HIM: Interview mit Ville Valo

21.02.2008 | 07:47

Am Potsdamer Platz, wo die Stars der Berlinale vorbeiglitzern, haben sich HIM, ganz standesgemäß, im Hyatt eingemietet. Es ist eine der ersten Stationen der Finnen auf ihrer aktuellen Tour quer durch Europa. Dazu hatten sie tags zuvor einen freien Tag. Entsprechend entspannt, freundlich und auskunftsfreudig gibt sich der inzwischen abstinent lebende Frontmann Ville Valo beim Plausch mit den beiden Powermetal.de-Schreibern Yvonne Daseking und Henri Kramer.

Henri:
Hi Ville. Schön dich hier in Berlin zu sehen. Wie viele Interviews waren es denn heute?

Ville:
Vier oder fünf Stück waren es schon. Aber das macht nichts, das ist locker.

Yvonne:
Ist es denn für euch etwas Besonderes, wenn ihr hier in Berlin spielt?

Ville:
Ja, eigentlich schon. Denn bei einer unseren ersten Trips nach Deutschland haben wir hier oft Silke besucht, die später unsere Managerin wurde. Sie hat in Kreuzberg gewohnt. Bei ihr haben wir oft rumgehangen und sind durch Clubs wie das "Silver Wings" und das "Wild at Heart" gezogen. Silke wohnt inzwischen in Finnland.
So an sich ist mir Berlin ein wenig zu groß. Und mittlerweile kommen wir auch nicht mehr dazu, uns hier umzuschauen: Wir fahren rein in die Stadt und wieder raus, sehen das Hotel und die Konzerthalle. Heute müssen wir nach der Show nach Mannheim fahren, 650 Kilometer weit. Da bleibt nicht viel Zeit.

Yvonne:
Ihr tourt also nach wie vor mit dem Tourbus?

Ville:
Ja, das ist wie früher. Es ist bequemer in den Bussen - und nach dem Gig kann man sich einfach hinlegen. Das ist besser als erst ins Hotel zu gehen, weil wir dort ja auch nur vier, fünf Stunden schlafen könnten. Den Tag verbringen wir im Hotel und entspannen uns. Generell sind natürlich Reisen in Europa einfacher, hier brauchst du immer nur einen Tag. In den USA ist das anders - da fährt man auch einmal länger.

Yvonne:
Also ist es schon anders als in euren Anfangszeiten?

Ville:
Natürlich, damals haben wir ja auch nur in Finnland gespielt. Und dort gibt es nur an den Wochenenden Konzerte, sonst geht keiner hin - unter der Woche waren wir also zu Hause.

Yvonne:
Da kommen wir zu eurer Geschichte. Zwischen eurem ersten Album "Greatest Lovesongs Vol. 666" und jetzt liegen etwa zehn Jahre. Beschreibe doch einmal kurz diese Zeit.

Ville:
Viel Durcheinander, haha. Es gab natürlich neben den Erfolgen viel Ärger. Außerdem sind wir immer öfter immer weiter herumgereist. Das schlaucht, wir waren oft müde. Außerdem ist so ein Leben auch wegen der Familien nicht einfach, die zu Hause warten.

Yvonne:
Ihr habt also oft Heimweh?

Ville:
Während wir auf Tour sind, haben wir Heimweh und wenn wir wieder daheim sind, kommt das Fernweh, wieder auf Tour zu sein. Ein schlimmer Kreislauf, haha.

Henri:
Und was habt ihr in den zehn Jahren gelernt?

Ville:
Hmm. Ich weiß nicht, was ich darauf nun antworten soll. Auf jeden Fall ist die Angst weg, die als Teenager noch da war. Wir können besser schlafen.

Yvonne:
Und wie ist es für euch, die Songs von damals heute auf der Bühne zu spielen - damals, als ihr sie geschrieben habt, wart ihr ja wohl in einer anderen Gemütslage als nun? Wie fühlen sich die alten Stücke also an, wenn ihr sie spielt?

Ville:
Oh, das ist, als würde man mit seiner Ex schlafen, haha. Das sind sehr gemischte Emotionen, die da hochkommen. Aber die Songs an sich verändern sich mit der Zeit mit uns. Außerdem findest du auf der Bühne jedes Mal etwas Neues, wenn du sie spielst. Aber es ist schon wahr, du siehst sie aus einem anderen Blickwinkel.

Yvonne:
In der Vergangenheit habt ihr einige Coversongs aufgenommen. Es gab auch zuletzt eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit der deutschen Schauspielerin Natalia Avelon. Kannst du dir vorstellen wieder in Zusammenarbeit mit jemandem zum Beispiel NICK CAVE zu covern?

Ville:
An sich schon. Aber mich fragt ja keiner.

Henri:
Ok. Und wie sehen eure nächsten Zukunftspläne aus?

Ville:
Nach unserer Tour jetzt durch Europa brechen wir zu einer anderen Konzertreise auf, die uns durch Australien und Neuseeland führen wird. Dann ist Sommer und Festivalzeit. Haben wir das geschafft, werden wir beginnen an neuem Material zu schreiben.

Henri:
Fassen wir die Zukunftspläne einmal weiter: Wo seht ihr euch in zehn Jahren?

Ville:
Das lässt sich natürlich nicht wirklich beantworten. In zehn Jahren kann sehr viel passieren. Aber ich denke, wir als Menschen bleiben im Grundsatz gleich, nur die Prioritäten verschieben sich. Sollte es HIM nicht mehr geben, hoffe ich aber, dass alle aus unserer Band die guten Erinnerungen an unsere Zeit behalten, und es nicht bereuen in der Band gewesen zu sein. To be or not to be (...wie Hamlet schon sagte... - Anm. der Red.)

Yvonne:
Zurück zum Hier und Jetzt. Wie probt ihr eigentlich?

Ville:
Das kommt ganz drauf an. Für ein neues Album proben wir schon so drei bis vier Monate. Obwohl das natürlich nicht so ist, dass wir jetzt jeden Tag in unserem Übungsraum stehen - wir haben eben keinen Bürojob. Aber es ist zum Beispiel nicht mehr nötig, dass wir Songs wie 'Wicked Game' noch zum tausendsten Mal proben. Solche Stücke proben wir im Endeffekt, wenn wir live auf der Bühne stehen. Konzerte zu spielen ist eh das Beste.

Yvonne:
Zum Ende dieses Interviews: Ich weiß es ist eine merkwürdige Frage: In Deutschland hält sich das Klischee über Finnen, sie gehen gerne in die Sauna. Was sagst du dazu?

Ville:
Hmm, dazu kann ich gar nicht so viel sagen. Ich habe zwar eine Sauna zu Hause, mag das aber eigentlich nicht so. Gas, unser Schlagzeuger, mag es sehr, in die Sauna zu gehen.. Ich gehe lieber lange baden - gestern lag ich vier Stunden in der Wanne. Aber mit den Klischees über Finnland ist das sowieso so eine Sache: Ich bin Vegetarier, hasse Rentiere und mag kein Skispringen.

Henri:
Ok, hast du noch ein paar letzte Worte an die Leser von Powermetal.de?

Ville:
Not dead yet.

Redakteur:
Henri Kramer

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