Gruppentherapie: TRIPTYKON-"Melana Chasmata"

23.04.2014 | 21:57

Blutrot bis dunkelschwarz gefärbtes Silber im April-Soundcheck für die neue TRIPTYKON. Dazu hier die Gruppentherapie.

Thomas Gabriel Fischer aka Tom Warrior, Chefdenker hinter CELTIC FROST, beherrscht auch mit seiner Nachfolgeband TRIPTYKON die düstersten aller Klänge und landet im April-Soundcheck auf Platz zwei. Eine Gruppentherapie ist hier natürlich Pflicht. Viel Spaß!




TRIPTYKON, das Vermächtnis CELTIC FROSTs, zählt zweifellos zu den härtesten und düstersten Bands des Metal-Universums. Meine Bekanntschaft mit diesem Phänomen habe ich auf dem Wacken 2011 machen dürfen, wo die Band für CRADLE OF FILTH eingesprungen ist und relativ frisch mit "Eparistera Daimones" aufwartete und mein Festivalfavorit des Jahres wurde.
Das besagte Debüt rotiert immer wieder mal in meinem Player. Umso gespannter und mit einigen Erwartungen war ich also auf den Nachfolger. Enttäuscht wurde ich keinesfalls, vollkommen zufrieden bin ich aber auch nicht. Das liegt nicht an den in die Tiefe zerrenden Riffs, der markanten Stimme Tom Warriors und der depressiven Gesamtausrichtung, sondern einfach daran, dass mich die Songs anno 2014 nicht so mitreißen und fesseln wie anno 2010. Es gibt zu viele Längen auf "Melana Chasmata". Dabei geht es mit 'Tree Of Suffocating Souls' mit viel Drive sehr gut los, bevor es mit 'Boleskine House' und 'Altar Of Deceit' sehr schleppend und eben auch zäh wird. Das hat TRIPTYKON meines Erachtens vorher etwas besser hinbekommen. 'Breathing' schlägt wiederum in eine ähnliche Kerbe wie der Opener und findet mehr Anklang bei mir. Leider gestalten sich die übrigen fünf Nummern ebenfalls als sehr schwerfällig, aber durchaus auch hochwertig. Nur meinen Nerv trifft TRIPTYKON damit diesmal nicht gänzlich. Trotzdem: Mir fällt spontan kein Band ein, die so zermürbend ist. Beeindruckend erdrückend!

Note: 7,5/10
[Jakob Ehmke]

Als Spätentdeckerin von CELTIC FROST hatte es mich nicht gerade gefreut, dass die Band sich nach ihrem kurzen Wiederaufbäumen mit dem Album "Monotheist" im Jahre 2008 schon wieder auflöste. Zwar war die Gründung von TRIPTYKON umso erfreulicher, fraglich blieb jedoch für mich, ob das von Mastermind Tom Warrior ins Leben gerufene Ersatzprojekt nicht einfach nur ein lauer Aufguss sein würde, der nach jeder weiteren Runde an Aroma verliert.

Dies zu beurteilen ist jetzt Zeit. Mit dem neuen Album "Melana Chasmata" hat der Künstler mich davon überzeugt, dass noch ausreichend Essenz vorhanden ist. Jene Ingredienzien, die mich an den Kompositionen von TRIPTYKON faszinieren, sind auch diesmal wieder vorhanden: Dunkle, schleppende Gitarrenklänge und finsterer, fast gequält herausgebrüllter Gesang, der klingt, als käme er geradewegs aus dem Höllenschlund.

TRIPTYKON bleibt sich treu, ohne stilistische Quantensprünge zu vollziehen. Dazu gehört auch, dass trotz aller lähmenden Schwermut, die sich auf "Melana Chasmata" ausbreitet, immer noch eine Melodie zu erkennen ist. Ein anrührendes Beispiel dafür ist das Stück 'Aurorae', bei dem sich zu Beginn eine fast zärtlich klingende Gitarre ihren Weg durch einen schrill unterlegten Geräuschkörper bahnt. Der Gesang ist hier weniger aggressiv als vielmehr melancholisch, dennoch vermag das Stück eine insgesamt dramatische Steigerung zu vollziehen.
Aus dem Wutgeschnaube des Warriors hebt sich außerdem Track zwei mit dem Titel 'Boleskine House' hervor. Hier wird als sensibles Element eine weibliche Gesangsstimme eingeflochten. Es ist dieser Gegensatz aus brüllenden männlichen Vocals und feenhafter Frauenstimme, der dem Song den besonderen Reiz verleiht.

Insgesamt gelingt es TRIPTYKON mit "Melana Chasmata", mit asketischen Mitteln Musik von hoher Intensität zu erschaffen. Das ist nach meiner Auffassung das Besondere an diesen Künstlern, das sich auch auf der aktuellen Veröffentlichung einmal mehr wiederfindet.

Note: 9.0/10
[Erika Becker]


Ich muss gestehen, dass ich in den Neunzehnhundertachtzigern kein besonders großer CELTIC FROST-Fan war. Somit bin ich in der seltsamen Situation, die musikalische Vision von Thomas Gabriel Fischer wohl erst mit seinem Alterswerk unter dem Namen TRIPTYKON wirklich verstanden zu haben. Vermutlich kann er sie inzwischen in solcher Perfektion zum Ausdruck bringen, dass jemand, der eigentlich nicht zum Lachen in den Keller geht, nun auch von der Zerrissenheit, Traurigkeit und emotionalen Tiefe dieser Musik ergriffen wird. 'Three Of The Suffocating Souls' kriege ich seit Wochen genauso wenig aus dem Ohr wie 'Altar Of Deceipt' oder 'Black Snow'. Ich bin völlig fasziniert davon, wie selbstverständlich "Melana Chasmata" zutiefst melancholischen Doom Metal mit ursprünglichem Black/Death und einer Komponente, die ich beinahe schon Dark Post Rock nennen würde ('Aurorae'), verschmilzt. Jedenfalls zieht mich dieses Album bei jedem Hören abgrundtief in seinen Bann und hinterlässt Gefühle, die sich am besten als beklemmende Faszination und diabolische Grenzenlosigkeit beschreiben lassen. Wer Lust auf ein tiefschwarzes musikalisches Abenteuer auf höchstem Niveau hat, macht mit dem Kauf dieses Albums sicher keinen Fehler. Ich selbst finde nach intensiver Beschäftigung mit TRIPTYKON inzwischen sogar immer mehr den Draht zum CELTIC FROST-Erbe.

Note: 8,5/10
[Martin van der Laan]

Wenn ich im Gegensatz zu Martin heute längst keinen Schlüssel mehr brauche, um mich emotional auf das Schaffen aus Herrn Fischers Feder einlassen zu können, dann liegt das wenig überraschend daran, dass eben dieser Herr aus der Schweiz mit seinen früheren Bands HELLHAMMER und CELTIC FROST wie kaum ein Zweiter Einfluss auf jene Szene genommen hat, die für mich bis heute mein zentrales musikalisches Zuhause ist. Vieles von dem, was Anfang der 1990er die zweite Black-Metal-Welle entscheidend prägte, wäre ohne Tom Warrior kaum denkbar, und all das findet sich in seiner aktuellen, in der Substanz jedoch nahezu unveränderten monolithischen Größe auch bei TRIPTYKON wieder. Wie schon "Eparistera Daimones" vor vier Jahren, so vereint auch heute "Melana Chasmata" all das in sich, was man von einer Band erwarten kann, die als Reinkarnation des Archetypus der Bereiche Black, Death, Gothic und Doom Metal gelten mag. TRIPTYKON ist einmal mehr durchsetzt von schmerzerfülltem, finsterem Martyrium, von langsam und doch unaufhaltsam dahin fließender, zäher, erkaltender, schwarzer Lava, von archaisch dräuenden Riffs, von doomigem Beat, von garstigen Ausbrüchen, von verneinender, hasserfüllter Kälte. Doch das ist nicht alles. "Melana Chasmata" lebt, so wie es bei Tom Warriors Bands stets der Fall war, auch vom Kontrapunkt. Vom feinen Kontrastmittel, wie etwa der beschwörenden Anmut, die sich in gelegentlichen weiblichen Gesangsparts bei 'Boleskine House' findet, vom mitreißenden Drive mancher eingängig und flott riffender Passagen, welche bei 'Breathing' das doomig inszenierte Leiden durchschneiden, oder von einer gruftigen Trance wie beim großartigen 'Aurorae'. Wie bereits in früheren Phasen seines Schaffens, so erschafft Tom auch mit TRIPTYKON kein eindimensionales, finsteres Werk ohne glänzende Facetten, sondern er verbindet all die düsteren Spielarten des Heavy Metals in einem schlüssigen, und dabei doch unglaublich vielseitigen Werk, das dem fröhlichen Gemüte zwar durchaus einen sonnigen Tag verfinstern kann, das aber andererseits den Freunden dunkler Tonkunst auch als schwarze Sonne in allerlei farb- und hoffnungslosen Tönen strahlen kann.

Note: 9,0/10

[Rüdiger Stehle]





Mit TRIPTYKON habe ich ein Problem. Sobald sie losholzen wie im Opener 'Tree Of Suffocating Souls' erkenne ich CELTIC FROST und finde es großartig! Aber niederschmetternde Soundeskapaden wie in 'Boleskine House' nerven mich eher. So bringt Tom  Warrior das Kontrastprogramm gleich anfangs unter und kann mich auch im Folgenden nicht immer mitreißen. Das ist sicher große Kunst, aber am Stück ist "Melana Chasmata" schwer zu ertragen. Okay, viel besser als der Vorgänger, aber das ist ja auch nicht schwierig. So bleiben ein paar starke Stücke wie der Opener, das blitzschnelle 'Breathing', die Doomer 'Aurorae' und 'In The Sleep Of Death' sowie das atmosphärische 'Waiting' als Highlights eines guten Albums, das mir aber doch etwas zu bedrückend ausgefallen ist, um es öfter hören zu wollen. Aber allein für 'Tree Of Suffocating Souls' muss der CELTIC FROST-Fan zugreifen. Allein schon wegen des typischen "uuurgh".

Note: 6,5/10
[Frank Jäger]


Müder Krieger? Das waren mit die ersten Gedanken, die mir am Ende von "Melana Chasmata" durch den Kopf gingen, denn im Vergleich zum Vorgänger zeigt sich Tom Warrior auf dem neuen Album beinahe altersmilde. Doch das merkt man erst nach ein paar Liedern, denn zunächst geht es mit 'Tree Of Suffocating Souls' ziemlich genau da weiter, wo "Eparistera Daimones" aufhörte. Extrem fies, extrem brutal und schlichtweg extrem bollert der überlange Brecher los und jeder Fan des Fischerschen Lebenswerks fühlt sich direkt heimisch. Doch recht bald fallen die Unterschiede auf, die Lieder sind straighter, beinahe eingängig in manchen Teilen. Der Vorgänger zog einen großen Teil seiner unerbittlichen Dunkelheit auch daraus, dass dort konsequent gegen jegliche Hörgewohnheiten angespielt wurde, was auf dem neuen Album nicht mehr so ist. Doch dann kommen die sanften Nackenschläge in Form der gotischen Ausflüge mit Frauengesang in 'Boleskine House' und vor allem dem abschließenden 'Waiting'. Das gab es zwar auch schon bei CELTIC FROST, aber so richtig will es einfach nicht passen und weicht letztendlich den Gesamteindruck eines immer noch starken Albums auf. "Melana Chasmata" ist zwar nicht so verzettelt wie "Monotheist", an die monolithische Größe des TRIPTYKON-Debüts kommt es aber auch nicht heran.

Note: 8,0/10
[Raphael Päbst]




Thomas Gabriel Fischer hat es geschafft: Er hat nicht nur vor wenigen Jahren mit TRIPTYKON den einzig legitimen CELTIC FROST-Nachfolger ins Rennen geschickt, er hat auch mit "Melana Chasmata" die Klasse des Debüts "Eparistera Daimones" halten können. Der neuste Hassbatzen ist eine tiefschwarze, zähe Black-/Thrash-/Avantgarde-Mischung, die in bester Abrissbirnen-Manier wütet. Dabei kopiert Fischer in keinster Weise das Debüt, sondern fügt der Ursuppe eine beklemmende, fast schon depressive Note hinzu. Die ersten Takte von 'Tree Of Suffocating Souls' ziehen den Zuhörer in den dunklen Bann, aus dem er sich bis zum Abschlussbrocken 'Waiting' nicht befreien kann. Die Stimmung passt, die Songs sind so außergewöhnlich wie spannend, und man darf sich auf die kommenden Live-Shows von TRIPTYKON freuen. Mit solch einem Album auf der Habenseite lässt Fischers Tom die seelenlosen Marionetten tanzen.

Note: 9,0/10

[Marcel Rapp]

Redakteur:
Thomas Becker

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