Gruppentherapie: BLOODBATH - "Survival Of The Sickest"

11.10.2022 | 20:07

Es ist angerichtet: Kollege Nils sprach in seiner Rezension von einer "standesgemäßen Todes-Vertonung". Dem können wir uns im Hinblick auf "Survival Of The Sickest", dem neuesten BLOODBATH-Dreher, eigentlich nur anschließen. Ein standesgemäßes Artwork, ein derber Sound, den Death Metal der alten Schule im Gepäck - BLOODBATH hat ein richtig schmuckes Scheibchen vorgelegt, der wir in der vorliegenden Gruppentherapie auf den Grund gehen.

Bevor wir auf die Beiträge der Kollegen eingehen, möchten wir euch noch auf die Haupt-Rezension aufmerksam machen, die ihr hier nachlesen könnt. Nun aber zu den Gründen, weshalb wir "Survival Of The Sickest" so gut finden...

 

Auch hier isst das geschmackvolle Artwork wieder mit. Bitte was? Ja richtig, denn in Anbetracht der äußeren "Survival Of The Sickest"-Hülle habe ich richtig Bock auf eine Partie Death Metal. Und weshalb mir auch auf musikalischem Wege die neue BLOODBATH-Scheibe so gut gefällt, lässt sich schnell auf den Punkt bringen: Sie klingt wieder nach BLOODBATH! Während "Grand Morbid Funeral" trotz gutem Start nicht die erhoffte Langzeitwirkung innehatte und "The Arrow Of Satan Is Drawn" vor lauter Schwärze den alten Geist nicht so recht einfangen wollte, hätte "Survival Of The Sickest" auch direkt nach dem 2002er Debüt und dem 2004er Albtraum erscheinen können. Der wütende und blutrünstige KATATONIA-/PARADISE LOST-/WITCHERY-Bastard zeugt von der gewissen Prise Hass, Geröll und Spielfreude. Mein innerer Zombie schlägt Purzelbäume ('Zombie Inferno'), mein episches Ich hebt sich empor ('No God Before Me'), schmelzendes Fleisch gräbt sich durch mein Gehör, die Maden feiern eine kleine Orgie und über allem steht der kurzweilige, alles kurz und klein schlagende Death Metal der alten Schweden-Schule. Natürlich bleiben die ersten beiden BLOODBATH-Alben unangefochten an der Spitze, doch für die nette Schnitzeljagd zwischendurch sorgt "Survival Of The Sickest" für den passenden Soundtrack.

Note: 8,0/10
[Marcel Rapp]

Als Gorehound (und ich schreibe explizit nicht Horrorfan) hat man es nicht mehr leicht. Fast täglich verschwinden Grenzerfahrungen der Jugend vom Index, weil sie auch einfach nicht mehr den Schockmoment bieten wie damals. Im Gegenzug werden aber auch immer weniger Medien aufgrund von Gewaltexzessen indiziert oder gar beschlagnahmt. Nicht, dass das ein Qualitätsmerkmal darstellen würde; es geht mir eher um den Punkt, dass man eine Gewaltspirale auch nicht unendlich hochdrehen kann und so langsam, aber sicher, die Geschichte auserzählt ist. Das Publikum ist abgehärtet oder abgestumpft, je nach Blickwinkel. Das betrifft Filme, genauso wie Comics oder halt (Death-)Metal-Platten. Die "Butchered At Birth"-Zeiten kommen halt nicht wieder. Somit stellt sich für jede Genreband (und kaum ein Genre ist so limitierend wie der ursprüngliche Death Metal) die Frage, was kann man den nun Neues erzählen. Und diese Aufgabenstellung, fand ich persönlich, wurde von BLOODBATH auf den Alben "Grand Morbid Funeral" hervorragend und "The Arrow Of Satan Is Drawn" gut gelöst. Doch schon das Cover-Artwork von "Survival Of The Sickest" deutet eine leichte Rückbesinnung an. Weniger düster und morbide, sondern eher wieder "matschig". Doch weder die Verpackung noch die Lyrics schocken oder begeistern mich nachhaltig. Somit kommt das zutrage was die Zukunft der Death-Metal-Alben oder Splatterfilme betrifft. Es kommt halt mittlerweile darauf an, wie gut die Handlung ist oder wie gut die einzelnen Songs funktionieren.

Und BLOODBATH liefert mal wieder ab. Gleich der Opener 'Zombie Inferno' macht soviel Laune, dass ich mir kaum vorstellen kann dieses Jahr nochmal gleichwertiges Material zu hören. So würde SIX FEET UNDER gerne mal klingen. Wie Kollege Nils in seiner Rezension muss auch ich PARADISE LOST-Frontmann Nick Holmes hervorheben, der alle elf Songs nochmal eine Liga nach oben katapultiert. Das klingt dreckig, derb, fies und trotzdem jederzeit verständlich. Chapeau! Aber auch der Rest der Gang klingt unfassbar tough und schafft es sogar wieder, ganz unterschwellig, wie in 'Malignant Maggot Therapy' Melodien einzuweben ohne dass es diese Art von Musik verweichlichen würde. Auch wenn es außer dem bereits erwähnten 'Zombie Inferno' und dem Abschluss 'No God Before Me', welcher das Erbe der letzten zwei Alben weiterführt, keine weiteren besonderen qualitativen Ausreißer nach oben gibt, muss man BLOODBATH attestieren, dass es kein einziger schwacher Track auf das Album geschafft hat. Somit unterschreibe ich die Note meiner beiden Kollegen und addiere noch den halben Punkt für den Genre-Fan hinzu.

Note: 8,5/10
[Stefan Rosenthal]

Im Großen und Ganzen muss ich meinem Kollegen Stefan beipflichten: BLOODBATH liefert auf dem neuen Langdreher "Survival Of The Sickest" wirklich ab und Ausfälle suche ich auch Wochen nach dem ersten Genuss der Scheibe vollkommen vergeblich. Für mich persönlich ist der Silberling auch ein deutlicher Sprung in die richtige Richtung nach dem doch etwas schwächeren Vorgänger "The Arrow Of Satan Is Drawn", der zwar beileibe nicht schlecht war, mich aber nie so richtig abholen konnte und entsprechend bis heute noch nicht seinen Weg in meine Sammlung gefunden hat. Dagegen werden es Songs wie 'Zombie Inferno' oder das herrlich melodisch angehauchte 'Malignant Maggot Therapy' sicher noch öfter in meine Playliste schaffen. Und auch das von Marcel und Stefan bereits erwähnte 'No God Before Me' wächst mit jedem Durchlauf und scharrt langsam mit den teuflischen Hufen, um sich vielleicht doch zu meinem Höhepunkt des Silberlings zu mausern. Für mich als Gitarristen dabei immer wieder besonders herrlich sind die sägenden Gitarren, deren Riffs sich durch den Gehörgang fräsen wie eine gut geölte Kettensäge. Ebenso geölt klingt auch das mächtige Organ von Nick Holmes, der mit seinen Growls wieder einmal die Messlatte ordentlich nach oben schraubt und eine geradezu majestätische Leistung abliefert. Entsprechend liegt meine persönliche Wertung sogar noch einmal einen halben Punkt über der von Stefan, auch wenn natürlich erst die Zeit zeigen wird, ob sich "Survival Of The Sickest" auf lange Sicht als Highlight im BLOODBATH-Kosmos etabliert. Aber aus der aktuellen Begeisterung angesichts der Platte heraus gibt es 9,0 Punkte, die mehr als verdient sind.

Note: 9,0/10
[Tobias Dahs]

"Ach, mal wieder ne neue BLOODBATH, nett!" So oder so ähnlich waren wohl meine Gedanken, als "Survival Of The Sickest" auf meinem Radar erschien. Dass das Album dieser Death-Metal-"Supergroup" aber so eine krasse Abrissbirne ist, habe ich überhaupt nicht erwartet. Hier stimmt einfach alles, das Songwriting ist für old-school-Todesstahl enorm abwechslungsreich und wurde mit einem angenehm modernen Klangbild ausgestattet, von Groove bis Geballer wird alles geboten, das Gitarrenspiel ist absolut prägnant, Nick Holmes grunzt in seiner ganz eigenen Art. Aber mein persönliches Highlight ist das Schlagzeugspiel von Martin Axenrot, es ist eine helle Freude den (Ex-)OPETH-Drummer mal wieder Metal-Drums spielen zu hören. "Survival Of The Sickest" bietet in hoher Qualität maximale Unterhaltung, da kann man gar nicht weghören.

Note: 8,0/10
[Jakob Ehmke]

Ich gebe zu, ich war von der Einstellung ein Stück weit bei Jakob. Mit einer neuen BLOODBATH-Scheibe kann man ja bekanntlich nichts falsch machen, aber einen Hammer hatte ich nicht erwartet. Die einstige Supergroup ist längst ein normaler Player im internationalen Death-Metal-Zirkus geworden. Zugegebenermaßen ein zuverlässiger, sehr solider Player, aber der Sonderstatus von einst ist längst weg. Erst mal möchte ich gerne den großartigen Gesang von Nick Holmes hervorheben. Nachdem er mich bei PARADISE LOST zum Teil auch gelangweilt hatte, ist das hier großes Kino. Das Gitarrenspiel ist hervorragend und die Songs sind durch die Bank stark. Dazu überzeugt die druckvolle, klare, aber nie "moderne" Produktion. Natürlich ist das hier kein neues Death-Metal-Meisterwerk, aber im Genre-Bereich habe ich schon lange nichts Besseres zu hören bekommen.

Note: 8,5/10
[Jonathan Walzer]

Redakteur:
Marcel Rapp

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