LAZULI - 11
Mehr über Lazuli
- Genre:
- Progressive Rock / Art Rock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- 10T Records / Just For Kicks
- Release:
- 18.01.2023
- Sillonner des oceans de vinyles
- Triste carnaval
- Qui D'autre que l'autre
- Egoine
- Lagune gris
- Parlons du temps
- Le pleureur sous la pluie
- Le mois desuets
- La betaillere
- Mille reves hors de leur cage
Nachdenklicher Rückblick auf die letzten, ungewöhnlichen Jahre.
Die französische Band LAZULI ist stilistisch schwierig einzuordnen, pendelt man doch gerne mal zwischen Progressive Rock und Weltmusik, immer wieder hüpfend vom Rockteppich auf das Pop-Laminat, mit einem Blick in Richtung Chanson genauso wie in den Synthpop. Das macht die Alben der Band immer spannend und auch unvorhersehbar und vor allem ihre Liveauftritte zu echten Erlebnissen.
Nun liegt bereits das elfte Album vor, das ich mir aktuell in einer gewissen Dauerschleife auf die Ohren gegeben habe. Warum das? Ganz einfach, seit ich LAZULI in Vorprogramm von FISH live erlebt habe, haben die Franzosen bei mir einen ordentlichen Wackerstein in der Holzbohle. Nur was tue ich, wenn mich ihr neuestes Album anfangs recht kalt lässt? Genau, ich gehe auf Entdeckungsreise, denn ich weiß, dass hinter den Liedern mehr steckt, als sich beim oberflächlichen Ersteindruck offenbart.
Und tatsächlich, die subtilen, wohlgesponnenen Melodien benötigen ein paar Durchgänge, aber dann! Der Opener 'Sillonner des oceans de vinyles' beginnt so fein und zerbrechlich, wird dann ein graublauer Ohrwurm in Moll, das poppig-hardrockige 'Triste Carnaval' verändert die Tonlage komplett, 'Qui D'autre que L'autre' macht mit schwerem Progrock weiter und 'Egoine' setzt neue, positive Töne in einem einfach schönen Lied. Vier Stücke, vier Volltreffer, eben nur keine der plakativen Art, wobei die bombastischen Arrangements oftmals bemerkenswerte Details oberflächlich verschleiern. Ha! Wusste ich es doch.
Auch 'La lagune gris' nimmt mich mit und setzt einen melancholischen Ankerpunkt. Doch danach folgen weiterhin gute Lieder, ohne dass die Abwechslung und Klasse der ersten 25 Minuten gehalten werden können, auch wenn mit 'Le pleureur sous la pluie' ein leichtes Lächeln durch die Platte geht und bei 'La betaillere' geradezu brachial, zumindest für LAZULI-Verhältnisse, gerockt wird. Das wäre die Abwechslung gewesen, die ich empfohlen hätte, nur finde ich das Lied maximal Mittelmaß für die Maßstäbe dieser Band, die sie selbst so hoch gelegt hat, und die sie immerhin mit 'Mille reves hors de leur cage' noch einmal erklimmen und mit dem Breitwandrausschmeißer 'Le grand vide' bestätigen.
"11" ist ein Album, das ich mir erarbeiten musste, das mir dabei aber viel Spaß gemacht hat. Der bombastische, ausufernde Sound kann manchmal etwas übertrieben erscheinen, wie eine schwere Sahnetorte, die mit Zuckerguss verziert wird, aber es bleibt eben doch ein Meisterstück, ob vom Konditor oder dem Prog-Musiker. Die stark melancholische Tendenz, die der Gedankenwelt, die aus der Pandemie-Erfahrung geboren wurde und die in deutscher Übersetzung im Booklet enthalten ist, entspricht, und die man mit exotischen Instrumenten anreichert, mag eventuell nicht für jede Lebenslage passen, aber "11" ist eben doch wert, dass man sich mit ihm beschäftigt und vielleicht sogar die im Booklet gut lesbar abgedruckten Texte mitliest.
So gesehen habe ich ein interessantes Album entdeckt, erarbeitet, schön gehört. So schön, dass ich es empfehlen möchte, unter dem Kopfhörer oder laut durch den Raum hallend, die Nuancen aufsaugend einzutauchen in die düster-melancholische Welt der fünf Franzosen. Eine schöne Reise liegt vor dir.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Frank Jaeger