FRAGMENTS OF UNBECOMING: Interview mit Sascha Ehrich

26.03.2006 | 19:52

FRAGMENTS OF UNBECOMING haben mit "Sterling Black Icon (Chapter III – Black But Shining)" ein sehr gelungenes drittes Album am Start, wie es der Titel schon verrät. Freunde von klassischem Schwedenblei werden dabei ihre helle Freude haben, genauso wie ich sie hatte, als ich die Rezension in die Tasten getippt habe. Dass so was ein "Nachspiel" hat, könnt ihr auf den folgenden Seiten nachlesen. Gitarrist Sascha Ehrich stand mir bei diesem Mailer Rede und Antwort, und gibt einen kleinen Einblick in das Konzept von "Sterling Black Icon....". Des Weiteren werden FRAGMENTS OF UNBECOMING hoffentlich für das eine oder andere Festival berücksichtigt. Mit solch einer starken Scheibe im Rücken hätte sie es meiner Meinung nach mehr als verdient! Und nun heißt es, frei nach RUSH: "Roll The Bones"!

Tolga:
Die Kritiken, die ich bisher gelesen habe (Rock Hard und Arising Realm-Magazine) sind sehr positiv ausgefallen. Habt ihr noch Entwicklungsspielraum oder ist es das Ende der Fahnenstange?

Sascha:
Es wäre traurig, hätten wir schon alle Trümpfe ausgespielt. In jedem Fall ist noch großer Entwicklungsspielraum während des Komponierens spürbar. Gerade mit dem aktuellen Silberling haben wir das unausweichliche Gefühl, jener Vollendung ein gutes Stück näher gekommen zu sein, sind aber dennoch weit entfernt von dem perfekten, unübertrefflichen Album. Entsprechend dürfen wir gespannt sein, wie künftiges Material klingen wird. Zumal neue Kompositionen immer auf den Stärken des Vorgängers aufbauen und weitestgehend schwächere Passagen verkümmern lassen.

Tolga:
Das Intro 'Carmine Preface (Entrance)' erinnert mich vom Flair her an den Anfang von 'Battery' von METALLICA. Siehst du das ähnlich oder habt ihr euch sogar davon inspirieren lassen?

Sascha:
Assoziation sind soweit gestreut wie Musikgeschmäcker selbst. Wenn ich es mir recht überlege, so gibt es zwar minimale Parallelen, dennoch war das METALLICA-Intro niemals einen Initialzündung. Ich wollte das Album grundlegend nur ruhig beginnen lassen, um den Titeltrack umso brachialer in Szene setzen zu können. Außerdem sind Akustikinterludien immer eine feine Sache, ein willkommener Kontrast zu größtenteils Heftigerem.

Tolga:
Die Namen der Tracks lesen sich sehr interessant. Steckt ein Konzept dahinter, weil der Untertitel ja "... Chapter III – Black But Shining" lautet?

Sascha:
Ein tiefumwobenes Konzept voller philosophischer Deutungen gibt es wohl nur in geringerem Maß. Letztlich unterliegen alle Titel dem Versuch, eine Einheit mit dem Albumtitel zu bilden. Hierbei war es mir wichtig, dass das "Schwarze" auf vielerlei Art in den einzelnen Titeln vorkommt, auch durchaus unterschiedlich Bedeutungen haben kann. Ich wollte auf diesem Album einfach meinen inspirativen Momentaufnahmen von unverfälschtem, tiefem Schwarz Ausdruck verleihen. Ich habe schon immer eine Affinität zu diesem Pigment und seinem Vorkommen in unzähligen materiellen und immateriellen Dingen. Schwarz ist universell, emotional unerschöpflich, edel und das dunkelste Element unserer Wahrnehmung. Dennoch wage ich die Behauptung, dies ist auch der Grund für den Untertitel "Black But Shining", dass selbst Schwarz auf seine Art faszinierend leuchten kann...
Weiterhin ist die Phrase "Chapter III" nur unsere eigene Form von Nummerierung. Somit wird nur eine Reihenfolge oder Abfolge der Alben sichtbar.

Tolga:
Was kannst du mir über die Texte sagen?

Sascha:
Ehrlich gesagt nicht allzu viel, da ich nur einen Text selbst verfasst habe. Zumindest kann ich daher aber über 'Live For This Moment, Stay 'Til The End' etwas rezitieren: In diesem Song geht es prinzipiell um jene Thematik, dass man als Mensch mindestens ein Mal im Leben jenen charismatischen und unvergesslichen Punkt erreicht, an welchem man leibhaftig, vor allem bewusst spürt, dass es sich lohnt, ausschließlich für diesen einen Augenblick zu leben oder gelebt zu haben. Eine jüngst eigens gemachte Erfahrung war Grund genug, dieses Thema aufzugreifen. Selbstredend ist die Grundthematik in diesem Stück identisch, jedoch in einer zur Musik besser passenden Verpackung: das Aufeinandertreffen mit seinem negativsten Gegenüber, das Aufbäumen und souveräne Niederschlagen einer hoffnungslos ausgelieferten Widrigkeit, die Trennung vom eigens Negativen ist Grundlage dieser Lyrik: "...Black but shining - your very inside: to most negative irradiance always aside. Unshorn? Never! I force your descent, I live for this moment and stay 'til the end..."

Tolga:
Eure AT THE GATES-Einflüsse sind ja sehr offensichtlich, aber ich habe auch alte DISMEMBER, ENTOMBED und sogar KATAKLYSM rausgehört. Kannst du mit den von mir aufgelisteten Bands was anfangen und wie stehst du dazu, dass euer Sound als Melodic Death tituliert wird, weil man dann ja automatisch in einen Topf mit Kapellen wie IN FLAMES und SOILWORK geschmissen wird?

Sascha:
Mit IN FLAMES oder SOILWORK werden wir eher weniger verglichen. Du hast aber recht, nur "Melodic Death" ist relativ nichtssagend und ruft nur unkonkrete Parallelitätsansichten auf den Plan. Sicherlich hört man AT THE GATES hier und da heraus, was aber sicherlich nur an der Art des Gitarrenanschlags liegt. Letztlich sind unsere Harmoniegefüge zum größten Teil doch wesentlich andere als bei AT THE GATES. KATAKLYSM würde ich selbst nur mit sehr viel Fantasie raushören, auch DISMEMBER- und/oder ENTOMBED-Einflüsse sind eher dünn gesät. Aber gut, jeder hört Musik anders, hat andere Assoziationen im Kopf. In jedem Fall klingen wir seit jeher schwedisch, haben aus allen Stilrichtungen der Skandinavier unser eigenes Süppchen gebraut. Einflüsse sind unüberhörbar, ich würde sie aber eher in den frühen oder Mitte der Neunziger in der Schweden-Melodic-Death-Metal-Ära einordnen. Dazu zähle ich Bands wie EDGE OF SANITY, UNANIMATED, VINTERLAND, CARDINAL SIN, DARK TRANQUILITY, THE MOANING, DISSECTION, frühere IN FLAMES. Speziell letztere Combo hat mich wohl dazu inspiriert, auch Akustikgitarren in die Musik einfließen zu lassen. Die Tatsache, dass ich diese Musik seit ihrer Entstehung noch immer mit identischer Begeisterung höre, lässt nun mal nicht zu, dass sie mich nicht inspirieren könnte!

Tolga:
Was mir besonders gut gefallen hat, waren die Wechselshouts von Sam und Stefan. Liege ich richtig in der Annahme, dass Sam für den Grunzpart und Stefan für den Keifpart zuständig ist?

Sascha:
Kann man so nicht durchgehend sagen. Sam ist sehr vielseitig, hat viele unterschiedlich Stimmlagen auf "Sterling Black Icon" ausprobiert und für meinen Geschmack auch sehr souverän in Szene gesetzt. Von Abflussrohr, über Wurzelzwerg, bis hin zu gesprochenen Parts - all dies war kein Problem für Sam. Stefan ist natürlich nicht nur für Backings zuständig, hat aber doch fast durchweg eher die kreischenden Vokalstellen übernommen. Es ist wirklich großartig, mit zwei Stimmen arbeiten zu können. Hierbei verhält es sich ähnlich wie mit der Gitarrenarbeit. Zwei Gitarren in Kombination eröffnen derart umfangreichen Melodiespielraum, dass man sich unsere Musik mit nur einer Gitarre nicht vorstellen könnte. Ebenso ist es bei den Vocals. Nicht nur, dass Sam als Frontmann frei agieren und Stefan sich bevorzugt auf Backings und hauptsächlich auf die Gitarre konzentrieren kann, ist ein enormer Vorteil für die Band. Auch das Songwriting lässt sich geschmackvoller mittels zweier Stimmen komplettieren. Als wir alle Stücke für "Sterling Black Icon" ohne Gesang fertig aufgenommen hatten, war das Gefühl nicht zu übergehen, dass irgendwas noch fehlte. Dass aber der Duettgesang das Material derart gut ergänzt, hätten wir zu Anfang nie gedacht.

Tolga:
Wie sieht's denn an der Livefront aus? Könnt ihr die Gesangsparts da problemlos rüberbringen?

Sascha:
Wir über fleißig! :-)
Nein wirklich, das wird nicht einfach. Bis dato klingt es aber schon sehr vielversprechend im Proberaum. Wir versuchen auch immer zu vermeiden, dass wir Stücke aufnehmen, die man live nicht spielen kann. Sicherlich gibt es hier und da kleine Ausnahmen, wo wir etliche Gitarren- und Gesangsspuren im Arrangement haben, aber das ist nicht die Regel. Grundlegend soll jeder Song in seiner Live-Fassung der Studiofassung sehr ähnlich oder nahezu identisch sein.

Tolga:
Das Outro 'Chambre Noire (Departure)' erinnert mich an ein klassisches Klavierstück von Chopin oder Schostakowicz. Wurde es von den Klassikgrößen inspiriert und wie steht ihr zu dem Vergleich?

Sascha:
Das Stück hat Marcel Schiborr, Gitarrist und Keyboarder unsere Freunde von SYMBIONTIC für uns komponiert. Mich hat es beim ersten Hören eher an Satie erinnert und sicherlich kann sich Marcel nicht vollständig von einer Inspiration seitens der Klassik entziehen, erst recht, da er eine klassische Ausbildung genossen hat. Ich erinnere mich aber, dass seine Freundin auch den Vergleich mit Chopin erwähnte.
Das Einbetten eines Klavierstückes war etwas völlig Neues für FRAGMENTS OF UNBECOMING. Umso besser gefällt mir der Kontrast zwischen Klassik und Death Metal. Das Stück rundet "Sterling Black Icon" gelungen ab, ist der denkbar gelungenste Abklang in unseren Augen. Sicher ist es noch nicht, aber vielleicht werde ich mit Marcel auf der kommenden Scheibe ein weiteres, akustisches Instrumentalstück einstudieren.

Tolga:
Um auf das Thema Auftritte zurück zu kommen, ist eine Tour geplant und wie schaut's mit Festivalauftritten diesen Sommer aus?

Sascha:
Eine Tour kommt für uns momentan nicht in Frage. Dies liegt einzig und allein daran, dass wir alle feste Jobs haben und z.B. Sam gerade mit wichtigen Abschlussprüfungen für sein Studium beschäftigt ist. Zeit ist eben sehr rar bei uns und einen langen freien Zeitraum für alle fünf zu finden, ist selbstredend fast unmöglich. Deshalb konzentrieren wir uns seit jeher auf einzelne Gigs oder Festivals. Nach unserer Release-Party am 14.04.06 habe wir ebenfalls am 15.04. einen Gig mit DARKANE und SADUS geplant. Viele weitere Termine sind gerade im Gespräch und werden sicherlich in naher Zukunft bestätigt. Am besten, man schaut regelmäßig bei uns auf der Page vorbei, um aktuelle Dates abfragen zu können. Festivalauftritte für den Sommer sind noch keine bestätigt, mal sehen, was diesbezüglich noch auf uns zukommt.

Tolga:
Fällt euch noch was ein, das ihr loswerden wollt bzw. habt ihr ein paar Worte an die Leser von POWERMETAL.de?

Sascha:
Ab dem 24. März ist "Sterling Black Icon" im Handel erhältlich. Zögert nicht, diese schicke Kleinod zumindest mal anzutesten! Es lohnt sich. Und vergesst nicht, uns eure Meinungen zu schreiben oder unser Gästebuch zu bombadieren!
Und nicht vergessen, die Abstimmung über den zukünftigen Coversong ist noch nicht abgeschlossen. Also fleißig Vorschläge per Mail senden. Eines ist aber zu beachten: Wir werden ausschließlich einen Coversong einer nicht mehr aktiven Kombo einstudieren!

Danke für das Interview!

Redakteur:
Tolga Karabagli

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