Fuck The Commerce VIII - Luckau

26.05.2005 | 14:22

05.05.2005, Mehrzweckanlage

FREITAG

Als erste Band auf dem Fuck The Commerce einen Tag zu eröffnen ist eine recht undankbare Aufgabe, da die meisten der weit gereisten Zuschauer noch nicht so recht aus den erröteten Augen herausblicken können. Dennoch gibt die türkische Band CENOTAPH alles, um die noch Schlafenden mit ihrem brutalen Death Metal aus den Kojen zu jagen. Und dies gelingt ihnen gar nicht so schlecht, da sich nach einiger Zeit tatsächlich eine beträchtliche Menschenmenge auf dem Gelände eingefunden hat. Gutturale Vocals und recht technischer und brutaler Gitarrensound macht zusammen mit einem blastenden Schlagzeug CENOTAPH. Eine absolut solide Leistung, die die Türken hier dem noch recht hüftlahmen Publikum darbietet. So ballern sich CENOTAPH durch 45 Minuten brutalen Death Metal und wissen durchaus mit ihrer Musik zu überzeugen. Dennoch schade, dass die Jungs so früh ran musste, da sie zu späterer Stunde ziemlich sicher das verdiente Feedback des Publikums bekommen hätten. Vielleicht das nächste Mal.
(Martin Hamann)

DEBAUCHERYbringen erstmals Farbe in den trüben Freitag Nachmittag. Literweise Kunst(?)-Schweine(?)-Blut wurde vor dem Gig über die Körper der vier Fleischergesellen verteilt. Den musikalischen Vergleich mit SIX FEET UNDER müssen sich die irren Schwaben aber trotzdem immer wieder gefallen lassen. Bangkompatible Midtempo-Bombastkracher von einigen Blastbeats durchsetzt bieten die ideale Grundlage für eine sportliche Moshpitrunde und Hits wie 'Kill Maim Burn' oder die Huldigung an den Blutgott zünden auch schon um diese Zeit bei den geneigten Zuhören - na dann, Sport frei!
Die brutalen Deather von FEARER fallen dem Bedürfnis (a)sozialer Konversation in Zeltnähe zum Opfer. (Thomas Fritzsch)

Heute tut wirklich mal Rumgeassel mit der Reisegruppe vorm eigenen Zelt Not. Schließlich war gestern ein strammer Arbeitstag. Anstelle von FEARER gibt's neben Bier, Pfeffi sowie Zwiebeln mit Speck auch in Korn aufgelöste 'Wick Blau' (zwei Tüten auf eine Flasche) und einen Haufen amüsanten Dünnpfiff um die Ohren. Die seltsam anmutende Getränkeauswahl ist durch erste kratzende Hälse und stimmloses Gekrächze zu rechtfertigen. Met gibt's schließlich erst später.
(Gretha Breuer)

Nach dieser grenzwertigen Verpflegung kann nahtlos zu den Holländern PLEURISYübergegangen werden. Eigenen Angaben zufolge wird bei diesem Gig der neue Bassist Ivar Vennekens "defloriert", wenn das nicht zum Motto der Veranstaltung passt. Fehlende Abwechslung kann man den gut aufgelegten fünf Kollegen von Frau Antje wahrlich nicht unterstellen. Zwischen Passagen, die eher der schwedischen Tradition a là AT THE GATES zuzuordnen sind, blitzen messerscharfe Thrash-Riffs um in herrlich zweistimmige Gitarrenleads überzugehen, eine gelungene Symbiose aus Brutalität und Melodie. Mit dem 2003er Album "Dazed & Deranged" hat man natürlich auch einen Death-Metal-Hammer im Gepäck, der mit Titeln wie 'No Tears For Mankind' oder 'The Enemy Within' die tarngefleckte Todesgemeinde vor der Bühne mitzureißen vermag. Gute Show, geile Mucke - alles richtig gemacht!
(Thomas Fritzsch)

Relativ kurz vor dem Festivalbeginn konnte zur Freude vieler, langjähriger Fuck The Commerce-Besucher, die erste und leider auch einzige Gore-Grind-Truppe verpflichtet werden: ROMPEPROP. Dass diese Musikrichtung jedoch dieses Jahr zu wenig vertreten ist und eigentlich mehr gewünscht wird, sieht man an der Tatsache, dass der Platz vor der Bühne trotz der recht frühen Stunde gerammelt voll ist. Und ROMPEPROP wissen das zu schätzen. Hier wird gerockt! Nachdem die anfänglichen Probleme mit dem Harmonizer behoben sind, wird alles in Grund und Boden geblubbert. Die übliche Bühnenkostümierung der Holländer, das erträgliche Wetter, der klasse Sound und einige Liter Kunstblut, die direkt in den Moshpit geschüttet werden, lassen die Gemeinde, die sich vor der Bühne eingefunden hat, komplett ausrasten. Mord und Totschlag! Wahnsinn in seiner reinsten Form! Als dann noch das GUT-Cover 'Anal Sushi' gespielt wird ist der absolute Höhepunkt erreicht. Ein kleiner Hinweis an die Veranstalter mit den Worten ROMPEPROPs: "We Want Gore!!!"
(Martin Hamann)

Nach dieser geballten Goreladung haben es VIU DRAKH schwer, die Begeisterung zu halten. Aber eigentlich steht da ja KORADES auf der Bühne. Nach dem Ausstieg des Sängers Fish wollen die Hallenser nun unter neuem Namen und Rückbesinnung auf ihre musikalischen Wurzeln einen Neuanfang starten. Der Auftritt auf dem diesjährigen FTC stellt somit auch die Premiere auf großer Bühne in hiesigen Landen dar. Neues Material gibt es offensichtlich schon zuhauf. Im Vergleich zu VIU DRAKHs Zeiten der "Death Riff Society" geht man geradliniger, weniger verspielt zu Werke. Leichte Punkeinflüsse sind ebenfalls nicht zu verleugnen. Bleibt somit abzuwarten, wie sich an alte Erfolge anknüpfen lässt. Ein Anfang ist gemacht - weiter so, Jungs!
(Thomas Fritzsch)

"Process Of Decay" nennt sich das nagelneue Machwerk der Waliser von DESECRATION und ist wahrlich ein Prunkstück. Und auch in Luckau bricht ein Sturm los, als die Jungens die Bühne entern. Ein wahres Death-Metal-Gewitter. Ohne Rücksicht wird hier alles weggeblasen, was nicht niet- und nagelfest ist. Leider fehlt die verdiente Publikumsreaktion, denn für solch eine klasse Truppe sind deutlich zu wenige Leute vor der Bühne. Definitiv eine unterbewertete Band, die deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient hätte! Das dargebotene Programm erstreckt sich von seligen "Gore And Perversion"- Zeiten bis hin zu neuem Material von "Process Of Decay". Gewohnt souverän holzen sich DESECRATION also durch ihr eigentlich viel zu kurzes Programm und profitieren gleichzeitig von einem fetten Sound. Mehr davon!
(Martin Hamann)

GOREROTTED sind gerade mit dem zweiten Lied fertig als ich den Bühnenbereich entere. Die Engländer haben anno 2005 ein neues Album namens "A New Dawn For The Dead" am Start, holzen sich aber fröhlich durch alle drei bisher veröffentlichten Werke. Ich bin insofern auf das Sextett gespannt, als dass sie ja von fast allen Zines und Vertrieben als die Offenbarung im Death-Metal-Bereich gefeiert werden. Ich kann diesen Eindruck leider nicht gewinnen, denn zu oft dringen solche Klänge an mein Ohr und so außergewöhnlich ist die Musik nicht. Aber was zählt schon die Aussage eines einzelnen, wenn die Reaktionen der ersten zehn Reihen eine andere Sprache sprechen? Nichts, genau. Was ich GOREROTTED zu Gute halte, ist dass sie es schaffen, die eigene gute Stimmung voll ins Publikum zu transportieren. So erntet Fronter Goreskin doch einige Lacher, als er Schlagwerker Junky Jon einen neuen Song erst mal vorsummt, nachdem dieser seinen Einsatz verpasst hat. Den Anwesenden hat es wirklich gefallen, also höre ich jetzt auf zu meckern.
(Falk Schweigert)

Super! Wegen einem Wechsel in der Running Order spielen LIVIDITY früher als geplant und ich verpasse erst mal einen Teil des Gigs. Als ich dann letztendlich doch davon erfahre, dass die Amis schon spielen und ich mich vor der Bühne einfinde ist das Schlachtfest bereits in vollem Gange. Irgendein kluger Mensch hat einmal gesagt, LIVIDITY seien die SIX FEET UNDER des Porn-Grind. Ganz so weit würde ich zwar nicht gehen, doch einen gewissen Wahrheitsgehalt kann man nicht verleugnen, denn die Musik ist extrem eingängig und geht sofort in den Hals. Dass die Meute vor der Bühne komplett am Ausrasten ist, brauche ich eigentlich gar nicht erst zu erwähnen: Das versteht sich bei den Chartbreakern von LIVIDITY absolut von selbst. Und so rumpeln sich die Jungs durch eine Anhäufung von Klassikern ihrer bisherigen Alben und versprühen einen Hauch von Romantik mit ihren Liebesliedern in Luckau. Der Kamerad am Mischpult leistet ganze Arbeit und zaubert einen klaren Sound, wie er kaum besser sein könnte. So werden LIVIDITY also bis zum Ende abgefeiert, und das zu Recht! In diesem Sinne der Titel des Live-Albums: "Show Us Your Tits - Live"! Cheers!
(Martin Hamann)

Nach dem phänomenalen LIVIDITY-Gig verziehe ich mich erst mal zum Aufwärmen und Informationen verarbeiten ins Backstage-Zelt. Bei zwei Bechern Bier komm ich mit einem jungen Burschen ins Gespräch, der sich als Sohn vom DIXI-Vermieter vorstellt und ernsthaft behauptet ihre DIXIs seien die saubersten im ganzen Land. Eine kecke Behauptung, die sich später aber doch als ziemlich wahr herausstellen wird. Bei dem netten Plausch vergesse ich glatt den VOMITORY-Auftritt, hechte mich Tod und Teufel verachtend vor die Bühne und sehe immerhin noch drei Lieder. Eines müsste "Raped In Their Own Blood" vom Debüt sein, wenn mich meine Ohren nicht täuschen. Die beiden anderen erkenne ich beim besten Willen nicht, denn 30 Zentimeter vor einer der großen Boxen ist der Hörgenuss doch deutlich geschmälert. Auf jeden Fall rockt eine der amerikanischsten aller Schweden-Death-Metal-Combos wie die oft zitierte Sau. Da heißt es Matte schütteln und Muskelkater komme. Ein Blick in die freudigen Gesichter in den ersten zwei Reihen macht deutlich, dass ich eben ein echtes Highlight verpasst habe.
(Falk Schweigert)

Nach den derben Haarmonstern von VOMITORY, die mit ihren Matten demnächst auch gut auf Werbetour für Haarmittel aller Art gehen können, sind ENTOMBED die Dreckrocker des Abends. Im positiven Sinne natürlich, denn ihr Death'n'Roll ist in der einsetzenden Nachtkälte ordentliches Hörfutter, um den Körper durch ekstatische Bewegungen im Nackenbereich ein wenig aufzuheizen. Die Palette der Songs reicht dabei von seeligen "Wolverine Blues"-Zeiten á la 'Out Of Hand' hin zu neueren Werken, die ordentlich aus den Boxen brezeln. Sänger L-G Petrov bewegt sich zu diesem Treiben wie ein Tanzbär im mittelschweren Seegang, gänzlich nüchtern scheint er zumindest nicht mehr zu sein. Deutlich wird das, als er versucht mit den Fans zu sprechen: "Alles gut? Ich spreche ein bisschen Deutsch." Da muss sogar sein Bassist Nico Elgstrand lächeln, der aber auch selbst mit seinem "Mono You Die"-Shirt nicht gänzlich ernst und seriös wirkt. Doch, und das macht den Gig zu einem echten Highlight zu später Stunde, ENTOMBED ziehen durch ihre lockere Art viele Sympathien auf ihre Seite und können selbst Leute überzeugen, die sonst nur auf derbes Geknüppel stehen. Am Ende steht ein "Vielen Dank, Heavy Metal, noch ein Bier" auf dem Notizblock, egal, ob dies nun der ENTOMBED-Schreihals oder jemand anderes gesagt hat: Diese Portion Death'n'Roll hat dem Billing vom Fuck The Commerce richtig gut getan. Und jetzt: Metsaufen, Biersaufen, die Nacht zum Tage machen, am Lagerfeuer frieren, weiter Metsaufen, umfallen erst später. Skål!.
(Henri Kramer)

Redakteur:
Henri Kramer

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