Gruppentherapie: THE SHADOW THEORY - "Behind The Black Veil"

01.12.2010 | 07:42

Dass Devon Graves in unserer Redaktion viele Fans hat, dürfte bekannt sein und so ist es vielleicht keine Überraschung, dass THE SHADOW THEORY bei uns das "Album des Monats" abliefern. Leicht gemacht haben wir es uns damit allerdings nicht, wie diese Gruppentherapie beweist.


Devon Graves ist zurück und hat neue Männer um sich geschart. Mit Johanne James (THRESHOLD) an den Fellen und Kristoffer Gildenlöw (ex-PAIN OF SALVATION) am Bass hat er auch ein paar bekannte Namen an Land gezogen. Der Kopf der Schattentheorie ist aber der charismatische Frontmann, der Poet, der Beschwörer. THE SHADOW THEORY sind dabei durchaus ein hartes Stück Arbeit. Die Geistergeschichte ist anfangs schwer zu (be)greifen und lässt den Hörer gleichermaßen verwirrt wie beeindruckt zurück. Deutlich düsterer als bei DEADSOUL TRIBE oder PSYCHOTIC WALTZ flüstert und singt sich Devon durch die elf Tracks und beweist dabei eine ungeheure Wandelbarkeit. Dazu kommen mit jedem Spin mehr Anker, die man aufnimmt: da haben wir die herrlichen Devon-Flöten im Opener 'I Open Up My Eyes', das federleichte 'Selebrate', das beschwörende 'A Cradle In The Gallery' und die abschließende 'Bohmian Rhapsody'-Verneigung 'A Symphony Of Shadows'. Alles Beweise, dass "Behind The Black Veil" mit jedem Durchgang wächst und den Hörer tiefer und tiefer in seine Geisterwelt zieht. Fantastisch.

Note: 9,0/10
[Peter Kubaschk]


Was der gute Herr Graves hier aus dem Hut zieht, das ist schon irgendwie ein magisches Scheibchen. Ganz offen muss ich bekennen, dass die erste Bemerkung, die ich hier auf meinen Notizblock gekritzelt habe, lautet: "Furchtbar anstrengend - 3,5". Da hatte mich die Schattentheorie wohl komplett auf dem falschen Fuß erwischt, doch mit jedem weiteren Durchlauf wuchs "Behind The Black Veil" immer weiter, und langsam dämmert mir, dass ich das Debütalbum der neuen Truppe des charismatischen Frontmannes mit der Querflöte zunächst sträflich verkannt und wohl auch zuletzt noch zu zurückhaltend bewertet habe. Denn jeder neue Anlauf lässt mich als Hörer tiefer vordringen, in das dunkle, verfallene Haus voller Staub, Spinnweben und Mysterien. Die geisterhaften Leadmelodien der Querflöte, der beschwörende Gesang und die mystischen akustischen Gitarren bilden einen herrlichen Kontrast zu den wuchtigen, durchaus modern klingenden Riffs und Keyboard-Sequenzen und erzeugen zusammen eine ergreifende Horror-Atmosphäre. Ja, mittlerweile bin ich mir sicher, dass die Note, welche ich im Soundcheck vergeben habe, zu niedrig war. Denn nachdem mich das Album nun bereits auf breiter Ebene fasziniert, ohne dass ich in Ermangelung der Texte überhaupt erst in das dahinter stehende Konzept einsteigen konnte, kann ich nur erahnen, wie weit das Album noch klettern könnte, wenn sich mit dem Eintreffen der CD auch die Story hinter "Behind The Black Veil" erschlossen hat. Aus der Voreiligkeit habe ich zu lernen ...

keine Wertung
[Rüdiger Stehle]



Ja, natürlich ist der Soundcheck-Sieger immer etwas Besonderes. Und auch THE SHADOW THEORY bietet viel, so viel steht nach mehrmaligem Hören wie in Stein gemeißelt auf dem Altar des facettenreichen Metals. Allein das Stichwort "Horror" verbindet die zahlreichen Einflüsse, derer sich das Quintett um Devon Graves bedient. In den großen Spuren des Meisters mit dem speziellen Gruseldiplom KING DIAMOND wandelt eine wahre Superstartruppe, die ihr Potential durchaus auszuschöpfen weiß. Und doch bricht die Atmosphäre des Albums in seinen elf Akten immer wieder auf, um mit einem großen Fingerzeig auf die zwar gekonnt eingeflochtenen Einflüsse zu deuten, aber letztlich doch allzu heftig klarzumachen, dass dieses Element von einer anderen Superstartruppe entlehnt wurde. So wird der Hörer als Spielball zwischen Szenegrößen wie QUEENSRYCHE, NEVERMORE, THRESHOLD und den oben erwähnten königlichen Diamanten hin und her geworfen. Zu keinem Zeitpunkt fühle ich mich in dieser dynamischen Bewegung unwohl, denn THE SHADOW THEORY bereichert den Gesamtbrei durchaus durch eigene Salz- und Zuckerbrisen, doch letztendlich kann so der einzigartige Funke nicht überspringen. Vielmehr klingt THE SHADOW THEORY mit ihrem Debut genau nach dem, was sie ist: Eine interessante Mischung verschiedenster Einflüsse, zusammengemengt auf höchstem technischen Niveau. Doch was das Stichwort Homogenität angeht, so haben das in der jüngeren Vergangenheit andere besser hinbekommen. Um nur einen Namen zu nennen: TRANSANTLANTIC. Und so verbleibe ich zwiegespalten, was das Album sicherlich genauso charakterisiert.

Note: 7,0/10

[Julian Rohrer]


Die Drogen nehmen überhand, die Groupies sind dümmer als der tote Kanarienvogel und beim Blasen auch noch ungeschickt, die Sozialphobie kommt mit 'Highway To Hell'-Zurückhaltung, da mag der Rockstar in einen emotionalen Abwärtsstrudel geraten und sich von Paranoia gepeinigt im Bett wälzen. Der triviale Überbau, den sich die Band um Devon Graves für die Traum-im-Traum-im-Traum-Schauergeschichte ihres Erstwerks gezimmert hat, nimmt ihr Ernsthaftigkeit und Tiefe. Kristoffer Gildenlöw ist damit vorläufig von der PAIN OF SALVATION-Last, den Sinn des Lebens unbedingt ergründen zu müssen, befreit. Wie auf "Beyond The Black Veil" der Trip der Junkiehauptfigur nachgezeichnet wird, ist allerdings bemerkenswert. Bisweilen durch Graves' Querflöte ins Groteske getrieben, entwickelt sich ein oft von Gegensätzlichkeit bestimmtes Szenario. Prärieakustikgitarren vermitteln Behaglichkeit, nur um wenig später mit verzerrten Riffs zum inneren Kampf herüberzuschalten und schließlich mit Platinen-Orchester-Passagen zu konkurrieren. Zufriedenheit, Verzweiflung, Größenwahn – alles in einer nachvollziehbaren Aufreihung. Loops knistern. Flüstern, Gewimmer und farbenfroher mehrstimmiger Gesang schlängeln sich durch den Klangirrgarten, der viele überwucherte Eckchen hat. Am Ende steht die SHADOW THEORY, talentiert und individuell formuliert, Stoff für viele Stunden liefernd.

Note: 8,5/10

[Oliver Schneider]


Ich bin nicht der große Prog-Metal-Fan, aber THE SHADOW THEORY kann man sich wirklich antun. Flöten, Synthies und Computerklänge machen den besonderen Reiz aus und im Gesang wird angenehm viel variiert – allerdings ist dieser zumindest für mich ein Manko, die Stimme von Devon Graves ist sehr gewöhnungsbedürftig. "Behind The Black Veil" ist ein sehr abwechslungsreiches Album. Bei jedem neuen Durchlauf erschließen sich neue Facetten und die Gitarre fetzt ordentlich. THE SHADOW THEORY experimentieren viel, ohne den Sound damit zu überfrachten. Auch für Nicht-Prog-Fans ist diese Scheibe durchaus interessant.

Note: 8,0/10

[Pia-Kim Schaper]

Redakteur:
Peter Kubaschk

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