DOMINICI: Interview mit Charlie Dominici

11.03.2007 | 22:57

Vor 17 Jahren sang Charlie Dominici mit "When Dream And Day Unite" von DREAM THEATER einen Meilenstein der Progressive-Metal-Geschichte ein. Danach verschwand er ewig lange von der Bildfläche. Erst vor zwei Jahren tauchte er mit einer neuen Band namens DOMINICI und einem sehr ruhigen, introvertierten Album namens "O3 – A Trilogy, Part 1" wieder auf. Teil 2 eben jener Trilogie ist soeben bei InsideOut Music erschienen und hat so einiges zu bieten, vor allem aber wieder knackig-frischen Prog Metal der Extraklasse. Mister Dominici stellte sich unseren Fragen.

Martin:
Charlie, zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zu deinem tollen neuen Album. Wie würdest du selbst die Platte beschreiben? Bist du zufrieden damit?

Charlie:
Auf dem Album erzähle ich eine fiktive Geschichte, die allerdings auf tatsächlichen Ereignissen der Gegenwart beruht. Ich bin sehr zufrieden mit "O³ – A Trilogy, Part 2". Das ganze Konzept liegt mir sehr am Herzen. Außerdem bin ich glücklich darüber, dass ich für den zweiten Teil der Story ein vernünftiges Label gefunden habe, das meine Musik wieder zu den Leuten dort draußen bringt, und dass ich endlich wieder eine komplette Band am Start habe.

Martin:
Dann erkläre uns doch bitte mal das Konzept ein wenig. Im Zentrum der Geschichte steht ein herunter gekommener Typ, der sich einer terroristischen Organisation anschließt. Sein Gegenspieler ist ein ziemlich ehrgeiziger Cop, der ihn zur Strecke bringen will...

Charlie:
Genau, am Anfang geht es um einen Menschen, der ziemlich in der Scheiße steckt. Sein soziales Umfeld ist zerbrochen, er hat massive Alkoholprobleme. Aber er ist nicht wirklich böse und verkommen, im Grunde ist er nur ein Opfer, das in jungen Jahren fehlgeleitet wurde und in eine verstrickte Welt aus Terrorismus und Spionage hinein geriet. Der Cop, den Du erwähnst, ist aber auch kein Heiliger, er ist innerlich zerrissen und besessen von dem Streben nach persönlichem Erfolg und Vorteil, so dass es um sein Urteilsvermögen nicht gerade zum Besten steht. Die persönliche Geschichte meiner beiden Protagonisten wird vor allem in Teil 1 thematisiert. Ich denke, es ist nicht so einfach, die Geschichte zu verstehen, wenn man den Anfang nicht kennt. Ich möchte mit der Story beispielhaft erzählen, wie Menschen in etwas Furchtbares hinein geraten können. Aber es wird im Verlauf auch klar, dass nicht immer alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

Martin:
Wenn man deine Statements zum Konzept auf deiner Website liest, könnte man allerdings den Eindruck gewinnen, dass du ganz und gar nicht verstehen kannst, warum sich Menschen mit Waffengewalt gegen die westliche Welt und ihre freiheitliche Gesinnung wehren. Ist es nicht vielmehr so, dass diese Leute sich in die Enge getrieben und beleidigt fühlen vom militärischen, wirtschaftlichen und kulturellen Imperialismus des Westens? Stell dir vor, dein Heimatland wäre voller fremder Truppen, und würde von einer anderen Macht kontrolliert, die dir ihre Lebensweise aufzwingen will...!

Charlie:
Oh, es war nicht meine Absicht diesen Eindruck zu erwecken. Ich verstehe die Beweggründe dieser Leute sehr gut. Aber in meiner Geschichte geht es nun mal um einen Menschen, der sich nicht aus tiefer Überzeugung gegen irgendetwas erhebt, sondern der einfach als Mitläufer dazu gekommen ist und immer tiefer in die Sache mit reingezogen wurde. Er kämpft nicht für große Überzeugungen. Er kommt nur nicht mehr aus eigener Kraft aus dieser Situation, aus dieser Zwangslage heraus. Ich bin kein Politiker, ich bin nur ein Songwriter und präsentiere den Leuten meine Gedanken und Ideen, möchte sie dazu animieren nachzudenken und ihre Sicht der Dinge immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Letztlich sollte aber jeder seine eigenen Schlussfolgerungen aus der Story ziehen. Ich habe einfach nur eine Geschichte geschrieben über einen jungen, im Grunde seines Herzens anständigen Menschen, der sich dazu hat hinreißen lassen gegen unschuldige Menschen Anschläge zu verüben. Außerdem gibt es ja in Teil 2 sogar einen Hoffnungsschimmer, einen Ansatz wie es weiter gehen könnte, ohne dass es zur Katastrophe kommen muss.

Martin:
Lass uns noch mal über Teil 1 sprechen, den ich leider nicht kenne. Stimmt es, dass diese Scheibe eher im Singer/Songwriter-Stil gehalten ist und fast ausschließlich auf Akustikgitarren basiert? Ich finde es schon erstaunlich, dass du nach 15 Jahren Abstinenz zuerst ein solches Album machst, um dann mit dem nächsten wieder zum Progressive Metal zurück zu kehren.

Charlie:
Ich habe diese lange Auszeit genommen, weil ich einfach ausgebrannt und desillusioniert war. Ich hatte den Spaß an der Musik verloren und den musste ich unbedingt erst wieder finden. Das hat dann doch etwas länger gedauert als ich erwartet hatte. In der Tat ist Teil 1 der Trilogie eine Art Unplugged-Album. Der Hauptgrund, warum ich damals so eine Platte gemacht habe, war aber eigentlich recht trivial. Ich hatte zu dem Zeitpunkt einfach keine richtige Band bei einander und musste fast alles selbst machen. Es gibt übrigens noch einige wenige Exemplare der Scheibe, wer eine möchte, soll mich einfach über unsere Website anmailen.

Martin:
Inzwischen hast du ja eine feste Band zusammen. Wie hast du deine Musiker gefunden?

Charlie:
Der Kontakt kam übers Internet zustande. Die Jungs spielten zusammen in einer Band namens SOLID VISION. Das Line-Up ist in der Tat stabil und in dieser Besetzung werden wir auch Teil 3 aufnehmen.

Martin:
Was hast du eigentlich während der 15 Jahre gemacht, als du nicht im Musikbusiness aktiv warst?

Charlie:
Ich habe alles Mögliche gemacht, um meine Miete und meine sonstigen Rechnungen zu bezahlen. Eine Zeit lang habe ich zum Beispiel Autos verkauft und es in dieser Branche sogar zum Verkaufsleiter gebracht. Außerdem habe ich Grundstücke und Kredite an den Mann gebracht. Im Prinzip tat ich genau das, was alle Musiker machen, wenn sie von ihren Plattenverkäufen nicht leben können: Ich habe schlicht und ergreifend gearbeitet für meinen Lebensunterhalt. Rückblickend betrachtet war diese lange Auszeit einfach notwendig. Ich musste meinen Elan und meine Leidenschaft für die Musik wieder finden, was mir nun endlich auch gelungen ist.

Martin:
Das heißt Du bleibst uns noch eine Weile als Songwriter und Sänger erhalten?

Charlie:
Bestimmt. Nachdem ich 15 Jahre weg vom Fenster war, werde ich nun mindestens noch 15 Jahre Songs schreiben, Platten aufnehmen und wann immer möglich auf Tour gehen.

Martin:
Ich habe auf irgendeiner Website gelesen, dass ein DREAM THEATER-Reunion-Gig anlässlich des fünfzehnten Jubiläums von "When Dream And Day Unite" die Initialzündung für dich war, wieder Musik zu machen. Stimmt das?

Charlie:
Nein, nicht wirklich. Schon ein ganzes Jahr bevor Mike Portnoy mich fragte, ob ich nicht Lust hätte bei diesem Konzert zu singen, war ich wieder intensiv mit Musik beschäftigt. Allerdings gebe ich zu, dass der Gig mich noch mal in meinen Comeback-Plänen bestärkt hat. Der Auftritt hat echt Spaß gemacht, dieser Adrenalinkick, wenn du auf die Bühne gehst, diese magische Atmosphäre, wenn du vor dein Publikum trittst, all das hatte ich schon vermisst.

Martin:
Ich will ja keine alten Wunden aufreißen, aber magst du mit mir noch mal zurück gehen zu dem Tag, als du bei DREAM THEATER aus der Band gekickt wurdest. Das war kurz nach Beginn der Promotour für "When Dream And Day Unite" und so ziemlich alle waren ziemlich überrascht. Die Trennung schien sehr plötzlich zu kommen.

Charlie:
DREAM THEATER war nicht wirklich meine Band. Mike Portnoy sagte kurz nach dem Split mal in irgendeinem Interview, ich sei einfach nicht der richtige Sänger für sie gewesen, und vermutlich hatte er recht. Aber ehrlich gesagt waren DREAM THEATER auch nicht die richtige Band für mich. Die Leute scheinen zu glauben, dass damals eine Welt für mich zusammen brach, weil mir mein Lebenstraum kaputt gemacht wurde oder so etwas. Das stimmt aber nicht. Ich war nur verbittert und verärgert, über die Art und Weise meiner Entlassung, das war alles ziemlich stillos. DOMINICI ist meine Band, hier fühle ich mich nun endlich wohl und kann mich frei entfalten. Jedenfalls bin ich mit der heutigen Situation um Längen glücklicher, als ich es jemals bei DREAM THEATER war.

Martin:
Was kannst du uns denn schon zum dritten und letzten Teil der "O3"-Trilogie verraten?

Charlie:
Nun, die Geschichte erreicht in Teil 3 ihren Höhepunkt und erfährt eine dramatische Wendung. Folglich kannst du davon ausgehen, dass auch die Musik sehr intensiv wird. Ich habe mit dem Ausarbeiten der genauen Texte noch nicht angefangen, dafür muss ich einfach den richtigen Moment abwarten. Aber die ganze Geschichte ist hier drin in meinem Kopf, ich habe eine recht genaue Vorstellung davon. Dennoch habe ich zur Zeit das Gefühl, ich sollte vielleicht noch ein Weilchen den Gang der Welt beobachten und mich weiter inspirieren lassen. Jeden Tag kann ja etwas Neues passieren, das dann möglicherweise auch wieder in die Story mit einfließen könnte.

Martin:
Werden wir DOMINICI denn in absehbarer Zeit livehaftig zu Gesicht kriegen?

Charlie:
Wir sind noch in der Planungsphase, was das Touren angeht. Am wahrscheinlichsten ist, dass wir zuerst für ein paar Shows nach Europe rüberkommen und anschließend hier in Staaten touren werden.

Redakteur:
Martin van der Laan

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