Fuck The Commerce VIII - Luckau

26.05.2005 | 14:22

05.05.2005, Mehrzweckanlage

DONNERSTAG

... und wird brav zum Frühstück geleert - wir sind ja nicht zum Spaß hier! - nachdem leichtsinnigerweise die Sonne verflucht worden war, die am Donnerstagvormittag noch aufs Zelt brezelte...
Kurz vor eins dürfen VENERAL DISEASE pünktlich anfangen und vor der Bühne ist bereits einiges los. Der spargelige Sänger post lang- wie breitestbeinig und kann es sich selbst mit Fragen wie: "Habt ihr Bock auf Fast Forward Death Metal?!" nicht mit dem neugierigen Publikum verscherzen. 'Retaliation Manifest' von der 2004er "Sworn To Hate", von der noch einige andere Stücke geboten werden, überzeugt von dem technischen Anspruch der Band an sich selbst. Mit "Dankeschön, ihr wart schweinegeil!", endet der wirklich gute musikalische Tagesbeginn.
DICKLESS TRACY sollte die Nörgler verstummen lassen, die sich über zu wenig Grind beim FTC 2005 beklagen. Zwar klingen Antikriegslieder wie 'When Battle Calls' oder 'No More Fascist Troops' verhältnismäßig smooth, aber die Spielfreude springt bei den Slowenen, die sich freuen, als erste Band vom Balkan beim FTC zu spielen, aus den Boxen. Das schnell beendete MOTÖRHEAD-Cover 'Orgasmotron', 'They Killed Kenny' und der "anti-vegetarian song" 'Strike Of the Pigs' schmecken richtig gut zum Bier. Schön!
(Gretha Breuer)

Mit GODHATE entern nun auch die ersten Schweden an diesem lauschigen Nachmittag die Bühne - die Sonne scheint. So lässt man sich doch gern auf eine Dreiviertelstunde Schweden-Death-Metal ein. Als erstes fällt der mächtige Bassist Claes Ramberg auf, unterstützte er doch kürzlich die Landsmänner von IN AETERNUM auf ihrer Tour durch hiesige Gefilde. Musikalisch bewegen sich GODHATE, oder früher noch als THRONEAEON bekannt, irgendwo zwischen DEICIDE und landestypischem Death-Metal-Brett. Ihr letzter Output "Godhate" ist nun schon zwei Jahre alt, aus dessen Repertoire dann auch reichlich geschöpft wird. Aber auch älteres Material der "Neighter Of Gods" wird dem geneigten Tarnfleck-Hörer um die Ohren geballert, was mit begeisterten "Give us some more"- Rufen quittiert wird. Zum Schluss fliegt noch ein T-Shirt in die vor der Bühne lauernde Meute und die Schweden verabschieden sich mit freudigem Gesichtsausdruck.
(Thomas Fritzsch)

Die ersten Alkohol-Leichen liegen komatös auf dem Asphalt vor der Bühne, als es kurz vor vier schwedisch mit NOMINION weitergeht. Der Prügel-Death geht fluffig geradeaus; so kann man auch Ansagen und unmotivierte Motivationsversuche wie "We're fucking evil!" oder "Let's see some moshpitting" während "some trouble with the guitar" nachsehen. Der lautstarke Fanclub, der in den Songpausen ohne Unterlass "NOMINION!" brüllt, macht das sowieso und das tighte Drumming des im Januar aufgenommenen "Condemned To Die" hilft darüber hinweg. Bei 'Sickening' "for all you sickos out there" ist die Death-Welt wieder in Ordnung.
(Gretha Breuer)

Die nun folgenden PURGATORY sind keine Unbekannten auf dem FTC. Aber sind die Haare des Sängers Sick einer überwütigen Heckenschere zum Opfer gefallen? Nein, Dreier, aus früheren SEIRIM-Zeiten bekannt, übernimmt am heutigen Tag die Frontposition. Nach der für PURGATORY-Auftritte typischen Präsentation der Rückenansicht geht mit 'Bloodsoil Revelation' gleich der erste Hammer der letzten Scheibe "Luciferianism" auf die Köpfe nieder. Es ist immer wieder schön, Lutz' dynamisches Drumspiel zu beobachten, umrahmt von der synchron bangenden Saitenfraktion, bevor alles im dichten Bühnennebel verschwindet. Neben weiteren Perlen des letzen Outputs wie 'The Inexorable Darkness' und 'In Fervent Eyes' kommt auch älteres Material der "Blessed With Flames Of Hate"-CD nicht zu kurz und endet in einer kopfkreisenden Orgie der drei Mannen vor der Schießbude.
(Thomas Fritzsch)

Bei WACO JESUS meint es der Wettergott noch einigermaßen gut mit der Meute, die sich wegen dem "US Scum Grind" dieser Wahnsinnigen vor der Bühne eingefunden hat. Und die Jungs danken es mit einem Death-/Grind-Massaker deluxe. Politisch Korrekt? Wie schreibt man das noch gleich? Den Leuten, die vor der Bühne ihr Dasein fristen ist das völlig egal, und so ist auch der Anteil der weiblichen Zuschauer bei WACO JESUS enorm hoch. Songs wie 'I Hope He Beats You', 'Fag Basher', oder 'Mass Pussy Obliteration' darf man einfach nicht zu ernst nehmen. Und das macht jetzt auch niemand, denn dazu bleibt überhaupt keine Zeit. Bei der Mischung aus Songs der beiden Releases "The Destruction Of Commercial Scum" und "Filth" bleibt kein Fuß im Arsch und kein Haar auf dem anderen. US-Scum Grind ist Rock 'n Roll!
(Martin Hamann)

Von Gore-Amiland zurück in den hohen Norden schleudert mit CARNAL FORGE eine weitere Schwedencombo ihre Death-Thrash-Keule in den Luckauer Abendhimmel. Sänger Jens C. Mortensen zeigt auch gleich, wo es langgeht, und springt wie wild über die Bühne; Arsch-lange Dreadlocks fliegen im Kreis. Dazu produzieren die beiden Gitarrenheroen Jari und Petri Kuusisto eine Soundwand, die den Namen Schweden-Death verdient. So lassen sich die Fans vor der Bühne auch nicht lange lumpen und stimmen bangend in den 'Hand Of Doom'-Schrei ein. Eine Portion Metalcore, ein Schuss SLAYER-Thrash und immer wieder diese melodischen Gitarrenparts - das ist die Mischung, die CARNAL FORGE auf ihrem letzten Album "Aren't You Dead Yet?" präsentierten. "Do you enjoy the show?" Auch wenn es nach Herrn Mortensens Ansicht nur fünf bis sechs Metalheads sind, die diese Anfrage lauthals bejahen, dürfte der eine oder andere in diesem Moment nur vom Schluck aus dem Bierbecher am Aufschrei gehindert worden sein. So zieht auch endlich der erste Crowdsurfer seine Kreise über die bangenden Köpfe in den ersten Reihen. Mit einem energischen "Shut up, I make the rules!" verabschieden sich die Schweden dann leider schon nach 45 Minuten Brachialmucke, um die Bühne für die nächste Truppe aus dem Land der Elche frei zu geben.
CENTINEX haben mit Jonas Kjellgren immerhin den früheren CARNAL FORGE-Sänger in ihren Reihen. Doch wo ist der zweite Gitarrist dieses Jahr abgeblieben? Zunächst fällt nur Sänger Johan Jansson auf, der die Fans in Luckau mit "Deutschland über alles" begrüßt. Sollte um diese Zeit schon Alkohol im Spiel gewesen sein? Offensichtlich, denn diverse Gitarrenkabel fallen seinem unkontrollierten Bewegungsdrang zum Opfer. Trotz dieser widrigen Umstände kann Jonas Kjellgren mit fettem Gitarrensound überzeugen. Auf die im Juni erscheinende CD "World Declension" darf man auf alle Fälle gespannt sein. Neben Tracks des neuen Werkes reichte die Setlist bis weit in die nunmehr fünfzehnjährige Bandgeschichte zurück. Aber selbst bei Klassikern wie 'Bloodhunt' und der Aufforderung "Let's get drunk and high" will der Funke der Schwedenfackel nicht recht überspringen. Nur vereinzelte Headbanger füllen den Platz zwischen der frierenden Masse, die zähneklappernd in die rot und gelb funkelnde Nebelwand starrt.
(Thomas Fritzsch)

Die Zwischenansage von Bruchstein Records-Wolfgang, mit der er die Unterstützung des Publikums für einen OBSCENITY-Live-DVD-Mitschnitt einfordert, erfährt ebenso wenig Beachtung. Erst das güldene Bühnenfeuerwerk in der endenden Dämmerung reißt aus der Starre, untermalt von einem orchestral-düsteren Intro. Hände recken sich zur Bühne in den kälter werdenden Wind. Offensichtlich genießend nimmt der OBSCENITY-Sänger die Handbewegungen auf. Fiedelnde Gitarren fahren in seine Frage. "Habt ihr Bock auf Death Metal?" Fortan rasen OBSCENITY durch. Die vor der Bühne bis zu den Bierständen Stehenden lauschen entspannt-gebannt dem mächtigen Gesang, dem hymnischen Geprügel, das seine amerikanischen Einflüsse nicht verleugnen kann. Der Sänger sieht im UNLEASHED-Longsleeve überm Bauch eher träge aus, singt aber 1A. Knüppel und Keif passt brillant aufeinander; der gute Sound reicht bis vor die fünf Dixis hunderte Meter vor der Bühne. 'Sleepwalker' vom aktuellen Album fährt ein nur geil zu nennendes Gitarrensolo auf, weil Drums und Bass es unterstützen, sich nicht verschweigen. "Für die alten Hasen unter euch" wird 'Perversion Mankind', der Titelsong vom zweiten Album angesagt. 'Cold Blooded Murder', der Titelsong vom aktuellen Album, muss gar drei Mal angesagt werden, damit sich die erwünschte Begeisterung Bahn bricht. "Wir hören natürlich nicht auf, bevor wir unseren Klassiker gespielt haben ..." kommentiert der Sänger ?Utter Disgust'. Ein leider etwas zu penetrantes Gitarrensolo ist der letzte Eindruck von OBSCENITY beim FTC 2005.
(Gretha Breuer)

Donnerstag Nacht, halb elf in Deutschland. Bin gerade so aus dem von einem Alkoholexzess bedingten Tiefschlaf aufgewacht worden und begebe mich in Richtung Bühne zu den Amis von JUNGLE ROT. Die haben schließlich mit "Fueled By Hate" ein recht frisches Album im Gepäck, welches es dem leicht angetrunkenen Publikum in Deutschland zu präsentieren gilt. Und zu dieser Uhrzeit treffen die Jungs den Nagel genau auf den Kopf: Dieser schön eingängige Death Metal ohne allzu großen Anspruch verleitet die Masse zum gepflegten Durchdrehen. Selbst Leute wie ich, die sich JUNGLE ROT nicht so wahnsinnig gerne auf Platte anhören, sind begeistert von dieser Performance. Es gibt einfach Musik, die geschrieben wird um live dargeboten zu werden. Auf großartiges Gefrickel und unnötige Ansagen wird verzichtet. Hier steht der Spaßfaktor ganz eindeutig im Vordergrund. Die reinste Death-Metal-Party! Und bei solch einer Party kann es nur ein einziges Resultat geben: einen gigantischen Moshpit. Die Setlist deckt die ganze Bandgeschichte ab und bietet somit eine ausgewogene Mischung aus neuen und älteren Songs. Die richtige Musik zur richtigen Zeit! Noch ein Bier bitte!
(Martin Hamann)

Eben so wenig, wie es Zufall sein kann, dass eben das Richtige zur richtigen Zeit passierte, kann es Zufall sein, dass CATASTROPHICs Gitarren nach OBITUARY klingen, steht doch deren Gitarrist Trevor Perez bärtig mit auf der Bühne. Nach OBITUARYs vermeintlichem Ende hat er sich die New Yorker PYREXIA-Mitglieder geschnappt und mit diesen CATASTROPHIC ins Leben gerufen, welche jedoch kein OBITUARY-Klon sind. "Das ist doch Hüpfe-Mucke!", schimpft jemand. Der Eindruck kommt vor allem durch Keith DeVitos Gesang zu Stande, der erstmal auf seine Band deutend brüllt "They want weed!" Die Hüpfe-Mucke-Assoziation bezieht sich wohl auf die leichten Hardcore-Einflüsse, die vor allem von DeVitos bisweilen kreischigem Gesang getragen werden. 'Balancing The Furies' kommt zackzackzack raus gerülpst. 'Terraform' gibt p.c.-haftes Ökologie-Bewusstsein vor, bevor die Frage "Do you agree with me to get more drunk?!", die mit p.c. nix mehr zu tun hat, jubelnd bejaht wird. "Buy our T-shirt, we buy your weed!", verherrlicht DeVito weiterhin den Drogenkonsum. Dann gibt's noch was im guten, alten "old time style" und mit "Dankeschön, take care" verabschieden sich die Headliner ganz brav. Endlich geht's wieder ans heiß lodernde Lagerfeuer, wo Wildfremde noch lange unaufgefordert alkoholgeschwängerte Weisheiten von sich geben ...
(Gretha Breuer)

Redakteur:
Henri Kramer

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