SCHWEISSER - Pororoca
Mehr über Schweisser
- Genre:
- Hard Rock
- Label:
- Südpol / Alive
- Release:
- 25.08.2006
- Gelbkarierte Sakkos
- Verlegt und verloren
- Helden
- Freiheit?
- Zu kurz
- Zu lang
- Tausend mal du
- Verwählt
- Die binären Idioten
- Noch mehr
- Tage mit Wir
Ich gestehe, ein kleiner Schock war es schon, als es Mitte 2006 plötzlich hieß, SCHWEISSER wären wieder vereint. Um genau zu sein, hätte ich kaum etwas für unwahrscheinlicher gehalten als die Reunion einer meiner liebsten deutschen Metalbands, zumal die Truppe um Bandhirn Tommi Böck die harten Pfade 2001 mit "Bitte warten" eindeutig verlassen hatte. Die Spannung auf Qualität und Stil des neuen Zöglings "Pororoca" war dementsprechend groß. Doch muss ich zu Beginn gleich zwei Einschränkungen machen. Erstens: SCHWEISSER sind nur teilweise zurück, ist von der Ur-Besetzung doch niemand mehr übrig außer Tommi Böck selbst - der scharte zwei junge Musiker um sich, um den Namen SCHWEISSER wieder zu beleben. Und zweitens: "Pororoca" ist nicht das Comeback der von allen Fans vielgeliebten Metalära. Dass aber beides nicht unbedingt schlimm sein muss, beweisen SCHWEISSER verteilt auf knapp 40 Minuten und 11 Tracks.
Beginnen muss man jegliche Meinung aber mit einem Vorwurf - das Album mit zwei etwas uninspirierten Punksongs wie 'Gelbkarierte Sakkos' und 'Verlegt und verloren' zu beginnen, ist eine eher weniger glückliche Wahl. Zum einen erwecken SCHWEISSER hier den Eindruck, als hätte man gar nicht so wirklich Lust aufs Musikmachen gehabt, und zum anderen rückt es die neue Musikerfraktion in ein eher schäbiges Licht. Denn außer Akkordgeschrammel und 08/15-Drums wird hier nicht groß geprotzt - lediglich das groovig-sommerliche Anfangsriff von 'Gelbkarierte Sakkos' weiß zu gefallen. Dennoch sollte man sich überwinden, die CD nicht sofort wieder einzuschließen, sondern vielleicht erstmal abwarten - es lohnt sich. Über die gesamte Spielzeit betrachtet, haben SCHWEISSER nämlich zwar ein diffuses, aber gelungenes Werk zusammengeschraubt, das vor allem durch einen auffälligen Stilmix, absolute Bodenständigkeit und die, wie so herrlich bandtypisch, guten Texte punkten kann. "Pororoca" beinhaltet von den erwähnten Assipunkstücken über solide Deutschrocknummern bis hin zu endlich wieder härteren Tracks eine reiche Bandbreite verschiedener Stile, aus der sich jeder Gitarrenfan seine Sahnestückchen herauszupicken in der Lage sein sollte. Und von den anfangs erwähnten Ausnahmen abgesehen, die selbst für stiloffene Hörer gewöhnungsbedürftig sind, verzichtet die Platte angenehmerweise auf wirkliche Ausfälle. SCHWEISSER beweisen, dass sie genauso hart wie alternativ sein können, genauso bissig wie sanft, und vereinen damit in der Theorie die guten Eigenschaften ihrer musikalischer Vorvergangenheit.
Um aber auf dem Teppich zu bleiben - "Pororoca" ist bei weitem kein Meilenstein, und einige der Songs sind im Kern kaum besser als guter Durchschnitt. Aber es sind die positiven Ausnahmen, die hier die Punkte machen. Da wäre zum Beispiel das treibende 'Noch mehr', das mit seinen harten, queren Gitarrentönen und verzerrten Vocals nicht nur alte SCHWEISSER-Tage heraufbeschwört, sondern auch (wie eigentlich die gesamte CD) inhaltlich einiges transportiert. Dem schließt sich 'Verwählt' an, das zwar fast schon grausam und konsequent monoton, aber trotzdem stimmig ist. Höhepunkt der softeren Art ist eindeutig 'Die binären Idioten', das textlich sehr durchdacht und melodisch schön ausgearbeitet wurde. Ihren Glanzpunkt erreichen SCHWEISSER aber ganz am Schluss mit dem achtminütigen 'Tage mit Wir'. Dieser thematisch wie musikalisch zweigeteilte Song beginnt spärlich und zerbrechlich, verzerrt durch geflüsterte Stimmen, und mündet in vielleicht nicht übermäßig kreativem, aber absolut stimmigem Oldschool Thrash Metal. Wie auch an anderer Stelle, beweist Böck hier grandios, dass Schreien doch noch geht und auch Spaß macht, und dass es vielleicht doch gar nicht so abwegig ist, von einer Rückkehr in Richtung der 90er Jahre zu träumen (auch wenn man in Sachen Spieltechnik vom Stand der alten Scheiben noch weit entfernt ist).
Unterm Strich bleibt "Pororoca" für mich eine freudige Überraschung im Rahmen einer noch freudigeren Rückkehr. Denn auch wenn dieses Album nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist, so beweisen SCHWEISSER dennoch, dass hier vielleicht immer noch mehr Potenzial schlummert als Viele glauben. Und selbst wenn nicht, so reicht es doch, um ein kurzweiliges Album mit einigen verdammt starken Songs sein Eigen nennen zu können.
Anspieltipps: Tage mit Wir, Noch mehr, Die binären Idioten
- Redakteur:
- Dennis Hirth