Interview mit ASTRA

26.11.2012 | 07:39

Die amerikanischen Retroprogger ASTRA hatten zum ersten Mal die Möglichkeit, eine größere Europatour im Vorprogramm von ANATHEMA zu absolvieren. Wir nutzten die Gelegenheit, mit der Band zu sprechen.

Ich befinde mich im klitzekleinen ASTRA-Mini-Van, der tatsächlich das Gefährt ist, mit dem die Band samt Equipment und Instrumenten durch Europa tuckert. Natürlich fahren die Bandmitglieder selber. Neben mir sitzen Conor Riley (Vocals und alle Tasteninstrumente) und Brian Ellis (Gitarre). Ich bitte die Jungs, sich erstmal vorzustellen.

"ASTRA gingen aus der Band SILVER SUNSHINE hervor, wo Richard, Stuart und ich (Conor) spielten. Wir wollen jedoch weg von der eher psychedlisch-poppigen Schiene in Richtung progressiverer Klänge. Brian ist dann vor sieben Jahren dazugestoßen. Der Rest ist Geschichte, haha."

Die Jungs erzählen mir, dass sie in den USA oft mit Metalbands zusammen spielen und deshalb häufig als Metalband kategorisiert werden (was wohl auch daran liegt, dass sie früher bei Metal Blade waren und heute bei Rise Above Records sind). Darüber hinaus sind sie selber Metalfans und haben ein Faible für MANOWAR. ASTRA spielen jedoch eine Musik, die ich in meiner Rezension zu "The Black Chord" als "gnadenlos retro" bezeichnet habe. Auch einige andere Progbands, wie OPETH und PAIN OF SALVATION fahren mittlerweile einen solchen Sound auf. In der Folge sprechen wir über den Retro-Boom, und in welcher Rolle ASTRA sich darin sehen.

"Nun, gerade das OPETH-Album "Heritage" haben wir auch oft gehört und finden das ziemlich cool. Was ASTRA betrifft, wir spielen unseren Sound nicht, weil wir anderen Leuten gefallen wollen oder weil dies grade trendy ist, sondern in ersten Linie für uns. Wir mögen diesen Sound, er kommt aus uns heraus und wir haben das Gefühl, dass wir genau dies spielen müssen. Zudem denken wir, daß unsere Musik um einiges fordernder ist, als die vieler Retrorock-Gruppen, die  ja eher von BLACK SABBATH inspiriert sind. Klar lieben wir auch BLACK SABBATH, aber wir sehen uns nicht in dieser Schiene".

Klar, denn die Songs von ASTRA sind alle sehr lang, weitgehend instrumental und erinnern eher an Bands wie ÄNGLAGARD (bei deren Erwähnung die Jungs heftig nicken), PINK FLOYD oder HAWKWIND. Dennoch denken ASTRA darüber nach, mehr Vocals zu verwenden. Möglicherweise wird das nächste Album sowieso sehr anders klingen als "The Black Chord". Hier geben sie sich aber verschmitzt geheimnistuerisch. "You will see...". Ich hake nun noch einmal nach in Richtung "Retro-Boom": Gibt es den auch in den USA? Und wie kann man sich erklären, dass auf einmal so viele Leute wieder alte Sounds hören wollen?

"Hmm, schwer zu sagen, ob es diesen Trend auch in den USA gibt. Aber ich merke schon, dassspeziell bei den - auch unseren - Liveshows sehr viele Leute mit der Musik warm werden und sich mit ihr anfreunden, ja, das fällt schon auf! Wir denken, dass vieles in der modernen Musik Wegwerf-Musik ist,  Mucke, die man vielleicht einen Monat lang hört, der aber letzlich die Authenzität fehlt, weil sie eben auch zu eben diesem Zweck geschrieben wurde. Wir stecken jedoch viel Zeit in unser Songwriting, wir arbeiten mit authentischen Sounds und so haben die Leute das Gefühl, etwas Echtes, etwas Wohldurchdachtes zu hören und das, denke ich, kommt gut an!"




Dass das Songwriting etwas Besonderes bei ASTRA hat, ist mir auch aufgefallen. Im Review zu "The Black Chord" schrieb ich, dass mich das Album an eine Reise durch den Weltraum erinnert. Ein Raumschiff hebt ab, gleitet langsam an den Planeten vorbei, verlässt das Sonnensystem und trifft auf die dunkle Materie in Form des "dunklen Akkordes". Die beiden gehen einen musikalischen Dialog ein und steigern sich zu einem rasanten Flug durch Galaxienhaufen und Wurmlöcher. Was ich damit sagen will, ist, dass die Musik geschichtenerzählerisch geschrieben ist und man den Eindruck hat, die einzelnen Instrumente würden einen Dialog führen,  quasi  über die Sprache Musik miteinander reden. Bin ich da jetzt völlig verrückt oder ist an diesen Eindrücken was dran? Ist diese Dialektik die Art und Weise, wie ihr komponiert?

"Definitiv! Unser Songwriting umfasst mehrere Ebenen und wir geben sehr auf die Instrumentierung, die wir eben haben, acht. Oft kommt einer mit Ideen an die dann durch die Ideen der anderen ergänzt werden. Ganz wichtig ist uns der Fluß im Song. Da bei uns mehrere Mitglieder beim Songwriting beteiligt sind, geben besonders acht, die verschiedenen Parts miteinander zu verknüpfen. In der Tat sind es die Übergänge, mit denen wir die meiste Zeit verbringen. Zudem lassen wir den Kompositionen genug Raum zum Atmen, sodass jeder Hörer darin seine eigenen Erfahrungen machen kann. Und da ist natürlich cool, was Du mit Deinen Bildern beschrieben hast. Genau so soll die Musik von ASTRA sein!"

Nun, es gibt Leute, die finden Eure Musik langweilig!

"Haha, das ist cool, damit können wir leben! Wir hören auch gerne Musik mit vielen Vocals und eingängigen Refrains, klar, und wir verstehen nur zu gut,  wenn man mit unserer Musik nicht so gut zurecht kommt".

Ihr spielt ja diesen Vintage-Sound. Hab ihr dann auch diese alten Instrumente und setzt ihre die auch live ein?

"Wir haben echte Moog-Synthesizer auf Tour. Das Album spielten wie hauptsächlich auf authentischen Analog-Instrumenten ein. Live ist dies jedoch nicht zu realisieren. Hammond- und Mellotron-Sounds kann man mit digitalen Synthesizern relativ gut simulieren, deshalb können wir live gut mit diesem Kompromiss leben".

Diese alten Instrumente sind ja auch teuer. Besitzt ihr diese denn selber?

"Ich habe einen Mini-Moog Model D zu Hause. Für die Tour haben wir hier einen geliehen. Für meinen habe ich habe ca 2700 US-Dollar gezahlt und das war ein guter Preis. Da kann man, je nach Modell, auch mal einen fünfstelligen Betrag hinblättern. Außerdem sind sie schwer zu bekommen. In den USA setzte ich ihn auch live ein, aber es ist schon ein zu wertvolles Instrument, um damit sorgenfrei durch die Gegend zu reisen. Im unserem Studio befinden sich übrigens noch weitere dieser alten Instrumente".




Kurz noch ein paar Fragen zur Tour: Wie kamt ihr zu dem Slot mit ANATHEMA? Und wie läuft die Tour, seid ihr bislang zufrieden?

"ANATHEMA wollten, dass wir ein paar Dates für sie supporten. Jamie und einige Leute von Rise Above haben das für uns organisiert. Das ist natürlich toll. Klar, wir sind hier nicht sehr bekannt und die wenigsten Leute auf Tour sind mit unserer Musik vertraut. Die Reaktionen waren von daher gemischt. An einigen Leute geht unsere Musik definitiv vorbei, doch wir sehen auch immer wieder andere, die die sich darauf einlassen und sehr positiv reagieren. Wir sind also zufrieden."

Das hört sich gut an. Ich freue mich auf das Konzert heute abend! Viel Erfolg, ASTRA und danke für das Gespräch!

Redakteur:
Thomas Becker

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