DESTRUCTION: Interview mit Schmier - aus dem Studio über die Bühnen ins Kino!
19.03.2025 | 23:20Am 07.03.2025 erschien "Birth Of Malice", das sechzehnte Album von DESTRUCTION. Sind es wirklich 16? Wie sieht Schmier das? Warum gibt es jetzt eine Bandhymne? Mag Schmier Menschen? All das beantwortet Schmier in unserem Interview. Zudem reagiert er auf Aussagen von Kollege Tom Angelripper von SODOM.
Hallo Schmier, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst. Mit "Birth Of Malice" steht das 16. Studioalbum parat. Wobei, siehst du es als 16. Studioalbum an? Also zählst du die "The Least Successful Human Cannonball" mit?
Naja, es ist die Frage, was man als Studioalbum zählt. Eigentlich ist "Sentence Of Death" ja auch ein Studioalbum oder auch "Mad Butcher". Und bei "Thrash Anthems" 1 und 2 ist es auch die Frage. Also Mini-EPs zählen nicht, halt Full-Albums. Und naja, die "Least Successful Human Cannonball" hab ich nie gehört, aber soll nicht so gut sein anscheinend. (lacht)
Ja, dazu muss ich sagen, ich hab sie hier in meiner Sammlung stehen, einfach weil DESTRUCTION draufsteht, aber ich muss sagen "Sorry Mike!", das ist schon so ziemlich die schlechteste Scheibe, die ich in meiner Sammlung habe.
Es ist ja auch die Sache, ich will jetzt absolut nichts Schlechtes über Mike sagen, wirklich nicht. Aber es gibt ja immer wieder Leute, die sagen, "No Mike, no DESTRUCTION", also Fans, die sagen, ohne Mike gäbe es kein DESTRUCTION. Aber da muss ich dann halt einfach fragen, was hat er denn da gemacht ohne mich in den 90er Jahren? Hört euch die Platten an. Das ist kein DESTRUCTION, steht aber DESTRUCTION drauf. Ich hätte mich verarscht gefühlt, wenn ich es gekauft hätte. Ich hab aber mit der Sache abgeschlossen und hab mit den Jungs ein gutes Verhältnis, wir haben uns ja auch irgendwann mal ausgesprochen. Ich hab den Jungs auch gesagt, die sollen die Sachen von damals nochmal neu rausbringen, es gibt Sammler, die wollen das bestimmt haben. Aber irgendwie hat da anscheinend keiner Bock drauf, sich die Finger daran zu verbrennen glaub ich. Aber es gibt bestimmt DESTRUCTION-Fans, die sagen, dass sie das vollständigkeitshalber in ihrer Sammlung haben wollen. Es ist zwar nicht gut, gehört aber irgendwie schon dazu. Und das kann ich dann schon auch verstehen. Aber ich fand es nie gut und ich kann auch nicht verstehen, was da passiert ist, aber es reflektiert halt schon auch, was damals in der Band passiert ist. Dass Mike musikalisch sich in eine ganz andere Richtung orientiert hat und alles hat sich verändert und die neuen Mitglieder haben die Band damals auch zu etwas anderem gemacht. Wenn man es vielleicht anders genannt hätte, hätte es vielleicht ja auch Erfolg gehabt, in der PANTERA-Phase der Neunziger. Aber als DESTRUCTION war es halt Quatsch.
Ja, das ist ja so ähnlich, wie Mille Petrozza irgendwann selber zugegeben hat, dass es ein Fehler war, die "Endorama" unter dem Namen KREATOR rauszubringen. Sagt er ja selber.
Ja, ich fand die damals auch seltsam. Ich hab die damals für den Metal Hammer besprochen im Soundcheck. Ich war zu der Zeit mit HEADHUNTER im Studio und hab die zweite Platte da aufgenommen und hab mich nur gefragt "Was macht denn der Mille jetzt da?", so komplett anders irgendwie. Ich fand das nicht scheiße, ich hab dem auch eine ganz gute Note gegeben, weil ich einfach KREATOR geliebt habe und Mille ein Kumpel ist, aber so im Nachhinein passt die nicht in die Diskografie und die war ja auch ein Flop. Aber trotzdem ist 'Phobia' einer der besten KREATOR-Livesongs. Aber es liegt ja auch immer im Auge des Betrachters. Möchte man, dass eine Band immer den gleichen Stiefel spielt oder sich auch mal weiterentwickelt.
Ja klar. Wie sag ich immer? Jede Band hat absolut jedes Recht, sich in irgendeine Richtung weiterzuentwickeln. Aber ich als Fan hab auch das Recht, dann zu sagen, dass ich es scheiße finde.
Ja klar, es gibt ja auch Bands, die das gut und erfolgreich gemacht haben. Die Kunst ist auch, sich als Band so zu verändern, dass man die Roots beibehält und sich trotzdem weiterentwickelt. Das ist ein schwieriger Weg, den wir mit DESTRUCTION auch versuchen zu gehen im Rahmen. Aber am Ende muss es dich als Musiker glücklich machen. Wenn du als Musiker etwas komponierst, das dir nicht gefällt, dann muss man sich hinterfragen. Da sind wir dann auch wieder bei DESTRUCTION und warum Mike nicht mehr dabei ist. Der hat das halt nicht mehr gefühlt, diese Musik. Und dann muss man aufhören, das ist einfach so. Das ist genauso, wenn man sein Lieblingsessen irgendwann nicht mehr mag. Dann muss man etwas anderes machen. Das ist der Gang des Lebens.
DESTRUCTION gibt es jetzt seit 43 Jahren.
Ja, ist irgendwie erschreckend, wenn man diese Jahreszahl immer nennt.
Ganz ehrlich, ihr seid als Band älter als ich. Ich werde dieses Jahr 42. Warum habt ihr den jetzigen Zeitpunkt als richtig angesehen, mit 'Destruction' eine Bandhymne zu schreiben?
Naja, der Song muss passen. So einen Song schreibt man nicht einfach so. Den schreibst du entweder auf deiner ersten Platte mit 17 und haust den raus oder es braucht Zeit und Muße und hier war es so, dass ich es unbedingt wollte. Aber die Idee muss da sein und die kam dann. Und dann hab ich die Idee den Jungs vorgestellt und die fanden es geil und wollten es probieren. Und dann hab ich auch schnell den Text dazu gehabt. Der ist gut "geflutscht", wie man auf deutsch so schön sagt. Aber wenn du ein Lied 'Destruction' nennst, dann haben die Leute halt hohe Erwartungen. Und ich denke, der Song kann die Erwartungen auch erfüllen und das hab ich auch schnell gemerkt, als dann auch die Gitarren drauf waren und dann wurde da so ein ganzes geiles Ding draus. Ich denke, wenn wir es probiert hätten und es hätte nicht funktioniert, dann wäre der Song wahrscheinlich nicht auf die Platte gekommen. Denn wenn ich einen Song 'Destruction' nenne, dann muss der halt auch wirklich geil sein.
Das ist euch auf jeden Fall gelungen. Allerdings war ich dann doch überrascht, dass ihr nicht auch gleich die ganze Platte so benannt habt.
Ja, da gab es widersprüchliche Meinungen dazu. Da hat Olli, unser Ex-Trommler, versucht zu überreden, dass wir die Platte "Destruction" nennen, aber das war mir dann irgendwie zu platt. Im Nachhinein hätten wir es vielleicht doch machen sollen, weil der Song dann doch für die Scheibe so wichtig geworden ist, dass es der Opener geworden ist und auch die erste Single war. Wahrscheinlich wird es auch der neue Opener bei der nächsten Tour sein. Ich denke auch, dass es so ein Song sein dürfte, der aus der Setliste nicht mehr weggeht, so wie 'Nailed To The Cross' oder 'Mad Butcher'. Aber als wir das Cover gemacht haben, haben wir das halt für "Birth Of Malice" gemacht und dann hätte das Cover nicht mehr so richtig gepasst irgendwie. Vielleicht schon, aber ich war da zu tief drin mit der Idee, dass das Böse aus dem Skull herauskommt und dann hab ich mich halt dagegen entschieden. Aber wahrscheinlich hatte Olli recht, man hätte das Album auch "Destruction" nennen können.
Und "Birth Of Malice" ist ja auch kein schlechter Titel. Wobei es mich schon überrascht hat, dass es dann ja eigentlich "nur" das Intro von der Platte ist.
Genau, am Ende es Tages wollten wir bei der Konstellation letztlich ein Intro haben, dass im Stile von 'Curse The Gods' ist, so ein düsteres gezupftes und dann kam da noch bisschen was Spontanes dazu. Und wir haben das Intro erst geschrieben und dann kam der Name dazu und dann dachten wir halt "Hey, ist doch auch ein geiler Name für die Platte!". Und dann haben wir das auch gemacht. Am Ende ist sowas dann auch immer eine Bauchentscheidung bei uns. Und der Bauch war dann am Ende eher für "Birth Of Malice". Wahrscheinlich auch, weil es untypisch ist, dass der Titelsong ein Akustik-Intro ist. Manchmal muss man auch ein bisschen contraire denken und nicht das machen, was vor einem auf dem Tablett liegt. Das ist dann sonst manchmal zu einfach. Und so ist das dann entstanden. Nicht jede Band ist MANOWAR, verstehst!?
Ja, zum Glück! Du hast eben gesagt, dass 'Destruction' die erste Single war. Aber ja eigentlich auch nur in dem Zusammenhang, seitdem das Album angekündigt wurde. Weil eigentlich waren 'No Kings, No Masters' und auch das ACCEPT-Cover 'Fast As A Shark' ja schon zuvor veröffentlicht worden.
Da haben wir uns mit Napalm gestritten. Napalm meinte, es wäre die erste Single, ich sagte, dass es eigentlich schon die dritte sei. Aber eigentlich auch egal. Mit der Albumankündigung war es die erste. Und mit 'A.N.G.S.T.' und 'Scumbag Human Race' kamen dann ja auch noch zwei weitere. Aber so viele Singles sind für mich ein Haufen Druck und ein Haufen Geld. Du musst Videos machen, früher hat man Lyric-Videos gemacht, die kosten nix, aber jetzt haben wir für jeden Song ein Video gemacht. Ich hab mich noch nie so weit aus dem Fenster gelehnt für die Band. Ich hab noch nie so viel Schulden gemacht für die Promo, aber ich glaube fest daran, dass es sich lohnt für dieses Album, denn das Album ist gut geworden und die Band ist eine Einheit und knallt jetzt und deswegen haben wir gesagt, wir machen so viele Singles. Das ist auch ein bisschen der neue Weg. Es ist so die Adaption, dass man sagt, eine alte Band, die noch physisch wirklich gut verkauft im Gegensatz zu den ganzen jungen Bands, die halt hohe digitale Zahlen liefern, da können wir nur von träumen. Dafür verkaufen die jungen Bands kaum noch CDs oder Vinyl. Wir verkaufen noch ganz ordentlich. Aber auch wir müssen diesen neuen Weg gehen, dass die Fans viel streamen. Und Streaming ist ja eigentlich auch was Geiles, dass die Fans, die nicht viel Geld haben und in Guatemala wohnen oder auf den Philippinen, die können "Birth Of Malice" halt am gleichen Tag hören wie der "reiche" deutsche Fan sie im Plattenladen kaufen kann. Und das haben wir jetzt auch versucht zu akzeptieren, dass es so gehen muss. Am Ende musst du halt auch neue Wege gehen, um relevant zu bleiben.
Ihr habt das Video zu 'Destruction' in Brasilien gedreht. War das auch ein kleiner Dank an die treuen brasilianischen Fans, ausgerechnet das Video zur Bandhymne da zu drehen?
Auf jeden Fall. Die Idee kam spontan und der Gedanke, das in Sao Paolo zu drehen, war mega geil. Es gibt so zwei, drei Städte in Südamerika, Sao Paolo, Santiago de Chile und Bogota sind so drei Städte. In den drei Städten haben wir so unfassbar oft gespielt. Wenn du die deutschen Bands nimmst, die da unten gespielt haben, haben wir glaub ich mehr da gespielt, als alle anderen Bands zusammen. Wir haben da unfassbar oft gespielt und da waren auch unglaublich viele gute Shows dabei. Klar gab es auch welche, die waren nicht so gut, da gab es mal ein paar Flops, wo der Club nicht so gut war oder die Tour nicht so lief. Aber eigentlich war es immer geil da und die Fans haben uns so viel gegeben. Die haben immer zu uns gehalten. Auch wenn es mal nicht so gut lief, diese Fans haben uns da durch gepusht. Und sowas nimmt man mit und dann war es halt auch mal an der Zeit, da zu drehen. Aber vor zehn Jahren wäre es noch gar nicht möglich gewesen, da zu drehen, weil die Technik nicht gereicht hätte. Jetzt gibt es aber in Brasilien auch super Filmemacher und da haben wir uns auch beraten lassen von ein paar brasilianischen Kollegen, die da Erfahrungen hatten. Und so sind wir dann zusammengekommen und haben uns entschieden, das in Sao Paolo zu machen. Wir hätten es auch gerne in Santiago de Chile oder Bogota gemacht, die Shows waren auch der Hammer, aber zu Sao Paolo haben wir eine noch besonderere Verbindung, da wir dort unsere allererste Show in Südamerika überhaupt gespielt haben. Das war 1989. Ehrlich, ich hab noch nie so viele Metalfans heulen gesehen wie da. Uns inklusive damals, weil einfach so viele Emotionen da waren. Daher haben wir eine enge Bindung zu Sao Paolo, mit der Stadt, mit den Menschen da, mit den Fans. Da schließt sich dann auch so ein bisschen ein Kreis für uns, das Video da zu machen, zumal das Video ja auch eine Hommage an die Fans ist.
Ich stelle mir das organisatorisch aber schon schwierig und stressig vor, so während der Tour das Video "mal eben so" mit zu drehen.
Oh ja, der Tag war legendär und anstrengend. Man weiß ja vorher nie, ob alles funktioniert. Die Show war brutal genial. Es hat alles gut zusammengepasst. Aber an so einem Tag muss man aufpassen, dass man keinen Herzinfarkt bekommt. Da kommen ja noch die ganzen Musiker vorbei, die man kennt, die Kumpels, die Presse. Wir sind den Tag eingeflogen nach Sao Paolo und die Fans sind zum Flughafen gekommen und dann wurde unser Flug abgesagt. Dann waren die Fans am falschen Flughafen. Wir mussten unseren Flug umbuchen, kamen dann erst später an, was ja total scheiße war, weil wir ja den Film vorbereiten mussten. Und dann haben wir über Social Media einen Post gemacht und haben die Leute informiert, dass wir an einem anderen Flughafen ankommen. Wir wollten halt nicht, dass dann die ganzen Fans am Flughafen warten und wir dann nicht kommen. Und dann haben wir den Videomann und die Fans umgeleitet zum anderen Flughafen. Aber das war schon geil. Es ist schon geil, wenn du am Flughafen ankommst und die Fans sind da und wollen Autogramme. Das ist schon ein cooles Gefühl. Muss man schon sagen, das gibt es nicht so oft.
Da merkt man dann doch, dass man ein Rockstar ist. Du hast eben schon 'Scumbag Human Race' erwähnt. Alleine der Songtitel zeigt ja eigentlich schon, dass du mit der Menschheit nicht viel anfangen kannst!?
Ja, der Song ist halt eine Metapher. Was würde uns die Welt sagen, wenn sie reden könnte? Da gab es mal einen Film mit Mark Wahlberg, wo uns die Natur "zurückfickt". Der Film war nicht so gut, war auch ein Flop, aber durch den Film bin ich inspiriert worden. Was würde uns die Welt sagen? Wahrscheinlich "Hört auf mich zu vergewaltigen, werdet wach!". Dann hab ich den Text halt recht spontan im Studio geschrieben. Mit dem Gedanken "Was wäre die Menschheit, wenn die Welt uns sagen könnte, was sie fühlt?". Und so ist der Song entstanden. Martin hat da dann auch viel beigetragen und hatte die Idee zu dem geilen Riff und dann ist der Song schnell entstanden. Dann kam Damir später ins Studio und fragte nur "Was geht ab, ihr habt einen neuen Song?". Das ging so schnell. Aber der Song ist auch ein wichtiger Song auf der Platte, weil er anders ist vom Tempo. Ich sag immer, wie so ein Panzer, der über alles drüber rollt. So ein bisschen groovige SLAYER. Und dann haben wir den als letzte Single rausgehauen. Ich hätte auch gerne noch einen schnellen Ballersong genommen, aber die Platte ist so abwechslungsreich, dass wir gesagt haben, dass wir alle Facetten zeigen wollen.
Welcher Song von den Singles vorab auch außerhalb eurer Socials gut aufgenommen wurde, ist 'A.N.G.S.T.'! Auch bei uns im Forum hieß es "überraschend anders für neue DESTRUCTION!"
Ja, das war so ein bisschen ein Risiko-Song. Da haben alle gesagt "Nein, macht den nicht, der ist zu anders!". Ich finde den Song aber so geil, der ist so schön atmosphärisch, der ist so schön evil, so böse, der groovt so geil. Einfach so anders als der Rest der Platte. Ich hab mir das Video dazu auch direkt so geil vorgestellt, da hatte ich direkt eine Idee. Und dann noch einen deutschen Titel dazu. Viele haben sich dann gewundert, dass der Song gar nicht auf deutsch ist, aber so einen deutschen Titel als deutsche Band zu machen, fand ich halt gut. Die Frage war, kann man das machen, darf man das machen. Ist das okay? Passt das auch? Wie wird das aufgenommen? Am Ende passte es, weil alle fanden es geil soweit, dass wir das gemacht haben. Viele haben sich schon gewünscht, dass wir mal einen deutschen Song machen. Wer weiß, vielleicht kommt das nochmal. Aber da sag ich immer, SODOM kann das besser als wir und Schuster bleib bei deinen Leisten.
Zumal es ja auch nicht immer so einfach ist, einen Song auf deutsch zu schreiben, ohne dass es peinlich wird.
Stell dir vor, wir hätten 'A.N.G.S.T.' mit deutschem Text gemacht. Alle Hater hätten geschrieben, dass DESTRUCTION einen auf RAMMSTEIN macht. Hundertprozentig. Man kann es nicht immer allen recht machen und deswegen mache ich es, wie es für mich am besten ist. Und in der Beziehung war 'A.N.G.S.T.' halt ein Song, den wollte ich unbedingt als Single haben. Das Label war dagegen, die Band war dagegen, den Song als Single zu machen, aber ich war dafür, ich find den geil. Am Ende war es die richtige Entscheidung. Die Leute sagen alle, dass es halt mal kein stereotypischer DESTRUCTION-Song ist. Und das ist doch auch mal was. Und man kann es eh nie allen recht machen. Du machst das, was du am besten kannst und dann sagen die einen "Langweilig, immer das gleiche" und die anderen sagen "klingt nicht mehr nach DESTRUCTION". Wie du es machst, machst du es verkehrt. Es findet sich immer jemand, der es nicht gut findet. Am Ende machst du die Musik für dich selbst und für deine Fans und das haben wir immer gemacht.
Aber was auch lustig ist, wir haben eine große Titelstory im "Deaf Forever" bekommen. Find ich auch super und hat mich sehr gefreut, aber dann der Titel "Furioses Comeback", da frag ich mich "Was geht ab?" Welches Comeback? Das klingt ja so, als wären wir lange weg gewesen. Klar, wir wurden vom "Deaf Forever" und auch "Rock Hard" jahrelang ignoriert und schlecht geredet, aber weg waren wie nie und so schlecht sind die Platten nicht, die schlechtgeredet wurden. Klar ist nicht jede Scheibe die beste Platte deiner Karriere. Aber ich glaube, dass seit "Under Attack", also seit 2018, seit 7 Jahren, jede Platte immer etwas besser wurde. Keine dieser Platten ist schlecht. Da frage ich mich schon, wo so ein reißerischer Titel herkommt? Aber das ist auch heutzutage so, die Headlines müssen so sein. Als Musiker brauchst du eine dicke Haut heutzutage, was dir alles an den Kopf geknallt wird, ist teilweise unverschämt und respektlos. Aber so ist das heutzutage. Da muss man durch.
Ich hab mich sehr über die Titelstory gefreut und freu mich auch immer noch und hab auch neulich noch mit Götz Kühnemund vom "Deaf Forever" geredet und der hat auch gesagt, dass er die Platte so geil findet und wir die Titelstory verdient haben. Das freut mich halt wirklich, weil ich mit Götz auch groß geworden bin und wir kennen uns schon lange. Er ist jemand, der immer kritisch ist und sein Heft macht er auch wirklich gut, aber ab und zu ist es mir dann auch zu gestrig. Ich mein, ich war dabei, als die Szene gegründet wurde, ich war dabei, ich weiß, wie es funktioniert. Und dann brauche ich keinen siebzehnjährigen Journalisten, der mir sagt, wie man Metal macht. Das ist dann immer sehr lustig und irgendwo auch respektlos. Aber so ist es halt auch mal und da muss man als Musiker durch, aber ich freue mich dann auch sehr, wenn ein deutsches Heft wieder anerkennt, dass eine deutschen Band auch etwas geleistet hat.
Ja, man muss Leistung auch mal anerkennen können, wenn es einem persönlich vielleicht mal nicht so gefällt.
Ja, so ist das. Da gibt es aber so einige Beispiele, wo ich gefragt hab, "Was habt ihr denn gegen uns?" und dann hieß es "Ja nichts, wir sind nur kritisch." Ja, aber warum seid ihr nur bei uns so kritisch, aber nicht bei EXODUS oder TESTAMENT. Da gab es eine Kritik im "Rock Hard", wo sie über unsere Produktion gelästert haben und ein paar Hefte später kam die neue EXODUS, die Produktion war genauso modern wie unsere und die wurde dann abgefeiert. Ich find es immer unfair, wenn mit zweierlei Maß gemessen wird. Aber hey, die SCORPIONS mussten auch erst in Japan und den USA bekannt werden, bevor die deutsche Presse sie abgefeiert hat. Ich denke, der Prophet im eigenen Lande zu sein trifft in Deutschland halt immer sehr zu.
Aber wir haben in Deutschland ja auch viele von unseren besten Fans. Wir charten regelmäßig, die letzte Platte hatte einen mega Einstieg. Und was wir an physischen Tonträgern verkaufen, da ist Deutschland einer der drei besten Märkte der ganzen Welt. Wir haben hier halt viele Die-Hard-Fans und ohne die hätte die Band auch nicht diese Entwicklung gemacht. Das wertschätze ich auch. Da gibt es so ein paar ganz Verrückte mit ihren DESTRUCTION-Kutten, wo nur Patches von uns drauf sind. Das ist schon mega geil.
Kommen wir mal zum Cover-Artwork von "Birth Of Malice". Ihr arbeitet schon seit vielen Jahren mit dem Ungarn Gyula Havanczák zusammen. Zählt er dann schon fast als Bandmitglied?
Auf jeden Fall, das ist so. Wir arbeiten seit 2005 mit ihm zusammen, das erste Artwork, das er für uns gemacht hat, war für die "Inventor Of Evil"-Platte. Und danach hat er glaub ich auch alle weiteren Alben gemacht, ich weiß gar nicht, welches er nicht gemacht hat. Wir arbeiten gerne mit Leuten, mit denen wir lange zusammenarbeiten, die wir kennen und die uns kennen. Deswegen muss man da auch V.O. Pulver nennen, der die Platte zwar dieses Mal nicht gemischt hat, aber aufgenommen hat. Mit dem arbeiten wir auch schon viele Jahre. Und solche Leute, die einen gut kennen, die sind halt auch ehrlich und kennen auch den Spirit der Band. Klar ist da auch eine Gefahr, dass man sich festfährt, deswegen haben wir auch unseren Gitarristen Martin dieses Mal mischen lassen, um da ein wenig frischen Wind reinzubringen. Und mit Gyula arbeiten wir halt auch lange zusammen. Mit ihm habe ich auch versucht, Cover zu machen, die anders sind. Bestes Beispiel ist "Born To Perish", komplett anderes Cover. Das sieht aus, als wäre es von einem anderen Künstler. Er ist sehr flexibel und das liebe ich an ihm. Ich hab ihm ein paar Songs geschickt, hab ihm die Texte geschickt und die Idee erklärt. Dann kam der erste Entwurf und ich sagte nur "Danke, weitermachen!" Ich hatte dann nur kleine Anmerkungen, wie das Teufelchen, das oben links rein musste. Das ging dieses Mal sehr einfach, das ist super geflutscht. Da hatten wir andere Cover, wie beispielsweise "Day Of Reckoning", die komplizierter waren und länger gedauert haben. Aber jetzt "Birth Of Malice" war so ein Cover, das kam sofort und ging auch deshalb so schnell, weil wir halt schon lange zusammenarbeiten. Daher kann man ihn schon fast als Bandmitglied bezeichnen, er weiß, was wir wollen. Das ist schon toll, wenn man so jemanden im Team hat.
Erneuter Themenwechsel: Gibt es für dieses Jahr denn schon Tourpläne?
Ja, wir wollten eigentlich vor dem Sommer raus, aber da waren wir jetzt zu busy. Unsere Agentur hat dann gesagt, dass wir doch bitte erst im Herbst rausgehen sollen. Dementsprechend wird es im Herbst rausgehen. Eine weitere Tour, eine fette Tour, ist noch in der Schwebe, vielleicht passiert da was, aber die ist noch nicht spruchreif. Da muss man noch sehen, was passiert. Aber wir kommen auf jeden Fall im Herbst, das ist sicher. Im Herbst dann Europa und dann schauen wir mal weiter. Eventuell noch Asien im Sommer. Es wird eine lange Tour werden, mit der neuen Platte und wir werden noch Shows zum "Infernal Overkill"-Jubiläum spielen. Wir haben viel vor. Ich freue mich auch auf eine neue Setliste. Wir haben jetzt zwei Jahre lang die Setliste zum 40-jährigen Bandjubiläum gespielt. Da machen wir jetzt Tabula rasa, da werden einige Songs rausfliegen, neue Songs rein. Dann werden wir noch die "Infernal Overkill"-Shows spielen, da kann man danach ein paar Songs von dem Album aus der Setliste rausschmeißen. Wird nicht jeder schön finden, aber so eine frische Setliste ist auch mal schön für uns.
Tatsächlich frage ich mich, wie ihr eure Setliste zusammenstellt. Gefühlt waren es die letzten Jahre immer die alten Klassiker, dazu Songs vom aktuellen Album. Und die Alben vorher sind kaum wiederzufinden.
Ja, es ist schwer. Man kann gar nicht alles aufnehmen. Man muss ja schauen, was kommt am besten an. Was wollen die Leute hören, was findest du selbst am besten? Was reflektiert die Geschichte der Band? Und du hast von jeder Platte die Erfahrungen, wir haben die Songs live gespielt und wir wissen, was kam gut an. Was kam beispielsweise gut an von "Born To Perish"? 'Inspired By Death' kam super an. Der kommt jetzt wieder in die Setliste. Was hat nicht funktioniert von der letzten Platte? Das kommt halt auf keinen Fall wieder rein. Wir haben ja auch schon rumprobiert in den letzten Jahren. Aber am Ende läuft es auch immer auf eine Essenz raus und die Essenz sind viele Songs aus den 80ern. Das sind unsere Roots, das wollen die Leute hören. Wenn ich zu AC/DC oder ACCEPT gehe und die spielen kein 'Highway To Hell' oder 'Fast As A Shark', dann drehe ich durch! Und so geht es unseren Fans auch und da habe ich Respekt vor. Ich versuche, diese Klassiker zu bringen. Aber es ist nicht immer leicht. Wenn ich an das "Klash At The Ruhrpott" mit den Big Teutonic 4 in Gelsenkirchen letztes Jahr denke, da hatten wir 50 Minuten Spielzeit. Was spielst du denn da? Ich sag immer, wenn du eine richtige DESTRUCTION-Show sehen willst, die braucht mindestens 60 Minuten, drunter geht es nicht. Mindestens 60 Minuten, damit man eine Setliste hinbekommt, die okay ist. Und wenn du weniger hast, wie da… Da wurde dann auch im "Rock Hard" gelästert "Joa, DESTRUCTION waren okay, aber die Setliste, echt, die ist ja immer die gleiche!". Da muss ich sagen: Mach doch eine bessere! Wir hatten 'No Kings, No Masters' drin. Wir hatten 'Invincible Force' wieder drin, den wir zuvor zehn Jahre lang nicht gespielt haben. Da muss ich sagen, lieber Redakteur vom "Rock Hard", mach mal deine Hausaufgaben. Warum muss man da gleich wieder in die Suppe spucken? Mach es besser! Es ist für uns sauschwer. Aber wir befassen uns damit und deshalb wird die Setliste zum neuen Album anders aussehen als die zu den 40 Jahren DESTRUCTION. Aber natürlich werden einige Songs drin sein, wenn ich die nicht spiele, dann werde ich gekreuzigt. Zum Beispiel 'Thrash Till Death' oder 'Nailed To The Cross', 'Bestial Invasion' und 'Mad Butcher'. Die gehören in jede DESTRUCTION-Show. Aber dann zählst du die Songs mal durch, zählst die Zeit zusammen und dann bist du schon bei 45 Minuten. Und dann erzähl mir mal, wie ich eine 45-minütige Festivalshow spielen soll. Wir haben eine Zeit lang auch mal Medleys gespielt, ein paar Riffs durchgespielt, bis dann wieder die ersten geschrien haben "Boah, DESTRUCTION spielt Medleys, geht ja gar nicht!". Doch, das geht, denn wir haben eine lange Legacy mit coolen Riffs und Songs und da ist es halt echt schwer. Man kann eh nie alle zufriedenstellen.
Und es melden sich eh immer nur die, die unzufrieden sind und meckern wollen.
Ich sag immer, die, die lästern im Netz, die sagen "Ich verbrenn meine DESTRUCTION-Kollektion!", die haben gar nichts von uns zu Hause stehen. Die können gar nichts verbrennen. Weil echte Fans denken nicht so. Das ist doch Quatsch. Die Leute, die im Netz lästern, sind sehr frustrierte Menschen, die gerne lästern über Bands, denen meine Fresse nicht gefällt oder die DESTRUCTION nicht mögen. Da muss man als Band drüberstehen. Das musste ich in den letzten zehn, fünfzehn Jahren selber erst lernen, seit das Internet so präsent ist. Seit Social Media Anti-Social-Media geworden ist. Meine Oma hat immer gesagt "Wenn du nichts Gutes zu sagen hast, halts Maul!". Im Internet ist es genau umgekehrt. Willst du lästern und beleidigen, gehe ins Internet. Aber Social Media ist schon wichtig und auch gut, der Kontakt mit den Fans ist toll.
Du hast vorhin das "Klash At The Ruhrpott" erwähnt. Da hat der gute Tom Angelripper vor kurzem ein Interview gegeben und euch und auch TANKARD und KREATOR sozusagen mit an den Pranger gestellt, dass ihr bei einer Autogrammstunde, für die die Besucher bezahlen mussten, mitgemacht habt und er würde sowas mit SODOM ja nie machen.
Ja, das ist lächerlich. Der Tom hat doch bei der Autogrammstunde mitgemacht! Er hat da mitgemacht und dann danach darüber abgelästert. Das ist doch lächerlich. Ich möchte nichts Schlechtes über Tom sagen, aber das macht man nicht. Auch dem Mille da ans Bein zu pissen. So wird aus den deutschen Big 4 nie wieder etwas. Wenn man da in der Presse übereinander so dummes Zeug redet. Ganz ehrlich, wir machen auch keine Meet & Greets mit Bezahlung, nirgends in Deutschland, nirgends in Europa oder Südamerika. In den USA muss ich das machen, weil die Visa so sauteuer sind, dass ich da sonst gar nicht touren kann. Da machen wir dann Meet & Greets und dann kommen da zwanzig oder dreißig Leute, die bezahlen und die freuen sich darüber, weil sie dann ihre Alben unterschreiben lassen können. Das ist komplett legitim. Und wenn du dann sowas wie auf dem "Klash At The Ruhrpott" machst. Okay, hätten wir besser machen können, ich fand da auch nicht alles geil. Aber dann gehst du da nicht raus und haust hinterher so dermaßen drauf auf das Ding. Am Ende war es trotzdem ein legendäres Event. Aber damit verhinderst du, dass es dieses Event überhaupt nochmal geben kann. Und am Ende hat Tom selber mitgemacht. Hinterher ist man immer schlauer. Ich hab hinterher auch gesagt, dass wir das hätten besser machen können. Am Ende hat es sich finanziell auch nicht gelohnt. Wir haben es gemacht für die Leute, die aus Südamerika angereist sind, aus Asien und aus Australien. Die waren bei dem Meet & Greet und haben teilweise geweint, dass die uns treffen konnten. Und deswegen hat so ein Meet & Greet auch seine Berechtigung, wenn es Sinn macht, wenn es nicht überteuert ist und wenn es, so wie da, nicht perfekt initiiert war, dann tut es mir leid! Ich hab danach auch ein paar Sachen gesehen, die Fans mussten in der Sonne Schlange stehen, das war scheiße. Aber insgesamt war das Festival nicht so gut organisiert. Da haben wir nichts mit zu tun gehabt, das war der Veranstalter, aber sowas gibt's.
Kommen wir noch zu etwas komplett anderem: "The Art Of Destruction"! Ihr seid im Kino!
Ja, das ist schon geil. Platten macht man viele, aber einen Kinofilm macht man nur ein Mal im Leben wahrscheinlich. Als der Ili uns gefragt hat, der ist beim WDR, ist Kameramann und ist Metalfan, da hab ich gesagt, dass das mega geil klingt. Da hab ich mir angesehen, was er so macht und dann haben wir gesagt "Let's do it!". Dass es dann fünf Jahre gedauert hat, den Film abzudrehen, war natürlich diversen Themen geschuldet, wie Covid, Mikes Ausstieg, Labelwechsel. Irgendwann war der Film dann fertig und hatte einen Haufen Drama drin. Einen Haufen Details, die man sonst nicht so verrät. Da hab ich auch an manchen Stellen gefragt, ob das unbedingt in den Film rein muss, können wir das nicht rausschneiden, das muss doch keiner sehen. Aber am Ende wollen es die Fans sehen. Und es ist schon cool, so einen Film als Zeitdokument zu haben. Was ist passiert in den Jahren 2019 bis 2024? Es dokumentiert halt auch, was uns antreibt, die Liebe zur Musik und was uns dazu treibt, durchzuhalten. Der Regisseur meinte bei den ganzen Dramen auch nur, dass wir den perfekten Zeitraum für den Film ausgewählt hatten. Das war schon krass alles. Eine Zeit der Verwüstung. Es kommt im Film auch durch, dass ich damals sehr verzweifelt war und die "Diabolical" mich dann auch so ein wenig gerettet hat. Das war eine ganz wichtige Scheibe, um weiterzumachen und weiter daran zu glauben. Am Ende war es auch die richtige Entscheidung. Als Musiker trifft man am Tag so viele Entscheidungen. Was ich heute entscheide, ist dann in zwei Jahren für die Band vielleicht auch noch wichtig. Und diese Entscheidungen kannst du gar nicht immer richtig treffen. Daher ist es auch schwierig, immer den Glauben an die Band zu behalten. Und doch freue ich mich auch, dass diese Dokumentation in die Kinos kommt. Ist schon ein tolles Gefühl. Aber dann kommt der Film auch noch im Streaming und ist später auch noch auf DVD oder BluRay zu kaufen. Da sagt man dann auch "Wow, sowas gibt es jetzt auch von uns." Was jetzt noch fehlt, ist ein Buch vielleicht. So eine Biografie. Ich wollte immer mal ein Buch schreiben, aber ich komme nie dazu. Aber irgendwann toure ich ja vielleicht mal weniger und dann hab ich dafür vielleicht Zeit.
Foto-Credit: Bandfoto von Jennifer Gruber
- Redakteur:
- Mario Dahl