IRON MAIDEN: Im Rückspiegel, Part I: "Iron Maiden", "Killers" und "The Number Of The Beast"

17.10.2014 | 18:58

Über gewisse Bands und Alben muss man eigentlich nicht mehr viel schreiben, weil eigentlich schon alles gesagt wurde. Mehrfach. Und doch ist es schön, wenn man doch die Gelegenheit und Muße findet, auch selbst noch einige Worte zu verfassen.

IRON MAIDEN ist so eine Band und die "The Complete Albums Collection 1980 - 1988"-Vinyl-Box ist eine solche Gelegenheit. Man nimmt sich die Zeit, um viel geliebte Klassiker mal wieder aufzulegen und kann sein eigenes Verhältnis zur Band reflektieren.

Die erste Fuhre dieser Releases ist am 10. Oktober 2014 erschienen und enthält die ersten drei Alben "Iron Maiden", "Killers" und "The Number Of The Beast" sowie die insgesamt sieben Singles zu 'Running Free', 'Women In Uniform', 'Sanctuary', 'Purgatory', 'Twilight Zone', 'Run To The Hills' und 'The Number Of The Beast'.

"Iron Maiden" (1980)

Ich selbst habe IRON MAIDEN im zarten Teenager-Alter mit der Veröffentlichung von "Seventh Son Of A Seventh Son" kennengelernt und habe mich entsprechend "erst" in den späten Achtzigern, frühen Neunzigern mit der Frühphase von IRON MAIDEN beschäftigt. Schon damals war die Band fast allen Kollegen, die im Rahmen der New Wave Of British Heavy Metal an die Oberfläche gespült wurden, mit Siebenmeilenstiefeln enteilt. ANGEL WITCH, SAXON, DIAMOND HEAD, SAMSON, die TYGERS OF PAN TANG oder TANK fanden da schon nicht mehr statt oder hatten ihre erste Schwächephase (SAXON) bereits in Angriff genommen. Lediglich DEF LEPPARD konnte ähnliche Erfolge feiern, hat dafür aber erst eine deutliche Kurskorrektur vornehmen müssen. Doch es war schon sehr früh klar, dass IRON MAIDEN all diese Bands der NWoBHM abhängen würde.

Bereits in den späten Siebzigern machte sich die Band durch unzählige Liveauftritte in England einen Namen. Die legendären "Soundhouse Tapes" (mit 'Iron Maiden', 'Prowler' und 'Invasion' bestückt) fanden ihren Weg zu Tapetradern, Radio-DJs und Label-Fuzzis, vor allem aber war die vorab veröffentliche Single 'Running Free' bereits ein echter Smasher, der zusammen mit den Songs des Demos schon mehr als gierig auf das Album machen. So war es keine Überraschung mehr, dass das Debüt bereits die britischen Charts im Sturm nahm. Anno 1980 war ein solcher Sound aber auch noch etwas völlig Neues. Die Twin Guitar von Dennis Stratton und Dave Murray, die prägnanten Basslinien von Steve Harris, die leicht punkigen Vocals von Paul Di'Anno, dazu das facettenreiche Songwriting, das laut und leise, schnell und langsam, simpel und komplex war. Egal, ob 'Prowler', 'Remember Tomorrow', 'Charlotte The Harlot', 'Phantom Of The Opera' oder 'Iron Maiden'. Hier finden sich nur Klassiker.



Doch nicht nur die Musik war und ist großartig, sondern auch das drumherum sorgte dafür, dass die Band schon früh immer im Gespräch blieb. Die Artworks der folgenden Single-Veröffentlichungen von 'Sanctuary' und 'Women In Uniform' (eine SKYHOOK-Coverversion) wurden von 'Iron Lady' Margaret Thatcher verziert, die vor allem beim Cover von 'Sanctuary' Eddies Klinge zu spüren bekam. Heavy Metal war noch politisch, war Rebellion. IRON MAIDEN fing dies perfekt ein. Doch auch musikalisch können diese Non-Album-Tracks ('Sanctuary' war lediglich auf dem US-Release enthalten, ist aber mittlerweile auf den gängigen Re-Releases des Debüts zu finden - PK) voll überzeugen. Gerade das flotte 'Sanctuary' ist eine Nummer, die das Album noch weiter aufgewertet hätte. Der Weg an die Spitze war also schon frühzeitig geebnet.

Das vorliegende Vinyl ist - wie alle anderen Alben auch - ein exaktes Remake des Originals, also ebenfalls ohne 'Sanctuary', ohne - sowieso überflüssiges - Remaster, dafür aber 180 Gramm schwer. Dazu stehen auch die drei Singles zu 'Running Free', 'Sanctuary' und 'Women In Uniform' in ihrer originalen Fassung und unzensiert (Maggie Thatcher also ohne schwarzen Streifen über den Augen auf der 'Sanctuary'-Single) wieder im Laden. Eine echte Reise in die Vergangenheit also.

"Killers" (1981)

Nur zehn Monate nach dem Debüt stand bereits der Nachfolger "Killers" in den Läden. Adrian Smith ersetzte Dennis Stratton, der fortan mit PRAYING MANTIS unterwegs war, und Top-Produzent Martin Birch (zuvor u. a. für RAINBOW, DEEP PURPLE, WHITESNAKE & BLACK SABBATH an den Reglern) verpasste dem Zweitwerk den Feinschliff. Musikalisch bestreitet man den Weg des Debüts recht kompromisslos weiter, auch wenn dieses Mal ein Single-Hit wie 'Running Free' fehlt. Einen Qualitätsverlust bedeutet dies aber bei weitem nicht. Mit dem aggressiven 'Wrathchild', dem eingängigen 'Murders In The Rue Morge', den heute etwas in Vergessenheit geratenen 'Another Life' und 'Prodigal Son' sowie der pfeilschnellen Single 'Purgatory' und dem fantastischen Titeltrack fehlt es hier dem Fan an absolut nichts.

Es ist schon verwunderlich, dass die Band heutzutage fast ausschließlich 'Wrathchild' im Liveprogramm hat, wo doch bei 'Murders In The Rue Morgue' (neben 'Prodigal Son' der einzige Song, der tatsächlich nach dem Debüt entstand), 'Purgatory' oder 'Killers' mit einem absoluten Stimmungshoch zu rechnen ist. Und das ganz sicher nicht nur beim Autoren dieser Zeilen.


Als zweite Single wurde 'Twilight Zone' (ebenfalls bereits bei Veröffentlichung auf der US-Version, nicht aber auf der EU/UK-Version des Albums enthalten - PK) im Verbund mit 'Wrathchild' ausgekoppelt. Derek Riggs fand auch hier wieder das passende Motiv und der treibende Rocker ist eine schöne Abwechslung im Albumkontext, der zudem zum Mitsingen einlädt. "Can't you see me?" Tatsächlich muss meine Frau gerade relativ häufig meinen Gesang ertragen, seid also froh, dass ihr nur lesen müsst.

Nach der anschließenden Welttournee, bei der Paul Di'Annos Drogenmissbrauch exzessive Ausmaße annahm, trennte sich die Band von ihrem Sänger. Den Ersatz hatten die Eisernen Jungfrauen zu diesem Zeitpunkt bereits gefunden. Bruce Dickinson von SAMSON war der Auserkorene und mit ihm gab es den nächsten Popularitätsschub.

"The Number Of The Beast" (1982)

Bereits vor der Veröffentlichung des neuen Albums war IRON MAIDEN mit Bruce Dickinson auf einer kleinen Tour unterwegs. Es wurde sogar neues Material ('22 Acacia Avenue' & 'Children Of The Damned') vorgestellt, dennoch gab es natürlich auch damals bereits Stimmen, die sich nach der punkigen Attitüde DiAnnos sehnten. Es dürfte unbestritten sein, dass Dickinson technisch der deutlich versiertere Sänger ist, doch sind die Vocals seines Vorgängers eben viel räudiger, was den ersten beiden Werken enorm viel Charme gibt.

Dennoch wurde "The Number Of The Beast" das zu diesem Zeitpunkt erfolgreichste Album der Band und konnte in Großbritannien gar die Pole Position der Charts erreichen. Besonders hilfreich war dabei sicherlich die Vorabsingle 'Run To The Hills', die wie schon einst 'Running Free' ein echter Smasher war und zudem die kommende Tour zum Release des Albums ankündigte. Mit 'Total Eclipse' gab es zudem eine bärenstarke B-Seite, die wieder einmal nicht auf dem Original-Release in EU/UK vertreten war, mittlerweile aber auf allen gängigen Re-Releases an vorletzter Stelle zu finden ist.



Das Album zeigte sich dann nicht nur wegen Dickinsons Vocals ein bisschen ausgefeilter, ohne dabei gänzlich den jugendlichen Enthusiasmus zu verlieren, den die ersten beiden Werke auszeichneten. Bis heute sind Songs wie 'The Number Of The Beast', 'Run To The Hills' oder '22 Acacia Avenue' häufiger Gast in Metaldiskos und auf Konzerten und sind natürlich jedem Metalfan bekannt. Die ganz großen Großartigkeiten hören aber auf die Namen 'Children Of The Damned' und 'Hallowed Be Thy Name'. Letzterer kommt sogar ganz ohne echten Refrain aus und ist dennoch ein sowohl eingängiger wie auch komplexer Song. Die Gitarrenmelodien und -soli sind fantastisch, die sich ins Ektatische steigernde Gesangsleistung von Bruce Dickinson der schiere Wahnsinn. Dabei hält die Nummer immer die Spannung und schafft es die etwas über siebenminütige Spielzeit wie im Flug vergehen zu lassen. So mitreißend klang Heavy Metal nur extrem selten.

Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich 'Invaders' einen - im Vergleich zu 'Prowler' und 'Wrathchild' - relativ verhaltenen Einstieg finde und mit 'Gangland' auch der erste eher durchschnittliche Song auf einem IRON MAIDEN-Werk zu finden ist. Das ändert am absoluten Klassikerstatus natürlich herzlich wenig.

Ein wenig überraschend ist vielleicht, dass trotz des massiven Erfolgs mit dem Titeltrack nur ein weiterer Song als Single ausgekoppelt wurde, auf der mit 'Remember Tomorrow' erstmals ein Livesong (natürlich mit Bruce am Mikro) die B-Seite bildete.



Wie oben bereits erwähnt, kommen alle LPs der "The Complete Albums Collection 1980 - 1988"-Vinyl-Box in 180 Gramm schweren Vinyl mit Original-Tracklist, Original-Artwork und Original-Sound. Sammeln kann man die Alben in der stabilen roten Box, die allerdings keinen Platz für die insgesamt 19 Singles aus dieser Zeit bietet, die ebenfalls allesamt neu aufgelegt werden.

Im zweiten Teil blicken wir dann auf "Piece Of Mind", "Powerslave" und "Life After Death" zurück. Diese Alben erscheinen bereits am 24. Oktober, ebenso wie die dazugehörigen sechs Singles. Stay tuned!

Redakteur:
Peter Kubaschk
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