Hallows Eve Special

06.11.2006 | 23:28

Gut zwanzig Jahre nach der Veröffentlichung des Genreklassikers "Tales Of Terror" feiern Metal Blade Records das Schaffen einer artigen und leider viel zu oft unterschätzten Thrash-Metal-Legende der Achtziger: HALLOWS EVE. Mit dem hochwertigen und üppig ausgestatteten Boxset "History Of Terror" zollt das Label den "Metal Merchants" Tribut. Grund ug für uns, die vor zwei Jahren wiedervereinigte Band mit einem ausführlichen Special zu würdigen, das auf die Geschichte der Band ebenso eingeht wie auf den Inhalt des Boxsets, das am 10. März 2006 erscheinen wird.


Hallows Eve

Knapp über zwanzig Jahre ist es her, dass eine der stilprägenden Thrash-Metal-Bands der Achtziger mit ihrem Debütalbum "Tales Of Terror" einiges an Staub aufwirbelte. Dieses legendäre Album erschien 1985 auf dem damals noch sehr jungen Label Metal Blade, und dieses Label ist es auch heute, das HALLOWS EVE zu Ehren ein sehr schmuckes Boxset namens "History Of Terror" zusammengestellt hat, um das Frühwerk dieser Kultband entsprechend zu würdigen. Von den ersten Proberaum-Aufnahmen über das erste Demo, bis hin zu allen drei Achtziger-Alben der Band ist wirklich alles vertreten, was HALLOWS EVE seinerzeit unter die Leute gedroschen haben, dazu kommen noch etliche Livemitschnitte, sowohl in Audioform, als auch in Gestalt einer Video-DVD, sowie tonnenweise rares Bildmaterial und informative Linernotes. Wenn sich ein Label schon mal so richtig Mühe gibt, dem Schaffen einer legendären Band gerecht zu werden, dann ist dies auch für uns ein Anlass, die Karriere der amerikanischen Thrasher noch einmal detailliert Revue passieren zu lassen:

Alles beginnt im Jahre 1983 in Atlanta, Georgia, als Bassist Tommy Stewart und Frontmann Stacy Anderson ihre Band auf den Namen HALLOWS EVE taufen und damit anfangen, hart und schnell auf den Spuren von EXCITER zu wandeln und deren Speed Metal mit einem guten Schuss punkiger Durchschlagskraft und Räudigkeit aufzupeppen. Dieser Ansatz resultiert im Mai 1984 in den ersten rumpeligen Proberaumaufnahmen der inzwischen um den Gitarristen David Stuart und den Schlagzeuger Tym Helton verstärkten Chaostruppe, bei denen neben EXCITERs 'Scream In The Night' mit 'Eighteen' auch ein Stück des Mannes gecovert wird, der das Horror-Image unserer jungen Kameraden entscheidend mitgeprägt haben dürfte: ALICE COOPER. Dazu begegnen uns auf diesem Tape die Embryonalversionen der späteren Bandklassiker 'Hallows Eve' und 'There Are No Rules', die es schon damals - trotz der abenteuerlichen Aufnahmebedingungen - in sich hatten.

Bereits einen Monat später folgt das zweite Rehearsal-Tape, das uns zum ersten Mal mit 'The Mansion' vertraut macht und dazu noch 'Metal Prisoners (Warrior)' enthält, das es später leider auf kein Album schaffen wird. Im Oktober ist es dann soweit, dass die Jungs ihr erstes richtiges Demo aufnehmen, mit einem kopierten Cover versehen und in Eigenregie verticken. Darauf vertreten sind die Bandhymne 'Hallows Eve' in einer sehr langen, epischen Version und die Abrissbirne 'Metal Merchants', die noch heute einen der Speed/Thrash-Meilensteine schlechthin darstellt.


"Tales of Terror" (1985)

In heutigen Zeiten kaum vorstellbar: HALLOWS EVE erhalten mit diesem Demo bereits ordentlich Airplay im College-Radio, und so wird schließlich auch Metal Blades Brian Slagel auf die junge Truppe aufmerksam, die noch nie ein Konzert bestritten hat. Er bietet ihnen eine Teilnahme am "Metal Massacre VI"-Sampler und einen Album-Deal an. Der Rest ist Geschichte, möchte man sagen, doch wir sind ja gerade hier, um diese Geschichte zu erzählen. Deshalb weiter im Text: Die Band scheint vom Pech verfolgt zu sein, denn vor den Albumaufnahmen hat Schlagzeuger Tym einen schweren Autounfall, und dann fällt auch noch der etatmäßige Produzent aus, so dass die Band gezwungen ist, sich mit Ronny Appoldt einen Aushilfsdrummer zu suchen und das Album in Eigenregie zu produzieren. Dazu kommt der Gastauftritt eines skurrilen Zeitgenossen namens Skellator (Steve 'Skully' Shoemaker) als zweiter Gitarrist.

Nachdem der Sampler-Beitrag 'Metal Merchants' bereits den Grund geebnet hat, schlägt das Debütalbum "Tales Of Terror" im Sommer 1985 gut ein und ermöglicht es der Band ausgiebig in Nordamerika zu touren und unter anderem mit Größen wie SLAYER, EXODUS und NASTY SAVAGE die Bühne zu teilen. Dass die Band dort gut ankommt verwundert kaum, hat sie doch mit dem für damalige Verhältnisse wahnsinnig harten Opener 'Plunging To Megadeath' einen Vorschlaghammer erster Klasse im Gepäck, der sich hinter den SLAYER-Schoten jener Zeit nicht zu verstecken braucht. Auch im weiteren Verlauf reiht sich ein Hit an den anderen, so dass die Scheibe ohne Wenn und Aber zu den größten Thrash-Klassikern der Achtziger zu zählen ist. Dabei regiert nicht immer nur die derbe Keule. HALLOWS EVE haben bei Songs wie 'Metal Merchants', 'The Mansion' oder eben dem epischen 'Hallows Eve' durchaus auch melodische Leads und cleanere Vocals in petto. Dazu der absolute Speed-Overkill in Gestalt von 'There Are No Rules'... Es bleiben keine Wünsche offen! Das neue Boxset gibt euch auf CD3 in Form von vier 85er-Konzertmitschnitten aus Manhattan, Maryland, Pennsylvania und Montreal auch die Möglichkeit, diese erste richtige Tour von HALLOWS EVE nach zu erleben. Der Sound ist hier zwar nicht gerade umwerfend, aber für derart alte Bootleg-Aufnahmen durchaus passabel und Spaß machen die Mitschnitte allemal.

 


"Death & Insanity" (1986)

Doch nun zum nächsten Kapitel: Schon kurz nach dem Ende der Konzertaktivitäten für "Tales Of Terror" begeben sich HALLOWS EVE wieder ins Studio, um den Nachfolger "Death & Insanity" einzuspielen. Der entscheidende Unterschied zum Vorgänger besteht darin, dass sich Brian Slagel höchstselbst der Produktion annimmt. Skully und Ronny verschwinden aus der Band, dafür kommt Tym zurück. Außerdem beteiligt sich David Stuart verstärkt am Songwriting, so dass die Scheibe einerseits einen wesentlich druckvolleren Sound auffährt und andererseits auch dynamischer ausfällt und noch mehr auf den Punkt gespielt ist. So sind Stücke wie das unglaublich mitreißende Titelstück, das finster-intensive 'Lethal Tendencies' und das nicht minder geniale 'D.I.E.' mit das druckvollste, was der 80er-Thrash zu bieten hat. Tommys galoppierender Bass und Davids unglaublich wuchtiger Gitarrensound, dazu Stacys mächtiger Gesang und die nicht minder eindrucksvollen Shout-Chöre in den Refrains. Kaum vorstellbar, dass bei dieser unbändigen Energie, die HALLOWS EVE hier entfachen, jemand den Nacken und die Beine still halten kann. Ein Thrash-Lehrstück in Vollendung; nicht mehr, nicht weniger!

Da die Jungs passionierte Live-Musiker sind, geht es natürlich auch für "Death & Insanity" wieder auf Tour und drei der Gigs dieser Amerika-Tour sind auf der im Boxset enthaltenen DVD vertreten. Die Aufnahme aus dem "Swizzles" ist dabei wirklich spitze, während die Mitschnitte aus Middleton und Brooklyn dagegen nicht ganz ankommen. Aber auch sie haben in Sachen Sound- und Bildqualität durchaus noch tolerierbares Bootleg-Niveau, fangen die unglaubliche Energie der Band sehr schön ein und sind somit für Fans definitiv ein wertvolles Zeitdokument, das die Box enorm aufwertet.


"Monument" (1988)

Nach exzessivem Touren verlässt Ur-Drummer Tym die Band und vor es für die Aufnahmen des dritten Albums ins Studio geht, nimmt Rob Clayton, ein Highschool-Freund der Band hinter dem Drumkit Platz. Die Aufnahmen zum Album gestalten sich schwierig und ziehen sich über viele Wochen hin, das Budget ist größer geworden und man merkt "Monument" auch an, dass es ein ambitioniertes Werk ist. Der Sound ist sehr mächtig und druckvoll, und der Opener 'Speedfreak' geht auch wieder voll auf die Zwölf, eben wie man es von HALLOWS EVE gewohnt ist. Schon an zweiter Stelle folgt ein kleine Überraschung, wenn sich die Thrash-Truppe QUEENs 'Sheer Heart Attack' annimmt. Das Cover ist im Grunde genommen sehr cool, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es seinerzeit den einen oder anderen Thrasher verschreckt haben könnte. Auch wenn "Monument" nicht mehr ganz so roh und aggressiv ist und vielleicht deshalb keinen derart großartigen Ruf genießt wie seine beiden Vorgänger, ist es doch ein sehr starkes Album mit einigen genialen Songs. Stücke wie das bereits erwähnte 'Speed Freak', das Titelstück 'Monument' oder das erneut gnadenlos schnelle 'Pain Killer' gehören fraglos zu den besten Stücken der Atlanta-Thrasher.

Dass es kurz nach der Veröffentlichung wieder auf Tour geht, versteht sich bei einer Band wie HALLOWS EVE von selbst und so wird auch die "Monument"-Rundreise mit einem passablen Mitschnitt aus Poughkeepsee auf DVD dokumentiert. Was hier noch niemand ahnt: Leider ist das dritte Album und die zugehörige Tour für lange Zeit das letzte nennenswerte Lebenszeichen von HALLOWS EVE. Nachdem Sänger Stacy Anderson am 20. September 1988 die Band verlässt, tourt Tommy Stewart zwar noch eine Weile mit wechselnden Line-ups durch die Gegend und veröffentlicht sogar noch ein Demo namens "Left For Dead" im Jahre 1990, doch das ist es dann vorläufig gewesen.


Reunion

Doch halt... etwas haben wir vergessen... Seit 2004 gibt es HALLOWS EVE wieder und zwar ist nach wie vor Bandgründer Tommy Stewart an Bord und auch Skully ist zurückgekehrt. Wer die Band beim "Keep It True"-Festival gesehen hat, mag vielleicht daran zweifeln, ob die Jungs dem großen Namen noch gerecht werden, doch darüber will ich an dieser Stelle nicht urteilen. Fakt ist zum einen, dass sie sich auf dem aktuellen Album "Evil Never Dies" musikalisch sehr stark in Richtung des angeschwärzten Death Metals entwickelt haben und somit nicht mehr allzu viel mit dem Sound der Achtziger gemein haben. Doch Fakt ist auch, dass sie schon damals mit derlei Einflüssen experimentiert haben, und dass ihre Attitüde sich kaum verändert hat. Wie Tommy es selbst ausdrückt: "Für Metalheads wie uns gibt es keine Regeln, außer wir schreiben sie selbst!"

Aber ganz egal, ob ihr denn nun die aktuellen HALLOWS EVE noch mögt, oder nicht: Ihre alten Scheiben sind zeitlose Klassiker, die in jede gut sortierte Thrash-Sammlung gehören, und diese nagelneue Box aus dem Hause Metal Blade gibt euch nun die Möglichkeit, diese gesuchten Werke auf einen Schlag zum günstigen Paketpreis in euren Schrank zu stellen. Neben den drei kompletten Studioalben gibt es drei Demos/Rehearsals, vier Audio-Livemitschnitte mit knapp 80 Minuten Spielzeit, sowie eine DVD mit ebenfalls vier Livemitschnitten, die es auf satte dreieinhalb Stunden bringt. Das sind alles in allem fette sieben Stunden Musik von euren alten Faves. Dazu kommt noch ein sehr schönes Booklet mit allen Originalartworks und Texten, sowie ausführlichen Linernotes von Tommy Stewart, Stacy Anderson und David Stuart. Für Fans der Band ist diese Box demnach ein ultimativer Pflichtkauf, und auch neugierige Spätgeborene, die sich für diese US-Metal-Legende interessieren, können hier im Prinzip rein gar nichts falsch machen.

[Rüdiger Stehle]

 

Hier noch mal langsam zum Mitschreiben der gesamte Inhalt des Boxsets:


TALES OF TERROR (remastered)
1) Plunging To Megadeath
2) Outer Limits
3) Horrorshow
4) The Mansion
5) There Are No Rules
6) Valley Of The Dolls
7) Metal Merchants
8) Hallows Eve (including Routine)
28:29 min

DEATH & INSANITY (remastered)
9) Death And Insanity
10) Goblet Of Gore
11) Lethal Tendencies
12) Obituary
13) Plea Of The Aged
14) Suicide
15) D.I.E.
16) Attack Of The Iguana
17) Nefarious
18) Nobody Lives Forever
19) Death And Insanity (Reprise)
40:26 min

REHEARSALS JUNE 1984
20) The Mansion
21) Metal Prisoners (Warrior)
06:34 min
total: 75:29 min

DISC 2:

MONUMENT (remastered)
1) Speed Freak
2) Sheer Heart Attack (Queen)
3) Rot Gut
4) Monument
5) Pain Killer
6) The Mighty Decibel
7) The Righteous Ones
8) No Sanctuary
37:32 min

REHEARSALS MAY 1984
9) Scream In The Night (EXCITER)
10) There Are No Rules
11) Eighteen (ALICE COOPER)
12) Hallows Eve
19:30 min

1st DEMO "Tales Of Terror"
13) Hallows Eve
14) Metal Merchants
12:50 min

LIVE 8/17/85 THE MONTREAL PALLADIUM, CANADA
15) Nefarious
16) Horrorshow
07:56 min
total: 77:48 min

DISC 3:

LIVE 9/22/85 CBGB’s, NY (Soundboard Recording)
1) Plunging To Megadeath
2) Valley Of The Dolls
3) Suicide
4) Attack Of The Iguana
5) Lethal Tendencies
6) Evil Offerings (prev. unreleased)
7) The Mansion
8) Metal Merchants
9) Hallows Eve
34:32 min

LIVE 11/24/85 ESSEX, MD
10) Plea Of The Aged
11) Horrorshow
05:45 min

LIVE 11/27/85 CBGB’s, NY
12) Evil Offerings (prev. unreleased)
13) The Mansion
14) Metal Merchants
15) Hallows Eve
17:47 min

LIVE 12/18/86 "SWIZZLES" YORK, PA
16) Goblet Of Gore
17) Nefarious
18) Death And Insanity
19) D.I.E.
20:21 min
total: 78:25 min


DISC 4 (DVD):

LIVE 12/5/88 POUGHKEEPSEE, NY
1) Pain Killer
2) No Sanctuary
3) Goblet Of Gore
4) Rot Gut
5) Monument
6) D.I.E.
7) Speed Freak
8) Drum Solo - Rob Clayton
9) The Mighty Decibel
10) Death And Insanity
11) Valley Of The Dolls
12) Metal Merchants
13) Sheer Heart Attack (QUEEN)
14) Riff Raff (AC/DC)

LIVE 12/12/86 MIDDLETOWN, NY
15) Intro: Obituary
16) Goblet Of Gore
17) Valley Of The Dolls
18) Suicide
19) Plunging To Megadeath
20) Horrorshow
21) D.I.E.
22) Attack Of The Iguana
23) Death And Insanity
24) Lethal Tendencies
25) Plea Of The Aged
26) Metal Merchants
27) Hallows Eve
109:31 min

LIVE 12/18/86 YORK, PA
28) Goblet Of Gore
29) Nefarious
30) Valley Of The Dolls
31) Suicide
32) D.I.E.
33) Attack Of The Iguana
34) Death And Insanity
35) Lethal Tendencies
36) Plunging To Megadeath
37) Metal Merchants
38) Hallows Eve
39) Encore: Evil Offerings (prev. unreleased)
53:27 min

LIVE 11/18/86 NEW YORK, NY
40) Goblet Of Gore
41) Nefarious
42) Valley Of The Dolls
43) Suicide
44) Death And Insanity
45) Lethal Tendencies
46) Plunging To Megadeath
47) D.I.E.
48) Metal Merchants
49) Hallows Eve
43:46 min
total: 206:44 min

(DVD 9) PAL / Region Code: 0

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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