LAMENT CITYSCAPE - A Darker Discharge
Mehr über Lament Cityscape
- Genre:
- Industrial Metal
- ∅-Note:
- 6.00
- Label:
- Lifeforce Records
- Release:
- 29.04.2022
- Ocean Of Fuses
- All These Wires
- Another Arc
- Innocence Of Shared Experiences
- The Under Arc
- Where The Walls Used To Be
- Part Of The Mother
Kommt mit diesem Album die "Industrial"-Revolution?
Mitnichten. LAMENT CITYSCAPE hinterlässt bei mir mit "A Darker Discharge" auch nach diversen Hördurchgängen einen zwiegespaltenen Nachklang, obwohl ich musikalisch grundsätzlich Gefallen an dem sehr düsteren Werk finde.
Vielmehr könnte man den neuesten Output der vierköpfigen Band aus Buffalo im US-Bundesstaat Wyoming mit seinen sieben Tracks auch als "Werkchen" bezeichnen, die Albumdauer von 24 Minuten und 35 Sekunden würde das ohne Zweifel rechtfertigen. Nun aber zur ausführlichen Erklärung meines mit seiner Aussage verwirrenden, einleitenden Satzes.
Neben der doch sehr sparsamen Albumlänge fallen für mich deutlich negativ ins beurteilende Gewicht: Eine höhenlastige, teils zu schrille Abmischung und sehr kurz gehaltene, an manchen Stellen nahezu unausgearbeitet wirkende Songparts. Man beginnt nicht selten damit, schwelgerisch in der Musik verloren zu gehen, und schon geht es wieder hektisch mit dem nächsten Part weiter, womit ich indirekt erneut bei der Albumlänge wäre. Darüber hinaus nervt mich die, fast immer sehr in den Hintergrund gemischte, Stimme des Sängers, welche, bedenkt man die Stilrichtung, in der so etwas durchaus Usus ist, offensichtlich eher als Begleitinstrument fungieren soll. Die zugrundeliegende Absicht wird anhand der an einigen Stellen deutlich vernehmbaren hellen (weiblichen?) Stimme bewiesen, die gekonnt atmosphärische Farbtupfer setzen kann.
Überhaupt Atmosphäre: Hier punktet das "klagende Stadtbild", so die freiere Übersetzung des Bandnamens ins Deutsche, durchaus richtig "fett" in meiner Wahrnehmung, um es einmal jugendsprachlich auszudrücken! LAMENT CITYSCAPE fährt in den lächerlichen, man tendiert beinahe zur Bezeichnung "unverschämten", 24 Minuten sehr vieles auf, was ich an klanglichen Elementen sowie musikalischen Spiel- und Ausdrucksweisen grundsätzlich mit Industrial-Metal in Verbindung bringe, ja geradezu erwarte: An Fabriken erinnernde, maschinenhafte Schlagzeugsounds, noiseartige Eruptionen, sei es von Gitarren oder auch elektronisch erzeugt, harte Riffs, dunkle Keyboard-Töne, abwechselnd aggressive wie auch harmonische Stimmführung, oftmals dezent begleitend, sowie viele undefinierbare Geräuscherzeugnisse, die man im wirklichen Leben eher im Industrie- und Werkstattbereich verorten würde.
Man entdeckt hier einiges, was man nach etwas Querhören auch bei LAIBACH, KILLING JOKE, vor allem NINE INCH NAILS, aber auch bei PRONG, MINISTRY, FEAR FACTORY, ROB ZOMBIE und sogar RAMMSTEIN entdecken wird, um mal einige der metallischeren Gangart des Genres zugehörigen, ganz großen Namen zu nennen. Die Alben dieser Bands sind jedoch zumeist großartig abgemischt und entbehren in vielen Fällen der unbeholfen roh scheppernden Derbheit, Trostlosigkeit und Kälte, die LAMENT CITYSCAPE in ihren aktuell dargebrachten 24 Minuten tatsächlich kunstvoll auszudrücken in der Lage ist!
Nicht ohne Grund werden Spezialisten dieser elektronikaffinen Musikgattung, wie zum Beispiel AL JOURGENSEN von MINISTRY, häufig als "Studioratten", "Knöpfchendreher" und ähnliches bezeichnet. Auch beim vorliegenden Album wurde viel Wert auf Stimmigkeit gelegt und offensichtlich daher viel getüftelt, was man der Scheibe anhört. So klingen Stücke wie 'Where The Walls Used To Be' und der Opener 'Ocean Of Fuses' herrlich düster und formen mit ihrem Maschinengehämmer die beabsichtigte stumpfe Tristesse im Klang der Musik von LAMENT CITYSCAPE tonal aus. Sphärischer und Soundtrack-artiger wird es im abschließenden und in meinen Ohren gelungensten Track auf diesem Album 'Part Of The Mother', sowie im längsten Song 'Innocence Of Shared Experiences', der mich sogar etwas an Kompositionen von JEAN-MICHEL JARRE erinnert.
Fazit: Nach fünf EPs und einem Longplayer seit dem Jahr 2013 liefert LAMENT CITYSCAPE ein für Industrial-Fans sehr interessantes neues Album ab, das leider unter einigen, die Produktion betreffenden Aspekten in meinen Ohren zu stark leidet, musikalisch aber dennoch beachtenswert ist.
- Note:
- 6.00
- Redakteur:
- Timo Reiser