PARAMAECIUM - Echoes From The Ground
Mehr über Paramaecium
- Genre:
- Doom / Death Metal
- Label:
- Pleitegeier / SX
- Release:
- 21.03.2005
- Night Fears Morning
- Over The Sea
- The Chosen Land
- They Tend To Die
- I
- My Failing Heart
- Echoes
Die Australier von PARAMAECIUM gehören zu den Vorreitern der Bewegung, die Elemente des epischen, getragenen Doom Metal mit Growls des Death Metal zu verbinden begann, was schließlich zur Herausbildung einer eigenen Stilrichtung führte, die man heute Doom/Death oder neuerdings auch vermehrt als Funeral Doom bezeichnet. PARAMAECIUM selbst sind nach wie vor eine echte Größe in diesem Genre, wenngleich sie in den letzten Jahren nicht übermäßig produktiv waren. So liegen zwischen dem Vorgänger und dem neuen Album "Echoes From The Ground" satte fünf Jahre.
Diese Zeit haben die Mannen um Sänger, Gitarrist und Bassist Andrew Tompkins jedoch dazu genutzt, uns ein musikalisch wie lyrisch sehr ausgefeiltes Konzeptalbum zu kredenzen, das alle bisherigen Anhänger der Band begeistern sollte und durchaus auch das Zeug dazu haben dürfte, den Bekanntheitsgrad der Truppe zu erhöhen. Die Zeit für Doom ist nämlich dieser Tage fast besser denn je zuvor, und wer Qualität zu bieten hat, sollte auch eine faire Chance haben, damit erhört zu werden.
Das Konzept von "Echoes From The Ground" erzählt die Geschichte des jungen englischen Wissenschaftlers Henry Barcley, der 1864 auszog, um im heiligen Land historische Beweise für seine religiösen Überzeugungen zu finden. Viel mehr möchte ich über die - wie für PARAMAECIUM üblich - christlich inspirierte Story nicht verraten, um euch nicht der Spannung zu berauben. Jedenfalls läuft die Erzählung sowohl über die Liedtexte als auch über sehr ausführliche Linernotes, was das Booklet zum vierten Album der Band zu einer sehr interessanten Lektüre macht.
Musikalisch vertonen PARAMAECIUM die Erfahrungen des Reisenden sehr eindringlich und mit all der Emotionalität, die Doom Metal so sehr auszeichnet. Hier werden die Trauer, die Zweifel, aber auch Hoffnung und Erleuchtung spürbar. Dementsprechend offenbart "Echoes From The Ground" auch eine ungeheure Vielfalt von Stilelementen und Techniken, welche die Spannung über die gesamte Dauer des Albums erhalten. So singt Andrew Tompkins mal in klarer Basstonlage (herausragend bei 'I'), dann flüsternd, oder auch mal böse keifend und growlend. Dazu taucht an mehreren Stellen, vor allem jedoch bei 'They Tend To Die' der sehr anmutige Soprangesang von Tracy Bourne auf, der dem finsteren Doom der Band eine weitere schillernde Facette hinzufügt, ohne die warme Melancholie zu stören. Eine völlig andere Rolle spielt Tracys Gesang beim mit seinen krassen Wechseln ganz dezent an DARKTHRONEs Bizarrwerk "Goatlord" erinnernden 'My Failing Heart'. Wer bei Soprangesang gleich an kitschigen Duettgesang der Plastik-Goth-Bewegung denkt, könnte weiter daneben kaum liegen. Keine Angst also, PARAMAECIUM werden hier nicht zu Aushilfsgoten, sondern wahren die traurige Anmut und bedingungslose Schwere des Doom. Ein weiteres sehr auffälliges Merkmal der Musik ist das sehr präsente Geigenspiel von Attila Kuti, das sehr melodische, teils dem Konzept entsprechend orientalisch ausgerichtete Leadmelodien (schön herauszuhören bei 'The Chosen Land') über die perseverative Schwere der Doomriffs legt, ohne deren Heaviness abzumildern. Bestes Beispiel dafür ist der intensive Opener 'Night Fears Morning' mit seinen weitgehend klar gesungenen Vocals. Die Geige ist übrigens zum Glück nicht immer vorhanden, was ihr unter Umständen das Spezielle nehmen könnte. Sie wird sehr wohl bedacht und deshalb extrem wirkungsvoll eingesetzt. So können andernorts, wie beim extrem finsteren, von Growls dominierten, aber auch mit choralen Einschüben ausgestatteten 'Over The Sea', auch die Gitarrenarrangements für Aufsehen sorgen. Das sehr atmosphärische Finale 'Echoes' setzt einer tollen Scheibe schließlich die Krone auf, so dass es für mich absolut nichts gibt, was ich auszusetzen hätte.
Für Fans von Bands wie MAR DE GRISES, PANTHEIST oder FALLEN gehört das neue Werk von PARAMAECIUM meiner Meinung nach ebenso zum Pflichtprogramm wie natürlich für die alten Anhänger der Australier. Auch Freunde melancholischer Klänge, denen MY DYING BRIDE zusagen, dürften an diesem Meisterwerk Gefallen finden, wenn sie sich darüber im Klaren sind, dass die Kost, die Mastermind Andrew ihnen gemeinsam mit seinen Mitmusikern auftischt, ungleich tiefgängiger und schwerer verdaulich ist. Die Stimmungen sind ähnlich, und auch die Stilelemente offenbaren Parallelen, wenn auch PARAMAECIUM viel weiter vom Mainstream entfernt sind, als es die Briten jemals waren. Ich wage einfach mal die riskante Prognose, dass von "Echoes From The Ground" kaum ein "Doom-Deather" enttäuscht sein kann, weshalb ich der angesprochenen Klientel diese Scheibe vorbehaltlos empfehlen kann.
Bei Konzeptalben gebe ich an sich nicht gerne Anspieltipps, da das Werk am besten in seiner Gesamtheit zur Geltung kommt. Wer jedoch mal probeweise reinhören will, sollte vielleicht mit folgenden Songs anfangen, da sie die Vielseitigkeit der Scheibe schön illustrieren: Night Fears Morning, They Tend To Die, My Failing Heart.
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle