DRAGONLAND: Interview mit Elias

01.01.1970 | 01:00

Die meisten Metaller schlagen mittlerweile die Hände über dem Kopf zusammen, wenn die Sprache auf melodiösen Power Metal aus europäischen Breitengraden kommt. Das Genre ist mittlerweile derart beackert worden, dass bestimmte Stilelemente immer und immer wieder in einer Schleife rotieren. Abhilfe schaffen die Dänen DRAGONLAND, die unter den Fittichen von Century Media ihr neues Album "Starfall" auf den Markt schmeißen und mit einer gesunden und vor allem frischen Mixtur aus knackigen Melodien, hart rockenden Riffs und nicht unbedingt üblichen Arrangements überraschen. Näheres weiß Keyboarder Elias zu berichten.

Alex:
Moin Elias! Da mir unverständlicherweise DRAGONLAND bislang komplett entgangen sind, möchte ich zunächst mal etwas über die Entstehungsgeschichte und die Wurzeln der Band erfahren. Leg mal los!

Elias:
Die Band wurde im Sommer 1999 von Nicklas Magnusson aus der Taufe gehoben. Bald war Sänger Jonas Heidgert mit von der Partie und der Rest folgte in losen Abständen. Die meisten von uns haben ihre Wurzeln in der aggressiven Ecke des Heavy Metal und ich denke, das kann man noch deutlich auf unserem Debüt hören. Mit meiner Person kam ein etwas mehr melodisches und symphonisches Feeling hinzu, das auch ein wenig durch die Schlachtenmetaller BAL-SAGOTH beeinflusst ist. Ich denke, die Quintessenz all unseres Schaffensvermögens haben wir auf unserer letzten Scheibe herausgehoben. Die Ecksteine der älteren DRAGONLAND sind heute immer noch zu finden, aber Fantasy-beeinflusster Barock webt sich aktuell ebenso in den metallisch harmonierenden Background ein.

Alex:
DRAGONLAND bedienen ja schon die Power-Metal-Fraktion, die vor allem durch finnische Bands wie STRATOVARIUS und SONATA ARCTICA geprägt ist. Aber ich finde, dass ihr viel mehr Achtziger-Hard-Rock-Elemente am Start habt und teilweise schon in die VAN HALEN- und PRETTY MAIDS-Ecke driftet. Kannst du meine Einschätzung nachvollziehen?

Elias:
Ich denke, dass du mit deiner Einschätzung gar nicht mal so falsch liegst. Der Sound, den wir für unsere neue Scheibe entwickeln wollten, sollte sich deutlich von den gängigen Power-Metal-Scheiben abheben. Zu deinen soeben genannten Bands möchte ich noch die Norweger TNT hinzuzählen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich glücklich darüber bin, wenn ich höre wie du unsere Musik hörst. Andere Reviewer vergleichen uns ausschließlich mit Bands wie RHAPSODY. Und obwohl wir sicherlich einige derer Elemente auch in unserem Sound haben, ist diese Einschätzung voll daneben. Vielleicht war das noch haltbar in Bezug auf unsere frühen Werke, aber bezogen auf "Starfall" muss man für solche Vergleiche schon auf den Ohren liegen. Solche Leute schreiben ihre Reviews wahrscheinlich nach dem Genuss der Scheiben mit Ohrenstöpseln und bewerten Bands anhand ihres Namens.

Alex:
Wo und von wem wurde "Starfall" produziert?

Elias:
Zunächst haben wir die komplette Pre-Production in unserem Heimstudio gefahren. Dies lief eigentlich parallel mit dem Songwriting-Prozess und der Endproduktion der Keyboardtracks. Als wir dann die Division One Studios (nahe Göteborg) enterten, waren bereits alle Songs im Computer als Grundlage für die Aufnahmesessions vorhanden. Das war eine klasse Angelegenheit, weil wir uns im Studio keine Gedanken mehr um Arrangements machen mussten und uns voll und ganz auf die Details und Feinheiten konzentrieren konnten. Das Studio selber gehört Arnold Lindberg und Tom Englund (EVERGREY).

Alex:
Gibt es etwas über den Recordingprozess zu berichten? Schwierigkeiten oder witzige Anekdoten?

Elias:
Ich würde sagen, es gibt einige lustige Impressionen aus unserer Zeit im Division One. Die meisten sind aber schwer zu beschreiben. Du musst einfach dabei gewesen sein, um zu sehen, wie langsam der Wahnsinn arme kleine Musiker befallen kann, die fernab jeder Zivilisation und völlig abgeschnitten von der Außenwelt sechs Wochen lang ihr Dasein fristen ;-). Witzig (nicht für jeden) war aber sicherlich, als wir vergaßen, nach einer harten Recording-Nacht die Fenster zum Mixraum zu schließen. Als Tom morgens den Raum betrat und wir in aller Seelenruhe schliefen, war er nicht besonders begeistert von dem Schwein, das mit aller Inbrunst auf sein Mischpult geschissen hatte.

Alex:
Gibt es auf "Starfall" ein lyrisches Konzept?

Elias:
Nein, anders als bei unseren alten Scheiben ist "Starfall" kein Konzeptalbum. Viele Texte handeln von der menschlichen Psyche, die prekäre Situation des Planeten, wenn wir ihn weiterhin so mies behandeln und die inneren Barrieren in uns, die uns davon abhalten unser Leben in echter Freiheit zu genießen. Außerdem gibt es auf "Starfall" noch eine dramatische und romantische Wikingersaga zu finden. Und natürlich nicht zu vergessen unsere abschließende 'Book Of Shadows'-Trilogie, die von Marinesoldaten, ägyptischer Mythologie und britisch archäologischen Funden handelt.

Alex:
Ich habe von einer besonderen Verbundenheit zwischen DRAGONLAND und Japan gehört. Ist da was dran?

Elias:
In Japan feiern wir seit Gründung der Band unsere größten Erfolge. Wir haben Tokio und Osaka im Jahr 2003 besucht und es war ein unglaubliches Erlebnis, Fans zu treffen, die sich so intensiv mit unserer Musik beschäftigen und identifizieren. Als wir von dieser Gastspielreise zurückkehrten, waren wir unglaublich inspiriert und ich denke, dass man diese Inspiration "Starfall" deutlich anhören kann. Ein Bonustrack auf der Japanversion ist dann auch ein Cover eines japanischen Big-Band-Songs, den sicherlich noch niemand außerhalb des Landes gehört hat. Das ist unsere Art Danke zu sagen. Die Verkäufe von "Starfall" laufen da unten wiederum prima.

Alex:
Mit Century Media habt ihr nun ein kompetentes Label im Rücken. Was denkst du, kann diese Metallschmiede für euch tun und was erwartest du konkret von ihnen?

Elias:
Century Media hat bereits eine fabelhafte Arbeit für uns geleistet und wir könnten zur Zeit nicht glücklicher über diese Konstellation sein. Wir wollten die Promotion des neuen Albums auf eine professioneller Ebene heben und das gelingt momentan bestens. Von überall rund um den Erdball konnten wir vernehmen, dass unsere vorangegangen Werke teilweise schwer erhältlich sind. Das wird mit Century Media nicht passieren. Ein Grund für unsere Entscheidung!

Alex:
Wer hat das "Starfall"-Cover kreiert? Es sieht wirklich gut aus.

Elias:
Schön, dass es dir gefällt. Wir sind damit auch glücklich. Vor allem, weil es in Verbindung mit der 'Book Of Shadows'-Trilogie ein Gesamtkunstwerk ergibt, das sich jedoch jeder selber erschließen sollte. Kreiert wurde es von Toxic Angel, einem Künstler der auch schon für CHILDREN OF BODOM und SONATA ARCTICA tätig wurde.

Alex:
Beschreib mal bitte eure Musik in deinen Worten.

Elias:
Unsere Musik ist wie ein Wirbelwind, der den Zuhörer zu vielen verschiedenen Aspekten harmonischen und melodischen Heavy Metal trägt. Wir versuchen in dieses Beet logische, schöne und vor allem catchy vocal lines zu betten. Wir haben für den Songwritingprozess von "Starfall" einige vocal lines zuerst geschrieben. Wenn wir mit diesen zufrieden waren, machten wir uns an die Riffs und Keyboards. Das verleitete uns wie viele andere Bands nicht dazu uns in instrumentell geprägten, hoch technisch versierten Endlosschleifen zu verzetteln. Das hat uns natürlich nicht davon abgehalten hämmernde Riffs zu kreieren. Es ist aber einfacher, wenn du eine von vornherein interessante Melodie mit einem fundamental kickenden Riff unterlegen kannst, als die Sache andersrum anzugehen.
Eine andere Neuerung in unserem Sound ist, dass unsere Gitarristen es aufgegeben haben, teilweise mit fünf Powerchords übereinander arbeiten. Der Gebrauch von Powerchords war für uns eigentlich immer unüblich und eine komische Umsetzung metallischer Härte, weil du haufenweise Noten außerhalb der Skala hast, in der du eigentlich spielst. Du bist daher nicht in der Lage, die volle Power einer melodisch logischen Tonabfolge zu entfesseln. Logisches Resultat dieser Aufgabe ist, dass unsere Mucke jetzt etwas smoother und korrekter klingt und es einfacher ist ihr zuzuhören. Das heißt jetzt aber nicht, dass wir es aufgegeben haben mehrere Klampfen übereinander zu spielen oder ungewöhnliche vocal lines anzustimmen. Regeln sind dazu da um gebrochen zu werden. Auch in der Musik! Es ist sicherlich auch nicht leicht, sofort einen Draht zu "Starfall" zu bekommen, da wir viele Stile integrieren und uns nicht auf ein Genre festlegen lassen wollen. Genre ist sowieso eines der schlimmsten Wörter der menschlichen Sprache. DRAGONLAND haben keine Grenzen. Wenn es sich gut anfühlt, gehen wir innerhalb unseres Songwritings ganz tief in uns hinein und graben dort von Palästina bis zum nordischen Black Metal.

Alex:
Wie kann ich mir DRAGONLAND live vorstellen. Was macht euch live aus?

Elias:
Es ist unser erklärtes Ziel ein sehr intensives und variables Erlebnis für die Zuschauer zu gestalten. Natürlich kommt es auf das zur Verfügung stehende Budget an, was einige unserer Vorstellungen unrealistisch macht. Eine Idee ist es einen kleinen Film zu drehen, der im Background der live gezockten 'Book Of Shadows'-Trilogie abgespielt wird. Natürlich in Verbindung mit den größten und dicksten Pyros, die die Welt je zu Gesicht bekam ;-). Auf jeden Fall kannst du eine tight gespielte, sehr zufriedenstellende Performance von uns erwarten.

Alex:
Die Keyboards dudeln auf "Starfall" nicht in den ewig gleichen Spinettsounds herum, wie bei manch anderen Power-Metal-Acts. Legst du großen Wert auf das Soundspektrum dieses eigentlich im Gesamtkontext sehr wertvollen Instruments?

Elias:
Natürlich! Meine Ambition ist es die Keyboards interessanter, variabler und natürlicher zu produzieren. Die Musik, die wir machen, ist natürlich kompatibel mit den immer gleichen Sounds dieser musikalischen Spielwiese. Sounds wie zum Beispiel Cembalo, Violine oder Flöten. Ich habe probiert auf einzelne Keyboardparts mehrere Keyboardsounds übereinander zu legen. Bei 'Book Of Shadows' werden zum Beispiel über einhundertfünfzig Einzeltracks verbraten. Da hat es natürlich einen Haufen Zeit gespart, dass ich die Keys zu Hause produziert habe. Außerdem erhielten Analogsounds auf "Starfall" einen weitaus größeren Raum.

Alex:
Was ist zum einen dein Ziel mit DRAGONLAND und welches Ziel hast du in deinem Leben?

Elias:
Zunächst einmal möchten wir einfach interessante und variable Alben aufnehmen. Wir finden es alle befriedigender immer neue Wege zu finden und sich in allen Prozessen einer CD-Entstehung zu entwickeln. Das ist auch wichtig für die Hörerschaft, die sicherlich keine Alben kaufen will, die immer und immer wieder gleich klingen. Und dann wollen wir natürlich so oft es geht live spielen, weil es letztendlich das ist, was uns alle zur Musik treibt. Im Leben möchte ich persönlich die Weltherrschaft erreichen ;-).

Alex:
Was ist deine Lebenseinstellung?

Elias:
Ein guter Mensch zu sein und Musik zu erschaffen, die manch einem etwas bedeutet.

Alex:
Elias, danke für das Interview. Ich wünsche dir und DRAGONLAND einen ordentlichen Erfolg mit "Starfall". Potenzial hat die Scheibe genug. Irgendwelche letzten Worte?

Elias:
Ich danke dir für diese Interviewfragen und die Möglichkeit uns in Deutschland zu präsentieren. Checkt "Starfall" an und lasst euch nicht vom Bandnamen verleiten oder täuschen. Hier ist weit mehr Musik drin, als es der Bandname vermuten lässt. Cheers!

Redakteur:
Alex Straka

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