KORODED: Interview mit Jan Röder

21.04.2006 | 00:19

Andy:
Ihr habt heute ein neues Album veröffentlicht mit dem Titel "To Have And To Unhold".

Jan:
Ja, das ist heute erschienen.

Andy:
Nun ist das ja die Premiere für dieses neue Album, also sozusagen die Release-Party?

Jan:
Ja, genau. Steht seit heute in den Läden.

Andy:
Zur Entstehungsgeschichte des Albums, erzähl doch ein wenig darüber, insbesondere zum Titel. Dieser ist ja eigentlich nicht ganz typisch für Alben, "To Have And To Unhold". (Ich grins in mich hinein)

Jan:
Häh, wieso?

Andy:
Naja, viele Titel sind kurz, sagen eher nicht viel aus. Bei eurem Titel merkt man, dass ihr euch da etwas mehr Gedanken gemacht habt als andere Bands.

Jan:
Naja, unser letztes Album hieß ja auch "The Absurd Beauty Of Being Alone".

Andy:
Ziemlich langer Titel für ein Album. Kaum aussprechbar, geschweige denn im Kopf merkbar.

Jan:
Ja, ziemlich lang...
Wir denken da eher nicht so nach, ob der Titel nun kurz oder lang ist, er muss halt etwas aussagen. Eigentlich sollte das Album "The Night On The Earth Stood Still" heißen, aber ich war immer dagegen, dass es so heißt, da ich den Titel nie aussprechen konnte. Gut fand ich den auch nicht und zu lang war er auch.
Wir saßen dann halt irgendwann mal in der Wohnung von unserem Manager und haben diesem unser Zeug vorgespielt und es gibt ja das Stück 'Unhold' auf dem Album. Im Englischen gibt es aber eine Redewendung "to have and to hold", was so viel bedeutet wie, dass man den, den man gern hat und liebt immer gut behandeln sollte, diesen beschützen usw. und bei mehreren Texten auf dem jetzigen Album geht es um Beziehungen und kaputte Beziehung. Unser Manager hatte dann den Vorschlag zu dem jetzigen Titel und wir fanden den alle eigentlich geil, gefiel uns auf Anhieb. Bis jetzt ist das Ganze eigentlich auch gut angekommen.

Andy:
Okay und daher auch das Cover, mit der Frau und dem Herzen?

Jan:
Das Cover das kam später - ich habe da zu Beginn einen Schnellschuss fabriziert und die Anderen haben mich dann darauf aufmerksam gemacht, dass es ja eigentlich so sein sollte wie es jetzt ist. Das Ursprungscover ist das mit dem Herzen, das was in den Anzeigen ist, ist eher das Falsche.

Andy:
Du hast es schon angesprochen, dass ja eure Stücke von Liebe, Beziehungen usw. handeln. Wie entstehen denn eure/deine Texte in der Regel?

Jan:
Ne, es sind eigentlich nur zwei Stücke, die von Liebesbeziehungen handeln. Der Rest ist alles Mögliche, was wir da so verarbeiten.
Bei den Songs ist mir halt wichtig, dass es Themen sind, die mich persönlich beschäftigen, wie politische Themen, persönliche Beziehungen usw. Ich kann nicht über belangloses Zeug schreiben. Die Texte sind in meinem Kopf und die kommen halt raus und dann muss ich diese eben schreiben und schreiben. Manchmal entsteht ein Songtext in einer Stunde, manchmal quält mich das den ganzen Tag, bis dieser dann fertig ist.

Andy:
Dann kann man also sagen, dass du auch so einer bist, der Abends ins Bett hüpft und mitten in der Nacht aufsteht um seine Texte zu schreiben?

Jan:
Ja, das stimmt haargenau, ich hab da immer Papier rumliegen und dann muss ich das einfach aufschreiben. Meistens sind es nur ein paar Zeilen, ein paar Schnipsel an Wörtern. Das ist so, man hat da einen Text im Kopf und der will raus, man muss es einfach aufschreiben. Oder man ist unterwegs und man vergisst diesen Text nicht mehr, weil er sich so einhämmert. Das Ganze entwickelt sich dann auch so nach und nach zu einem Ganzen.

Andy:
Wie geht ihr denn dann so vor, wenn einer deiner Texte steht bzw. diese Schnipsel zum Ganzen zusammengefügt werden. Setzen sich alle zusammen hin und ihr spielt einfach drauf los oder wie läuft das?

Jan:
Ideen in musikalischer Richtung sind eigentlich immer da. Ich bring dann den Text mit ein. Ich hab auch eine Datei auf meinem Computer, wo ich alle Textideen sammle. Aber im Großen und Ganzen werden meine Texte erst richtig fertig, wenn auch die Stücke im einzelnen stehen. Wenn das Stück steht, sing ich dann meine Texte drüber, wo ich denke, die passen und viel kommt dann auch beim eigentlichen Spielen dazu. Somit werden eigentlich die Texte bzw. Textideen hier erst richtig zum eigentlichen Song. Ich brauch auch das Lied, das Riff, das Schlagzeug, das alles inspiriert mich zusätzlich. Hier baue ich dann auch Gefühle mit ein. Dieses Gefühl bring ich dann im Gesang mit ein. Eigentlich muss immer zuerst das Lied, der Song an sich da sein.

Andy:
Wie ist das so mit eurem Proberaum, wo dann eure Songs entstehen. Kannst du dazu mal was erzählen?

Jan:
Wir hatten zu Anfang unseren Proberaum in einem alten Industriegebäude. Diesen haben wir uns mit Ratten geteilt, die eigentlich immer unser Sofa belegt hatten. Jetzt haben wir eine umgebaute Schreinerwerkstatt, gemütlich, warm und klein und ohne Tiere. (lacht)

Andy:
Ihr seid ja richtige Vollblut-Musiker. Gibt es eigentlich noch etwas außerhalb der Musik?

Jan:
Ja haben wir, sag ich jetzt mal.

Andy:
Also, Familie, Freundin, Beruf, Arbeit, Kohle verdienen neben der Musik ?

Jan:
Familien haben wir natürlich alle, also Großeltern und so. Kinder selber haben wir alle noch keine, eine Freundin hat jeder von uns außer mir. Drei von uns sind noch Studenten, ich bin damit fertig, Frank arbeitet im Musikstore Köln, Ben, unser Drummer, ist Schlagzeuglehrer. Aber im Großen ist die Musik bei uns allen immer im Vordergrund, also großer Teil unseres Lebens. Schön wäre es natürlich, wenn es außer unserer Musik nichts anderes mehr gäbe, aber irgendwoher müssen die Brötchen noch kommen. Wir sind auch ganz realistisch, dass Geld verdienen mit Musik sehr schwer ist. Dazu müssten wir ganz andere Mucke machen.

Andy:
Dann ist die zweite Frage damit schon beantwortet, ob ihr denn von eurer Musik leben könnt.

Jan:
(Lacht) So etwas fragt ihr?

Andy:
Wieso denn nicht? Ich find es schon interessant, da ja in der Musik eure/deine Kreativität steckt. Und man möchte da ja auch etwas zurück haben. Nun mal so zu Standardfragen: Was sind denn eure musikalischen Einflüsse?

Jan:
Also, bei uns ist das so, dass alle Bandmitglieder ganz unterschiedliche Musikrichtungen hören. Und da gibt es so Schnittstellen dazwischen, denk ich mal. Was man bei unserer Musik raushört, was uns auch immer wieder vorgeworfen wird, ist MACHINE HEAD. Wir seien eine Kopie davon. Besonders was meine Stimme angeht. Aber ich kann dazu nur sagen, dass es eben meine Stimme ist. Und wenn ich so singe, wie ich eben singe, dann hört sich das eben so an. Und es gibt tausend andere Bands, die sich wie eine schon bekannte Band anhören wie z.B. PANTERA oder was weiß ich. Bei uns wird immer nur gesagt, MACHINE HEAD. Natürlich hat diese Band einen großen Einfluss auf uns, aber KORODED ist KORODED und eben nicht MACHINE HEAD.
Unsere Faves sind z.B. PANTERA, DEFTONES, SEPULTURA bei unserem Schlagzeuger Ben, FEAR FACTORY, Death Metal im allgemeinen spielt eine große Rolle, Hardcore, HipHop, Jazz, World Music, also ein breites Spektrum an Musik. Du siehst, wir hören eigentlich alles querbeet, und dies, so denke ich, hört man auch in unserer Musik. Wobei wir selber als Band da auch immer wieder Erstaunliches von Außenstehenden hören, was die Vergleiche angeht. (lacht) Da hören die Leute manchmal Sachen raus, auf die würde ich selber nie kommen.

Andy:
Wie ist KORODED als Band eigentlich entstanden?

Jan:
Am Anfang waren wir zu dritt, Schulkameraden sozusagen. Wir hatten damals eine Death-Metal-Kombo, die unsagbar schlechten Death Metal gemacht hat. Darauf hatten wir dann irgendwann keinen Bock mehr und haben dann KORODED mit einem anderen Schlagzeuger gegründet. Nach einem halben Jahr kam dann Ben dazu.
Frank kam letztes Jahr dazu. Wir haben keinen festen Bassisten, im Moment ist das der Falco. Der spielt eigentlich in einer Punk-Rock-Band und hilft uns im Moment bei der Tour.

Andy:
Nun zur Tour, deren Auftakt nun hier im LKA Stuttgart ist?

Jan:
Ja, die startet heute abend hier im LKA und wird dann fortgesetzt. Alles nachzulesen auf http://www.koroded.org - wann wie und wo.

Andy:
Auf Tour ist man ja ständig eng beisammen als Band, wie managed ihr das denn so untereinander?

Jan:
Im April nächstes Jahres gibt es uns zehn Jahre. Andreas und ich sind eigentlich wie ein altes Ehepaar, und man kennt natürlich auch so die Schwächen der anderen. Wenn einer den anderen ärgert, weiß der andere, wie er wo zurückschlagen muss. Es gibt auf Tour immer Sticheleien, man bekommt sich in die Haare. Wir als Band sind dann doch wie ein altes Ehepaar. Man streitet, weil jeder irgendwie eine andere Meinung hat, aber im Endeffekt kommt man doch zu einem Punkt, einigt sich und alles ist wieder gut.

Andy:
Was ist euch denn als Band KORODED am Wichtigsten?

Jan:
Der Kontakt zum Fan ist uns extrem wichtig.

Andy:
Aha. Naja, es gibt ja Bands, die sich hinter dem Star sein vergraben, machen ihren Gig und danach sind die weg.

Jan:
Nene, darauf haben wir keinen Bock.

Andy:
Also seid ihr als Band eher so auf kleinen Festivals und in Clubs unterwegs bzw. ist das eher so euer Ding... klein, aber fein?

Jan:
Eigentlich ja, aber wenn natürlich die Möglichkeit da ist auch vor 50.000 Leuten zu spielen, nehmen wir das auch wahr. Logisch, so etwas lässt man sich nicht entgehen. Mir persönlich aber, kann da nun für mich sprechen, ich mag es lieber, wenn es klein ist, 100 - 500 Leute, das ist so mein Ding, oder auf Festivals, wo man von der Bühne den Fan noch sieht, ihm ins Gesicht schauen kann, das Toben der Menge spürt.
Zum Beispiel das SUMMER BREEZE. Hier fühle ich mich total unwohl. Die Bühne ist 2.50 Meter hoch, die Fans 5 Meter weit weg. Damit kann ich irgendwie nicht umgehen. Ich muss dem Fan die Hand geben können, muss vor ihnen stehen. Im Übrigen knallt unser
Sound sowieso mehr in kleineren Clubs.
Ui, wir sind gleich dran mit spielen, muss mich noch umziehen...

Andy:
Pläne für die Zukunft?

Jan:
Jo, jetzt steht erstmal die Tour an mit BETZEFER. Diese startet am Montag dann in England. Nach der Tour dann einzelne Shows, im Sommer dann ein paar Festivals. Das Video 'Zero Minus Zero', welches wir gedreht haben, erscheint bald und mal schauen was damit geht. Nächstes Jahr gibt es uns dann zehn Jahre. Da wird es dann ein Überraschungs-Konzert geben, seid gespannt, und wir planen hierfür noch was. Was, wird noch nicht verraten. Ein wenig Songs schreiben, einfach schauen, wie es weiter geht. Und ja, wir sollen dieses Jahr soviel Konzerte wie möglich geben, bis es nicht mehr geht.

Andy:
Also soviel, bis ihr umfallt?

Jan:
Ja, logo.

Andy:
Klasse. (ich grinse)
Abschließende Worte?

Jan:
Ja klar, und nochmal sorry wegen der Tomate von grad eben. (Jan hatte Hunger und aß während des Interviews ein Tomate/Käse-Baguette, von dem die Tomate in meine Richtung spritzte. - Anm. d. Verf.) (Lachen)
Danke für das Interview und ich finde es echt toll, dass es so viele Magazine gibt, die sich für uns interessieren. Wir freuen uns auf die Tour, auf die Leute, die wir wiedersehen, auf unsere Fans. Wir sehen uns.

Andy:
Jo, danke auch an dich und euch gleich viel Spaß beim Rocken.

Jan:
Ja, dir auch.

Redakteur:
Andreas Grzybowski

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