TRAIL OF TEARS: Interview mit Kjetil Nordhus

14.02.2005 | 22:37

TRAIL OF TEARS haben mit ihrem neuen Album "Free Fall Into Fear" einen Quantensprung in Sachen Bandentwicklung hingelegt, der sie aus dem gängigen Genredenken einer Gothicband herauskatapultiert hat. Das Album beherbergt alles, was zündender Metal benötigt und aus "Free Fall Into Fear" ein verdammt kurzweiliges Album macht. Mit mächtig viel produktionstechnischem Fett geölt und ein paar Schippen kanalisierter Wut im Bauch ist den Norwegern ein Album aus dem Ärmel gerutscht, das rund um den Erdball erstklassige Kritiken einfährt und den Nordlichtern einen gehörigen Schub verpassen wird. Das dürfte vor allem Sänger Kjetil Nordhus in arge Bedrängnis bringen, da der gute Mann neben TRAIL OF TEARS auch noch GREEN CARNATION zugehörig ist, die ja ebenfalls mit einer neuen Scheibe aufwarten werden. Trotz allem Stress macht der symphatische Sänger einen sehr relaxten Eindruck und gibt nur zu gern Auskunft über das neue Album und dessen Dunstkreis.

Alex:
Hi Kjetil! Wie sieht es aus bei euch? Seid ihr zufrieden mit "Free Fall Into Fear", eurer neuen Scheibe?

Kjetil:
Hi Alex! "Free Fall Into Fear" hör ich mir sehr gerne an. Ich hab mir einen Monat Hörpause auferlegt, in der Zeit zwischen Fertigstellung der Scheibe und dem Versand der Promos, und war danach richtig überrascht wie gut mir die Scheibe doch gefällt. Das Album ist voll von starkem und brechend hartem Metal, deswegen denke ich, dass ich für alle spreche, wenn ich sage, dass wir stolz auf diesen Release sind. Generell denke ich, dass "Free Fall Into Fear" das Bandspektrum 2005 perfekt auslotet. Es hat sich zwar einiges geändert, was aber ein natürlicher Prozess innerhalb der Band ist. Ich denke, "Free Fall Into Fear" kommt der ursprünglichen Idee aller Bandmitglieder am nächsten, wie die Band zu klingen hat. Schlussendlich bekommen wir auch die besten Reviews ever zurück, was die jetzigen Tage zu sehr glücklichen für uns macht.

Alex:
Die Scheibe pfundet ordentlich fett. Wer hat euch dieses Soundbrett gefahren und warum diese Wahl?

Kjetil:
Wir entschieden uns dieses mal wieder dafür, in Norwegen aufzunehmen. Wir buchten das DUB Studio in unserer Heimatstadt Kristiansand, inklusive Produzent Endre Kirkesola, der auch schon unter anderem BLOOD RED THRONE, CARPATHIAN FOREST und GREEN CARNATION betreut hat. Wir fühlten einfach, dass sich unser Sound entwickelt hat und dem wollten wir uns produktionstechnisch anpassen. Wenn man mal von einigen kleinen Pannen absieht, lief auch der gesamte Produktionsprozess wie geschmiert.

Alex:
TRAIL OF TEARS bestehen anno 2005 aus vielen Elementen, die sich über Death-, Black-, Gothic- und traditionellen Heavy Metal erstrecken. Wie würdest du euch denn selbst beschreiben?

Kjetil:
Ich denke schon, dass wir alle diese Elemente in unsere Musik einbeziehen und dass dabei schlussendlich TRAIL OF TEARS entstehen. Aber zeig mir bitte eine Band, deren Stil oder Musik bahnbrechend neu ist. Alles war irgendwie schon einmal da, auch unsere Stilelemente. Ich fühle aber, dass wir uns mehr und mehr von stilistischen Vorgaben lösen und einen Schritt hin zu etwas mehr Originalität gemacht haben. Es gibt viele originelle Bands im Metal und wir wollen auch zu einer werden. Diese Stilvermischung wird also zu einem immer wichtiger werdenden Element für uns, da hast du sicherlich recht.

Alex:
Hast du einen Song auf dem Album, der TRAIL OF TEARS mit all ihrer Stilvielfalt plakativ präsentiert?

Kjetil:
'Carrier Of The Scars Of Life', denke ich. Die Nummer hat einen tierischen Groove! Wir haben ihn Abend für Abend auf der Tour mit TRISTANIA und THERION ausprobiert und die Resonanz der Leute war brilliant.

Alex:
Wie entstehen denn eure Songs?

Kjetil:
Eigentlich sehr traditionell. Einer hat eine Idee, stellt sie im Proberaum vor und dann jammen wir alle ein wenig dazu rum. Wenn sich dabei herausstellt, dass die Idee Potenzial hat, arbeitet jeder eine Woche lang an dieser Idee. Dann jammen wir wieder und einigen uns auf ein Grundgerüst. Dieses nehmen wir auf und jeder bekommt eine Kopie, anhand derer er eine weitere Woche arbeiten kann. So erhält man sieben verschieden Interpretationen ein und derselben Grundidee. Auch ich singe dann viele verschiedene Phrasierungen meines Timbres ein und interpretiere meinen Text in unterschiedlichen Emotionsstärken. Dazu verwende ich natürlich unterschiedliche Themen. Zum Ende hin bringen wir das Ganze unter einen Hut und machen es "kleiner", da die Auswüchse schlussendlich sehr ausschweifend sind. Es ist also ein sehr langwieriger Prozess, aber zweifellos ein sehr interessanter.

Alex:
Irgendwann geht es ja dann mal ins Studio. Hast du ein paar Impressionen am Start?

Kjetil:
Nun ja, wir starteten unseren letzten Studiobesuch als wahnsinnig inspirierte und optimistische Band, da unsere Vorproduktion schon sehr gelungen war. Doch gleich am Anfang mussten wir uns mit technischen Problemen rumschlagen. Der witzigste und überraschendste Moment war, als wir das Endprodukt zum ersten Mal zu hören bekamen und fast von der Wut und der Aggression in der Musik plattgewalzt wurden. Der Studioprozess begann also als Höllentrip, aus dem schließlich diese Atmosphäre resultierte. Das Beste, was dem Album passieren konnte, haha. Wir hatten das beste Album unserer Karriere aufgenommen. Nicht ausschließlich wegen dieser Probleme, doch haben sie viel zur Bitterkeit auf "Free Fall Into Fear" beigetragen.

Alex:
Welche Themen benutzt du in deinen Lyrics?

Kjetil:
Wir sind ja zwei Schreiberlinge in der Band, Ronny und meine Wenigkeit. Die Lyrics generalisieren und kanalisieren sich im Thema Angst und allem, was rund um dieses Thema passiert. Aggression, Wut, Bitterkeit, Rückzug etc.. Doch zum ersten Mal in der Geschichte von TRAIL OF TEARS versteckt sich innerhalb der Texte auch so etwas wie eine positive Botschaft, das Licht im Schatten.

Alex:
Richtig geil geworden ist das Coverartwork von "Free Fall Into Fear". War hat es verbrochen?

Kjetil:
Deine Landsmännin Katja Piolka, die auch meiner Meinung nach im Coverdesign und im Booklet mehr als nur gute Arbeit geleistet hat. Sie verstand vom ersten Moment an, als wir ihr unsere Idee unterbreiteten, wie wir unsere Gedanken in eine visuelle Form transferiert haben wollten. Sie setzte sich hin und machte es, ganz einfach! Wir waren absolut baff, als wir das Resultat sahen. Eine junge und aufstrebende Designerin und sehr zu empfehlen.

Alex:
Wir haben ja vorhin schon kurz den Entstehungsprozess der Songs angekratzt, der sich ja schlussendlich irgendwann von selbst kanalisiert. Aber wie bringt man auch abseits der Musik die Interessen von sieben Bandmitgliedern unter einen Hut?

Kjetil:
Ach, das geht schon. Da haben wir bestimmte Leute, die für bestimmte Aufgaben geeigneter sind als andere. Und musikalisch ergibt gerade diese Anzahl deine angesprochene Stilvielfalt. Anders als bei unseren vorangegangenen Alben kann uns anno 2005 niemand mehr in die Gothic-Schublade stecken, in der wir früher gefangen waren. Jedes einzelne Bandmitglied hat seine eigenen Backgrounds, die sich teilweise wahnsinnig unterscheiden und eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Die Balance aus diesen Hintergründen ergibt die heutigen TRAIL OF TEARS. Und ich denke, dass diese Balance weit mehr zelebriert, als einfach nur Gothic Metal.

Alex:
Meine Meinung! Wann werden wir euch denn livehaftig zu sehen bekommen?

Kjetil:
Wir organisieren gerade eine fette Releaseparty in Norwegen. Danach steht noch absolut überhaupt nichts fest. Wir haben Kontakt zu Bookern rund um den Erdball und es wird sicherlich Minitourneen in Europa und Südamerika geben. Dann kommen die Sommerfestivals und zu guter letzt hoffen wir danach auf eine fette Europatour aufspringen zu können.

Alex:
Was erwartet uns dann auf einer dieser Touren?

Kjetil:
Ich denke, dass TRAIL OF TEARS im Gegensatz zu vielen anderen Bands in unserem Genre mehr positive Vibes auf der Bühne ausstrahlen. Natürlich gibt es jede Menge aggressiver Power und auch energische Wut. Dennoch erfreuen wir uns an dem, was wir tun und ich denke, dass man das wirklich auch sehen kann. Und nach zehn Jahren Liveerfahrung kann ich auch sagen, dass wir sehr tight aufspielen werden, haha.

Alex:
Das lässt mir das Wasser schon jetzt im Mund zusammen laufen. Apropos Wasser: Wie sind denn bislang die Wasserstandsmeldungen hinsichtlich "Free Fall Into Fear"?

Kjetil:
Es läuft blendend! Laut Resonanz der Fan- und der E-Zines befinden wir uns öfter mal im Topranking. Wir sind schon etwas überrascht, das muss ich hier mal zugeben. Wir hatten nämlich schon immer ganz gute Reviews, aber noch niemals etwas in dieser Art. Wow, das inspiriert uns mächtig, haha.

Alex:
Und dies wiederum lässt ja auf einiges hoffen! Zehn Jahre TRAIL OF TEARS, was sagst du dazu?

Kjetil:
Zehn Jahre schon, wirklich? Ich kam ja erst dazu, als die Band schon etabliert war. TRAIL OF TEARS sind aber eine sehr hart arbeitende Band. Ich weiß nicht, ob ich die Jahre des Krebsens vor meinem Einstieg schadlos überstanden hätte, oder ob ich irgendwann genervt das Handtuch geworfen hätte. Die Jungs haben teilweise herbe Rückschläge hinnehmen müssen.

Alex:
Was machst du abseits der Band, als Privatperson?

Kjetil:
Ich lebe mit meiner geliebten Lebensgefährtin in einem sehr kleinen Dorf an der Westküste Norwegens. Momentan habe ich einen ganzen Haufen Promotionarbeit zu erledigen. Und zwar für beide Bands, TRAIL OF TEARS und GREEN CARNATION, die ja beide neue Alben am Start haben. Früher war ich eine sehr sozial eingestellte Person. Das bin ich heute natürlich auch noch, habe aber nicht mehr die Zeit dazu, jeden Tag rauszugehen und nach meinen Direktiven zu handeln. Ich freue mich schon diebisch, wenn ich zwischen all der Promoarbeit einen Text oder Musik für eine meiner Bands schreiben kann. Die Aktivitäten rund um TRAIL OF TEARS und GREEN CARNATION binden mich voll ein. Ich beschwere mich nicht darüber, wohl aber meine Freundin, hehe.

Alex:
Kjetil, ich danke dir für dieses Interview. Hast du noch ein paar warme Worte für unsere Leser?

Kjetil:
Klar doch. Ich danke euch allen für euren Support, in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in Zukunft! Wir waren schon sehr oft bei euch in Deutschland. Und gerade auf der letzten Tour haben wir die besten Shows unserer Karriere gespielt. Wir sind also mächtig heiß drauf zurückzukommen und für euch zu spielen.

Redakteur:
Alex Straka

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