RED TAPE: Interview mit Jeff Jaworski

01.01.1970 | 01:00

RED TAPE brachten vor knapp zwei Wochen ihr drittes Album "Radioactivist" raus, was durch grelle Riffs, klasse Rhythmen und eingängige Singalongs beeindruckt. Jeff Jaworski stand mir per E-Mail Frage und Antwort zu den Besetzungswechseln in seiner Band, zum neuen Label und natürlich zu ihrem neuen Album.

Michael:
Euer neues Album "Radioactivist" stellt eine verdammt harte Mixtur aus HardCore-Energie und punkartigen Einflüssen in Gitarrenspiel und Gesang dar. Woher bekamt ihr die Inspirationen für solch ein Album?

Jeff:
Der musikalische Eindruck dieses Albums ist das Ergebnis von Jahren, die wir damit verbracht haben, die verschiedensten Stile zu hören und selber zu jammen, nicht nur Punk, Hardcore oder Metal. Ich selber habe zum Beispiel sehr viel HipHop gehört, bevor ich an den Punk geriet, so wollte ich unbedingt einige Beats in unseren Sound einbauen und kranke Texte zusammenreimen.

Michael:
Dein Hauptanliegen für diese Band lag darin, es deinen Vorbildern nachzumachen und einen "Soundtrack" für den Moshpit zu schreiben. Wie habt ihr die Lieder zusammen geschrieben, wie sah die Zusammenarbeit in der Band während der Aufnahmen aus?

Jeff:
Zuerst habe ich mir selbst einen Song mit einem 4-Spur-Rekorder, einer Gitarre, einem Bass und einer Drummachine gebastelt. Dann hab ich es den anderen gezeigt und wir begannen damit die Songs umzustellen. Nach einem Probejam haben wir entschieden, was gut klang und was nicht, und was jeder selber von sich aus einbringen wollte. Eigentlich schreibe ich nur die Gitarrenparts, aber ich bin ziemlich eigen darin, wie ich den Bass und die Drums haben möchte. Twig und JD verstehen es großartig meine Ideen aufzunehmen und sie zu verbessern, und Mark kann einfach besser Gitarre spielen als ich, und so perfektioniert er meine Ideen einfach. Dieser ganze Prozess läuft sehr offen ab, und wenn jemandem etwas nicht am Sound passt, würde er auch sofort damit rausrücken.

Michael:
Nach dem Release eures ersten Albums "High Voltage" machte RED TAPE einige Veränderungen im Line-up durch. Was waren die Gründe für diese Konflikte, oder wie du mal sagtest "die Beziehung der Mitglieder zur Band hat sich einfach geändert."? Was bedeuten das Debüt und die neue Scheibe für dich und die Band?

Jeff:
RED TAPE bestand am Anfang aus mir und zwei Jungs, die absolut keine Ahnung von Punk und Hardcore hatten, noch von der dazugehörigen Szene. Ich musste ihnen wirklich genaustens zeigen, was sie zu tun hatten und was alles damit zu zusammenhing. Das war zwar am Anfang ziemlich cool, aber später wurde das immer mehr zur Last. Aber jetzt, mit Twig, Mark und JD, ist jeder von uns früher mal in einer Punkband gewesen. Da steckt mehr Energie und Ernst in diesem Line-up, wir haben zwar immer noch unsere eigenen Ideen und Stile, die wir einbringen wollen, doch haben wir viel mehr gemeinsam, und das erleichtert die Zusammenarbeit immens.

Michael:
Die Texte eures neuen Albums haben eine sarkastische Note im Umgang mit Medien und der Öffentlichkeit, obwohl ihr ziemlich ernste Themen beschreibt. Was geht durch deinen Kopf, wenn du deine Texte schreibst? Wie sieht die Message aus, die ihr verbreiten wollt?

Jeff:
Na ja, das Hauptanliegen meiner Texte ist einfach loszulassen und Dampf abzulassen. Es gibt so viel Übel in der Welt, und ich fühle mich als ein Teil davon, deswegen will ich nur meine Beobachtungen beschreiben. Es gibt nur wenige aufrichtige Liedtexte über Rache, Machtgefüge, Einsamkeit oder die Probleme des Alltags. Wie auch immer, ein paar Songs habe ich geschrieben, um damit viele Ebenen zu erreichen, sei es nun die persönliche, die gesellschaftliche, künstlerische oder politische. Es mag manchmal wie Gedankenlosigkeit erscheinen, aber ich weiß, dass meine Zuhörer IMMER ihre eigene Message aus meinen Texten ziehen werden, und meistens ist es genau das, was ich will.

Michael:
Eure Texte sind auch sehr politisch geprägt und erzählen von früheren, aktuellen und zukünftigen Änderungen und Geschehnissen in der Gesellschaft und den Führungsebenen. Seid ihr politisch engagiert und wollt mit euren Texten eure Ambitionen unterstreichen, oder wie sieht euer Verhältnis zur aktuellen Weltgeschichte aus?

Jeff:
Ich bin nicht politisch aktiv. Ich will einfach in der Position sein, in der es mir möglich ist mir, selbst und anderen Leuten zu helfen, aber ich habe keine politische Agenda. Wie gesagt, ich beschreibe einfach nur die Dinge, die um mich herum passieren und die mich anpissen, das war's. Ich bin dabei meinen Platz in der Welt zu finden, und warum die Dinge so sind wie sie sind. Das ist der Grund, warum ich mich mit Geschichte beschäftige, um dort die Antworten auf die Dinge zu bekommen, die mich heute beschäftigen.
Als ich zum Beispiel 'Stalingrad' schrieb, wollte ich herausfinden, warum ich so depressiv und negativ denkend war, im Gegensatz zu meiner Liebe für Menschlichkeit und Frieden. Da fand ich immer wieder Parallelen zwischen Dingen, die mich selbst beschäftigten und Dingen, die die Welt, wie sie heute ist, geformt haben. Das, was mich zu der Zeit am meisten beschäftigte, war die Schlacht um Stalingrad, im Zweiten Weltkrieg: totale Vernichtung für alle Beteiligten, und trotzdem haben es Menschen geschafft sich da durchzubeißen und zu überleben – nicht durch ihre Wahl, sondern durch reinen Überlebensinstinkt und Schicksal.
Letztendlich begriff ich, dass dies nicht die Welt eines friedlichen und passiven Menschen ist, man muss immer ums Überleben kämpfen. Letztendlich wird das Schicksal entscheiden, und für dich ist es immer die beste Option nach deinen Instinkten zu handeln. Yeah, ich denke, es ist alles andere als gerecht, aber ich werde verdammt agro wenn ich meine Texte schreibe, und ich sehe mein Leben als genauso wichtig an wie das eines Panzerfahrers im zweiten Weltkrieg der nur seine Haut retten will – auch wenn das nicht sehr historisch klingt.

Michael:
Jeff sagt, er sei schon Fan von Punkmusik, seitdem er zur Highschool ging, und Twig war in der Vergangenheit auch aktiv in der Punkszene involviert. Wie steht's es mit Mark und JD? Wie sieht ihr musikalischer Background aus?

Jeff:
Mark und JD haben denselben musikalischen Background wie Twig und ich, das gehört zu den Dingen, die uns in dieser Band verbinden. Genauso wie wir beide sind sie auch zu Punk-Rock-Konzertzen gegangen, und haben schon als Jugendliche Musik gemacht. Wir sind alle stärker in einer Szene aktiv gewesen als der Durchschnittsteen, der sich GREEN DAY und CREED im Radio anhört.

Michael:
Wie so ziemlich jeder Musiker erinnerst du dich an die Zeiten, als du noch vor der Bühne standest und zu deinen Lieblingsbands aufgeschaut hast. Kannst du eine Linie zwischen dem Dasein als Fan vor der Bühne und als Musiker auf der Bühne ziehen? Welche Träume von damals sind heute wahr geworden?

Jeff:
Ich habe mir niemals ausgemalt in einer Band zu sein. Es schien so verdammt hart. Ich wollte einfach nur zu Konzerten gehen und Spaß an der Musik haben, da waren keine Stars auf der Bühne, nur interessante Leute, mit denen man nach der Show reden konnte. Für mich ist es ziemlich schwer, eine Verbindung zwischen Fan und Musiker herzustellen. Manchmal spiele ich unsere Musik und denke "Yeah, ich mag diesen Part", und ich höre uns dabei zu wie wir spielen. Ich versuche Songs zu schreiben, die ich selber als Fan auch mögen würde!
Ich konnte mir auch nie vorstellen, jemals mit Bands wie den BAD BRAINS oder TSOL zu spielen, das sind wahre Legenden für mich! Ich habe mir auch nie träumen lassen, vor einer Menge zu spielen, und so hört diese Spannung für mich auch nie auf, wenn da mehr als nur eine Handvoll Leute im Zuschauerraum steht. Ich wollte schon immer Platten aufnehmen und auf Tour gehen, seitdem ich diese Band gründete, aber wir haben mit weniger Spektakulärem gerechnet, und so passiert im Moment alles um einiges cooler als wir es uns erträumt hätten.

Michael:
Auf eurer Homepage steht ein Zitat von dir, in welchem du von deiner Bewunderung für Bands sprichst, die den Moshpit nach Belieben anheizen und explodieren lassen können. Das spiegelt sich auch in eurer Musik wieder, die sehr hart, rhythmisch und voll von brachialer Energie ist. Wie wichtig ist es für dich auf Tour zu sein, und wie reagiert euer Publikum auf eure Musik?

Jeff:
Klar, wenn ich die Leute sehen will, wie sie sich hinsetzen und relaxen hätte ich Reggae oder Soul gemacht. Wie auch immer, mit dieser Band wollte ich einfach das Blut der Leute zum kochen bringen, es ist atemberaubend, wenn ich den Moshpit sehe, wie er auf unsere Musik reagiert und die Leute total ausflippen – die ultimative Darstellung von Energie. Wir müssen irgendwie gesegnet oder so was sein, denn alle unsere Konzerte, insbesondere die ALL AGES, waren einfach großartig, die Leute im Pit sind total abgegangen und überall waren Stagediver. Ich mag es auch zu sehen, wie die Leute unsere Songs mitsingen.

Michael:
Harter Punk Rock ist nicht gerade die Art von Musik, die in den Medien beliebt ist. Wie sieht euer Weg aus, euch einem größeren Publikum bekannt zu machen? Und welche Änderungen sähest du gerne in TV und Medien?

Jeff:
Es gibt relativ wenige Wege um die eigene Band über die Szene heraus bekannt zu machen. Der Hauptweg, den wir einschlagen, ist das beständige Touren, es ist einfach der beste Weg, die Leute zu erreichen und unsere Musik rüberzubringen. Dann gibt es da noch unsere Website, und jede Menge Interviews und Videos, aber die meisten Hardcore- und Punkbands machten sich ihren Namen durch ihre lange Karriere. Jahre vergehen, in denen du Alben aufnimmst und auf Tour gehst, die Leute werden langsam aufmerksam – es ist wie das Gras wachsen zu hören, es wird und wird.
Aber welche Änderungen würde ich gerne in den Medien sehen? Es gibt haufenweise großartige Zines da draußen, so würde ich eigentlich nur mehr Punkmusik im TV spielen. Ich erinnere mich daran, einmal den Fernseher angemacht zu haben, und das SUICIDAL TENDENCIES-Video wurde gezeigt. Diese Möglichkeit gibt es heutzutage nicht mehr, nur wenn du für Kabel und Satellit bezahlst.

Michael:
Bis jetzt seid ihr nur durch die U.S. getourt. Wann hat das alte Europa die Möglichkeit, euch auf der Bühne zu sehen?

Jeff:
Wir sollten irgendwann dieses Jahr nach Europa kommen.

Michael:
Auf eurem Album und eurer Homepage benutzt ihr Webstyles wie z.B. L33t-Language und ihr macht Interviews mit Webzines wie Powermetal.de. Wie sieht deine Beziehung zum Internet aus?

Jeff:
Ich weiß nicht genau was du mit "L33t-Language" meinst – ist das so eine Computernerd-Sprache? Ich bin mehr der Noob unter den PC-Usern, ich surfe durch das Web und chatte, aber ich kann nichts programmieren oder so. Gleichzeitig ist das Internet ein gute Geschäftsmöglichkeit und eine klasse Möglichkeit, um an billige Pornos ranzukommen, deshalb stehen wir drauf!

Michael:
Ihr habt bei Roadrunner Records angeheuert und das Kult-Hardcore-Punk-Label "New Age Records" verlassen. Warum habt ihr eigentlich das Label gewechselt, und wie sieht eure Zusammenarbeit mit Roadrunner aus?

Jeff:
Also, eigentlich ging "New Age" ja von alleine drauf. Wir mussten unser zweites Album "Constructivism" auf eigene Faust aufnehmen, was im Endeffekt eine bereichernde Erfahrung für uns war.
Ich habe übrigens gehört, dass Mike Heartsfield versucht, das Label wiederzubeleben.
Unsere Beziehung zu Roadrunner sieht ziemlich gut aus, die Leute sind sehr herzlich zu uns und arbeiten sehr hart daran, ihre Bands an den Mann zu bringen, auch übers Wochenende und an Feiertagen und so. Sie haben uns klargemacht, dass sie wollen, dass wir mit ihnen glücklich sind und wir sind froh drum.

Michael:
Wie sähe dein bevorzugtes Line-up für eure erste Welttour aus?

Jeff:
Im Moment halte ich es einfach: RANCID, PROBOT, RED TAPE

Michael:
Und schlussendlich, welche Pläne hast du für deine nähere Zukunft gemacht, und welche Träume warten darauf erfüllt zu werden?

Jeff:
Meine persönlichen Ziele bestehen darin gesund zu bleiben, meine Liebe zu finden und finanziell schuldenfrei zu bleiben, daran arbeite ich zurzeit. Und mit der Band will ich weiterhin auf Tour bleiben, Songs schreiben, auf Tour bleiben, ein Album rausbringen und noch mal mehr touren.

Redakteur:
Michael Kulueke

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