INSENSE - De:Evolution
Mehr über Insense
- Genre:
- Modern Metal / Post Hardcore / Emo / Neo Thrash
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Mas-Kina Recordings
- Release:
- 23.05.2014
- Part I - Conception
- Meandering
- Lethargy
- Radio
- What Life
- I Tried To Be
- Part II - Undoers Arise
- Lack Of Progress
- Sick Is The Will
- Part III - An Endless Series
- Moderation
- Some Holy Thing
- Procreational Ill
- Part IV - Adoption
Gewagte Post-Emo-Core-Thrash-Prog-Rezeptur ohne Dosierungsanleitung
Da kennen sie nichts, die Burschen von INSENSE: Auch auf Album Nr.5 schießen die Norweger gnadenlos den Vogel ab, was die Pulverisierung jeglicher Genregrenzen und –konventionen angeht. Es dürfte kaum eine andere Formation geben, die dermaßen viele, völlig unterschiedlich geartete Sparten der härteren Rockmusik auf so entschlossene Weise miteinander verquickt. Das Ergebnis klingt auch auf "De:Evolution" wieder spannend und konkurrenzlos abwechslungsreich, zugleich aber auch wieder so speziell und wirr, dass sich wohl nur eingefleischte Fans sowie erklärte Freunde musikalischer Experimente auf Dauer damit anfreunden dürften.
Schon die ersten Minuten des Albums reichen als anschauliche Erklärung für die irrwitzige Vorgehensweise der Skandinavier aus: 'Part One: Conception' beginnt als techmetallisch stampfendes Intro, und zunächst wähnt sich der Hörer im nahen Einflussbereich von MESHUGGAH, bis Sänger Tommy Hjelm erstmals seine Stimme erklingen lässt. Obwohl der gute Mann auch amtlich schreien kann, würde man ihn ob seiner klagend-jammernden Vokalarbeit eher bei einer Post-Hardcore- bzw. Emo-Core-Kapelle verorten. Nun ja. Anschließend folgt 'Meandering', beginnend als Neo-Thrash-Attacke, ehe urplötzlich heitere Gitarrenmelodien erklingen, die mich an ruhigere KILLSWITCH ENGAGE-Werke, aber auch an die Gute-Laune-Paralysiertheit des neuesten INSOMNIUM-Albums erinnern. Alles in allem durchaus hörenswert – und nach nur gut drei Minuten geht’s auch schon weiter, mit einem, nun ja, Emo-Thrash-Bolzen namens 'Lethargy'. Abgefahren, wie man FUNERAL FOR A FRIEND mit AFTER THE BURIAL unter einen Hut bekommt, aber INSENSE gelingt dieses Kunstwerk.
Soundtechnisch ist "De:Evolution" über jeden Zweifel erhaben, und der ordentliche Druck sowie die herrlich djent-lastigen Gitarren sorgen für ein ausgesprochen erfreuliches Hörerlebnis. Mit 'Radio' folgt ein nochmals halbwegs leicht bekömmlicher Mix aus Post Hardcore und getragenem Tech Metal, ein wenig verloren kommt sich der Hörer allerdings allmählich doch vor, im Spannungsfeld zwischen deftigem Modern Metal und Emo(tionalem) Screaming. 'I Tried To Be' klingt zunächst nach TAKING BACK SUNDAY, verläuft sich relativ schnell aber in einer progressiven Songstruktur, und mit 'Part II: Undoers Arise' und Albumhälfte Nr.2 hält plötzlich auch noch düsterer Doom und hier und da sogar dezent schwarzmetallische Boshaftigkeit Einzug. Bei 'Lack Of Progress' bricht wiederum ein kurzer, ein wenig deplatzierter Djent-Sturm über den Hörer herein, und 'Sick Is The Will' klingt völlig unvermittelt nach einem Ausflug gen modernem Power Metal – ja wie jetzt? Mit dem bedächtigen Outro 'Part IV – Adoption' wird der konfuse Hörer schließlich entlassen.
Sowohl die Vorgänger als auch das aktuelle Album von INSENSE waren Gegenstand leidenschaftlich geführter Diskussionen, und auch "De:Evolution" wurde schon sowohl gnadenlos verrissen als auch verklärt in den Himmel gelobt. Ich persönlich könnte auf unserer Punkteskala jede Wertung zwischen 4 und 9 nachvollziehen, finde das Album selbst durchaus hörenswert, da anspruchsvoll, spannend und hervorragend produziert, allerdings auch im Gesamten zu unstetig, zu sprunghaft, als dass es mich nachhaltig begeistern könnte. Ich würde mir von INSENSE einfach eine klarere Linie wünschen – aber nach 15 Jahren Bandgeschichte lassen sich die Herrschaften wahrscheinlich nicht mehr von ihrem gewählten Konzept abbringen. Nun denn, Respekt gebührt ihnen auch für "De:Evolution" allemal.
Anspieltipps: Meandering, Radio, Some Holy Thing
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Timon Krause