Gruppentherapie: ASHES OF ARES - "New Messiahs"

14.08.2025 | 15:39

Klappt der Sprung aus dem Schatten von ICED EARTH?

Und weiter geht es mit unserer Gruppenevaluation einiger Alben aus dem Juli-Soundcheck. Hinter unserem Sieger MOTORJESUS (zur Gruppentherapie von "Streets Of Fire") findet ihr auf Platz zwei ASHES OF ARES. Genau, die Combo mit Matt Barlow (ex-ICED EARTH) am Mikro und seinem Compagnon Freddie Vidales. Nun, so richtig kontrovers finden unsere Soundchecker das Album nicht, Hauptrezensent Mario spricht hier eine "absolute Hörempfehlung" aus (zu seinem Review von "New Messiahs"), vom Cheffe gibt es gar ein Interview mit den beiden Äschernen. Doch in der Gruppenverarztung geht es ja öfters ans Eingemachte. Bleiben die "New Messiahs" hier auch verschont?



Warum ich das Album so gut finde? Weil Matt Barlow wieder Matt-Barlow-Dinge tut. Vor allem in Zeiten, in denen ICED EARTH wohl der Geschichte angehört, wird man bei "New Messiahs" häufig an die Glanzzeiten der Band erinnert. Dabei ist auch Vidales' markantes Gitarrenspiel präzise, offensiv und progressiv, passt damals wie auch heute wie die Faust aufs Auge.

Tatsächlich brauche ich bei ASHES OF ARES-Alben immer zwei, drei Durchgänge um hinein zu kommen, doch diesmal gelingt es schneller, weil der Anfang mit dem Titeltrack, 'Two Graves' und 'Where You Go' einen Einstand nach Maß liefert. Die Band kann das hohe Niveau auch beinahe durch die Bank weg halten. Egal ob 'Keep On Walking' Gänsehaut erzeugt, 'Lust To Feed' lautstark auf den Tisch haut oder 'The Hawk And The Dove' unter die Haut geht, jeder Song und selbst das ELTON JOHN-Cover gefällt von der ersten Minute an. Barlow und Vidales entfachen einmal mehr diesen Zauber, der keine Zweifel offen lässt, welche großartigen Musiker wir hier vor der Brust haben. Auch wenn minimale Passagen nicht ganz so zwingend ausgefallen sind, ist das Album ein tolles und mein Meckern auf hohem Niveau einzuordnen.

Note: 8,5/10
[Marcel Rapp]

 

Hier ist die Beschreibung vom "New Messiah": ICED EARTH macht weiter ohne Jon Schaffer. Hauptgrund für diese Charakterisierung ist natürlich der markante Gesang von Matt Barlow, den ich nur schwer von seinem früheren Betätigungsfeld trennen kann. Ein bisschen Unrecht tue ich den Musikern damit auch, denn das Gitarrenspiel von Freddie Vidales ist variantenreicher als Schaffers, was "New Messiahs" locker zum besten ICED EARTH-Album seit 1998 machen würde.

Leider kann ich nicht ganz so viel Begeisterung für die Musik aufbringen, wie ich es eigentlich sollte. Da schwingt natürlich die ganze Schaffer-ICED EARTH-Historie mit, die im Januar 2021 einen unrühmlichen Höhepunkt erreichte, aber natürlich ist auch die Originalität solchen Materials nicht mehr die gleiche wie in den Neunzigern und obendrein nicht jeder Song des Albums für mich ein Hit. Da bleibt am Ende nur ein "gut gemacht" und "das Album werde ich kaufen", aber keine Jubelarie. Das liegt aber wahrscheinlich wirklich mehr an mir als an "New Messiahs".

Note: 7,5/10
[Frank Jaeger]

 

Ich habe "New Messiahs" mittlerweile einige Male gehört. Von ASHES OF ARES ist es zugegebenermaßen meine erste Kostprobe, ich habe das Solomaterial von Barlow bisher unbewusst gemieden. Für mich war er zwar der prägendste, aber nie der beste ICED EARTH-Sänger. Die ersten beiden Alben finde ich gesanglich stärker, und das gleiche gilt für "The Glorious Burden", als der Ripper noch nicht überpräsent war und Jon Schaffer das letzte Mal nahezu durchweg Weltklasse-Songs geschrieben hat.

Trotzdem waren "Burnt Offerings", "The Dark Saga", "Something Wicked This Way Comes" und "Horror Show" großartige US-Power-Metal-Alben mit einer ganz eigenen Note, zu der Barlow natürlich beitrug. Die kompositorische Klasse dieser Werke wird hier aber nie erreicht. Das schaffte auch ICED EARTH nach 2004 ja nur noch mit einzelnen Songs, aber nicht mehr auf Albumlänge. Hier gibt es soliden, gutklassigen Power Metal mit starker Stimme von Barlow, der atmosphärisch schon manchmal an "Something Wicked This Way Comes" erinnert, aber gerade in der Gitarrenarbeit nie das filigrane Element mitbringt, das ICED EARTH bis 2004 magisch und unbeschreiblich machte, und das danach zumindest noch aufblitzte. Ein gutes, solides Album, aber kein Überflieger.

Note: 8,0/10
[Jonathan Walzer]

 

Dass die bisherigen Releases von ASHES OF ARES nicht so recht in die Erfolgsspur geraten sind, mag zu einem gewissen Teil daran liegen, dass man sich den ewigen Vergleich zu Matt Barlows ICED EARTH-Vergangenheit nicht kneifen wollte, irgendwie aber auch nicht konnte. Der stimmgewaltige Frontmann hat eine ganze Ära geprägt und seinem Schwager und langjährigen Weggefährten Jon Schaffer seinerzeit zum Durchbruch verholfen und mit seinem durch und durch markanten Organ den vielleicht wichtigsten Power-Metal-Act der späten 90er auf Kurs gebracht.

Dass entsprechende Erwartungen natürlich immer im Raume standen, war nicht zu vermeiden, allerdings hat man dabei offenbar vergessen, dass Schaffer der Songschreiber und Barlow eigentlich nur ausführende Kraft war - wenn auch auf dem allerhöchsten Niveau. Diese Unabhängigkeit möchte der Sänger bei ASHES OF ARES eigentlich schon seit Jahren endlich genießen, ist aber immer wieder in diese Schleife aus möglichen Parallelen geraten, dass er nicht immer frei und unbeschwert auftreten konnte.

Woran es nun gelegen hat, dass "New Messiahs" diesen Zirkel durchbrechen konnte, ist nicht genau überliefert, allerdings muss man sagen, dass die aktuelle Platte die beste Performance seit "Something Wicked This Way Comes" beschert und das ganze Volumen abruft, mit dem der rothaarige Frontmann seinerzeit die Herzen der Fans erobern konnte. Die Band spielt ihm allerdings auch die passenden Bälle zu, komponiert weitgehend einprägsames Material und kann endlich auch diejenigen Hooklines liefern, die Fans vom ersten Moment der Bandgründung an erwartet haben.

Stücke wie 'New Messiahs', 'Where You Go' und 'The Hawk And The Dove' bleiben nicht nur im Ohr kleben, sie manifestieren sich dort für eine sehr lange Zeit und können es schließlich auch locker mit dem melodischeren Stoff der Ex-Truppe aufnehmen. Und siehe da, schon wieder ist er da, dieser Vergleich, aber er ist keine Last mehr, sondern Motivation genug, Bestleistungen zu generieren. Und für ASHES OF ARES heißt dies, dass das aktuelle Werk das bislang beste geworden ist - und dazu möchte man nicht nur dem Aushängeschild, sondern auch seinen Mitstreitern gratulieren!

Note: 8,5/10
[Björn Backes]




Um es kurz zu machen: "New Messiahs" ist das bisher beste Album im ASHES OF ARES-Kosmos. Ich denke, da sind wir uns tatsächlich alle einig. Und natürlich komme auch ich nicht drum herum, zumindest einmal im Text ICED EARTH zu erwähnen, denn das dritte ASHES OF ARES-Werk schlägt auch Matt Barlows letzte Performance unter Jon Schaffer mit dem Namen "The Crucible Of Man: Something Wicked Part 2" locker. Also tatsächlich zweistellig.

Ja, das ist aber auch keine Hürde und somit hilft dieser Vergleich auch niemandem weiter. Viel eher dürfen ICED EARTH-Fans, welche besonders gerne "Plagues Of Babylon" oder meinetwegen auch "Dystopia" auflegen, sich freuen, weil es nun Frischfutter auf Augenhöhe gibt. Dabei geht es aber eher um das musikalische Gefühl und die Stärke des Songmaterials auf Albumdistanz. Ein Standalone-Hit, wie beispielsweise 'Anthem', fehlt "New Messiahs" dann halt trotzdem noch.

Auch im Vergleich zum letzten ICED EARTH-Output "Incorruptible" sieht dieser Longplayer keine Sonne. Unabhängig davon macht dieses Album aber für Fans des Sängers und dieser Art von US-Power Metal echt Laune. Einen kleinen Abzug gibt es von mir aber noch beim Thema Produktion. Das klingt manchmal schon ziemlich matschig und fällt besonders ins Gewicht, wenn man die Songs im Wechsel mit anderen Tracks in einer Playlist hört. Das war/ist leider nicht "State Of The Art".

Note: 8,0/10
[Stefan Rosenthal]


Genau, Stefan, gerade wenn man eine Matschbirne hat, will man "New Messiahs" schnell wieder aus machen, weil es irgendwie matschig und stressig klingt, vor allem wenn man sich vorher klanglich in solchen Wohlfühloasen wie den neuen Alben von WYTCH HAZEL (zur Gruppentherapie) und ALICE COOPER (zur Kollektivverarztung) gesuhlt hat.

Es bedarf also - da geht es mir ähnlich wie Marcel bei den "New Messiahs"-Vorgängern - etwas Arbeit um hiermit klarzukommen. Und so richtig will das alles nicht zünden, auch wenn das Album die letzten Tage einige Umdrehungen gemacht hat. Es ist sehr schwer festzumachen, was fehlt, beim genauen Hinhören passen die Ingredenzien, Matt Barlows Stimme ist auch immer noch bemerkenswert, doch irgendwas bremst. Kaum ein Lied kann mich so berühren wie damals die ICED EARTH-Glanzlichter, die für mich eindeutig aus der Barlow-Phase kommen.

Und so hör ich und hör ich, ohne einen konkreten Kritikpunkt (außer dem Sound) zu finden, aber auch ohne etwas richtig Cooles zu entdecken, bei dem ich mich auf ein baldiges Wiederhören freuen würde. Deshalb bin ich rein stimmungsmäßig bei Jhonny, wobei meines Erachtens seine Note gar nicht zum Text passt. "Solide, gutklassig, aber kein Überflieger" ist für mich 'ne 6,5.

Note: 6,5/10
[Thomas Becker]

Fotocredits: Elias Aravides

Redakteur:
Thomas Becker

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