HUNTRESS: Interview mit Jill Janus

19.06.2013 | 15:01

Mit durchschnittlich mehr als sieben Punkten im Soundcheck ist auch der Zweitling von Jill Janus und ihren Mannen ein guter Tipp für traditionell veranlagte Metaller. Wir haben uns vor dem Konzert in Bochum mit der gesprächigen Fronthexe zusammengesetzt, doch lest selbst.

Nils: Ihr seid jetzt seit einigen Wochen auf Tour, läuft alles gut?

Jill: Es läuft fantastisch. Wir sind gerade zurück vom Sweden Rock Festival, für das wir aus den Staaten eingeflogen sind. Damit sich der Trip auch lohnt, spielen wir jetzt noch ein paar Shows in Deutschland. Anschließend geht es nach England zum Download Festival und wieder in die USA, wo wir auf dem Mayhem Festival spielen werden.

Auf eurer letzten Deutschland-Tour wart ihr Support-Act von DRAGONFORCE, das war etwas größer als die kleine Tour jetzt, oder?

Natürlich, das war eine tolle Tour! Es freut uns natürlich, wenn wir von großen Metal-Bands gefragt werden, denn zum einen kommen wir dabei finanziell besser weg und wir können in jeder Hinsicht eine Menge von etablierten Bands lernen. Die Jungs von DRAGONFORCE sind echte Profis und super nett, da kann man nur von profitieren.

Euer Debüt "Spell Eater" erschien im April 2012, jetzt steht die neue LP in den Startlöchern und ihr seid fast das ganze Jahr auf Tour. Wie stellt ihr das an?

Wir sind halt "on fire" (lacht). Aber mal im ernst, alle in der Band haben das gleiche Ziel und wollen HUNTRESS zu einer immer besseren Band machen. Deswegen schaffen wir es auch, jedes Jahr ein neues Album zu veröffentlichen. Ich muss dazu sagen, dass man auch einen Produzenten braucht, der wirklich fähig ist und ein hohes Arbeitstempo hat. Denn wir wollen nächstes Jahr das dritte Album auf dem Markt haben. Darum haben wir uns für Zeuss entschieden, mit dem wir das komplette Album in drei Wochen im Kasten hatten. Es ist ein echtes Heavy-Metal-Album geworden, ohne dass wir unsere Integrität opfern mussten.

Schreibt ihr die Songs während der Tour?

Ja, manchmal passiert das. Auf jeden Fall, bevor wir ins Studio gehen, denn da muss Alles bereits fertig sein. Es gibt also ziemlich viel Pre-Production, ehe wir tatsächlich aufnehmen. Einige der Songs auf "Starbound Beast" haben wir schon letzten Sommer geschrieben, aber das Meiste stammt aus Dezember. Genug Ideen hatten wir also, auch wenn es nicht das Einfachste der Welt war, so schnell wieder ins Studio zu gehen. Aber es war den Aufwand auf jeden Fall wert!

Wer schreibt bei HUNTRESS die Songs?

Im Prinzip die gesamte Band, wobei es schon eine gewisse Aufgabenteilung gibt. Meistens läuft es so, dass die Jungs mir die instrumentale Version eines Songs zeigen und ich dann Texte schreibe und die Gesangsmelodien dazu erarbeite. Manchmal habe ich aber auch eine Idee oder einen Titel für einen neuen Song und die Jungs schreiben Musik, die dazu passt. Das funktioniert wunderbar bei uns, weil man sich natürlich gegenseitig inspiriert.

Die vier Instrumentalisten kennt man bereits aus Underground-Bands wie PROFESSOR oder DARKBLACK, ist HUNTRESS deine erste Metal-Band?

Ich habe vorher schon in Bands gesungen, allerdings war das eher Hard Rock. Und dann waren da die CHELSEA GIRLS, eine reine Coverband. Das war für mich die Initialzündung, HUNTRESS zu gründen und auf diesem Level Musik zu machen.

Kanntest du Blake und Ian schon lange, als sie noch bei PROFESSOR gespielt haben?

Ja, eine ganze Weile. Ich habe die Band getroffen als ich in L.A. Partys promotet habe und fand sie klasse. Ich hab ihnen eine CD gegeben und gesagt: "das sind Demos für meine Band HUNTRESS, für die ich Musiker suche". Sie haben sich dann bei mir gemeldet und fanden, das Material klingt wie MAIDEN auf Diät. Sie wollten es heavier haben. Also haben wir zusammen geprobt und beschlossen, HUNTRESS zu gründen. Aber man darf natürlich DARKBLACK nicht vergessen. Die Konstellation bei uns ist ziemlich witzig: Ian und Blake kennen sich von kleinauf und haben bei PROFESSOR gespielt, Carl und Anthony (ex-DARKBLACK) sind ebenfalls seit Ewigkeiten befreundet. Es fühlt sich an wie eine riesige Familie.

War es einfach für euch als traditionelle Metal-Band, ein Label zu finden?

Ja, ehrlich gesagt schon. Als wir das selbstproduzierte Video zu 'Eight Of Swords' veröffentlichten, hatten wir Angebote von neun Labels, die uns gerne unter Vertrag nehmen wollten. Wir haben uns dann für Napalm Records entschieden, weil man da unsere Ansichten absolut teilt und uns am besten unterstützt.

Nun seid ihr also bei einem europäischen Label, ist es hier besser um die Metalszene bestellt als in den USA?

Absolut! In Amerika ist die Aufmerksamkeitsspanne der Leute viel geringer, nicht nur was Musik angeht. In Europa bekommt man mehr Respekt als Künstler entgegengebracht, die Leute kümmern sich besser um einen. Und außerdem verkaufen wir hier auch mehr Platten. Trotzdem hätten wir natürlich gerne mehr Erfolg in unserer Heimat und wir hoffen, dass sich das ein Stück weit ändert, wenn wir auf dem Mayhem Festival gespielt haben.

Gefällt euch die Rolle als Support-Act gut?

Wir haben zwar ein paar kleinere Headliner-Shows gehabt, aber ehrlich gesagt fühlen wir uns in der Rolle noch nicht so wohl. Wir haben erst zwei Alben aufgenommen und können noch so viel dazu lernen. Mittlerweile bekommen wir aber einen kleinen Club gut gefüllt, was letztes Jahr noch nicht möglich gewesen wäre. Aber da ist noch viel Luft nach oben.

HUNTRESS ist ja eine Band für mehrere Zielgruppen. Die Underground-Fans mögen die Musik und kennen die Vorgänger-Bands, das Mainstream-Publikum kennt eher dich aus den Medien. Profitiert HUNTRESS von deinem Image?

Ich denke schon, und man darf nicht beiseite kehren, dass wir in der Vergangenheit gerade durch mich einige Aufmerksamkeit mehr erfahren haben. Die Dynamik in dieser Sache ist schon ziemlich bizarr, aber anscheinend können diese beiden Faktoren friedlich nebeneinander existieren. Man sieht das ja gut bei unseren Live-Shows, denn alles, was wir aufnehmen, können wir live genau so spielen. Das ist eine ganz ehrlich Angelegenheit ohne Backing-Tracks, Trigger oder was es sonst noch so gibt. Eine straighte "in your face"-Show wenn man so will.

Wo wir gerade wieder über Aufnahmen reden. Von welchem Aspekt des Tourens konntet ihr profitieren, als ihr "Starbound Beast" eingespielt habt?

Durch die zahlreichen Shows sind wir als Band natürlich insgesamt besser geworden und fühlen uns mehr als Einheit, sind selbstbewusster. Ich denke schon, dass man das auch auf "Starbound Beast" hören kann.

Nehmt ihr euch auch mal Urlaub von HUNTRESS?

Wir haben mal hier mal da eine Woche frei, also keine längeren Pausen. Shows für den Herbst und Winter sind schon gebucht, es gibt also viel zu tun. Damit aus HUNTRESS eine größere Band wird, muss man natürlich persönliche und finanzielle Eingeständnisse machen.

Davon habe ich schon gelesen, quasi von null auf hundert. Du hast damals deinen Job gekündigt und alles Geld in die Band gesteckt. War es also euer erklärtes Ziel, von der Musik leben zu können?

Schon immer, seit ich ein kleines Kind war. Ich wollte immer im Mittelpunkt stehen und für anderen Menschen singen. Ein Leben als Berufsmusiker ist für mich der absolute Traum. Aber auch wenn uns das auf Dauer nicht gelingen sollte, ist es ok. In erster Linie lieben wir die Musik.

Wer ist das "Starbound Beast"?

Damit ist der dunkle, geheime Ort gemeint, den es in jedem von uns gibt und der zurück zu den Sternen, zu seinem Ursprung will. Die von gierigen finsteren Mächten durchtriebene Seite des Menschen sozusagen. Das kann eine sehr ruhige, aber auch aggressive Seite sein. Im Prinzip ist es das, was HUNTRESS ausmacht. Nämlich der Kontrast von Schönheit und Brutalität. Ich wollte dieses Konzept auf dem neuen Album weiter ausbauen und damit unsere melodische Seite herauskehren.

Jetzt erklär uns doch bitte, was wir uns bei der Nummer 'I Want To Fuck You To Death' denken sollen., da hatte Lemmy seine Finger im Spiel, richtig?

Ja genau. Lemmy und ich kennen uns seit wir mit den CHELSEA GIRLS gemeinsam mit ihm aufgetreten sind. Wir haben 'Ace of Spades' gespielt und ab und an kam er dazu auf die Bühne. Seither sind wir in Kontakt und treffen uns auf ein paar Drinks wenn wir in L.A. sind. Beim letzten Mal habe ich ihn schließlich gefragt, ob er für das nächste Album einen Song für mich schreiben würde. "Klar", meinte er und zwei Wochen später drückte er mir einen Zettel mit den Lyrics in die Hand. Das war so ziemlich das schönste, was je ein Mann für mich getan hat. Wer würde so nicht sterben wollen?

Habt ihr bei HUNTRESS konkrete Wünsche für die Zukunft?

Wir wollen einfach so weiter machen wie bisher, viele Konzerte spielen und jedes Jahr ein Album herausbringen. Die Resonanz wird stetig besser, das lässt sich bereits sagen. Wir haben ein paar Sponsoren, nämlich Jägermeister und diverse Gitarrenhersteller etc. und viele Fans haben unser Album vorbestellt. Man merkt einfach, dass Heavy Metal nach wie vor lebt und sogar wieder größer wird. Wir wollen einfach nur Teil dieser Entwicklung sein.

Das Label sieht das genau so? Bei der Veröffentlichungspolitik zum Bespiel …

Absolut! Napalm lässt uns machen, was wir halt machen und das ist alles, was man sich erhoffen kann.

Ich frage, weil man von den meisten routinierten Bands den Zwei-Jahresrhythmus gewohnt ist. Jedes Jahr ein Album, das gab es früher mal.

Genau, "wie damals" eben. Deswegen haben wir uns ja auch für Napalm entschieden, weil uns dieser Punkt sehr wichtig war. Sobald wir neue Musik haben, wollen wir sie auch veröffentlichen!

Redakteur:
Nils Macher

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