NANOWAR OF STEEL - Dislike To False Metal
Mehr über Nanowar Of Steel
- Genre:
- Comedy Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 10.03.2023
- Sober
- Winterstorm In The Night, feat. Madeleine Liljestam (ELEINE)
- Disco Metal
- Muscle Memories
- Chupacabra Cadabra
- Pasadena 1994, feat. Joakim Broden (SABATON)
- Metal Boomer Battalion
- Dimmu Boogie
- Protocols (Of The Elders Of Zion) Of Love
- The Power Of Imodium
Was haben Piraten, Säfte, Haar-Schuppen, der Chupacabra, Fußball, Boomer, Boogie und Immodium gemeinsam? Die Antwort findet ihr bei NANOWAR OF STEEL!
Jawoll, die "lustigen Musikanten" aus Italien sind zurück! Wobei das so nicht ganz stimmt: Mit ihren Songs haut uns die Band mit "ernsthaftem" Augenzwinkern gnadenlos unsere Schwächen um die Ohren – gut getarnt durch "witzige" Texte und mit 1a Musik. Denn bei allem Unsinn und Quatsch, den die Herren so verzapfen, ob jetzt auf ihren Videos oder live zu bewundern, darf man nie vergessen, dass alle ganz hervorragende Musiker sind, die praktisch schon jedes musikalische Genre bearbeitet haben, denen immer wieder pfiffige, humorvolle Ideen einfallen – kurz: die jedesmal aufs Neue überraschen. So entführt uns NANOWAR-OF-STEEL in zehn Songs nicht nur in veschiedene Länder, sondern auch in ganz verschiedene musikalische Stilrichtungen.
Das beginnt mit 'Sober', einem Piratensong im Stile von Alestorm. Und nur wenn man dem Text genau lauscht, bemerkt man, was sie da überhaupt singen. Die furchteinflößenden Piraten, immer auf der Jagd nach Bitcoins! und Gold, haben dem Alkohol abgeschworen. trinken nur noch Wasser, Säfte und Tee und ernähren sich gesund. Denn der größte Schatz des Piraten ist seine Gesundheit und außerdem muss der Schiffsführer sich immer einem Alkoholtest unterziehen. "Deshalb bleiben wir gesund, bis wir sterben!" So sind sie, die modernen Piraten.
Vom unberechenbaren Meer führt der Weg geradewegs zum 'Winterstorm In The Night', einem Märchen von Schnee- und Hautschuppen. Spätestens wenn man das im Video auf der Märchenbuchseite liest, weiß man, dass etwas Unerwartetes kommt. Veredelt wir der Song übrigens von Madeleine Liljestam (ELEINE), die sich gesanglich als Wahrsagerin betätigt, während die Band, als Läuse verkleidet, in iegendwelchem Kopfhaar ihr Unwesen treibt. Nun ja, im Text wird empfohlen, was man tun kann, um der rieselnden Pracht Herr zu werden. Also beispielsweise soll man ein Selensulfid-Shampoo benutzen. Zu köstlich, wenn der arme Proband dann das entsprechende Shampoo "in der Natur" findet, genau, wie es ihm die Wahrsagerin prophezeit hat. Ach ja, das Shampoo heißt übrigens "HÈLLVIVE - Headbang & Shoulders", ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Auf jeden Fall ein poppiger Song, der direkt ins Ohr geht! Oh, ich vergaß: natürlich haben die "unholy dandruffs" nach dieser Behandlung keine Chancen mehr. Die Läuse offensichtlich auch nicht.
Ein breites Lächeln hat mir auch das Video zu 'Disco Metal' entlockt, das einem direkt in die Discos der Neunziger zurückbeamt. Gut, das Metal kann man in diesem Song streichen, auch wenn es im Text heißt "Metal in da House!", aber der Spaßfaktor ist enorm. Herrlich, die ganzen liebevollen Halloweenkostüme – aber vielleicht sind die Typen ja echt, wer weiß das schon. Mein Favorit ist übrigens der Pharaoh-Toilettenpapierabroller...
Mit der nachdenklich stimmenden Ballade 'Muscle Memories' greift die Band den Fitnesswahn und seine Folgen auf und das ist eigentlich alles andere als witzig. Im fliegenden Wechsel geht es dann nach Puerto Rico, wo die Geschichte des unheimlichen Monsters "Chupacabra" seinen Ursprung hat, und mit dem Neuneinhalb-Minuten-Stück 'Chupacabra Cadabra', in einem wilden Wechsel aus Englisch und Spanisch, erzählt wird. In dem etwas verzwickten Text geht es um einen alten Maya-Liebes-Zaubertrank, bei dessen Zubereitung leider etwas schiefläuft. So entsteht ein schrecklicher Dämon, den niemand aufhalten und bezwingen kann, außer Häuptling Chapo Chups. Noch ein paar Schlagwörter gefällig? Bittesehr: Telegram, Maya-PDF-Datei, Prophezeiung, Malware, Norton Antivirus, oder Notfallzulassung der FDA für den Zauberspruch "Asada Quebrada". Chapo Chups besiegt das Monster, das ab sofort als harmlose und endemische Schlange mit Namen "Chupacobra" sein Dasein fristet. Hier wird mit feinsten mexikanischen Klängen, gemixt mit etwas Western, eine Geschichte erzählt, die einem wirklich zum Schmunzeln bringt. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre es ein Video zu diesem Track!
Zu 'Pasadena 1994, feat. Joakim Broden', gibt es erfreulicherweise schon ein Video. Hier wird die schmachvolle Niederlage gegen Brasilien beim Fußball WM-Finale von 1994 verarbeitet. Als Stadion-Gast-Sprecher, verzeihung, Gast-Sänger, hat sich Joakim Brodén bereit erklärt, wie auch der ganze Song im typischen SABATON-Stil gehalten ist. Denn Fußball ist Krieg und was passt da besser, als ein Schlachtengesang. Auch wenn ich das Gefühl habe, dass sich Joakim ausgesprochen beherrschen musste, um während der Aufnahme nicht allzu sehr zu grinsen. Übrigens sagt die Band selbst über diesen Track: "Dieser Song ist wahrscheinlich der erste ernsthafte Song von Nanowar Of Steel. Er ist eine Hommage an den tragischen 17. Juli 1994, ein Tag, an den sich unsere Nation noch heute mit Tränen und Traurigkeit erinnert."
Mit dem Ohrwurm 'Metal Boomer Battalion' werden die "True-Metaller" ironisch aufs Korn genommen, die alles verachten, was nach 1982 kam ("We despise and shame, every song that came after 1982! - (We've) Got more patches than Windows 98!"). Hier mag ich besonders das rasante Drumming, auch das Gitarrensolo ist nicht von schlechten Eltern und der Refrain geht so richtig ins Ohr.
Was fehlt noch im musikalischen Eintopf? Richtig, Boogie-Woogie / Rock'n'Roll! Das bekommen wir im flotten 'Dimmu Boogie', zu dem man sofort anfangen will, zu tanzen! Ich sehe Bill Haley direkt vor mir! Aber die Jungs können auch BACKSTREET BOYS, was sie anschaulich im eingängigen 'Protocols (Of The Elders Of Zion) Of Love' beweisen. Gemischt mit ein bisschen Celine Dion ("And when I see you my HAARP will go on.") oder SURVIVER ("And finally see what's behind the blue eyes... of a reptile.") werden gnadenlos alle möglichen Verschwörungsmythen angesprochen. Der Titel des letzten Tracks, 'The Power Of Imodium' lässt ein wenig Misstrauen aufkommen, besonders wenn man weiß, dass Immodium bei Durchfall eingesetzt wird... Aber zuerst startet das Werk großartig im Stile von RHAPSODY, mit viel Gitarrenriffing und trompetenhaftem 'Go West!'-Feeling von den VILLAGE PEOPLE (wahlweise: PET SHOP BOYS). Beim Refrain begeistert mich einmal mehr das Haare-Wegföhn-Drumming, bevor die äh – Qualen des armen Menschen ihren Höhepunkt erreichen. Wer kann da noch helfen? Nur noch QUEEN mit einer etwas abgewandelten 'Bohemian Rhapsody', wenn das bekannte "Galileo" zu "I'm just a poorboy with a dihorrea bout. Cagarella Salmonella, Cagarella Salmonella" wird.
Was bleibt als Fazit zu sagen? Nun, NANOWAR OF STEEL ist eine Band, die vermutlich immer die Gemüter erhitzen wird. Entweder man mag sie, oder man hasst sie. Ich mag sie und erfreue mich jedesmal wieder an ihren vollkommen verrückten, bescheuerten, kreativen Ideen – darauf muss man erst einmal kommen! Sie zaubern mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht, manchmal auch ein herzhaften Tränenlachen. Und das kommt gerade heutzutage einfach so richtig gut, haben wir alle doch momentan nicht so viel zu lachen. Ein weiterer Pluspunkt ist natürlich ihre unglaubliche musikalische Vielfalt und ihr Können, da müssen sie sich hinter keiner der Bands, die sie so trefflich parodieren, verstecken. Eine kleine Anmerkung, an diejenigen, die NANOWAR OF STEEL sagen wir mal: nicht mögen, kann ich mir aber denn doch nicht verkneifen: Leute, soweit mir bekannt ist, wird niemand gezwungen, sich Musik, die man nicht mag, anzuhören. Musikgeschmack ist nunmal verschieden – und das ist auch gut so. Und an alle diejenigen, die diese musikalische Gaudi mögen: Let's celebrate the Disco Metal!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Hannelore Hämmer