PARADOX: Charly trotzt für das beste Album allen Widrigkeiten
27.09.2025 | 11:53Wer dachte, dass Charly Steinhauer mit den beiden "Heresy"-Teilen den Zenit erreicht hätte, darf sich getäuscht sehen. "Mysterium" ist ein durch und durch besonderes, großartiges PARADOX-Album. Ein Tribut an seinen besten Freund, eine Vergangenheitsbewältigung, eine Power-Thrash-Deutung seiner Träume - hinter der neuen Scheibe steckt weitaus mehr als man beim ersten Blick glauben mag. Darum gibt uns der Mastermind und Steh-auf-Männchen mit der Klampfe einen sehr tiefen Einblick in eben jene Gründe dafür, weshalb "Mysterium" vor Stärke derart strotzt.
Charly, ein neues PARADOX-Album steht an! Und da lassen wir es uns nicht nehmen, dich nach guter, alter Tradition auch zum Interview einzuladen! Wie geht es dir, wie hast du die letzten Monate überstanden?
Ich bedanke mich recht herzlich für die Einladung und den Support von POWERMETAL.de!
Es geht mir zur Zeit recht gut. Es ist immer die schönste Zeit, wenn man ein Album gemacht hat und man muss nur noch darauf warten, bis es erscheint. Die Arbeit ist getan und ich freue mich den Fans endlich wieder neue Musik präsentieren zu dürfen. Mit High Roller Records hat PARADOX zudem auch ein neues Label gefunden, mit dem ich mehr als glücklich bin. Diese Plattenfirma reißt sich leidenschaftlich den Arsch auf und ich bin dort dermaßen gut aufgenommen worden, dass ich mich schon jetzt wie zuhause fühle. Klare Empfehlung an die Bands, die bei High Roller Records einen Plattendeal ergattern können.
Zuletzt haben wir im Zuge von "Heresy II – End Of A Legend" miteinander geplaudert. Wie wurde der quasi-Nachfolger eures Referenzwerkes von den Fans aufgenommen?
Zunächst hatte ich damals eigentlich die Befürchtung, dass "Heresy II – End Of A Legend" das erste PARADOX-Album sein könnte, welches wegen des schon angreifbaren Titels und der Überlänge (nicht wegen der Musik) mehr Kritik einstecken muss als die anderen Scheiben, aber dem war nicht so. "Heresy II – End Of A Legend" ist wesentlich besser aufgenommen worden als erwartet. Der weltweite Schnitt lag ungefähr bei über 8,3 von 10 Punkten. Da kann man nicht meckern. Ich hatte schon im Vorfeld immer betont, dass "Heresy II – End Of A Legend" kein musikalischer Nachfolger sein wird, sondern nur textlich in verwandter Verbindung steht.
Es bringt nichts krampfhaft zu versuchen einen Klassiker zu wiederholen und es wäre für mich als Komponist auch langweilig gewesen eine Rolle rückwärts zu machen. Der Name war gewagt, aber was letztendlich zählt, ist die Musik und die ist super bei den Fans und den Medien angekommen.
Ich habe gelesen, dass die neue Musik bereits seit Sommer 2024 fertig gewesen sei. Kannst du mir und uns sagen, weshalb es doch erst jetzt veröffentlicht wird, warum der Release erst zwölf Monate später stattfindet?
Ich habe die Songs für "Mysterium" 2023 komponiert und im Juli 2024 war das Album bereits fertig. Als ich AFM Records kontaktierte, bekam ich die Nachricht, dass das neue PARADOX-Album diesmal über Massacre Records erscheinen sollte, weil sie weniger physische Veröffentlichungen planen, aber vertraglich alles beim alten bleiben würde. Ich fühlte mich nach 25-jähriger Zusammenarbeit mit AFM Records etwas weitergereicht, aber solche Dinge passieren nun einmal im Musikbusiness und Massacre Records war ja auch keine schlechte Adresse. Allerdings erfuhr ich erst später, dass Massacre Records von den gleichen Problemen betroffen war wie AFM Records und so landeten PARADOX und zahlreiche andere Bands, die ihr Album bereits fertig hatten, in einer endlos langen Warteschleife auf Eis. Die Bands wurden regelrecht hingehalten, bis ich mit meiner Geduld restlos am Ende war und von AFM Records mit großem Druck einen Aufhebungsvertrag angefordert und letztendlich auch bekommen habe. Andere Bands hatten dieses Glück leider nicht. Ich glaube, viele dieser Bands warten bis heute vergeblich.
Ich verurteile solche Geschäftspraktiken zutiefst und finde es einfach nur schäbig und würdelos einen Übernahmepoker auf Kosten der Künstler auszutragen. Wenn man schon seine Bands, die man unter Vertrag genommen hat, um mit ihnen Geld zu verdienen, nicht transparent über den Stand der Dinge informiert und permanent vertröstet, dann lässt man den Bands wenigstens die Chance sich ein neues Label zu suchen. Ich hatte das Glück. Andere Bands, die mir ihr Leid geklagt haben, nicht. Wäre "Mysterium" weiterhin blockiert worden, hätte ich unkonventionelle Maßnahmen treffen müssen um dem Spuk ein Ende zu bereiten. Insofern war es für alle Beteiligten ganz sicher vernünftiger den Vertrag mit PARADOX enden zu lassen.
Zu dieser Zeit hatten gleich mehrere Labels Interesse an PARADOX. High Roller Records kam also genau zur richtigen Zeit, sonst hätten die Fans dieses Album wohl auch 2025 nicht zu Gesicht bekommen.
Danke für den Einblick. "Mysterium" ist ein durch und durch besonderes Album: Es ist das erste, das du komplett alleine eingespielt und produziert hast. Gemastert hat es Patrick W. Engels. Wie war das für dich, komplett alles quasi alleine zu machen?
Es war nicht geplant, dass ich mich alleine um alle Instrumente kümmere, aber ich konnte PARADOX nicht mehr als Band verkaufen. Das wäre unglaubwürdig gewesen.
Solche Leute, die gerade mal ein paar Solos auf dem Album spielen, aber ansonsten nichts mit PARADOX zu tun haben wollen, haben es nicht verdient für diese Band im Booklet genauso abgelichtet zu werden wie ich, der die ganze Arbeit macht. Inselhüpfer, die auf mehreren Hochzeiten tanzen und auf so vielen Alben wie möglich vertreten sein wollen, haben bei PARADOX keinen Platz mehr. Deswegen habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und alles alleine durchgezogen. "Mysterium" ist ein Befreiungsschlag! Ich bin endlich unabhängig und von "Musikern" geheilt, die nicht richtig mitarbeiten und für die Kommunikation und essentielles Teamwork Fremdwörter sind.
Übrigens war zwar "Heresy II" das erste PARADOX-Album, bei dem ich auch die Produktion übernommen habe, aber diesmal habe ich zusätzlich auch alles, was du auf dem Album hörst, alleine eingespielt. Ich hatte zwar schon auf "Electrify" und "Riot Squad" bis auf den Bass alle Instrumente selbst aufgenommen, aber das wusste nur mein Umfeld.
Für das Mastering wollte ich "fremde Ohren" haben, die nochmal unbefangen an die ganze Produktion rangehen. Dazu brauchte es einen erfahrenen Fachmann, denn ich war mir hier und da nicht ganz sicher, ob ich mit den Frequenzen beim Mix richtig umgegangen bin und so weiter. Dennis Ward (ex-PINK CREAM 69), den ich noch aus den 80ern kenne, hat das Album vorgemastert. Das hat er aus reinem Freundschaftsdienst getan, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Über High Roller Records kam ich dann mit Patrick W. Engels in Kontakt, der durch sein finales Mastering aus dem Album nochmal alles rausgeholt hat, was noch irgendwie ging. Er ist der gleichen Auffassung wie ich, dass heutzutage eine regelrechte "wer ist am lautesten"-Olympiade stattfindet. Wenn man permanent am obersten Pegel mastert, kann schnell die Dynamik eines Albums verloren gehen. Die Hauptsache ist laut. Patrick W. Engels hat die Lautstärke so angepasst, dass man alle Instrumente gut raushören kann und auch wenn man seine Boxen lauter dreht, kein Wummern entsteht. Er ist ein absoluter Profi auf seinem Gebiet und Daumen hoch für Patrick W. Engels.
Das Album ist kein Konzeptalbum im klassischen Sinne, die Songs sind aber thematisch miteinander verknüpft. Wie der Titel schon verrät, kreisen wir um das Mystische. Gibt es da ein Mysterium, was für dich heraussticht? Was bewegt dich am meisten?
Was mich am meisten bewegt, kann ich pauschal nicht so sagen, weil das Spektrum einfach zu groß und vielfältig ist. Ständig passieren unerklärliche Dinge auf diesem Planeten. Im Moment stechen die Traumdeutung und ein anderes Thema heraus, welches wohl bei jedem Andersdenkenden auf taube Ohren stößt, oder man schnell damit anecken kann: die Religion und der Glaube an einen Gott, den noch nie ein Lebewesen gesehen hat. Es entstehen gar Glaubenskriege ohne Tatsachen! Das muss man sich mal wegstecken. Deswegen bringen sich Menschen gegenseitig um. Welcher Gott ist wohl der richtige und was macht Menschen so phantasievoll, an etwas zu glauben, das nicht einmal im geringsten Ansatz bewiesen wurde?
Noch ein weiteres Thema ist der Glaube an ein Leben nach dem Tod. Ist es nur Wunschdenken, dass es weiter gehen könnte, weil man es nicht akzeptieren will bzw. es verdrängt, dass das Licht für immer ausgeht und deshalb der Glaube an einen helfenden, immer "guten" Gott entstanden ist? Darum geht es im Bonustrack 'Within The Realms Of Gray'. Ich selbst glaube bis zur ewigen Dunkelheit nur an das, was ich sehe und bin purer Realist.
Rein musikalisch versuchen wir natürlich immer Parallelen zu den Vorgängern zu ziehen und mir fällt auf, dass "Mysterium" seinem Namen alle Ehre macht und die Atmosphäre eine wichtige Rolle spielt. Worin liegen für dich die Unterschiede zu den letzten ein, zwei PARADOX-Alben rein musikalisch betrachtet?
Ich war schon immer ein Freund von melancholischer und atmosphärischer Musik. Das fing schon in den 70ern mit PINK FLOYD an. Heutzutage begeistert mich besonders OPETH, die es auf einzigartiger Weise schaffen mit ihrer Musik eine außergewöhnliche Atmosphäre zu schaffen.
Was die Musik betrifft, habe ich eigentlich schon mit dem vierten Album "Electrify" damit angefangen, etwas mehr Atmosphäre in meine PARADOX-Kompositionen mit einfließen zu lassen. Das Intro zu 'Second Over Third By Force' ist ein Beispiel dafür. Man kommt ins Träumen und dann explodiert das erste Riff. Der Unterschied zu den letzten ein, zwei Alben besteht darin, dass ich eben noch mehr auf Atmosphäre geachtet habe, ohne aber den typischen PARADOX-Stil zu vernachlässigen. Wer PARADOX kauft, will auch, dass PARADOX drin ist. Es gibt bei dieser Art von Musik, bzw. mit diesem Stil wenig Platz für Experimente.
"Mysterium" schafft den Brückenschlag von "Old School" in die heutige Zeit, ohne das typische PARADOX-Gesicht verloren zu haben. Darauf bin ich stolz und der Fan freut sich. Dieses Album hat ein ganz besonderes Flair. Viele Musiker sind von ihrem neuesten Material am meisten überzeugt, weil es neu ist und frisch klingt. In Wirklichkeit kann man aber ein eigenes Album erst mit einem gewissen Abstand final bewerten. Ich habe zugegebenermaßen bei anderen PARADOX-Produktionen auch schon voreilig von mir gegeben, dass es das Beste PARADOX-Album ist, um dann später feststellen zu müssen, dass es "nur" ein weiteres gutes PARADOX-Album geworden ist.
"Mysterium" ist bereits ein Jahr alt und es gibt neben "Heresy" (1989) kein PARADOX-Werk, welches ich öfter angehört habe als dieses. Ja, "Mysterium" ist meine Nummer 1 von PARADOX. "Heresy" hin oder her. Es ist das beste PARADOX-Album und das ist der größte Unterschied zu den vorherigen Alben. Nicht wegen eines einzelnen Songs. Da gibt es auch andere gute Songs auf anderen Alben. Nein…es ist dieses Flair und diese besondere Atmosphäre dieses Albums, die du ansprichst und die "Mysterium" zu meinem persönlichen Meisterwerk gemacht hat. Da glücklicherweise nicht jeder den gleichen Geschmack hat, wird es aber auch Fans geben, die andere Alben besser finden. Der Katalog ist ja mittlerweile groß genug und es gibt genügend Auswahl.
Ich möchte auf einige besondere Songs einmal eingehen. 2023 ist leider viel zu früh und völlig überraschend Axel verstorben. Ich weiß, wie nahe du ihm standest, darum möchte ich hier nochmals mein Beileid aussprechen. Du hast ihm das Instrumental 'Grief' gewidmet. Was möchtest du gerne über Axel sagen, was hat ihn als Menschen und Musiker so ausgezeichnet?
Danke sehr! Axel war mein bester Freund und neben meiner Mutter mein engster Vertrauter. Zudem war er ein genialer musikalischer Berater für den Old School Bereich bei PARADOX. Er hat zwei Klassiker eingespielt und bei "Heresy II" habe ich die Drums nach seinen Wünschen programmiert, so wie er sie am liebsten gespielt hätte, aber mental nicht mehr in der Lage dazu war.
Wir haben 1981 zusammen die Band gegründet und den ureigenen PARADOX-Stil gemeinsam entwickelt. Er war nicht nur wie ein Bruder, sondern auch andere Menschen dachten immer wir sind echte Brüder. Axel bekam kein großes musikalisches Talent mit in die Wiege gelegt und wusste auch, dass er nie ein technisch richtig guter Drummer werden würde, aber er hat es alleine mit diesem Willen und mit seinem hohen Anspruch an sich selbst, gepaart mit der nötigen Leidenschaft geschafft, gleich zwei Metal-Klassiker einzuspielen. Wer kann das schon von sich behaupten?
Ich vermisse ihn sehr. Wir wollten zusammen anfangen und irgendwann zusammen aufhören. Er hat bis auf 'The Demon God' alle Songs von "Mysterium" in instrumentaler Form gehört und immer gesagt, ich würde an meinem besten Album arbeiten. An dem Tag, an dem ich ihm 'The Demon God' vorspielen wollte, hat er sein Leben beendet. Ich hatte keine Chance ihm zu helfen. 'Grief' ist ein kurzes, aber sehr trauriges Instrumental. Ich habe das ganze Album Axel gewidmet, aber bei diesem kleinen Song sind meine Gedanken immer ganz speziell nur bei ihm.
Er war immer für einen da. Ein sehr liebenswürdiger und hilfsbereiter Mensch. Äußerst umgänglich und bei jedem gleich beliebt. Manchmal etwas tollpatschig, aber lustig. Ein extrem angenehmer Geselle. Jeder, der ihn kannte, vermisst ihn schmerzlich. In mir wird er immer lebendig bleiben!
Ich danke dir hier für deine Worte, möge er in Frieden ruhen. Mir gefällt 'Abyss Of Pain And Fear' auch sehr gut. Du wurdest hierbei vom Film "12 Uhr nachts" inspiriert. Magst du das etwas ausführen, wie der Film mit dem Song zusammenhängt?
"12 Uhr nachts" ist ein Kultfilm meiner späten Jugend, der mich fasziniert hat. Ich habe später über die wahre Geschichte recherchiert und bin auf den Mann gestoßen, der diesen Wahnsinn in Wirklichkeit erlebt hat. Billy Hayes, ein Amerikaner, der Drogen aus der Türkei schmuggeln wollte und am Flughafen erwischt wurde. Es folgte eine jahrelange Tortur in einem verrotteten türkischen Gefängnis voller Verrückter, bis hin zur undenkbaren, aber erfolgreichen Flucht aus dieser Hölle.
Das hat er mit einer unbändigen Willenskraft und vor allem mit dem Glauben an sich selbst geschafft. Musikalisch hängt die Geschichte nur insofern mit dem Song zusammen, dass ich am Anfang als Intro des Songs ein Snippet eingespielt habe, welches von der Filmmusik abgeleitet als Tribut an den Film erinnert. Im Mittelteil ist die Originalstimme des damaligen Reporters der Geschichte als Sample zu hören. 'Abyss Of Pain And Fear' ist auch der Titel des Buches, welches Billy Hayes über seine Geschichte geschrieben hat.
Wenn man sich die Thematik von 'Kholat' ansieht, könnte man meinen, dass du ein Liebhaber von True-Crime-Geschichten wärst. Was ereignete sich denn deiner Meinung nach 1959 am Cholat Sjachl?
Ohja, das bin ich geworden. Ich liebe es, über diese mystischen ungeklärten Fälle zu recherchieren. Vielleicht trägt "Mysterium" auch bei dem ein oder anderen dazu bei, über die Vorfälle zu recherchieren. Dann hat das Album einen doppelten Unterhaltungsfaktor. Zum einen durch die Musik und zum anderen die Recherche interessanter Ereignisse.
Auch ich kann nur spekulieren, aber ich glaube nicht, dass bei der Tragödie am Djatlow-Pass etwa Morde von einem Regime in Auftrag gegeben wurden. Die Wetterverhältnisse waren sehr schlecht. Es könnte eine Lawine gewesen sein, bzw. Naturgewalten eine entscheidende Rolle gespielt haben. Die Verstümmelungen bei manchen Opfern (nicht bei allen) fanden meiner Meinung nach erst durch wilde Tiere statt, als die Wanderer schon tot waren. Die Opfer lagen verstreut am Djatlow-Pass. Vielleicht entstand in dieser Nacht auch ein Streit untereinander, der tödlich endete und diejenigen, welche keine Verstümmelungen hatten, sind kurz darauf erfroren.
Im Titelstück geht es um Traumdeutung? Warum beschäftigt dich das Thema so sehr, was bedeuten Träume für dich?
In meinen Träumen befinde ich mich in einer Parallelwelt, in der man unwirkliche Dinge erlebt. Nicht alle davon sind schön. Wer kennt das nicht, dass man im Traum von einem Monster verfolgt wird und versucht davon zu laufen, aber man kommt keinen Schritt weiter bis das Monster dich erwischt und man schweißgebadet aufwacht? Das ist krass. Ich hatte diesen Traum in meiner Kindheit regelmäßig.
Es gibt wiederum Träume, bei denen man aufwacht, aber am liebsten wieder einschlafen möchte, um zu wissen wie die Geschichte weitergeht. Das funktioniert wirklich. Probiert's aus. Später hatte ich ständig den Traum den Luftwiderstand zu besiegen und schweben zu können. Man nennt das Levitation. Da läuft mir der Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke, als ich ca. 5 Meter über mir geschwebt bin und mich selbst sehen konnte.
Die Frage, was ein Traum zu bedeuten hat, wird wohl genauso unbeantwortet bleiben, wie die Frage, was nach dem Leben passiert oder wer der angebliche Schöpfer ist.
Ich musste beim Artwork kurz an "Alice In Hell" von ANNIHILATOR denken, auch KING DIAMOND könnte das Cover gut gefallen. Welche Gedanken hattest du beim Artwork?
Das Cover ist auf den Titelsong "Mysterium" bezogen und drückt auf den Punkt genau das aus, was ich haben wollte. Eine Frau, die schlafwandelnd und angezogen durch das Licht in die Parallelwelt läuft, um neue Geschichten zu erleben.
Travis Smith hat meine Ideen für das Cover genauso genial umgesetzt, wie er das auch in seinen Werken für meine Lieblingsbands OPETH und NEVERMORE getan hat. Es ist einfach herrlich mit Travis zu arbeiten. Er arbeitet im Sinne des Künstlers und ist ein zuverlässiger, kommunikativer und sehr netter Partner, der sein Handwerk versteht.
Wird es irgendeine Möglichkeit geben, dich demnächst auf einer Bühne zu sehen? Hast du schon Überlegungen, wer dich live gegebenenfalls unterstützen könnte?
Danke, dass du das Thema ansprichst! Es sind aus mehreren Gründen keine PARADOX-Konzerte mehr zu erwarten. Will man Konzerte spielen, benötigt man eine Band, die regelmäßig probt, so wie PARADOX das in den 80ern auch jeden Tag getan hat. Es existiert aber keine Band mehr und ich habe auf die alten Tage auch keine Lust mehr den großen Aufwand zu betreiben ein neues Line-up zu formieren. Mit fremden Musikern, die das vielleicht spielen könnten, aber keine festen Bandmitglieder sind, käme für mich nicht mehr in Frage.
Es könnte auch sein, dass ich heutzutage mit der Doppelbelastung als Sänger und Gitarrist an meine Grenzen komme und würde vielleicht nicht mehr die Show bieten können, die ich den Fans gerne bieten wollte. Außerdem wollte ich kein Vagabundenleben mehr führen und ständig in Hotels und Flugzeugen leben. Das ist ungesund und limitiert ein Privatleben. Ich habe ja schon erwähnt, dass ich neben der Musik auch mehrere andere Hobbys habe, denen ich dann nicht mehr nachkommen könnte. Man kann ja nicht alle Menschen in jeder Stadt auf der Welt erreichen.
Bei den meisten Bands, die den Tour/Album/Tour-Zyklus leben, leidet doch auch mehr und mehr die Qualität der Musik. Das kann mir bei PARADOX nicht passieren, weil ich mir die nötige Zeit nehme, die ich brauche um das Level mindestens genauso hochzuhalten, wie bei dem vorherigen Album. Egal wie lange es dauert. Eine anstehende Tour oder Konzerte würden hier nur ablenken.
Und zu guter Letzt habe ich es einfach satt, dutzendweise Anfragen von Veranstaltern zu bekommen, die PARADOX zwar gerne buchen würden, aber leider nur eine Gage bezahlen können, die jeglicher Wertschätzung entbehrt. Der Aufwand lohnt sich nicht. Schließlich hat man sich in mehreren Jahrzehnten einen Namen erarbeitet und jede Marke hat seinen Preis. Zu viele Bands verkaufen sich unter Wert und wenn sie es nicht tun, sind sie eben nicht dabei und auf Dauer werden die Konzertanfragen weniger. Also spielen sie eben lieber für 500€ (wohlgemerkt für die ganze Band) auf einem großen Open Air. Manche sind gar so dreist, dass sie gar "keine Gagen bezahlen können". Das muss ich mir wirklich nicht mehr antun.
Natürlich vermisse ich den Kontakt zu den Fans. Das ist der Preis dafür, aber es ist ja auch nicht so, dass PARADOX nie Gigs gespielt hat. Ich bekomme viele nette Zuschriften und jeder, der mir schreibt, bekommt auch Antwort. Bei meinen Konzertbesuchen bin ich zudem jederzeit ansprechbar.
Charly, ich möchte offen und ehrlich sein: Ich kenne kein größeres Steh-auf-Männchen als dich, wenn ich mir die Geschichte von PARADOX anschaue. Was ist dein Geheimnis, welche Kraft lässt dich immer und immer wieder aufstehen?
Es gibt ein paar Grundsätze, die ich mir für mein Leben zurechtgelegt habe. Dazu gehört auch ein Stück Narzissmus und der Glaube an sich selbst. Ich habe einen sehr starken Lebenswillen. Aufgeben ist ein Zeichen der Schwäche und keine Option für mich, solange ein Fünkchen Hoffnung besteht, dass ich es schaffen könnte. Und wenn mein Licht erlischt, wird meine Musik mit meiner Stimme wohl noch eine ganze Weile weiterleben. Das ist ein beruhigendes Gefühl. Ich hatte bisher ein außergewöhnliches Leben und könnte Bücher schreiben, aber dazu fehlt mir bei meinen vielen Hobbys einfach die Zeit. Zudem könnte ich bei all den chaotischen und verdorbenen Geschichten, die ich abseits der Musik erlebt habe, nicht alles veröffentlichen. Das wäre dann doch zu viel des Guten.
Ich danke dir sehr, dass du meinen Fragen Rede und Antwort standest und wünsche dir alles erdenklich Gute mit diesem Hammeralbum "Mysterium". Was möchtest du unseren Lesern und all den PARADOX-Fans noch mit auf den Weg geben?
Ich habe mich für den Support von POWERMETAL.de zu bedanken. Ihr wart immer da um über PARADOX zu berichten. Das weiß ich zu schätzen!
Ich möchte mich bei allen Lesern bedanken, die den Artikel gelesen haben. Mit der neuen PARADOX-Scheibe könnt ihr nichts falsch machen. Wer PARADOX liebt, wird dieses Album lieben. Da bin ich ganz sicher. Cheerz!
Fotos: Charly Steinhauer/High Roller Records/Travis Smith
- Redakteur:
- Marcel Rapp