STREETS, THE - A Grand Don't Come For Free
Mehr über Streets, The
- Genre:
- HipHop
- Label:
- Warner Music
- Release:
- 10.05.2004
- Blinded By The Lights
- Could Well Be In
- Dry Your Eyes
- Empty Cans
- Fit But You Know It
- Get Out Of My House
- It Was Supposed To Be So Easy
- Not Addicted
- Soaked By The Ale
- Such A Twat
- What Is He Thinking?
- Wouldn't Have It Any Other Way
Dass die englische Musikpresse einen kollektiven Schaden hat, braucht man niemandem zu erklären. Regelmässig werden Hypes ge- und erfunden, Bands in den siebten Himmel gelobt und zwei gleich klingende Alben reichen schon aus, um ein neues Genre zu definieren oder ein "Movement" zu begründen. THE STREETS, eigentlich nur aus Mike Skinner bestehend, waren so ein erster Fall. Ausnahmsweise zu Recht, denn "Original Pirate Material", das Debütalbum von 2002, überzeugte musikalisch. Ohne Zweifel.
Was also macht ein Mike Skinner? Einfach zwei Jahre später dort weiter, wo er aufgehört hat, garniert das nächste Werk mit einer Single, die vortäuscht, dass seine Musik im Grunde radio- bzw. massentauglich wäre und rappt bzw. sprechsingt sich ansonsten mit seiner einmaligen und unverwechselbaren Stimme und seinem viel zu britischen Akzent durch zehn weitere Songs, die wie Gespenster wirken, die ihre vorhandene Schönheit verbergen wollen: Schwer zu fassen, oberflächlich auf den ersten Blick trotz ihrer hörbaren Andersartigkeit leicht konsumierbar und doch mit mehr Seele ausgestattet als so manch andere, vermeintlich komplexere musikalische Verlockungen.
Vielleicht muss man den Zugang über 'Dry Your Eyes' und 'Fit But You Know It' finden, über den einzigen Song, den man an der Oberfläche als wirklich schön bezeichnen kann und über den Tanz-Rocker, um anschließend tiefer in eine Platte einzutauchen, die irgendwo unter ihrer gelangweilten Kratzbürstigkeit und hinter den scheinbar zu offensichtlichen Refrains die Seele der britischen Musik enthält, und, wenn man diese einmal entdeckt hat, faszinierender und vor allem ehrlicher als alles andere wirkt, was das Genre HipHop zu bieten hat.
'Such A Twat' zum Beispiel, dieses mit Widerhaken besetzte Biest von einem Lo-Fi-Rap-Song, oder das mit synthetischen Trompetensounds unterlegte 'It Was Supposed To Be So Easy', das immer wieder stückchenweise zu einem RnB-Song wird, genauso wie das großartige 'Well Be In'. Sowieso: Der Minimalismus, den Mike Skinner mitbringt, ist symptomatisch für gute Songwriterplatten, auch wenn "A Grand Don't Come For Free" auf den ersten Blick keineswegs wie eine solche wirkt: Mehr als ein Beat, ein weiteres Instrument und seine Stimme ist hier eigentlich in den meisten Fällen unnötig. Und trotzdem: Je öfter man hier mal reinhört, je öfter man die durchwegs genießensweren Texte mitliest, desto mehr beginnt diese Platte sich zu öffnen und desto tiefer wird die musikalische Erfahrung, die man aus der Begegnung mit den STREETS ziehen kann.
Um die Sache auf den Punkt zu bringen: "A Grand Don't Come For Free" ist ohne wirklichen Zweifel das beste HipHop-Album seit der kreativeren Hälfte von OUTKASTs Doppelalbum "Speakerboxx / The Love Below", das die Musikszene zu Gesicht bekommen hat und verbirgt hinter seiner etwas verschrobenen Fassade im wahrsten Sinne des Wortes eine ganze Welt, die es zu entdecken gibt. THE STREETS sind für den HipHop in etwa das, was die WHITE STRIPES oder auch die EELS für den Alternative sind: Eine merkwürdige, eigenbrötlerische und scheinbar sehr relaxte "Band", die um Längen bedeutender und anspruchsvoller ist als sie vortäuscht zu sein.
Mike Skinner? Der Mann hat es ganz klar. Was immer "es" auch sein mag. So spannend sind in diesem Genre ansonsten nur noch THE ROOTS.
Anspieltipps: It Was Supposed To Be So Easy, Dry Your Eyes, Such A Twat, Empty Cans
- Redakteur:
- Sebastian Baumer