NOCTE OBDUCTA: Interview mit dem Traumschänder

03.04.2013 | 14:33

NOCTE OBDUCTA ruhen sich nicht auf ihren Taten aus, im Gegenteil. In regelmäßigen Abständen gibt es niveauvolle, sowohl literarische als auch musikalische Kost von Marcel "Traumschänder" Breuer und seiner Mannschaft. Wir fühlten ihm zur neusten Veröffentlichung "Umbriel" genauer auf den Zahn, wobei die Gelegenheit auch aufkam, zur Genre-Bezeichnung eindeutige Worte zu finden. Aber lest selbst…

Hallo Marcel, dein Namensvetter von POWERMETAL.de hier, vielen Dank zunächst für eure Zeit. Ich freue mich, dass das Interview klappt. Wie geht es euch? Alles im Lot im NOCTE OBDUCTA-Lager?

Ja, es war schon deutlich schlimmer ... tatsächlich war's die letzten Jahre fast ständig deutlich schlimmer.

2011 erschien "Verderbnis". Was ist in der Zwischenzeit bei euch so passiert? Gib uns doch mal ein kleines Update.

Nunja, das ist im Hinblick auf die Bandtätigkeiten für den Leser wohl hochgradig langweilig, weil bekannt: Wir haben "Umbriel" aufgenommen, ein paar Gigs gespielt und uns gerade daran gemacht, für das auf "Umbriel" folgende Album zu proben.

Warum gab es im Vorfeld der jüngsten Veröffentlichung derart viele Verschiebungen?

Die Veröffentlichung wurde eigentlich so oft gar nicht verschoben, zumindest nicht von unserer Seite aus. Das Ding war quasi im Kasten, als wir beschlossen, dass es ganz konkrete Stellen gab, mit denen wir so derart unzufrieden waren, dass wir trotz des Zeit- und Geldmangels noch einmal dran mussten, weshalb wir die Veröffentlichung ungefähr im Mai oder so verschoben haben. Es wurden dann im Netz regelmäßig neue Veröffentlichungstermine genannt, aber die sind nie auf unserem Mist gewachsen.

"Umbriel", euer neues Werk, ist von starken Gefühlen geleitet. Es ist traurig, düster, intensiv und sehr gefühlvoll. Wie wichtig ist für euch Atmosphäre und in welchen Gefühlsmomenten sollte man sich die neuen Stücke am ehesten anhören?

Dass Atmosphäre für NOCTE OBDUCTA schon immer wichtig war, ist sicherlich kein Geheimnis ... und anhören sollte man das Album, wann immer man will, wobei ich mal davon ausgehen würde, dass es sich nicht für eine lustige Runde im Partykeller eignet.

"Umbriel" hat den Beinamen "Das Schweigen zwischen den Sternen" inne. Was hat es mit dem Titel/Beititel auf sich?

Umbriel ist der dunkelste Mond von Uranus und eignet sich daher sehr gut als Symbol für Leere, Kälte und Einsamkeit, auch wenn wir hier ganz sicher nicht von schwarzmetallischer Kälte sprechen, die wird man auf dem Album vergebens suchen. "Das Schweigen zwischen den Sternen" transportiert letztlich das gleiche, es wird aber auch ein kleiner Bezug zu "Das nagende Schweigen" hergestellt, dem Untertitel von "Stille". "Stille" war für uns das Ende einer ziemlich deprimierenden, wirren Phase und bewusst ruhiger als die Vorgänger. Denn auch wenn "Galgendämmerung" nur ein gutes Jahr vorher erschienen war, lag das betreffende Recording doch schon sehr lange zurück, da die Veröffentlichung von der Plattenfirma verständlicher Weise aufgeschoben worden war, um nicht zwei Monate nach "Schwarzmetall" zu erscheinen.

Wir haben nun zwar gerade "Verderbnis" veröffentlicht, also keine allzu lange Pause hinter uns, aber dennoch ist die Zeit von "Sequenzen", "50 Sommer - 50 Winter" und "Verderbnis" eine sehr verworrene und nicht gerade gute Zeit gewesen, die wir mit dem sehr ruhigen "Umbriel" verarbeiten und gleichermaßen abschließen. Für mich persönlich bestehen also in vielerlei Hinsicht große Parallelen zu "Stille", weshalb sich auch die Untertitel so ähneln. Es ist nun wie damals vor "Nektar" an der Zeit, einige angefangene Erzählstränge wieder aufzugreifen.

Steckt denn ein Konzept oder eine tiefere Geschichte hinter den neuen Stücken? Bei eher ungewöhnlichen Titeln wie 'Ein Nachmittag mit Edgar' und 'Dinner auf Uranos' beispielsweise steht die Frage im Raum, wie man auf solche kommt.

Es gibt kein durchgehendes Konzept im Sinne einer Geschichte, nein. Es drehen sich aber fast alle Stücke um Existenzangst, Leere, Lethargie, Einsamkeit und Enttäuschung, da ist auch 'Dinner auf Uranos' nicht ausgenommen. Lediglich 'Ein Nachmittag mit Edgar' fällt da wirklich aus der Reihe und ist meine persönliche Verneigung vor Edgar Alan Poe. Wie ich auf solche Titel komme, kann ich Dir nicht sagen, sie unterscheiden sich ja nicht sonderlich von denen der letzten zehn Alben. Es ging zwar niemals darum, den Songs möglichst abgedrehte Texte und Titel zu geben, aber der Durchschnitt war es eben auch nie.

Obwohl es schwer ist, aus "Umbriel" einzelne Songs herauszupicken, finde ich 'Mehr Hass', 'Leere' und das bereits angesprochene 'Ein Nachmittag mit Edgar' am gelungensten. Wie sinnvoll ist es, sich einzelne Stücke anzuhören? Oder soll man zurücklehnen, das Licht ausmachen und "Umbriel" vom Anfang bis zum Ende durchlaufen lassen?

Das ist wohl jedem selbst überlassen, obwohl ich persönlich Alben am liebsten durchhöre.

Vielfach wurde eure Musik als Avantgarde-Metal beschrieben. Du würdest sie allerdings eher als Black-Metal bezeichnen, oder? Was ist der Hauptunterschied neben der Ideologie zwischen NOCTE OBDUCTA und anderen Black-Metal-Kapellen?

Nein, ich würde sie keineswegs als Black-Metal bezeichnen.  Wir haben schon zu Demozeiten versucht, diese einseitige Bezeichnung zu vermeiden und offeneren Bezeichnungen wie Black/Death oder einfach extremen Metal zu benutzen. Wobei heute etwas anderes extrem ist als früher und wir außerdem insbesondere auf "Umbriel" nicht mehr so hart, und der Härtegrad gilt Metallern ja in der Regel als Messlatte. Wir sind aber auch selber immer wieder auf den Begriff Black-Metal zurückgefallen, da er phasenweise die Musik stark geprägt hat, und zwar insbesondere auf "Lethe", "Schwarzmetall", "Galgendämmerung" und "Verderbnis". Die Musik generell so zu nennen, passt uns aber letzten Endes trotzdem nicht.

Und diese Sache mit der Avantgarde ... erstens kam das nicht von uns, sondern von Seiten der Plattenfirma, denn irgendwie ist es so ein aufgeblasener Begriff, und zweitens ist es ein wenig albern, dass man nun alles mögliche Avantgarde nennt, da muss man sich nicht dazu gesellen. Wir haben kein Interesse daran, als Band einer musikalischen Gemeinschaft zugerechnet zu werden, deren Regeln wir einhalten müssen, von daher verstehen wir es auch nicht ganz, warum sich ständig irgendwelche Idioten mit zu viel Zeit dazu berufen fühlen, der Welt zu berichten, dass wir ja gar keine Black-Metal-Band sind. Wir wissen das trotz starker und jahrelanger Bezüge zum Black-Metal sehr gut selber, und die meisten Leute da draußen sollten es ebenfalls wissen, wir brauchen da keine grenzdebilen Prediger.

Gibt es Pläne, mit "Umbriel" die einheimischen Bühnen aufzusuchen? Wie wird das Jahr 2013 aus der Sicht von NOCTE OBDUCTA aussehen?

Was die heimischen Bühnen angeht, sind bislang das Ragnarök und das ExtremeFest in trockenen Tüchern, weiteres ist sozusagen in der Mache. Ansonsten wollen wir uns endlich auf einen Teil des Materials konzentrieren, das wir im Frühling 2004 nach dem Recording von "Nektar" zu proben begonnen haben. Wir wurden beispielsweise auf den Song ‚Glückliche Kinder’ schon angesprochen, nachdem wir ihn seit Herbst 2004 regelmäßig live gespielt und immer für "irgendwann mal" im Zusammenhang mit einer Veröffentlichung angekündigt hatten.

Marcel, die letzten Worte gehören selbstredend dir. Ich möchte mich für deine Geduld und Zeit bedanken und wünsche euch viel Erfolg mit "Umbriel" und den Taten, die darauf noch so folgen werden.

Danke für das Angebot, ich gebe die letzten Worte hiermit zurück ...

Dann empfehle ich unseren Lesern schlicht und ergreifend „Umbriel“

Redakteur:
Marcel Rapp

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