MUFF: Interview mit Zotte

23.05.2007 | 12:30

Als ich Bandleader Zotte um 11:00 Uhr anbimmele, ist im Hause MUFF schon ordentlich Stimmung und als auf laut gestellt wird, geht's erst richtig los. Anwesend sind Bandleader Zotte (g.) und Sängerin Anja, eine tierisch laute Kaffeemaschine sowie Mutz von DRONE, der den geplagten Interviewpartnern zu allem Übel auch noch ständig in die Küche furzt.


"Anja und ich machen schon ewig zusammen Musik. MUFF gibt es seit 2002, den Bassisten haben wir seitdem schon öfters gewechselt, aber jetzt spielen wir schon ziemlich lange in diesem Line-Up. Wir haben ja auch schon zwei Demos und eine Scheibe selber produziert. Auf unserer Homepage steht zwar, die Dinger seien Sold-Out, das ist aber nicht ganz richtig. Wir haben schon noch ein paar Exemplare vom "director's cut"-Album; wer uns anschreibt, kann noch eine haben."

Der Gitarrist ist gegenwärtig nicht nur Songwriter und Bandkopf sondern auch Band-Manager. Dabei ist es natürlich nicht immer leicht, Band, Proben und die regulären Jobs, denen die Band momentan noch nachgehen muss unter einen Hut zu bekommen. Doch der anstehende Release des ersten Albums mit Label im Rücken weckt Hoffnungen, dass damit bald Schluss ist. "Es ist schon unser erklärtes Ziel, dass wir in Zukunft mal alle von der Musik leben können. Für den Mainstream ist unsere Mucke sicherlich zu speziell, aber an die Szenespitze würde ich am liebsten gleich mit diesem Album vorstoßen. Aber dann wirst du immer an deiner ersten Scheibe gemessen. Anyway - wir wollen nach oben. Guck dir z.B. BILLY TALENT oder VOLBEAT an, so eine Erfolgsgeschichte könnte mir auch gefallen."

Bis zum Release von "Horn Attack" war's dann auch ein beschwerlicher Weg. "Die Platte sollte eigentlich schon viel eher erscheinen. Die Songs entstanden mehrheitlichen zwischen 2002 und 2005, den einen oder anderen wirst du vielleicht auch schon auf einer unserer Eigenproduktionen finden. 2006 kamen dann noch mal einige hinzu, die hauptsächlich von Wut inspiriert wurden. Wir hatten damals so einige Schwierigkeiten mit unserem Management. Na ja, darum kümmere ich mich ja jetzt persönlich und unsere Agentur übernimmt auch einiges."

Dinge, die er nicht selber anpackte, wurden meisten nichts - auch den Kontakt zum Wolverine-Label und zum Produzenten musste Zotte selber einfädeln. "Die Jungs von FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE, die ja auch hier aus dem Raum Hannover kommen, haben mich da auf Wolfgang Stach als Produzent gebracht. Den habe ich dann einfach mal angerufen und dann lief es relativ schnell rund. Der Typ hat einen guten Job gemacht und das Optimale aus dem Budget rausgeholt. Durch sein Know-how spielt der Label-Release in Sachen Klang in einer ganz anderen Liga als unsere Eigenproduktionen." Verbesserungswünsche, die am Geldbeutel gescheitert wären, hätte Zotte allerdings auch keine. "Ich wüsste nicht, was ich mit mehr Kohle hätte besser machen können. Ich glaube sogar, wir hätten es mit Wolfgang am Ende auch mit weniger genauso gut hinbekommen."

So einfach, wie es sich jetzt anhört, war das Ganze dann aber doch nicht. "Wir sind ja eine Band, bei der es dank unserer zwei Mädels auch immer etwas zu gucken gibt und die einfach live am überzeugendsten ist. Dieses Feeling einzufangen, ist natürlich nicht ganz leicht. Wenn du die Platte hörst, wirst du hoffentlich feststellen, dass es geklappt hat. Im Studio hat man dafür wiederum Mittel, die man live nicht hat und kann z.B. den Stimmen etwas mehr Text geben und eine ordentliche Portion Sex draufpacken, die den optischen Ausfall ganz ordentlich kompensiert." Dazu trägt sicher auch das sehr ansprechende Comic-Cover bei. "Fettes Teil, gell? Das hat ein Kumpel von uns gemacht, der noch studiert. Der ist grade mal 20, aber er hat den Bogen raus. Wir würden ihn jedem weiterempfehlen."

Wenn Die Band nicht gerade ihren Frust auf das chaotische Musikbusiness verarbeitet, möchte der Fünfer das Volk mit seinen Songs vom Sofa holen. "Unsere Texte sind ein Appell gegen die ganze Jammerei. Die Leute sollen ihren Arsch wieder hochkriegen! Sei es zum Anpacken oder zum Party machen."
Die Zutaten für den MUFF-Sound speisen sich aus unterschiedlichsten Quellen. "Wenn man schon so lange Musik macht, wird es manchmal schwierig, seine Einflüsse abschließend aufzuzählen. GREEN DAY oder TURBONEGRO fallen mir da spontan ein. Oder MOTÖRHEAD, auch wenn du daran beim Hören der Platte wahrscheinlich gar nicht gedacht hast, live kommt davon mehr rüber." Und wie passt das zum weiblichen Gesang? Anja klärt auf: "Kennst du die B52's? Das war früher so eine Art LSD-Popgruppe. Die haben zwar wahnsinnig viel Zeug genommen, hatten damals aber einen Hit, der durchaus als die Keimzelle für unseren Gesangsstil durchgehen würde. Ein Typ in Wolfsburg hat mal gesagt, wir klängen als würden GREEN DAY kollektiv über Avril Lavigne steigen und Lemmy filmt das Ganze. Hahaha! Lemmy ist eine Legende, mein Traum ist es, einmal von dem unter den Tisch gesoffen zu werden!"

Zu diesem Traum gesellen sich durchaus bereits konkrete Karrierepläne "Wir touren momentan im Süden der Republik. Dort sind wir im Gegensatz zu unserer norddeutschen Basis noch kaum jemandem ein Begriff. Das muss sich ändern! Bisher läuft's sehr gut. In Holland spielen wir auch viel und dort werden wir "Horn Attack" auch veröffentlichen. Es ist für uns einfach am besten, wenn man die Leute schon mal mit einer geilen Liveshow auf das Album eingestimmt hat. Wenn wir die Scheibe dann ordentlich promotet haben, werden wir im Januar eine kleine Auszeit nehmen. Danach geht's mit Volldampf weiter, wir wollen ja schließlich das Label halten und ab jetzt regelmäßig veröffentlichen. Ideen habe ich schon wieder jede Menge, die müssen nur noch ausgearbeitet werden."

Um als Support auf eine größere Tour aufzuspringen reicht's im Moment noch nicht. Luftschlösser dürfen aber trotzdem gebaut werden. "Das ist im Moment noch unbezahlbar! Wenn ich mir was aussuchen dürfte, würde ich BILLY TALENT nehmen. Oder REVOLVERHELD, obwohl die mir eigentlich schon wieder zu poppig sind." Anja ergänzt: "Man muss bei so einer Wahl ja auch auf sein Klientel achten. Ich wundere mich oft, wie viele junge Mädchen zu unseren Konzerten kommen, freue mich aber natürlich, wenn wir nicht nur den Herren gefallen. Auf Festivals sieht's dagegen bunter aus, da haben wir auch mal an einem Tag mit EKTOMORF und KRYPTERIA gespielt. Ich fühle mich immer sehr gebauchpinselt, wenn andere Musiker, also quasi Leute vom Fach, mir nach dem Gig sagen, dass es ihnen gefallen hat."

Entgegen dem Slogan, dass mit harter Mucke im Norden kein Blumentopf zu gewinnen ist, ist die Szene bei MUFF vor der Haustür gesund. "Wir haben grade das Celle-Rockcity-Festival gespielt. Das ist ein tolles Event für den Nachwuchs. Beim Deichbrand in Cuxhaven sind wir dieses Jahr leider nicht dabei, wahrscheinlich weil wir da die letzten beiden Jahre schon aufgetreten sind. In der Regel spielen wir ein Set von 45 Minuten, das entspricht den gängigen Festivalslots. In unseren Hochburgen haben wir aber auch schon zweieinhalb Stunden gespielt, wenn die Zeit es erlaubt!"

So aufgestellt zählen MUFF (wie z.B. auch DRONE) für mich zur Speerspitze der Bewegung, die gerade lautstark den Beweis antritt, dass die Zeiten, in der die Region zwischen Skandinavien und der Mitte Deutschlands ein musikalisches Niemandsland war, jetzt endgültig passé ist.

Redakteur:
Thomas van der Laan

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