Wave-Gotik-Treffen - Leipzig

09.07.2011 | 02:22

09.06.2011, diverse Veranstaltungsorte

Zum zwanzigsten Mal taucht Leipzig in ein Meer aus Schwarz.

Ein WGT ohne Regen ist kein richtiges WGT, das gehört irgendwie dazu, wie das Völkerschlachtdenkmal zu Leipzig. So ist es dieser Tag, an dem es ab und an mal recht heftig schauert. War ja auch klar, wenn man die Parkbühne besuchen will. Dort ist am Nachmittag so etwas wie ein ROBERT-SMITH-Gedenktag. Wenn der Chef schon selbst nicht kommt, schickt er eben ein paar Bands, die nach ihm klingen. Den Anfang machen THE COLD aus Frankfurt und präsentieren den guten alten Wavesound der Achtziger. Seit 1997 gibt es die Band, aber irgendwie ist sie an mir vorbeigegangen. Man kann also auch heute noch neue Sachen entdecken, die es eigentlich schon lange gibt. Die Parkbühne ist mäßig gefüllt, aber den Besuchern gefällt es und so wird das ein schicker Auftritt. Am Ende schaut LAMENT-Sänger Atze vorbei, und gemeinsam zocken sie 'A Forest' von THE CURE. Beide Sänger haben wohl vorher schon recht gut ihr Wiedersehen gefeiert und so ist der Auftritt weniger von geraden Tönen gekrönt. Macht aber nix, Band und Publikum haben Spaß und nur das zählt!

THE HIRAM KEY ergänzen den Sound von THE CURE weiter. Sänger Gary Clarke könnte stimmlich gut der kleine Bruder von Robert Smith sein. Mittlerweile ist es wieder schön geworden und den Musikern scheint die Sonne direkt ins Gesicht. Nach eigenen Aussagen existiert die Band noch nicht so lange und von daher ist das Songmaterial begrenzt. Das Debütalbum "Amerikafka" soll es ab Herbst auch bei uns geben. Bis dahin erfreuen uns die Engländer mit Stücken aus dem Werk. Dass die Band wie THE CURE klingt ist auch kein Wunder. So sind der Sänger und der Drummer nicht nur Ex-Mitglieder von KILLING MIRANDA, sondern arbeiten in diesen Positionen bei der THE CURE-Tribute-Band THE CUREHEADS. Von daher ist es für die Band kein Problem, den einen oder anderen Song zu spielen. Die Stimmung ist auf jeden Fall gut, was auch der Sänger immer wieder lobt. Wahrscheinlich hatte er gar nicht mit solch einem Zuspruch gerechnet.

Schon wieder ist eine Band am Start, die selbst 20 Jahre alt wird. Die Australier von IKON sind nun an der Reihe. Bei der aktuellen Tour war THE HIRAM KEY Vorband und so braucht man sich gar nicht groß umgewöhnen. Die Herrenrunde ist mittlerweile auch in die Jahre gekommen und Sänger Chris McCarter hat an Leibesfülle zugelegt. Aber all das hindert die Männer aus Down Under nicht daran, einen tollen Auftritt hinzulegen. Showtechnisch passiert gar nichts, dafür können sie mit Songs wie 'Psychic Vampire' oder 'I Never Wanted You' das Publikum begeistern. Gegen Ende bemängelt Chris, wieso es eigentlich nur Wasser zu trinken gäbe, schließlich gibt es ja etwas zu feiern. Daraufhin bringt jemand einen Becher Bier, stellt ihn aber zu einem anderen Bandmitglied. Chris nimmt es mit Humor und lässt sich davon nicht die Laune verderben.

Weiter geht die Reise in den Anker. Ein gewisser N.U. UNRUH hat dort quasi zum Trommelworkshop eingeladen. Zunächst werkeln noch KUNST ALS STRAFE auf der Bühne herum. Man braucht schon viel Humor, diesen Sound zu mögen und da es für uns mehr eine Strafe ist, dem Geschehen beizuwohnen, geht's erst mal wieder nach draußen. Die Erwartungen an das interaktive Konzert des Mitbegründers der legendären EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN sind groß. Schließlich hat man das nicht alle Tage. Im Saal und auf der Bühne sind viele Gestelle aufgebaut, an denen Trommeln und Becken befestigt sind. Das Publikum im vollen Saal erhält Trommelstöcke. Andrew Chudy, wie er mit bürgerlichen Name heißt, gibt die Anweisung: "Ich spiele eine Tonspur ein und ihr trommelt dazu." Natürlich nach dem Motto: So laut wie möglich. Soweit die Theorie. In der Praxis wird es logischerweise sehr laut aber auch unkoordiniert. Von besagter Tonspur ist nichts mehr zu hören, denn alle hämmern wie wild auf die Trommeln. Nach 10 Minuten hat sich irgendwie immer noch kein Rhythmus im Saal eingestellt und die Sache nervt nur noch. Also geht es weiter in den Felsenkeller, ehe die Ohren ganz abfallen.

Dort gibt sich Frauenschwarm und Lebenskünstler Simone Salvatori mit seiner Band SPIRITUAL FRONT ein Stelldichein. Der Saal ist wirklich eine tolle Location und besitzt eine gute Akustik. Allerdings wird es mit der Zeit sehr warm. Die Temperaturen erreichen Sauna-Niveau. Dabei gibt es heute nicht einmal heiße Damenunterwäsche für den Maestro. Ob das auch der Grund ist, weswegen seine Laune nicht die beste ist? Sicher, das Konzert ist nicht schlecht, aber im Vergleich zu vergangenen Auftritten lässt das heute zu wünschen übrig. Die Leinwand auf der alte Filmklassiker gezeigt werden ist neu, und manchmal interessanter, als das Live-Geschehen. Einzig der Überflieger 'I Walk The (Dead) Line' kann so richtig überzeugen. Die Tatsache, dass die Songs vom letzten Album "Rotten Roma Casino" live nicht so poppig klingen wie auf CD, entschädigt ein wenig. 'Bastard Angel' beendet den Auftritt und vor allem die Damen kreischen und jubeln ihrem Schwarm entgegen. Aber das liegt an diesem Abend mehr an dem charismatischen Auftreten des Römers, als an seiner abgelieferten musikalischen Leistung.

In der Pause wird für einige Minuten durchgelüftet. Die etwas angenehmeren Temperaturwerte halten nur nicht lange an. Aber bei ROME ist das nicht ganz so schlimm, schließlich verleiten die ruhigen Töne nicht zu wilden Tanzeinlagen. Dafür wird es nun melancholisch und düster, dazu noch die tiefe und markante Stimme von Jérôme Reuter und der Abend ist perfekt. Neben seinem Partner Patrick Damiani wird das Duo von drei Live-Musikern begleitet. Zwei von ihnen verschwinden nach einer Weile, worauf Jérôme entgegnet: "Die beiden sind nur für eine halbe Stunde bezahlt worden." Man sieht also, trotz dieser schwermütigen Musik hat der Sänger den Humor nicht verloren. Als jedoch 'Bread And Wine' erklingt, reichen die beiden dann selbiges in das Publikum. Wahrscheinlich der hohen Temperatur geschuldet, verlassen relativ viele Besucher den Felsenkeller. Wer aber bis zum Ende durchhält, wird mit 'The Torture Detachment' und 'Neue Erinnerung' belohnt, ehe 'Swords of Rust' den Abend beendet. Noch einmal erhalten ROME viel Beifall und ein schweißtreibender Abend geht zu Ende.

Schwitzen ist auch im nahe gelegenen Club "Victor Jara" angesagt, der als Ausweichquartier für den Spiegelpalast genutzt wird. Dort finden die "Göttertanz-Parties" statt. Nach der Musik im Felsenkeller bietet es sich an, dort einmal vorbeizuschauen. Allerdings sind die Räumlichkeiten bei weitem kleiner und so ist es recht mühsam erst einmal rein und dann zur Bar oder zur Tanzfläche zu kommen. Von daher ist der Aufenthalt dort leider nur kurz, denn so richtig Spaß macht das dann auch nicht.

Redakteur:
Swen Reuter

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