MOTHER TONGUE - Mother Tongue (Re-Release/Fan-Edition)
Mehr über Mother Tongue
- Genre:
- Bluesrock / Funkrock / Alternative
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Nois-O-Lution / Indigo
- Release:
- 02.02.2004
- Broken
- Mad World
- Burn Baby
- Vesper
- Sheila's Song
- The Seed
- Damage
- Fear Of Night
- So Afraid
- Venus Beach
- Entity
- Using Your Guns
- Intro (San Jose / Event Center / Oct. 5th 1994)
- Damage (San Jose / Event Center / Oct. 5th 1994)
- Broken (Hollywood / Palladium Oct. 7th 1994)
- The Seed (San Jose / Event Center Oct. 5th 1994)
That Feel. Der Blues. Der Funk. Der unbändige Groove von "Mother Tongue".
Als Psycho-Blues wurde der Sound von MOTHER TONGUE angekündigt, kurz bevor ich diese energische Rock-Band das erste Mal live sah und hörte. Und vergegenwärtigt man sich Stücke wie das mächtig strudelnde 'Broken' oder das von latent irren Riffs durchsetzte 'Mad World', so passt das wie die sprichwörtliche Faust auf's Auge. Die von stop-go-Rhythmik bestimmte Ballade 'Burn Baby', die gegen Ende in einer Schockwelle der Zerstörung endet, zuvor jedoch den Blues aus jeder Pore dampfen lässt, schwitzt, blutet - auch sie bestätigt diesen Terminus.
Aufmerksam wurde wohl mancher auf diese Band durch Jesse Tobias, der schließlich zu den RED HOT CHILI PEPPERS abwanderte, sich dort jedoch nicht halten konnte, und fortan ohne MOTHER TONGUE dastand. Er schrieb an den Hits 'Damage' und 'Broken' mit, die heute noch zu den Klassikern der Band zählen. 'Damage' ist ein tierisches Groovemonster, das zwischen grandioser Bluesrockmelodik und zerschossen-fiesen Funkrockrhythmen hin und her gerissen wird.
Auf der anderen Seite des Spektrums stehen romantische Songs wie das ungewöhnlich leichtfüßig anmutende, perkussiv tänzelnde 'Venus Beach' mit warmem Gesang im Vordergund und entspannten E-Gitarrenlinien dahinter, und auch wie 'Vesper' mit seiner simplen aber schönen Akustikgitarren- und Streicher-Begleitung. Dieser Song freilich lässt die Flammen der Leidenschaft gen Ende in einer Gefühlseruption sondergleichen gen Himmel schlagen. Doch das ist eben die typische Wandlungsfähigkeit von MOTHER TONGUE.
Selbst im sonnig-bluesigen Groove eines Stücks wie 'Sheila's Song' zieht sich unterschwellig immer noch eine dunkle Seite durch's Werk dieser Band, und psychedelische Feinfühligkeit droht in psychopathische Bahnen zu kippen. Der Funk stiehlt sich hinein, oder bricht inmitten friedlich-sommerabendlichen Flairs aus, so wie in 'Fear Of Night'. Dann beherrschen negative Gefühle die Szenerie. Diese stellen sich auch im Niemandsland zwischen Blues, Funk, Hurenballade und Rock ein, das schwanger geht mit Katastrophen. Bestes Beispiel dafür: 'The Seed', ein tieftrauriges Stück über eine Obdachlose. "She's got a lie she believes in / swears to god, man / it's the truth".
Doch auch die ruhigere Seite der Musik wird auf "Mother Tongue" nicht vernachlässigt. Durch windschiefen Klangraum, klavierdurchsetzt, klagend zieht sich 'So Afraid' schleppend dahin. Beschwörend wispert Sänger David Gould den Text von 'Entity', einem Stück, das in seiner entspannten funkyness ein wenig an den psychedelischen 'Walkabout' der eingangs erwähnten Chilischoten ("One Hot Minute") erinnert. Ein wunderbares Gitarrensolo veredelt diesen nur scheinbar seelenruhigen Track - scheinbar, denn der Text erhält gegen Ende doch wieder eine schattenseitigere Note. Doch die sonst so oft zelebrierte Steigerung in gewalt(tät)ige Eruptionen bleibt aus. Und im letzten Stück der Studioaufnahmen, 'Using Your Guns' kann man, wenn man genau hinhört, sogar einige Bluegrassanleihen ausmachen. This is how the west was won: "You show me a leader / And I'll show you a liar / These races are fixed man / This is murder for hire".
MOTHER TONGUE hat mit diesem abwechslungsreichen, erdigen und doch auch transzendenten, schlichten aber schönen, überwiegend groovigen, bisweilen aber auch (alp- und) traumhaften Blues-Rock-Psycho-Funk-Album alles richtig gemacht. Das 1994 erschienene "Mother Tongue" wurde 2003 von Sony noch einmal veröffentlicht, doch Fans der Band wussten da aufgrund der Ankündigung von der Bühne herab schon, dass es sich lohnen würde, auf die im darauffolgenden Jahr erscheinende Fan-Edition zu warten. Ja, die Band forderte sogar dazu auf, Sony kein Geld in den Rachen zu schmeißen, da man selbst davon ohnehin keinen Cent sehen würde, sich aber um eine Sonderedition mit extra value bemühe. Der liegt hier in Form von Live-Tracks vor, welche drei Hits in energischer Darbietung beinhalten. Blut, Schweiß und Tränen. Funk, Rock und Blues. Und 'The Seed' ist wirklich psycho.
Als ob das noch nicht Gründe genug wären, sich diese Edition zu besorgen, gibt es darin zudem noch einige Geleitworte von Davo, Christian und Bryan, sowie von Producer Mario Caldato (der außer mit MOTHER TONGUE u. a. auch schon für die BEASTIE BOYS aktiv wurde). In diesem Sinne: Love, Damage, and Psycho-Blues for the world.
Anspieltipps: Broken, Burn Baby, Vesper, Damage, So Afraid, The Seed (live).
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Eike Schmitz