Gruppentherapie: LUCIFER - "Lucifer V"

08.02.2024 | 12:26

Endlich der große Wurf oder noch weniger als vermutet?

Im Soundcheck auf solidem Platz Neun, keine allzu kontroversen Noten, warum machen wir hier also eine Gruppentherapie? Weil wir es können? Weil LUCIFER gerade mit ANGEL WITCH und THE NIGHT ETERNAL auf Tour ist? Moment, "okkulter-Doom-Pop" (zu Frank Jägers Hauptreview) spielt nach der NWoBHM-Legende? Womit haben wir das verdient?

Mit dem fünften Studioalbum ist der multinationalen Band LUCIFER um das Andersson-Paar ein schöner Mix aus Retro Rock, Doom Metal und leichten Psychedelic-Einflüssen gelungen, der mich sehr überzeugt. Mehr als ein Mal denke ich an AVATARIUM, merke aber, dass der aktuelle LUCIFER-Sound tiefer in den Siebzigern verortet ist und weniger stark auf gotisch-wavige Einflüsse schielt.

Der fette Gitarrensound von THE HELLACOPTERS-Gitarrist Nicke passt dabei hervorragend zu Johannas Gesang, der für mich zwischen erwähntem AVATARIUM-Klang und FLEETWOOD MAC Ende der Siebziger liegt. Da die Songs auch überzeugen, bin ich rundum begeistert von dieser guten Scheibe. Eigentlich schade, dass ich bisher nur eine Studio-Scheibe da habe, das muss ich wohl ändern.

Note: 8,5/10
[Jonathan Walzer]

 

Hatte ich im Oktober 2021 noch so meine Problemchen mit LUCIFER und dem damals aktuellen "Lucifer IV", geht mir das neue Scheibchen der Truppe doch um einiges erfolgreicher durch die Gehörwände.

Zugegeben, der große Wurf ist "Lucifer V" zwar nicht, doch ist der rockige Doom mir schlichtweg empfänglicher, da detailverliebter, emotional mit etwas mehr Tiefgang gesegnet und die Songs griffiger. Der Vorgänger war nicht schlecht und obgleich die Band auch an ihrer nicht gerade neuen, aber effektiven Okkult-Ausrichtung nichts geändert hat, passt sie sich meiner aktuellen Stimmung ein wenig besser an. An Johannas Stimme habe ich mich gut gewöhnen können, der Doom ist angenehm schwer, die instrumentalen Spielereien verspielter und auch wenn zum Ende hin "Lucifer V" dezent die Puste ausgeht, ist LUCIFER wieder auf der Bahn. Ich bin nach wie vor kein allzu großer Freund der Retro-Rock-Welle und vor allem in den Wintermonaten gelüstet es mir dann doch nach etwas Frischem, aber für den kleinen Hauch Okkult-Doom aus rockigen Gefilden bin ich dennoch zu haben.

Note: 7,5/10
[Marcel Rapp]


Ich verfolge Johanna schon seit seligen THE OATH-Zeiten Zeiten und habe dann meine Zeit gebraucht, um mit dem LUCIFER-Debüt von 2015 warm zu werden. Schlussendlich konnte ich dieser ziemlich doomigen, sperrigen und vor allem kantigen Angelegenheit doch einiges abgewinnen. Aber es brauchte seine Zeit.

Als großer THE HELLACOPTERS und IMPERIAL STATE ELECTRIC-Fan war dann aber mit dem Einstieg von Nicke Andersson pünktlich zum zweiten Album klar, dass es jetzt konstant aufwärts gehen musste. Die Kombination aus dem bisherigen Okkult Rock und dem schwedischen Händchen für feine Melodien, bockstarke Hooks und große Refrains sollte den bislang fehlenden Zug zum Tor entwickeln und die nächsten Stufen locker im Sturm nehmen. Leider war "Lucifer II" ein so belangloses und orientierungsloses Werk, dass ich fast die Lust an der Band verlor. Erwartungen sind schon was Fieses.

Die beiden Folgealben waren dann wieder deutlich besser, konnten das mögliche Potential aber immer noch nicht komplett abrufen. Das war zwar partiell mitreißend aber auf Albumlänge doch nicht komplett überzeugend. Bis jetzt.

"Lucifer V" ist endlich das Album, auf das ich seit 2018 warte. Unverkennbar LUCIFER aber mit mehr Spaß in den Backen, zugänglicher komponiert und endlich auch mal auf die komplette Länge befriedigend. Selbst die "Hits" von früher hätten es schwer gehabt hier zu bestehen und würden neben Perlen wie 'At The Mortuary', 'A Coffin Has No Silver Lining' oder 'Maculate Heart' ziemlich blass aussehen. Ich bin schwer angetan.

Note: 8,5/10
[Stefan Rosenthal]

Ich hatte ja gar keine Erwartungen, lieber Stefan, und muss trotzdem sagen: LUCIFER ist weniger. Weniger mitreißend als BLUES PILLS, weniger künstlerisch-doomend als AVATARIUM, weniger okKULTig als BLOOD CEREMONY, weniger verhext als COVEN. Was macht man also mit einer Band, die in jeder Hinsicht zweitrangig ist? Man legt sie auf, wenn man keine Lust auf die genannten Bands hat, sondern Bock auf den Mix daraus. Und dafür eignet sich "Lucifer V" durchaus.

Leider wird trotzdem schnell klar: Die Abnutzungserscheinungen des Albums sind schon nach den ersten Durchläufen spürbar. Das liegt daran, dass der Mix eben nicht mehr sein kann als ein Mix. Da werden die Ecken und Kanten für den gefälligen Genuss radikal abgeraspelt. Das spült sich zwar angenehm weich durch die Gehörgänge, bleibt aber naturgemäß auch weniger stark hängen. Für mehr als ein "ganz ok" reicht es dann leider nicht.

Note: 6,5/10
[Julian Rohrer]

 

Maculate Heart (Radio Edit)

https://www.youtube.com/watch?v=uOIA6RONj5k

 

Mir geht es hier ähnlich wie Stefan. Das erste Album (zum Review) konnte bei mir gut punkten, kam es doch zu einem Zeitpunkt, als ich alles, was leicht psychedelisch-doomiges mit weiblichem Gesang war, aufgesaugt habe wie ein Schwamm. Das zweite fand ich dann eher enttäuschend (zum Review) und das dritte langweilig. Danach war das Interesse weg. "Lucifer V" ist also mein Comeback in Sachen LUCIFER. Natürlich wird mein erneuertes Interesse auch dadurch getriggert, dass LUCIFER zusammen mit ANGEL WITCH tourt und ich beide bald sehen werde. Und die Vorfreude auf das Konzert steigert sich beim Hören von "Lucifer V" durchaus. Es gibt schon ein paar sehr charmante Songs auf der Teufelin Fünfter. Drei davon nennt Stefan schon. Und da ich es immer besonders mag, wenn es ein wenig slow-bluesig wird, füge ich noch 'Slow Dance In A Crypt' dazu.

Ein klein bisschen kann ich aber auch Julian verstehen. Auch ich finde BLUES PILLS und AVATARIUM einfach noch mitreißender, vor allem, weil sie eben doch noch einen Ticken charismatischer im Gesangsbereich sind. An manchen Stellen würde ich mir noch ein wenig mehr Lametta in Johanna Sadonis/Anderssons Stimme wünschen. Eine Elin Larsson oder Jennie-Ann Smith kann auch einen eher mittelmäßigen Song noch aufpolieren, Johanna schafft das meiner Meinung nach nicht. Auf dass sie mich diesen Sonntag Lügen straft!

Note: 7,5/10
[Thomas Becker]

 

A Coffin Has No Silver Lining (The Sistine Version)

https://www.youtube.com/watch?v=-EZkgyp9D18

 

Fotocredits: Chris Shonting/Nuclear Blast

Redakteur:
Thomas Becker

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