MYSTERY (D) - Mystery (Re-Release)
Mehr über Mystery (D)
- Genre:
- Psychedelic Thrash Krautrock Art Metal
- Label:
- Golden Core Records / Zyx Music
- Release:
- 29.07.2022
- Mystery
- Metal Cities
- Forces Of Fvil
- Victims Of Technology
- Sorcerers Of The Universe
- Time Tunnel
- Bloodhounds
- Nightmares (Epilogue)
- Nightmares (Reprise)
Verstehen Sie Spaß?
1988 erschien auf dem neugegründeten und kurze Zeit später wieder erloschenen Label TRC das mysteriöse Minialbum "Mystery" der ebenso mysteriösen Formation MYSTERY. Die Musik war einerseits typisch deutscher, kauziger Underground-Metal aus jener Zeit, verließ stellenweise aber auch das Metalterritorium. Denn in dem einen Moment meldete sie Übererfüllung von musikalischen wie textlichen Metalklischees, um sie im nächsten Moment wieder zu brechen. Die Bandmitglieder versteckten sich hinter undeutlichen Fotos mit Sonnenbrille und hinter spleenigen Pseudonymen. An den meisten Leuten dürfte "Mystery" vorbeigegangen sein, aber unter denen, die die Scheibe kennengelernt hatten, reichten die Reaktionen von schroffer Ablehnung bis zu großer Zustimmung, die sich etwa in einer begeisterten Rezension im britischen "Kerrang!" ausdrückte.
Jemand, den das Album noch lange beschäftigen sollte, war Andreas "Neudi" Neuderth, der sich auf eine jahrzehntelange Recherche nach den Machern der Platte begeben sollte und erst in diesem Jahr fündig wurde. Nun ist das Mysterium enthüllt: Die Mitglieder von MYSTERY waren wohlbekannte Angehörige der deutschen Musikerszene, aber beim besten Willen nicht aus der Schwermetallfraktion. Zu hören waren Gert Lange (HAMBURG BLUES BAND), Hansi Wallbaum (CURLY CURVE, INTERZONE, HAMBURG BLUES BAND), Leo Lehr (INTERZONE) und Ingo Bischof (KARTHAGO, KRAAN). Ich war mir zunächst nicht sicher, ob ich die ganze Geschichte glauben konnte, doch Gert Lange persönlich bestätigte sie mir auf Nachfrage.
Jedenfalls ist es Neudis Initiative zu verdanken, dass dieses schräge Album kürzlich mit digital remastertem Sound neu erschienen ist. Nach dem Motto "Hauptsache laut, schnell und etwas gruselig" donnert ein Sound aus den Boxen, der vermutlich jeden Jungmetaller auf der Suche nach dem nächsten Geheimtipp aus dem Häuschen bringen konnte. Regelmäßig treiben repetitive Stampfrhythmen die Musik nach vorne. Dazu kommt eine Stimme irgendwo zwischen Arthur Brown, dem früheren NAZARETH-Sänger Dan McCafferty und einem Black-Metal-Schreier, der mächtig böse wirken möchte. Auch wenn das Ganze einen amateurhaften Charme hatte, wird bald klar, dass hier gestandene Musiker am Werke sind. Als Beispiel sei hier nur der schräge, aber akkurat durchgehaltene Rhythmus in 'Time Tunnel' genannt. Dabei ist die Scheibe keineswegs eintönig. Das eher rockige 'Victims Of Technology' lässt tendenziell an eine Kreuzung aus AC/DC und BIRTH CONTROL denken, während das phasenweise düster-spacige 'Sorcerers Of The Universe' ein wenig an HAWKWIND erinnert.
Aber: Immer wieder ist ein Saxophon, das Modeinstrument des 80er-Jahre-Pops, zu hören (oder man hat bei MYSTERY den Saxophonklang mit anderen Instrumenten gut hingekriegt). Hier durchkreuzt ein schlagerhafter Chor die Musik, da eine kurze jazzige Passage, dort ein Funkrhythmus. Und 'Bloodhounds' steigt mit einer Melodie ein, die man eher im Vorspann eines skurrilen Fernsehkrimis erwarten sollte als auf einem Metalalbum. Hätte man damals nicht darauf kommen können, dass hier nicht gerade True Metal angesagt ist? Doch andererseits: Was haben wir im Laufe der Jahre nicht alles bierernst hingenommen?
Ohne jeden Zweifel ist es zu begrüßen, dass das unterhaltsame und, nun ja, interessante Hörerlebnis "Mystery" wieder auf den Markt gekommen ist. Nur ich habe das Problem, dass ich nicht weiß, ob ich künftig noch unbefangen eigenwillige Musik unbekannter Gruppen hören kann.
- Redakteur:
- Stefan Kayser