KARDASHEV - Alunea
Mehr über Kardashev
- Genre:
- Deathgaze / Post Metal / Progressive Death Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Metal Blade Records
- Release:
- 25.04.2025
- A Precipice. A Door.
- Reunion
- Seed Of The Night
- Speak Silence
- Truth To Form
- Edge Of Forever
- We Could Fold The Stars
- Below Sun & Soil
Eine unendliche Geschichte.
Ich bin immer noch nicht fertig mit "Alunea", diesem verblüffend vielfältigen, mitunter verstörenden, manchmal mitreißenden, des Öfteren irritierenden dritten Langspieler von KARDASHEV aus Arizona. Eine kurze Recherche führt uns zur sogenannten Kardaschow-Skala, mit der der gleichnamige russische Astronom in den Sechzigern die Entwicklungsstufe extraterrestrischer Zivilisationen nach deren Energieverbrauch einstufte. Klingt ebenso cool wie abgedreht, und somit passt der Bandname auch ganz hervorragend zum musikalischen Output der vier US-Amis. Die Herrschaften haben ihrer Musik vor Zeiten wohl scherzhaft die Kategorie "Deathgaze" zugewiesen, und gelten mittlerweile aus Vorreiter dieser Spielart.
Was darunter vorzustellen ist? Auf "Alunea" treiben schnelle Doublebass-Einlagen vorwärts, während meistens flächige, gelegentlich melodisch-todesmetallische Gitarrenriffs einen atmosphärisch dichten Horizont aufspannen. Die beeindruckende Vokalperformance Mark Garretts deckt mit schwarzmetallischem Keifen, Death-Metal-Growls und melancholisch-ergreifendem, operesk-vibrierendem Klargesang drei in starkem Kontrast zueinanderstehende Bereiche ab, während das Songwriting, nun... vor allem schwer in Worte zu fassen ist.
Melancholische Post-Metal-Parts werden abgelöst von dunkelster norwegischer Raserei, hymnische Refrains leuchten dieser manchmal hektischen, manchmal getragenen Reise gelegentlich den Weg. Immer wieder aufs Neue tauche ich ein in dieses bunte und verstörende Treiben, will immer und immer wieder darin verweilen, werde aber ebenso häufig viel zu schnell wieder an die Oberfläche gespült, weil ich die Sprossen dieser Himmels- oder Höllenleiter nicht zu fassen bekomme. Es geht nicht stetig voran, wie bei Dantes Göttlicher Komödie, sondern erratisch, stetig neu überraschend, wie in einem Fluss, dessen Bett zwischen steinigen Wildwasseretappen, ruhigen Ausläufern, sandigen Flussschlingen und verästelten Seitenarmen alle Fließgewässerarten abdeckt.
Mit 'Reunion' gibt es genau einen Song, der mit seiner klaren Struktur und seinem ergreifenden Refrain bei mir hängen bleibt und gewissermaßen als Anker des Albums dient. Allein schon der Wechsel zwischen Black- und Death-Metal-Vocals von einer Nummer zur nächsten irritiert mich, und obwohl die verschiedenen musikalischen Elemente auf verblüffende Weise eine natürliche Symbiose eingehen, komme ich als Hörer irgendwie doch nie endgültig an, weil Raserei und Ruhe nie lange genug für sich stehen, sondern sich munter eine dreiviertel Stunde lang die Klinke in die Hand geben. Dramatische Spannungsbögen wie bei 'Reunion' oder dem majestätischen 'Seed Of The Night' werden dabei selten aufgespannt.
"Alunea" ist dennoch große musikalische Kunst. Die vier Herrschaften stellen auf diesem Achttracker nicht nur ihre Fertigkeiten unter Beweis, sondern demonstrieren, dass musikalische Grenzen stets aufs Neue ausgelotet und überwunden werden können. Ob man als Hörerschaft da allerdings immer mitgehen kann, steht auf einem anderen Blatt. Wer Kontraste wie zwischen NOSOUND und HEAVEN SHALL BURN, zwischen THY CATAFALQUE und INFERI aushält, könnte mit diesem ambitionierten Werk seine Freude haben. Ich für meinen Teil bin auch nach Wochen immer noch nicht fertig mit "Alunea".
Anspieltipps: Reunion, Seed Of The Night
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timon Krause