gesang im Frühstadium drübergelegt und uns dann das Ganze angehört. Wenn wir sagten, "Wow, das taugt gar nichts", haben wir es eben gelöscht. Wir haben dann nicht noch mehr Zeit damit verschwendet. Wir hatten nie die Einstellung, dass alles, was wir aufgenommen hatten, deswegen gut sein musste. Wir sagten eher "Das wird hochgradiger Müll bleiben, egal wie lange wir daran arbeiten".

Die Singles waren eine gemeinsame Entscheidung. Wir hatten großen Einfluss auf die Plattenfirma, denn sie wussten nicht recht, was sie taten. Wir waren eine Rockband auf RCA Records, die nicht wirklich ein Rocklabel waren, also konnten wir mehr oder weniger tun, was wir wollten, denn wir wussten besser Bescheid als das Label. Das Cover stammt von der Plattenfirma. Ich hasste es. Es ist kitschig. Nach dem Cover haben wir niemals mehr unsere Gesichter auf Plattencovern abbilden lassen. Diese Plattenhülle ist wirklich peinlich.

Wir haben damals jedes Jahr ein Album gemacht, man ging auf Tour und ging direkt wieder ins Studio, um das nächste Album einzuspielen. Die meisten Verträge verlangten sogar zwei Alben pro Jahr. Das ging natürlich überhaupt nicht, wenn du auch noch touren wolltest, wir mussten wie Katz und Hund mit den Anwälten der Plattenfirma kämpfen, wenn sie mal wieder sagten "Oh, ihr seid übrigens schon spät dran für das zweite Album!", während sich die Single des vorherigen Albums noch verkaufte. Man konnte gerade einmal ein paar Wochen ausruhen, und schon ging es wieder los."

[Frank Jäger]

Zu Teil 2 gelangt ihr hier.

Redakteur:
Jens Wilkens

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